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r älhsislhe D-cheiimg. werde» bi» Monrag, Mittwoch » Freitag Dienstag, den 15. Movember 1881. 43. Jahrgang. Mittag angenommen und loste«: dieispalt. Zeile Id Ps. Unter Eingesandt: Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgericht- Dre-den, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Ler antwortlich er Redakteur und Verleger Kerr««»« Müller in DreSd«». Inserate» Annahmesteve» r Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, ' HaÄensteinLBogler, Rudolf Mosse, G. L- Daube « Lo. in Dre-den, Leipzig, Hamburg, Verls», Frankfurt a/M. Igpeb ». Redaktion Dre-den.Rrustsdt v. Meißner Gasse S. Die Zeitung erscheint Dienst«,, GmmerKa« »»d D»»««de»d früh. UbOnuement-- Pret-r Rerteliährl. M. 1^0. A» beziehen durch di» kaiserliche» Poß. uchalten und durch unsere Boten. Sei freier Lieferung dl- Hau- erhebt die Loft noch eme Ge- dichr vo» 2b Pfg. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Was nun? Das ist die Frage, welche nach dem überraschend«», Ausfall der Reichötagswahlen, die zum Nachtheile der anderen Par teien daS klerikale Cenlrum und die FortschrittSfrak- tion verstLikten, alle Gewüther in Deutschland bewegt. Der den RegierungSkreisen in Berlin bekanntlich nah«, fiehtnde Korrespondent der officiöstn „Politischen Korre spondenz" meint, ter Kaiser «crde nun den Fürsten BiSmarck auffordern, mit der stärksten Partei im Reichs tage, mit dem Eentrum, eine Regierung zu bilden. Nach parlamentarischen Grundsätzen wäre dir- kaum ander» zu erwarten. WaS aber da- deutsche Reich und wa» spiciell Preußen von einem solchen Kabinet, welches die Signatur Windthorst trägt, zu erwarten hat, das ist bereits in dem Hauptorgan der Ultramontanen, der „Germania" deutlich zu lesen: „ES giebt keine andere Dahl" schreibt dirs»e Blatt „als die Alternative: Schnelle und gründliche Beendigung deS Kulturkampfes und Zusammenwirken aller christlich konservativen Kräfte, oder Herrschaft deö Liberalismus in Preußen und Deutsch laud. Der Kanzler suchte ein Dritte-, und nicht er, sondern dieser verfehlte Gedanke hat eine vernichtende Niederlage erlitten. Fürst BiSmarck hat von der Politik der Konflikts zeit, wie von der WirthschaftSpolitik d«S Liberalismus sich mit einem Schlage loslösrn können. Sollte er in dem Irrwahn der Mittelparteien so befangen sein, daß er und sein Reich daran zu Grunde gehen müssen?" Diese Krage zu beantworten ist vor der Hand unmög lich, da sich noch nicht absehen läßt, wie weit der Artikel der „Pest", welcher das EntlüffungSgesuch deS Reichs kanzler- in Aussicht stellte, den Absichten deS Fürsten Bismarck entsprach. Sehr erklärlich ist der aus der Umgebung des Kanzlers hervorgegangcne Vorschlag, dem Feldmarschall von Manteuffel die Bildung eines klerikal-konservativen Kabinetö anzuvertrauen. Die diesen Kreisen als Sprachrohr dienende „Post" richtet, indem sie sonst für rin System der Beruhigung und für einen Aufschub der WirthschaftSreformen eintritt, folgende verständliche Morte an eine ebenfalls leicht zu errathende Adresse: „Wenn der freihändlerische Libe ralismus sich mit Zukunftsaussichten beschäftigt, wie solche bei den letzten Wahlen von der liberalen Opposition entschieden wirksam ins Feld geführt sind, so vergißt er, daß der neuen Aera deS JahreS 1857 der Konflikt folgte, d«ssen Hauptträger Virchow und Forckenbeck auch jetzt wieder die Leiter der radikalen Bewegung sind, welcher selbst daS feste Gefüge deS preußischen Staates zu zer stören drohte und daß eS insbesondere angesichts der europäischen Gesammtlage und d«S KirchenstreitS die Existenz de- jungen Reiches gefährden hüße, wenn man es jetzt dem gleichen Experiment unterwerfen wollte." Der Kaiser litt infolge einer Verdauungsstörung in voriger Woche an einem leichten Unwohlsein und mußte Le-Halb die beabsichtigte Reise zur Jagd nach Springe in Hannover aufgtb.n. Am Freitag Vormittag empfing er den Besuch deS Kronprinzen, der darauf in den Nach- mittagSstunden mit den Prinzen Wilhelm und Heinrich zu der Jagd nach Springe abreifie. Die über da» Befinden deS GroßherzozS von Baden eintreffenden Nachrichten lauteten jedoch so besorgnißerregend, daß auch der deutsche Kronprinz die Hofjagd in Hannover aufgab und nach Baden an daS Krankenlager seine- Schwagers eilte. Die schlimmen Nachrichten aus Karlsruhe bewegen, wie dies leicht verständlich ist, den Kaiser auf s tiefste. Kaiser Wilhelm ist mit seinem Schwiegersöhne nicht nur durch Bande der Verwandtschaft, sondern auch d«r innigen Freundschaft verknüpft. Alle Dispo sitionen, welche sich au den Kaiser anknüpfen, werden durch die Nachrichten auS Baden bedingt und so muß auch die Frage, ob der Kaiser in eigener Person den Reichstag eröffnen wird, al- im Augenblick noch ganz unlösbar bezeichnet werden. Am Sonnabend traf Fürst BiSmarck in Berlin ein und gedachte am andern Lage dem Kaiser über die Modalitäten der Eröffnung de» Reichstage- Vortrag zu halten. Auch die Krifi»- angelegenheit dürste bei der jetzigen Anwesenheit deS Reichskanzlers rasch in'S Reine kommt». — Mit großer Spannung erwartet man di« Entscheidung de» Kaiser- über daS evangelische BiSthum in Jerusalem. Dasselbe ist bekanntlich eine gemeinsame Schöpfung der preußischen und der englischen Krone, welche bei der Besetzung abwechseln. Nach dem jüngst erfolgtem Lode deS englischerseitS ernannten Bischofs steht die Ernennung deS Nachfolgers dem Kaiser Wilhelm zu. — Der BundeSrath hielt Freitag Nachmittag wieder eine Plenar sitzung ab, in welcher nur Berichte der Ausschüsse über Etatsvorlagen aus der LagrSordnung standen. Der gemeldeten Erhöhung der Matrikularbe>1räze um 12 Millionen steht eine gleich hohe Summe an die Einzel- staaten zu vertheilender Ueberschüffe entgegen, so daß die Lasten derselben nicht erhöht werden. Die Denkschrift, welche dem Reichstag zugleich mit drm Kostenanschlag für den Zollanschluß Hamburgs zugeht, führt den Nach- weis, daß die früher btstandenen politischen Bedenken beseitigt seien. Eine Ablehnung der für den Zollanschluß geforderten 40 Millionen Mark, welche Schwarzseher alS daS Signal neuer Konflikte bezeichnen, die ihnen vielleicht erwünscht wären, ist im höchsten Grade un- wahrscheinlich. — Der preußisch« Staatshaushalt schließt ohne Deficit ab; zu Zwecken der Bodenverbesserung, Forstkultur und Verbesserung der Wasserstraßen werden Bewilligungen auS den bereiten Mitteln gefordert werden. - Lon den weiteren Ergebnissen der ReichStagSwahlea verlautet: Im zweiten Hamburger Kreise wurde der Socialdemokrat Dietz, im dritten der Fortschrittler R6e gewählt. In Schwerin siegte der Nationalliberale Büsing, in Stuhm der Exminister Hobrecht, in Halber stadt der Nationalliberale v. Bernuth, in Kreuznach und Ottweiler reulfirtev die Liberalen v.Lreitschke undLäglichS- bcck, in Hof der KortschrijtSkandidat Papellier u. s. w. Einen schweren, aber folgenreichen Sieg haben die Li beralen bü der Stichwahl im 4. und 6. Wahlkreise der ReichShauptstadt errungen. Albert Träger siezte in Berlin mit 19,039, AmtSgerichtSrath Klotz mit 17 946 Stimmen. An demselben Lage glückte e- dem Hofprediger Or. Stöcker mit einer Majorität von etwa 2000 Stimmen bei der Stichwabl im ersten Mindener Wahlkreise durchzudringen. Sein Eintritt in den Reichs tag ist selbst den Gegnern der antisemitischen Bewegung erwünscht, da der Reichstag der rechte Ort ist, den Kern der antisemitischen Forderungen herauszuschälen und dadurch der Agitation ihren beunruhigenden Cha rakter zu nehmen. Der Socialdemokratie haben bi» jetzt die Stichwahlen den neunten Abgeordneten gebracht. Ihre Fraktion wird allo im neuen Reichstage wider Erwarten ganz in derselben Stärke auftreten, wie in der vorigen Session. Damals gab e» freilich außer halb der socialdemokratischen Fraktion von 9 Mitglie dern noch einen auf demselben Boden stehenden Ab geordneten, der aber von seinem Mandate keinen Ge brauch machte. Es war die- der Genosse Hasselmann, der bereit- in Newyork socialistische Propaganda macht«, ab«r nicht daran dachte, den Wählern sein Mandat zu- rückzugeben. Von den alten socialdemvkratischen Ab geordneten werden vorläufig nur Hasenclever, Kayser und Liebknecht wiederkehren. Auer und Wiemer find durchgefallen. Hartmann soll die Wiederaufnahme eine» Mandats abgel«hnt und anscheinend seinen Frieden mit der Regierung gemacht haben, die ihm erlaubte, nach Hamburg zurückzukehren, während endlich Fritzsche und Vahlteich nach Amerika auSgewandert find. Neugewählt wurden die Sec aldemokraten Rittinghausen und BloS, die bcrcitS von 1877 — 78 dem Reichstage aagehörten. Dann Kräcker, Frohme und Grillenberger, die schon oft vergeblich in Hanau und Nürnberg tandidirl hatten. Liebknecht ist doppelt gewählt, in Offenbach und in Mainz. Da Bebel auch in Berlin unterlegen ist, wird er ohne Zweifel in einem von diesen beiden Wahlkreisen ausgestellt werden. DaS badische „Gesetz und Lerordnung-bl." veröffent licht zwei wichtige Staatsakte. Nach dem einen über trägt der Groß Herzog, der wegen anhaltender Krankheit, -SS--?-----» --7», ve Feuilleton. Höhere Bestrebungen. AuS dem amerikanischen Leben von I Wackwitz-Lusch ,4 Fortsetzung.) „Ich weiß eS, mein Kind und Sie sind auch meine begabteste Schülerin, nur schade, daß Sie geheirathit haben. Nun Geschehenes ist nicht ungeschehen zu machen, wenigstens nicht sofort. Obwohl die Männer die natür lichen Feinde der Frauen sind, die uns au-beuten und bedrückt», so werden sie dennoch begehrt, geliebt und geheirathet. ES ist weltbekannt, daß sie unS von allen einträglichen Stellen ausschließ-n, unS für unsere Arbeit nur den halben Lohn geben, unser Befitzthum zwar so gut wie daS ihre besteuern, unS aber kein Mitbrstimmung»- rrcht über die Verwendung dieser Steuern zugestehen. U»d erst, wenn ich an da» Wichtigste, die Gesetzgebung denke — zu deren Durchführung wir wie sie verpflichtet sind, ohne daß wir daran Theil nehmen dürfen — dann schwillt mir die Zornesader. Stoßen unS diese Despoten nicht zurück, sobald wir einen Beruf ergreifen wollen, dea sie für fich allein reservirt zu haben meinen?" — Doch nun zur Sache, Liebe, haben Sie etwas im In teresse Le- neu zn begründenden männlichen Verein», der unsere Bestrebungen fördern helfen soll, au»gerichtet?" M ß Albertson heftete ihre hellgrauen scharfblickenden Augen starr auf da» schöne, jetzt etwa» befangen aus- schautnd« Antlitz der jungen Frau. „Ich habe," antwortete diese zögernd, „den Namen i meine» Manne» in die Liste eingetragen und ihn gebeten, - heute Abend der ersten Versammlung mit beizuwohnen, I wa» — waS er mir auch versprochen hat." „Sie sagen da» so zögernd? Er tritt nicht gern, nicht au» Ueberzeugung bei; Sie haben ihn überreden j müssen, e» hat eine Scene gegeben, Sie haben sich bi» ' in'S tiefste Herz gekränkt gefühlt, Sie haben geweint. — ' Und nur um nicht an Ihnen zum Mörder zu werden, hat er endlich scine Einwilligung geben müssen. Aber er wird sein Wort nicht halten, er wird nicht hingehen, er wird an Ihnen zum Lügner, zum Berräther werden." „O, nein, Miß Albertson, daS thut Frank nicht, er hat mir da» Versprechen auch durchaus nicht gezwungen, sondern ganz freiwillig gegeben und obwohl er sehr be schäftigt ist „Ach, da» find diese Männer stet», wenn sie ihren Frauen gefällig sein und fich auf geistige Gebiete wagen sollen." „So hat er doch nicht» dagegen, d-e Präsidentschaft anzunehmen, wenn der Verein ihn wählen sollte. Sie dürfen Frank nicht verkennen, Liebe, er ist wirklich kein gewöhnlicher Mann und wie gut er ist, wie gut —" Mary brach rasch ab, da» Weinen kam ihr plötzlich wieder an und da» wollte fie durchau» nicht merken, lassen. „Natürlich, da er Ihr Gatt« ist, müssen Sie ihn auch loben," sagte Mi- Albertson in wegwerfendem Tone. „Doch zur Sache, haben Sie den Artikel aufgesetzt, den wir neulich nach allen Seiten hin durchsprachen?" „Ja, Miß Albertson," versetzt« dir junge Frau, i»- dem sie aufstand und sich nach dem Schreibtisch «endete, um daS Schriftstück herbei zu holen. Sie hatte, al» sie die Ausarbeitung übernommen, sich auSgemalt, wie e» wohl sein würde, wenn sie dieselbe in der 8oeiv1x vortrüge: Alle Damen sind zugrgen, auch viele Herren, darunter ihr Gatte, al» Präsident de» Klub», welcher^ dieselben höheren Bestrebungen verfolgt. Sie spricht deutlich, ihr schöne» Organ ist so beliebt, der Inhalt der Rede ist unantastbar. Alle hören mit ge spannter Aufmerksamkeit zu; wenn sie geendet, applaudiren alle Hände und die Zeitung»r«porter bitten höflich um die schöne, geistvolle Ausarbeitung, die man morgen in den besten Blättern der Stadt lesen wird. Die geist reichsten Freundinnen gratuliren voll Herzlichkeit und Frank? Ja, seine Augen strahlen in stolzer Freude, seine Lippen lächeln ihr entgegen, er kann nicht Worte finden, um ihr feine anbetende Bewunderung auSzudrücken. — Ach, aber heute Abend ist eia Reif auf alle die schönen ! Phantasieblumen -«fallen, sie duften nicht mehr. „Geben Sie her, Liebe, ich werde vorlesen, Sie wissen, ich habe ein bedeutrnde» Talent für Rhetorik und nur meine schwache Brust verbietet mir, vor der Welt damit zu glänzen. Indessen bin ich gern bereit, Ihnen al» Norm zu dienen, geben Sie nur genau auf meine Betonung Acht." Und Miß Albertson nahm die sauber geschriebenen Blätter und begann zu lesen und Mary hört« aufmerk- sam zu. Sie war viel zu sehr für die eitle alte Dame eingenommen, um die Fistelstimme derselben uumelodisch, de» Bortrag affrktirt und die Betonung falsch zu finden, ! fie bildet« fich vielmehr allen Ernste» «in, voo ihr lerne» l zu können.