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Vas ländliche Genoffenschastswesen! Seit vor rund 90 Jahren Naissetsen die ersten Ge nossenschaften gründete, hat das ländliche Ge-, nossenschaftswesen einen fast beispiellosen Auf - stieg genommen. Die Genossenschaften sind als Orga nisation einer bewußten bäuerlichen Selbsthilfe entstanden, um gegen jüdischen Wucher, insbesondere ge gen den jüdischen Viehhandel eine zweckentsprechende Masse zur Verfügung zu halten. In den ersten Jahren, da die Vorläufer der ländlichen Genossenschaften sich be merkbar machten, schien das Tempo des Aufschwunges den Gründern nicht gerade befriedigend zu sein. Das Landvolk mußte jedoch erst einmal Vertrauen fassen, nach dem vorher niemand daran gedacht hatte, der Landwirt schaft irgendeine Hilfe zur Verfügung zu stellen. Als dann aber die Bauern am praktischen Beispiel erlebten, daß Einigkeit stark macht, da ergriff die Genossen schaftsbewegung alle Gaue des Reiches, so daß in jedem deutschen Land Genossenschaften tätig waren und daß schließlich auch über die Grenzen des Reiches hinaus der Genossenschaftsgedanke lebendig wurde. Welche Bedeutung die Genossenschaften für das deutsche Wirtschaftsleben haben, das zeigt eine Unter suchung, die das Statistische Reichsamt für das Jahr 1937 in diesen Tagen herausgegeben hat. Danach gibt es im Deutschen Reich (ohne Oesterreich) 50 755 Genossen schaften. Aus die ländlichen Genossenschaften, die im Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Ge- aossenschasten, Raiffeisen e. V., zusammengeschlossen sind, entfallen allein 40 486 Genossenschaften. Die früher im Verhältnis recht zahlreichen wilden ländlichen Genossen schaften sind auch im Betriebsjahr weiter zurückgegangen, von 803 Ende 1936 aus 295 Ende 1937. Diese Entwick lung ist in jedem Falle zu begrüßen, denn sie fördert die einheitliche Ausrichtung aller Genossenschaften und damit auch die Schlagkraft des gesamten ländlichen Genossen schaftswesens. Die weitaus stärkste Gruppe innerhalb des ländlichen Genossenschaftswesens sind die Spar- und Darlehnskassen mit 17 890 Genossenschaften. Ihnen folgen die Molkerei- ilnd Milchverwertungsgenossenschaften mit 8844 und sann die Elektrizitätsgenossenschaften mit 4802 Genossen schaften. Die Tatsache ländlicher Elektrizitätsgenossen- schäften berührt dabei ein Problem, das gerade im Rahmen der heute notwendigen Intensivierung der land wirtschaftlichen Betriebe eine große Rolle spielt. Es wird zu untersuchen sein, wie weit gerade die Elektrizitäts genossenschaften in der Lage sind, den landwirtschaftlichen Betrieben einen ausreichend billigen Strom zur Verfü gung zu stellen. Wichtige Gruppen innerhalb des länd lichen Genossenschaftswesens stellen weiterhin die Vieh verwertungsgenossenschaften und die Zuchtviehgenossen schaften dar. Es müssen weiter erwähnt werden die Eier verwertungsgenossenschaften, die Obst- und Gemüsever wertungsgenossenschasten, die Winzergenosseuschatten, Me Brennereigenossenschaften, schließlich die Maschinen-, ins besondere die Dreschgenossenschaften u. a. 1866 wurde in D e u t s ch ö st e r r e i ch die erste land wirtschaftliche Genossenschaft gegründet. Auch hier ist dann in den weiteren Jahren eine hervorragende Aufbauarbeit geleistet worden. Fast 3900 landwirtschaftliche Genossen- schäften gibt es heute in Oesterreich, wovon — dem Cha rakter der österreichischen Landwirtschaft entsprechend — über 1000 allein zu den Milchverwertungsgenossenschaften gehören und weitere 450 Viehzucht- und Viehverwertungs- genossenschaften sind. Der Genossenschaftsgedanke ist in den ältesten deut schen Rechtsquellen schon als typisch germanisch. Deutsche Eigenart herausgestellt. So ist es erklär lich, daß insbesondere auch die volksdeutschen Gruppen außerhalb der Reichsgrenzen sich mit Hilfe der Genossen schaften eine beachtenswert starke wirtschaftliche Stütze schufen. Die Sudetendeutschen haben sich in ihrem Zentralverband der deutschen landwirtschaftlichen Genos senschaften, Brünn, eine Zentralorganisation geschaffen, die sich insbesondere während der letzten 20 Jahre, da das Sudetendeutschtum einen erbitterten Kampf um seine nackte Existenz führen mußte, hervorragend bewährt hat. Wo überhaupt im .Südosten deutsche Bauern gesiedelt haben, da ist nach und nach der Genossenschaftsgedanke lebendig geworden, und meist ist eS so, daß die Genossen schaften der volksdeutschen Gruppen Ausgangspunkt länd licher Genossenschaftsorganisationen für das betreffende Staatsgebiet überhaupt wurden. So hat das Werk Raiffeisens für die Landwirtschaft nicht nur Deutschlands, sondern aller Welt, wertvolle Dienste geleistet. Für Deutschland insbesondere gewinnt das ländliche Genossenschaftswesen in der Erzeugungs- schlacht Bedeutung, da gewisse Aufgaben der Intensivie rung der landwirtschaftlichen Betriebe nur auf genossen schaftlicher Grundlage zu erfüllen sind. Das gilt in erster Linie für die Maschinengenossenschaften, aber auch für Zuchtviehgenossenschaften, für die genossenschaftliche Schaf haltung und einige andere Betriebszweige der Landwirt schaft, die im Interesse der Eigenversorgung Deutschlands mit allen Mitteln ansgebaut werden müssen. Napoleons zweites Versagen Die Schlacht von Bautzen. Der Feldzugsplan Napoleons im Jahre 1813 war groß und genial. Er war von Frankreich aus durch Thü ringen vorstoßend in schnellen Märschen in die Gegend von Leipzig geeilt und wollte nun über Berlin nach der Weichsel vorrücken, wo sich die Festungen Danzig und Modlin (in der Rufsenzeit Nowogeorgiewsk), in .seiner Hand befanden. Ganz im Geist der Niederwerfungs- strategte wollte er die sich ihm cntgegensteucnden preuß, schen Truppen vernichten, um aus Vie Operationsbasis der Russen zu stoßen. Er glaubte, seinen Plan um so leichter durchführen zu können, weil auch die Odersestunge« Stettin, Küstrin und Glogan in französischem Besitz ge blieben waren. Wie kam es nun, daß der Franzosenkaiser seine strate gischen Ziele nicht erreichte? Schon, als sich Napoleon in Leipzig befand, waren die verbündeten Preußen und Russen bei Großgörschen mitten in seinen Aufmarsch hin eingestoßen, sie halten sich aber sehr geschickt vom Feind wieder gelöst, als der Imperator mit Uebermacht auf dem Schlachtfeld erschien. Die Alliierten zogen sich auf Bautzen zurück. Ein so großes Heer konnte Napoleon nicht in seiner Flanke stehen lassen. Er ordnete deshalb an, daß zunächst der Marschall Ney allein nach Nordosten vorgehen solle, während er den Verbündeten folgte. Dann aber wollte er jede Zersplitte rung seiner Streitkräfte wieder vermeiden und zog Ney zu einer umfassenden Umgehung der preußisch-russischen Stellungen auf Bautzen heran. Die Verbündeten wußten, daß sie Napoleon an Zahl unterlegen waren. Noch hatten sich ihnen die Oesterreicher nicht angeschlossen. Gegen die 110 000 Allnerten führte Napoleon zirka 150 000 Mann heran, Preußen und Russen versuchten das Mißverhältnis der Zahlen dadurch auszugleichen, daß sie ein« sehr starke Stellung wählten, in der sie den Franzosenkaiser erwarte ten. Diese Stellung lag am rechten Ufer der Spree. Ter rassenförmig erhebt sich hier das Ufer bis nach Hochkirch, jenem Ort, der jedem Deutschen aus dem Siebenjährigen Krieg bekannt ist. Gräben und Redouten verstärkten das Glacis, dessen natürliche Festigkeit noch dadurch erhöht wurde, daß die Flügelpositionen durch Gebirge, durch Seen und fließende Gewässer gedeckt waren. Kaiser Alexander I. von Rußland war nach Wurfchen gegangen, der preußische König hatte sein Hauptquartier in Kotitz ausgeschlagen. Die Verbündeten wußten, daß sie von Napoleon aus ihren Stellungen herausmanövriert werden sollten und batten desbalb ibren reckten Rlüa«l Zur internationalen Handwcrküaussteüung eingetroffcn. Weltbild (M> Der Bürgermeister des Handwerkerdorfes, Ebeling begrüßt japanische Handwerker, die auf der Internationalen Handwerksausstellung in Berlin ihre Kunst zeigen werden. Der Himmelsstürmer Ein Roman nm Coppervlco» Don Leonnne von Winterfeld-Platen Uihrdn-XicdnIchuU - v«»II<d«r i. iiüädmU 12. Fortsetzung. Im Koppernigkhaus ist schon seit dem frühen Morgen ein lebhaftes Schaffen und Treiben. Der ganze geräumige Treppenflur und die Diele duften nach frischem Kuchen, daß man es bis auf die Straße hinaus spüren kann. Mit hochge- streiften Ärmeln steht Katharina in der Küche, den Schöpsen braten in der riesigen Pfanne wendend. Ihre Wangen sind hochrot, und die blonden Löckchen an den Schläfen zittern vor Erwartung und Aufregung. Denn heute wird ja der geliebte Bruder Nikolaus aus Krakau erwartet, und vielleicht... viel leicht hat Bartel Gertner ihn begleitet! Freilich hat sie seit jener Mondnacht im August keinerlei Botschaft von Bartel mehr bekommen; aber Nachrichten kamen ja immer sehr spär lich und zufällig von Krakau nach Thorn. Immer hatte sie gehofft, er würde auf seiner Rückfahrt noch einmal hier heran kommen, aber vielleicht hatte er einen anderen Weg in die Heimat genommen, hatte vielleicht Gelegenheit gefunden, auf dem kürzeren Landweg mit reisenden Kaufleuten oder einem Trupp Ordensritter nach Krakau zurückzukehren. Jedenfalls mußte er längst wieder daheim sein, denn es waren nun ja schon über drei Monate seit ihrem Zusammensein verstrichen. Und hatte er nicht gesagt, wenn er es irgend möglich machen könnte, würde er zur Huldigungsfeier mit Nikolaus nach Thorn kommen? Wollte er nicht offen vor Mutter Barbara und Ohm Lukas um sie werben? Bei diesem Gedanken klopft ihr Herz schneller, und ihre Hände beginnen zu zittern. „Ach, ihr Heiligen, wollet doch alles zum besten lenken! Und der unruhigen, liebenden und sorgenden Seele endlich Ruhe verschaffen!"' Schnell schickt sie diesen Stoßseufzer zum Himmel, ehe sie den neuen Kuchenteig anrührt. Mit einem Ohr muß sie dabei nach oben lauschen, ob sie nicht hastige Schritte in Flur oder Diele hört, oder den schweren, dumpfen Ton des Klopfers an der Haustür. Im großen Wohnzimmer zur linken Hand, das heute schön warm geheizt und sehr festlich geschmückt ist, sitzt bereits Ohm Lukas mit der Mutter in tiefem Gespräch. Es ist der Bischof von Ermland vor einigen Tagen von Frauenburg her hier eingetroffen und hat bei seinem Schwager, dem Ratsherrn von Allen, Quartier genommen. Ist er doch eine der gewichtigsten Persönlichkeiten jetzt im Lande, und aus das Wort dieses mächtigen Bischofs hat ein jeder zu hören. Lukas Watzelrode sieht von Zeit zu Zeit ungedqsdig zur großen Sanduhr auf dem Kamin. In seinem hageren, strengen Gesicht steht Ungeduld und Unruhe. „Daß die Krakauer immer noch nicht hier sind! Ich hatte sie schon gestern abend erwartet. Es sind Herren aus der Stadt dem König entgegengeritten, die wollen dann den Wächtern auf den Türmen rechtzeitig Bescheid geben. Ich werde ihn am diesseitigen Thorner Ufer der Weichsel mit seinem Bruder Sigismund empfangen." „Es scheint in der Stadt keine ungeteilte Freude über die Ankunft des Königs zu herrschen?" Frau Barbara fragt es besorgt und gießt dem Bruder noch heißen Würzwein aus der großen Kanne in seinen silbernen Becher. „Wundert dich das. Barbara? Ist es doch so, daß feine Partei hier der anderen traut Hie Preußen, hie Polen -- so hat es immer und immer geheißen Unter meiner Füh rung werden die Landesräte Preußens, die übrigen weltlichen und geistlichen Herren, die Abgeordneten der großen Städte dem Könige huldigen. Es wird ein gewaltiges und prächtiges Bild geben, denn der König ist ebenfalls von seinen pol nischen Großen und seinem Bruder Sigismund begleitet." „Und will der König lange hierbleiben?" Lukas Watzelrode zuckt die Achseln. „Das ist noch ruckst bestimmt. Er wollte von hier aus weiter nach Marienburg und Danzig, aber die so stark herr schende Seuche dort wird es wohl kaum zulassen. Jeder meidet jetzt dieses verpestete Gebiet, denn die Ansteckungsgefahr soll aar aroß sein " Pferdegetrappel auf der Straße unterbricht ihre Reden. Dann wird l?ie Haustür hastig aufgerissen, danach die Wohn stubentür. Und auf der Schwelle steht groß und schlank der 22 jährige Nikolaus Koppernigk. Seine Augen lachen, er hat beide Arme weit ausgebreitet.' „Da bin ich nun also endlich wieder daheim! Das Reiten der anderen hat mir gar zu lange gewährt, da habe ich mich von dem großen Zuge getrennt und bin oorausgetrabt Gott zum Gruß, ihr Lieben! Seid ihr auch alle gesund und wohlauf?" Mit Freudentränen preßt die Mutter ihren Jüngsten ans Herz. Dann küßt er ehrfürchtig dem bischöflichen Ohm die Hand. Dessen düsteres Gesicht, von dem Zeitgenossen be richten, daß „niemand ihn will lachen gesehen haben", erhellt sich sichtlich bei dem unverhofften Anblick dieses Lieblings neffen. Und nun will das Erzählen kein Ende nehmen. Niko laus muß von seinen Studien in Krakau berichten, von dem leichtsinnigen und kränklichen Bruder Andreas, der diesmal nicht mitgekommen ist, von den Professoren und anderen Scholaren, bis die Mutter lächelnd meint: „Willst du nicht auch deine fleißige Schwester Katharina in der Küche einmal besuchen? Sie sorgt so emsig für eure Mägen, da hat sie dein Kommen wohl ganz überhört." Nikolaus springt auf. „Aber gewiß will ich zu ihr! Wollte schon grade nach den beiden Schwestern fragen." „Barbara ist seit vorigem Mond bei den Zisterzienserinnen in Kulm Du weißt, sie sehnte sich schon lange ins Kloster." Nikolaus denkt einen Augenblick nach. „Zuvor will ich euch aber noch von meiner Namens änderung erzählen. Macht nicht gar solch erschrockenes Ge sicht, Frau Mutter. Aber ich schreibe mich jetzt Coppernicus statt Koppernigk, wie es unser seliger Bater noch getan. Ich habe auf der Universität gesehen, daß es besser und richtiger ist. Und ich denke, ihr werdet nun alle meinem Beispiel folgen." Fortsetzung siehe nächste Seite.