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«bonnementS- -rped u. Radaktroa Dresden-Neustadt N Meißner »aste S. Die Zeitung erscheint Dienstag. Dannerstag und Sonnabend früh. achsische Aorhntuilg. Preis: Vierteljahr!. M. 1^0. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- »nstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in- HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Äuferat« werden bi- Montag Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dieispalt. Zeile 1b Pf. Unter Eingesandt: 30 Pf. Jnserateu- Annahmesteveur Die Arnoldjsche Buchhandlung Jnvalidendank, Haasenstein L Vogler, Rudolf Moste, G L Daube L Eo. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. u. s. w. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmau« Wüller in Dresden. 43. Jahrgang. Dienstag, den 29. Wärz 1881. Abonnements - Einladung. Bestellungen aus die „Sächsische Dorfzeitung" für das zweite Quartal nehmen alle kaiserliche Post austalten und Postexpeditionen gegen Vorausbezah lung von 1 Mark 50 Pfennig entgegen. Die Verlags-Expedition. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Die große socialpolitische parlamentarische Schlacht hat am Sonnabend mit der Berathung teS JnnungSgesetzcS begonnen und wird in dieser Woche mit den Verhandlungen über die Steuer- vorlagen und das Unfallversicherung-gesetz ihren Fort gang nehmen. Die Bedeutung der bevorstehenden Ent scheidungen deS Reichstags ist so groß, daß darüber die Niederlage deS Reichskanzler- in der Altonaer Zoll anschluß-Angelegenheit völlig in Vergessenheit gerathen zu sein scheint, bi- dieselbe durch die Berathungen im Bunkesrathe wieder aufgrfrischt wird. Trotz der neuesten Koncessionen der preußischen Regierung befand sich das Centrum am vergangenen Donnerstage unter der Oppo sition und wird sich nach Aeußerungen einzelner Führer erst dann gefügiger zeigen, wenn sich ter Reichskanzler entschließt, die Anzeigepflicht annehmbar zu machen und in einer Nachsession dr» preußischen Landtags eine Re vision der Maigesetze zu ermöglichen. Dienstag giebt Fürst BiSmarckwieder einmal ein parlamentarischeSDiner, wozu vieleMitglieder deö CentrumS geladen find und wobei jeden falls eine vertrauliche Aussprache, sowohl über da- Ver halten dieser Fraktion den Cteuervorlagen gegenüber, wie über weitere Kompensationen von Seiten der preußi schen Regierung, durch den Reichskanzler angebahnt werden wir'. Vielleicht genügt das Versprechen, den von Rom aus verpönten kirchlichen Gerichtshof aufzu- heben und dadurch neue Verhandlungen mit dem Vatikan zu ermöglichen, das Centrum auS seiner jetzigen Oppo sitionsstellung herauszulocken. Am Sonnabend wurde im deutschen Reichstage j der Gesetzrntwurf über die Küftenfrachlfahrt wegen neu eingegangener Petitionen an die Komission zurück- verwiesrn. ES folgte sodann die erste Berathung der Gewerbeordnungsnovelle, bei welcher die Abgeordneten Ackermann, Schmiedel und v. Hertling sich wesentlich zustimmend über die Vorlage äußerten, die Abgeordneten Baumbach, vr. GareiS und v. Scza- niecki zwar mehrfache Bedenken kund gaben, jedoch auf Verständigung in der Kommission hofften, wäh rend Abg. Löwe-Berlin die rückschrittliche Tendenz der Vorlage bekämpfte. Der socialdemokratlsche Abg. Hartmann bestritt, daß dem Handwerkerstande durch die Vorlage geholfen werden könne, die nur darauf be rechnet scheine, den Handwerkerstand nur einstweilen zu beschäftigen, um ihn wenigsten- eine Zeit lang loS zu sein, bi- man wieder eine andere Wünschelruthe ge- fundcn zu haben glaubt. Der Gesetzentwurf wurde an eine Kommission von 21 Mitgl ed.rn verwiesen. Prä- sident v. Goßler theilte mit, daß er für Montag und Dienstag die Steuergesetze, für Mittwoch den Bericht bezüglich deS SocialistengesetzeS, für die folgenden drei Tage daS Unfallversicherung-gesetz auf die Tagesordnung zu setzen gedenke. Dem Reichstage sinh die Entwürfe über die Be strafung der Trunkenheit und über die Bestimmung deS RaumgkhalteS der Lrinkgefäße zugegangen. Der Entwurf über Bestrafung der Trunkenheit ist mit einer sehr ausführlichen Begründung versehen, welche namentlich den gegenwärtigln Rechtszustand in Deutschland be leuchtet und die vorhandene Lücke, deren Ausfüllung der Entwurf anstrebt, mit folgenden Worten charakterisirt: ! „In einer sehr erheblichen Zahl von Untersuchungen, welche namentlich Lödtung, Körperverletzung, thätlichen Angriff gegen Beamte und sonstige Gewaltthätig- keiten zum Gegenstände haben, wird vom B-schuldigten ! sinnlose Trunkenheit eingewendet und in nicht seltenen Fällen erfolgt Freiiprcchung auf Grund der Annahme, ! daß der Lhäter sich in einem Zustande befunden habe, der die Zurechnungsfähigkeit au-schließe." Angeschloffen ist ein Vergleich mit den gesetzlichen Bestimmungen deS ! Auslandes. Zu dem JnnungSgesetz kündigt die „N. Pr. Ztg." an, daß seitens der Deutsch-Konservativen in einigen Punkten weitergehende Anträge «ingebracht «erden sollen, die in ihren Grundgedanken den diesbezüglichen vorjährigen Anträgen entsprechen. Der bleibende Ausschuß des deutschen HandelstageS trat am 24. März in Berlin zusammen. Nach einem Berichte von Soetbeer über die WährongSfrage wurde beschlossen: „ES liegt zu einer Abänderung oder näheren Motivirung der früher gefaßten Beschlüsse keine Ver- ! anlassung vor." , In den Hamburger Fabriken findet eine Petition gegen das Arbeiter Unfallversicherungsgesetz unter den Arbeitern Anklang und zahlreiche Unterschriften. Die Petition erläutert, daß diese- Gesetz zwei Drittel der Unfälle unversichert läßt; bei versicherten Unfällen eine durchaus unzureichende Entschädigung gewährt, die arbeitenden Klaffen zu Gunsten der Großindustriellen belastet und daß der Zweck deS Gesetzes vollständiger und besser durch Ausdehnung, Verschärfung und Er gänzung deS HaftpflichtgesitzeS mit Anzeigepflicht der Unfälle und Schutzvorrichtungen für Leben und Gesund- > heit ter Arbeiter erreicht werden kE Aus diesen Gründen wird der Reichstag um Ablehnung^ entwürfe- und um Ausdehnung de» Haftpfl.cktgesetze- auf alle nicht dem Kleingelde so wie Urbertragung der Lewc^slast auf dre Unter- "^Jn"s!? LouiS starb vor Friedrich Hecke-r im siebzigsten Lebensjahre, ter als Letter der Badlschen Revolution von 1848 einst eme der vte^en^ Persönlichkeiten Deutschlands war. « - Obergerichts- advokat in Mannheim, wurde Hecker 1842 rn d,e zwecke badische Kammer gewählt und begann von da ab s-me Opposition gegen Ministerium und Regierung. 1848 an der Spitze der Demokraten, übernahm er die Führung der Revolution, welche in Baden in demselben Jahre auSbrach. Nach dem für die Aufständischen Unglück- lichen Gefechte von Kandern flüchtete er nach der Schweiz und von dort nach Amerika, wo er br- letzt al- Farmer lebte. Auch in der neuen He,mach be- theiligte er sich lebhaft am polrt.schen Leben, kämpfte während deS Secession-kriege- m ter Armee der Nord staaten und nahm 1864 alS Br,gade-Oserst <e!nen Ab schied, um wieder Farmer zu werden. 3n Deutschland wurde er 1868 amnestirt und machte er der alten Heimath im Jahre 1873 einen Besuch, kehrte aber bald wieder nach Amerika zurück, da er sich in den neuen deutschen Verhältnissen nicht heimisch zu fühlen ver mochte. -- Qesterr Ungar. Monarchie. Da« Abgeord netenhaus beschloß am 26. d. M mit 230 gegen S4 Stimmen in die Sprc'alberathung des Grundsteuer- Gesetzentwurfs einzutreten, nachdem ter Finanzminister die Vorlage eingehend befürwortet hatte. Der Beschluß der deutsch-böhmischen Abgeordneten, für da» Eingehen in die Berathung der Grundsteuer Hauptsumme z» stimmen und den Antrag Schaup zu verwerfen, erregt Sensation und wird voraussichtlich für die parlamen- tarische Entwickelung der nächsten Zeit von nachhaltiger Bedeutung werden. Frankreich. Die Journale, welche das Listen» skrutinium befürworten, dringen darauf, daß die Kom mission unverzüglich ihren Bericht der Kammer unter breite, damit die Wahlmodu-frage noch v»r den Oster- ferirn auS der Welt geschafft werde. Der Referent, der den Arrondissement-wahlen günstigen Kommission, Boyffet, soll aber erklärt haben, seinen Bericht nicht vor dem nächsten Donnerstag fertig stellen zu können. Die Gegner Gambetta« möchten lieber die ganze Ange legenheit bis nach den Osterferien vertagen. Im Senat richtete Gavardie am Freitag eine Anfrage an die Re gierung über die Orientfrage und sprach sich dabei gegen die griechenfreundliche Politik au-, welche nur dem Ein. Feuilleton. Der Herr Baron. Novelle von Ludwig Habicht. (33. Foetjetzurg und Schluß ) Der Herr Baron mochte wohl selbst etwa- Furcht haben, denn ich durfte nicht von seiner Seite und wenn wir fuhren, mußte ich mit im Wagen fitzen, deshalb hielten uns die Hotelwirthe und Kutscher für Brüder und nun kam mir ein böser Gedanke, den ich nicht mehr loS wurde. — Iwan strich sich über die Stirn und fuhr erst nach einer Pause fort: ES war al- ob ein böser Geist mir beständig zuflüsterte: Wenn Dein Baron von Räubern überfallen und erschlagen würde, könntest Du an seiner Stelle den vornehmen Herrn spielen. — Wir waren auf der Insel Kapri ge wesen und seltsam genug, der Graf sprach fortwährend von Räubern, prüfte seine Pistolen und meinte: Wenn nicht gleich eine ganze Bande kommt, mit einem Paar italienischen Schuften nehmen wir e« auf. Ich bestärkte ihn noch in dieser Ansicht und entgegnete, daß ich gern einmal ein solches Abenteuer haben möchte. Wir sprachen dann von anderen Dingen und ich wußte den Baron zu überrede«, baß er den Wagen zurückschick«, denn ich hätte gehört, der Weg, den wir jetzt einschlügrn, sei der schönste in Italien. Der Baran »ar ohnehin leicht zu lenken, ich konnte ihn zu Allem bewege«. Die Straße »ar jetzt sehr einsam und nun flüsterte mir wieder der Böse z«: jetzt ist der rechte Augenblick, die Gelegenheit kommt nicht »jeder. — Ich führte einen eisenbeschlagen«« Stock bei mir und unter dem Vorwande, daß dort eine prächtigere Aussicht sein müsse, lockte ich ihn von der Straße hinweg und dann — Der Gefangene stockte, rin leiser Schauder schüttelte seinen Körper. Er hatte bisher seinen Bericht stehend abgestattet, jetzt sank er wie gebrochen auf die Bank zurück. Nur weiter, drängte der alte Beamte streng und unerbittlich. Wirklich wurde Iwan durch diesen Zuruf wieder heftig aufgerüttelt, den Blick zu Boden geheftet, fuhr er mit leiser Stimme fort: Der Baron bückte sich nach einer Blume und nun durfte ich nicht länger zögern. Ich erhob meinen Stock und schlug nach dem Kopfe deS Baron«. Er blickte sich erschrocken um und wollte sich zur Wehre setzen; jetzt durfte ich ihn nicht mehr schonen. Ich hieb noch mehrmals auf den Schädel meine- Herrn ein. bi- er lautlos und blutend zusammen- sank. Ich hielt ihn für tobt. Nun entfernte ich mich von ihm einige Schritte, holte aus meiner Lasche die Stricke, die ich mir zu diesem Behufe mitgebracht hatte und begann mich selbst zu knebeln. Ich hatte mich schon lange darin geübt, aber ich hätte mich beinahe verrechnet. Der Strick um den Hal- drohte mich zu ersticken uud dann die furchtbare Aufregung. Glücklicher weise wurde ich noch im letzten Auaenblick gerettet. Schade! murmelt« der alte Kriminallichter in den grauen Bart. Al- ich au- meiner Betäubung erwachte, drohte mir ein« andere Gefahr, setzte Iwan seine Erzählung fort, dem es vielleicht selbst «in Bedürfniß sein mochte, srü» Gerviffen einmal durch ein offene- Bekrnntniß zu erleichtern. Mein Herr war nicht todt. Unter den Gästen deS Hotel-, in da- wir gebracht wurden, befand sich zufällig ein französischer Arzt, der alle leine Kunst anwandte, den Schwerverwundrten zu retten. Wenn es ihm gelang, war ich verloren .... Die Erinnerung an jene Stunden schien so mächtig zu sein, daß sie Schweißtropfen auf seine Stirn brachte. Der Arzt that zwar den Ausspruch, daß ter Verwundete seine klare Besinnung nicht mehr wiedererhalten «erde, aber war es nicht dennoch möglich? — Ich wagte zuletzt gar nicht mehr daran zu denken. Schon hatte ich mich al- ältester Bruder de« Baron- au-gegeben; ich mußte meine Rolle weiter spielen, so schwer e- mir auch fiel.>.. Iwan strich sich über die feuchtgewordene Stirn. Alles fügte sich schließlich nach meiner Berechnung, be gann er nach einem tiefen Athemzuge von Neuem: Mei» Herr erhielt seine Besinnung nicht mehr zurück und ich konnte an seiner Stelle al- Baron BloomhauS auftrtten. GS gelang mir auch und Niemand zweifelt« an meiner Echtheit. — Jetzt huschle beinahe etwa« wi« ein tri» umphirende- Lächeln um feine bleichen Lippen. Dieser elende Lump! brummte der Alte wieder, laut und heftig setzte er hinzu: und dann hattest Du die Frechheit, eine italienisch, Fürstin zu beschwindeln, die so leichtfertig war, Dich für einen echten Baron zu neh men und die ihre Lhorheit dadurch büßen mußte, daß Du sie ebenfalls au- dem Leben schafftest. schwieg, was half es, diese zweite Anklag theilweise von sich abzuschüttelv. «ekenne auch hier die Wahrheit. muß ich sagen, daß ich meine erst« Fra« nicht selbst vergiftet hab«. Da- ist di« Wahrheit,