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älMchr VorßMmA 43. Jahrgang Sonnabend, den 15. Mtobcr 1881 werde» bi« Mo»t»> Mittwoch u. Kreit«, Mittag allgrnommra uud koste«: dieispalt. Zelle 1b Pf. Unter Liagesandt: 30 Ps. Politische Weltschau. DeutfckeS Reicb. Die amtliche „Prov.-Korresp." antwortet in ihrer neuesten Nummer auf die Enthüllungen deS Herrn v. Unruh in schneidigster L eise, indem sie sagt: .Wie die Freunde und Verehrer de- Fürsten Bismarck über diese Erinnerungen, abgesehen von der Frage, inwieweit der öffentliche Gebrauch von Privat- gesprächen überhaupt erlaubt ist, ungehalten sein können, ist ganz unerfindlich; sie müßten dem Vanne für seine Enthüllungen vülmehr gerade im Interesse BiSmarck'S höchst dankbar sein und die Fortschritte Partei müßte bitten: .Gott bewahre mich vor meinen Freunden!" Bis jetzt hatte nämlich die Fortschrittspartei zur Er klärung und Entschuldigung ihres unpatriotischen Ver haltens gegen Herrn v Bismarck in jenen Jahrcn sich die AuSrrde zurcchlgelegt: sie habe nicht gewußt und nicht wissen können, daß der Ministerpräsident daS ver stärkte Militär so herrlich nach außen zu Preußens Ruhm und zur Herst vung Ler deutschen Einheit ge brauchen werde, sonst Härte sie ja gern Alles bewilligt. Selbst Bismarck hat (1876) einmal in übel belohnter Großmuth diese Ausrede gelten lassen. Nun kommt jener alte Parlamentsmann und sagt öffentlich: er habe Herrn v. BiSmarck'S Auffassungen über die äußere Politik, über Oesterreichs Stellung und Preußens Auf gaben in Deutschland schon seit 1859, ja seit 1854 ge kannt, er habe darüber beim Beginn deS BiSmarck'ichen Ministeriums seinen politischen Freunden auch Mitthei- lung gemacht, aber rS sei zweifelhaft geblieben, ob er noch diese Pläne habe und ob er sie gegen die Hof- Partei durchsetzen könne. Der eigene Parteigenosse er hebt hiermit die schwerste Anklage gegen die damalige Mehiheit, denn es ist nun klar, daß dieselbe die Pläne Bismarck's kannte, aber nicht kennen mochte, weil sie eben der „Junker vom Vereinigten Landtage" aussühren wollte und Laß die damalige fortschrittliche Mehrheit die Sache der Partei über die Sache des Vaterlandes stellte. Durch die Mittheilungen jenes Parteiführers erscheint die Ablehnung der Militärvorlage, wie die gehässige Anfeindung der auswärtigen Politik deS Herrn v. Bis marck, vollends alS Landesverrath. Die Enthüllung deS alten Demokraten ist vor Allcm eine solche der landesverrätherischen Gesinnung seiner Freunde von der sogenannten Fortschrittspartei. Mögen seine Erinne rungen sonst noch so wenig Werth haben, der Beweis ist darin erbracht: die Fortschrittsleute wußten, daß es sich um die Macht und die Größe deS Vaterlandes handelte, aber sie wollten eS nicht wissen, um auch damals ungehindert ihr „Fort mit BiSmarck" rufen zu können." Eine andere officiöse Abfertigung ist dem Exminister, Geh. Rath Hobrecht geworden, dessen Auf- änserettr» A»n«tz»e§tell«r Die «ruoldtsche Buchbaudl«»^ Jnvalidendant, Haas enstein ck Booster Rudolf Mosse, «. L. Daube L i» Dresden, Leipzig, Hamburg, Berit», Frankfurt a/M. u. s. w. Aptd.» Rodaktio« Dresse»-Neustatt kl. Meißner Gasse 3. Die Zeitung erscheint Dienstag, Dannersdag «vd L»»»ade»d fr^h. U»mi«n»r»t«- Vrei«r viertellührl. M. 1^0. Z» beziehen durch die kaiserlichen Post- «spalten und durch Misere Boten. Mi freier Lieferung in« Haus erhebt die Kok! noch eine Se« «ihr von 25 Pfg. tnten gegen daS Labaksmonopol bei der Regierung um so mehr Verwunderung erregte, alS derselbe weder bei Uebernahme deS Finanzministeriums, noch während der , Verwaltung desselben einen Widerspruch gegen daS Labaks monopol zu erkennen gegeben hat. Man wirb sich aber erinnern, daß der Finanzminister Camphausen im F'ühjahr 1878 im Reichstage den Inhalt eine- Briefes nntlheilte, den er ein Jahr vorher an den Reichskanzler gerichtet ! und in welchem er sich für die Einführung des Labaks- , Monopol- nach einem UebergangSstadium aussprach. AlS bald darauf der Rücktritt deS Herrn Camphausen ! dem och erfolgte, mußte sein Nachfolger wissen, daß ! Fürst B>Sma,ck an dem Monopol festhielt; er mußte auch wissen, daß Herr v. Bennigsen damals den Ein tritt in daS Ministerium seinerseltS nicht mehr in AuS- j sicht nehmen zu können erklärte, nachdem Fürst Bismaeck sich so energisch für das Monopol ausgesprochen. WaS diese officiöse Aeußerung deS liter. BureauS über den Geh. Rath Hobrecht betrifft, so rechtfertigt sich der Letztere damit, daß er ebensogut wie der Reichskanzler in jüngster Zeit seine wirthschaftlichen Anschauungen vrrändein konnte, wenn auch nach anderer Richtung. Der angegebene Grund, weshalb von Bennigsen auf daS Portefeuille verzichtete, wird jetzt aber von andern Officiösen bestritten. Die gewiß gut unterrichtete „Norbd. Allg. Ztg." schreibt: Düse Kombination scheiterte nicht an dem Labaksmonopol, sondern weil > der Ministerpräsident zwar bereit gewesen war, dem I König Herrn v. Bennigsen vorzuschlagen, aber nicht > Herrn v. Forckenbrck, der Erstere aber daran festhielt, n cht ohne den Letzteren «intreten zu wollen. ES lag damals weder in der Absicht, noch in der Macht deS Ministerpräsidenten, Herrn v. Forckenbeck ein Portefeuille zu verschaffen, denn es war nur ein Ministerium, daS deS ! Innern, erledigt — eine zweite ober dritte Vakanz hätte, ! um mit einem liberalen Kandidaten besetzt zu werben, eigens im Sinne eines liberalen Systemwechsels mit einiger Grwaltthätigkeit geschaffen werden müssen. Der Hauptzweck - dieser Mittbeilung scheint zu konstatiren, daß Fürst B'Smarck speciell den jetzigen Oberbürger meister von Berlin, Herrn v. Forckenbrck, nicht in die Regierung haben wollte. Von hervorragender Bedeutung dürfte das Urtheil sein, welches der im Kreise Grünberg-Freystadt für den Reichstag aufgestellte preußische RegierungSrath Jakobi ' auS L'egnitz in seiner am 9. Oktober gehaltenen Wahl- ! rede über die Socialreform gefällt hat. Er sagte: „ES ist seltsam, wie jede Zeit ihr absondirliches Zauder- ! wort hat. War vor wenigen Jahren die möglichst schrankenlose Freiheit, die angeblich ihr Gegengift in sich selbst tragen sollte, die große Zauberin, so ist heut zutage der Staat oder daS Reich, waS dasselbe ist, der unerschöpfliche Wohlthäter. Der Staat — heißt e- i,»t — aiebt jährlich Hunderte von M,H onen — man pr cht Äa t von 200 Millionen Mark - für die Arbeit,ro«sorgung in JnvaUd-npensionen u . s . w.-- er wird auch den Gemeinden oder den Kressen die Grund- und Gebäudesteuer abtreten; — er wird uns die Klassensteuer ganz und die Einkommensteuer zum großen Theil erlassen; - er wird uns von Schutz- Polizei- und Armenlasten befreien, — der Staat, er wird —, doch unterbrechen wtr diesen Schwarm von Verbeißunaen und fragen wir zunächst: wer ist dem» die er Staa.? Etwa ein höhere- Wesen, welche- au- himmlisch,n R,gion«n einen Goldreg.n über an- er- gießen kann? Ein KrösuS 'm Monde oder m der Sonne? Ach nein, er wohnt auf d"f«' unserer Erde, er wohnt unter unS, - er ist - wir selbst! Wir selbst sind dieser tausendfache Millionär, — alle« waS der Staat unS schenken soll, müssen wir erst aufbringen; — vielfach giebt'S nur die rechte Hand an die linke oder umgekehrt und viele gaben selbst mehr, alS sie empfing.«; auch da- LabakSmonopol kann nur ver dienen an dem, waS eS un- abnimmt. Der Kaiser batte sich, wahrscheinlich in Folge der Theilnahme an dem Armee-Pferderennen bei Iffezheim, eine leichte Erkältung zugezogen, welche ihn zwang, da- Zimmer zu hüten. Jedoch ist inzwischen eine Besse rung in dem Befinden ring,treten. Ueber die Rückkehr nach Berlin sind dem Vernehmen nach bis jetzt noch keine definitiven Bestimmungen getroffen, doch kann man der Rückreise deS kaiserlichen Hofe- von Baden-Baden vom 20. Okt. an jeden Lag entgegensetzen. Am 26. d. M. gedenkt der Kaiser sich nach LudwigSlust zur Jagd zu be geben, die beabsichtigte Theil» adme an den schlesischen Hofjagden ist jedoch aufgegeben. Die Kaiserin schreitet in der Besserung ihre« Befindens ersichtlich weiter, so daß fi, bei gü. stiger Witterung täglich mehrere Male Spazier gänge im Walde unternehmen kann. — Der Minister des Jnnern, Staat-minister von Puttkammer, ist an Stelle deS Grafen zu Stolberg zum Vicrpräsidenten ernannt worden. Nach seiner Rückkehr auS Varzin verkehrte der deutsche Botschaft,r am italienischen Hofe, Herr v. Keudell, mit dem Kronprinzenpaar in Potsdam, wo er mit Auszeichnung empfangen wurde und begab sich von dort nach Baden, um sich dem Kaiser vor der Rückkehr nach Rom vorzustellen. — Der würtembergische StaatSminister des Innern, vr. v. S'ck, erkrankte am Donnerstag plötzlich an einer Bauchs,llentzündung und starb roch an demselben Mittag nach einem raschen Sinken der Kräfte in Folge eingetretener Lähmung. Offic öS wird die geplante Reform des Aktien- gesetzeS b,stritten, dagegen mitgetheilt, daß zur Be arbeitung des Gesetzes über Hilfskaffen eine besondere Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und (andmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschaften Dresden-Altstadt und DreSden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmar»» Müller in DreSdin Feuilleton. Wer ist schuldig» Erzählung von Friedrich Friedrich. (52. Fortsetzung.) Jhnm zu Füßen lag da- Dorf, zog sich daS enge aber reizende Thal hin und heiter klang das Lrben desselben zu ihnen herauf, während Stille den Ort umgab, wo sie sich befanden. Eine Zeit lang saßen sie schweigend Hand in Hand neben einander, versunken in den herrlichen Anblick. Der Ton deS Friedens und Glücke-, welcher gleichsam durch die Natur zitterte, fand in ihrer Brust einen Wiederhall. Mehr und mehr machte sich derselbe geltend, bis sie beide ein heiteres Lied anstimmten. SS gab am besten die Stimmung wieder, welche ihre Brust er füllte. AuS dem Walde klang ihr Gesang als Echo zurück. Plötzlich vernahmen sie hinter sich Tritte. Fast erschreckt blickte Loni um sich, sprang aber erfreut empor, alS ihr Vater hinter ihr stand. „Euer Gesang hat mich hierher geführt", sprach er und ein freudiges Lächeln glitt über sein Gesicht hin, als er LoniS frische, geröthete Wangen erblickte. „Fühlst Du Dich nun wieder ganz wohl und gekräftigt, Kind?" fügte er fragend hinzu. Toni blickte auf den Geliebten. AuS ihrem Auge schien ein Vorwurf zu sprechen, weil sie noch immer ihrem Vater Brsorgniß erregte, während ihr Herz so gesund und glücklich schlug. Heinrich verstand diesen Blick, sprang auf und streckte Urban die Hand entgegen. „Onkel, ich habe ein Bekenntniß abzulrgen", rief er, „allein zuvor mußt Du Loni und mir völlige Ver zeihung zusichern." „Erst muß ich Eure Schuld kennen", entgegnete Urban lächelnd, da er einen Scherz vermuthete. „ES ist Sitte, daß die Schuldigen sich auf Gnade oder Un gnade ergeben." „Ich wage eS auch darauf hin, denn ich kenne ja Dein gutes Herz", fuhr Heinrich fort. „Nur eine Frage mußt Du mir zuvor beantworten. Fühlst Du Dich nicht viel wohler, seitdem wir hier sind?" „Allerdings." „Hättest Du Dir noch vor kurzer Zeit zugetraut, so hohe Berge zu besteigen, wie Du jetzt fast täglich thust?" fragte Heinrich weiter. „Der Aufenthalt hier hat mich sehr gestärkt, auch da- gebe ich gern zu", antwortete Urban. „Allein wo zu noch diese Fragen?" „Onkel, nun will ich auch den letzten Grund der Besorgniß von Dir nehmen", sagte Heinrich. „Loni ist nicht leidend, sie ist gar nicht krank gewesen, wir haben Dich getäuscht, um Dich zur Reise zu bewegen, weil sie für Dich nothweudig war." Wider Erwarten zogen Urban'S Brauen sich un willig zusammen. „Ihr habt mich also getäuscht", sprach er, „und auch Du, Toni, bist im Stande gewesen, dies zu thun?" Mit Bangen halte Toni ihren Vater betrachtet. Sie flog auf ihn zu und umfing ihn mit beiden Armen. „Ich habe eS gethan, aber nur au- Liebe zu Dir", rief sie. „Der Arzt hielt eine Reise für Dich durchau- nothwendig und Du warst nicht dazu zu bewegen." „Auf mich fällt alle Schuld", fiel Heinrich ein. „Ich habe Toni dazu bewogen und ihre Bedenken da gegen beseitigt. Unser Plan ist gelungen, die Reise har wohlthuend auf Dich eingewirkt, wie Du soeben selber gestanden hast — nun zürne mir, wenn Du e- kannst!" Einen Augenblick noch schien Urban mit dem in ihm ausgestiegenen Unwillen zu ringen, dann glitt ein Lächeln über sein Gesicht hin. „DaS weiß ich, daß dieser Plan nur in Deinem Kopfe entstanden sein konnte", entgegnete er. „Aber er war gut, er hat geholfen!" rief Heinrich heiter. „Onkel, gestehe, daß er gut war!" „Nun ja — ja!" rief Urban endlich. „Aber zum zweiten Male lasse ich mich nicht durch Dich anführen." Tont und Heinrich schloffen ihn auf - Neue in die Arme und nur mit Mühe konnte sich der Alte von ihnen befreien. „Loni!" rief Heinrich lustig, „nun ist Deine Rolle ausgesprelt. Jetzt kannst Du wieder lachen und fingen, wre eS Dir umS Herz ist, auch wenn der Onkel zugegen - «. L ist ja ein ganz Anderer g-worden und >ch hoffe, die Tage kommen bald, wo cr selbst in unsern Gesang mit einstimmt." «Und wenn ich dies auch nicht thue", bemerkte Urban, „so wißt Ihr doch, daß Eure heitere Stimmung in meiner Brust wiederhallt." glückliche Tage v-rlebten sie noch zusammen. Urban Aren ein ganz anderer Mensch geworden zu sein, denn, da- Glück seiner Kinder warf auch auf lhn einen Wirderscheia.