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e« k. 2.50 -d.iso d.2 20 d.2.50 k. 6.— d.2.50 d.1.50 drillt ;o Pf. -30 N. u. 8.38 t 3.- IlOlSÜtt «Im. karr«! nev, un- n, Kao, re, k! K, ie. rr, »chf. I. I. Me »i. nvcr- -r, land- «eiten erde- r«te g. »hr. r. « zu 3. M i- lug, lar- g* 'S- 'st ! und » e SMge M Schönburger Tageblatt. Nr. 182. Sonntag, den 8. August 1920. Hofnarren und hospoeten. Ein Beitrag zur Geschichte des ehemaligen HofnarrentumS in Sachsen. Von F. A. Esche-Dresden. Nachdruck »erboten. (Schluß.) Ein Etelmann wollte sich einst mit Geschenken hinter Fröhlich» Einfluß bei Hofe stecken und schickte ihm deshalb ein Kalb, einen Hammel, einen welschen Hahn und zwei Gänse. Diese Tiergesellschaft trieb Fröhlich zusammen und entdeckte dem König den ganzen Gaukelhandel, was dann zu keinem geringen Gespülte für den Edelmann Anlaß gab Jeseph Fröhlich trug für gewöhnlich einen großen silbernen 60 Unzen schweren Kammerherrnschlüssel, dessen er sich ge wöhnlich auch al? Trinkgeschirr bediente. Unsre Zeit wird mitleidig lächeln über solche Witze und solches Treiben, aber eine köstliche Probe von beißendem und trefsendem Humor über die damaligen Zeitverhältnisse, über Fehler, Schwächen und Untugenden seiner Mitmenschen, hat Fröhlich bei einem großen Hoffeste gegeben, eine Probe, die wir unsern Lesern nicht vorenlhalten möchten, da wir daraus eine recht amüsante Ironie über Sitten und Gebräuche und Leichtgläubigkeit jener Zeit lesen. Es war zur Vermählung der sächsischen Prinzessin Maria Josepha, Tochter Friedrich Augusts II-, mit dem Dauphin von Frankreich. Aus diesem Anlaß fanden am Dresdner Hofe in den Tagen vom 7. bis 24. Januar 1747 allerlei Feste statt. Zu diesen gehörte auch ein Jahrmarkt im Schloßhose, wo in 40 bunt erleuchteten Buden Köstliches aller Art für Spott preise, a 1 und 2 Groschen, aus Kosten de» Köniz» verkauft wurde. Mitten unter diesen Buden hatte der Hofnarr Joseph Fröhlich ein Marktschreier-Theater*) errichtet, vor welchem ein sogen. Marktschreier Zettel, eine gedruckte Anpreisung seiner ungeheuren medizinischen und chirurgischen Kenntnisse, hing. Bon diesem Zettel waren nur so viel Exemplare gedruckt worden, al» hohe Herrschaften an dem Feste teilnahmen, die meisten dieser Zettel find ohne Zweifel verloren; al« Selten heit befindet sich ein Exemplar noch in der Landesbibliothek. Wir geben diesen Marktschreier-Zettel hier wörtlich wieder: „tAelIicu8 in re incerts cornitur." Kund und zu wissen sey hiermit allen Lebendigen und auch den Todten, wenn sie es hören können, daß allhier an- gclanget der in allen vier Theilen der Welt und darüber hieraus, berühmt gewordene und durch die Trompeten der Fama autgeblasene vom Süd- bis zum Nordpol bekannte, sich durch seine Wissenschaften bis an die Fixsterne ge fchwungenr, und durch erstaunliche und wundervolle Euren hervorgethane Doctor, Tlieoplirsstus öombL8tu8 Mtkriä3te8 Dmpl38tiriu8 ?ulveri8sxiu88 purZantins, des großen und mächtigen Kaysers im Wicoclem-Hof und Leib-MedicuS, und zugleich von ollen Regenten in den Planeten privilegierter Bugen-, Wurd , Bruch-, Wurm und Zahn-Arzt. Ein Mann, dessen Gelehrsamkeit unbegreiflich und dessen Einsicht unend lich. Ein Doctor über alle Doctore8. Doctor, cloctuo, cloctiu8, clocti88imv8, prae8tanti88imu8, excellenti88imu8, exsmin3tu8, 3pprob3tu8 etc. in arte Jympalileties, msZne- tics, ägenica, atque in mäßig, naturale, aci 8ummum ublfue Orackum vei8gtu8. Verständiger als ^68eulapiu8, gelehrter als Oalenu8, klüger als »ipporate8 und geschickter als alle Doctore8 der vergangenen, gegenwärtigen und künf tigen Zeiten. Kein emp!r!cu8, kein Storcher, kein Lem Betrüger, sondern ein Doctor, et quickem Doctor in optima korma, incomparadili8 in mocko proceckenti. Ein Doctor, der alle unheilbaren Krankheiten, die Schwind- und Wassersucht, das ?oclagra, den Nieren-, Lenden und Blasen Stein, die Pest, ja sogar, die Dummheit curiret, indem er auf eine unerhörte Weise die ungelehrigen Köpfe öffnet, das träge und schläfrige Gehirne herausnimmt, es mit einer gewissen, au» der Asche von faulem Holze gemachten Lauge wäschet, reiniget und es fähiger, klüger, merksamer und nachdenklicher wieder einsetzct. Ein Doctor, welcher das menschliche Leben ver längert und dem Tode, d;m Menschenfresser, täglich unter schiedene Biffen wieder ans dem Halse reißet, die er schon zu verschlucken willens ist. Seine zu Tage gelegten Proben find unglaublich und demnach wahrhaftig. Solche alle zu benennen würde eine Unmöglichkeit seyn, wenn auch gleich der ganze Himmel eine Pergamcnthaut, alle Sterne Schreiber, alle Blätter Federn und das große Weltmeer das Tintenfaß wäre. Unter unzähligen nur einiger zu gedenken: So hat er den König in ^lonomatapa an der Blutbegier dur d einen Aderlaß an der großen rechten Fußzehen, und den Kayser in Lalicut an der Herrsch Sucht und der unmäßigen Begierde, sremde Länder zu erobern, curiret. Eine gewisse vornehme Dame hat er von der Spielsucht, und einen ?etit-Naitre von der Mode Krankheit besreyet. Mehr als 360,000 alte Weiber hat er wieder jung gemacht, über 1,000,000 Jungfern an der Mannsucht curiret, unzähligen Eheweibern den unordent lichen Appetit nach fremder Speise vertrieben und über 2,000,000 Ehemännern die Hörner abgefeilet, welche ihnen ihre gutherzigen Hausfrauen aufgesetzet. Biel Pedanten hat *) Marktschreier waren Kurpfuscher, die in den Städten herum zogen und durch bombastische Ankündigungen da» Voll anlockten und alle Heilungen versprachen. Fröhlich hat darauf in seinem Marktschreier-Zeltel eine köstliche Satyre und damit derbe Hieb« und Spott auf gewiss« Zeitumstände gegeben. er an der Einbildung, viel junge Herren an der Wind macherey und dem Ahnen-Stolz, viel Geizige an der Karg heit, viele Heuchler an der Gleißnerey, viel böse.Weiber an der Keif-Sucht und viele gute Ehemänner an der unzeitigen Geduld geheftet, ja vielen Eseln ein Doctor-mäßiges Gehirn verschaffet. Einem gewissen Müller, welcher den Ruhm hatte, daß er am behendesten unter ollen Müllern stehlen könne, hat er einen Stein aus der Blase geschnitten, der so groß gewesen, daß er einen Mühlstein daraus hat hauen lassen können. Einem Schneider, welchem von dem vielen „hinter die Hölle werfen" die Finger verkrümmet, hat er von der Lähmung besreyet, und ihm die Hände so grade gemachet, daß er noch einmal so gut als zuvor mausen konnte. Einem gewissen Satlelknecht, welcher dreh Königen ge- dienet, hat rr einen Wurm aus dem Kopse geschnitten, der von Danzig bis nach Eonstantinopel gereichet.**) Inzwischen hat diese Krankheit so überhand genommen, daß, wenn er alle daran laborirende heften wollte, er der in der Welt sehenden Menschen schneiden müßte. Nachdem er alle Himmelskugeln durchreiset und diesen gan zen Weltball durchwandert, so ist er nach Dresden gekommen, um daselbst allen mit Maladieen behafteten Personen seine Hülse angedeihcn zu lassen und seines Namen» Gedächtnis zu stiften. Die mitgebrachten Medikamente bestehen vornehmlich: 1. in einer D58entia auri potadili8 univer8ali et in 8ißno 8oli8 et conjanctione tVlarti8 cum Venere in balneo Mariae äeotillata, welche für alle Krankheiten ohne Ausnahme dienlich. Sie machet die Menschen älter al» die Raben, verjaget den Tod, erhält den Körper in vißore, da» Blut in circulatione, den Puls in egalen Schlag und alles ?ore8 offen, wenn man alle Morgen beym Aufstehen 20 Tropfen Elbwasser einnimmt. 2. in einem vortrefflichen Augenwaffer für alle überflüssige ?»Iitico8, welche in die Cabineter großer Herren gucken und ihre geheimsten Anschläge erforschen wollen, alle halben Stunden in 40 Tropfen in Nasenstübern ge- nommen, benimmt den Augen die Hitze des Eigendünkel» und die Röte der überflüssigen Einsicht. 3. in Kräuter »8peciebu8« zu einem Thee sür alle an gehenden Hofleute, früh Morgens ohne Zucker getrun- ken, machet eine besondere Fähigkeit zur Bestellung» und Complimentirkunst und zu allen bei Hofe üblichen Ränken. 4. einer kostbaren Magen-Morchelle für da» Sodbrennen aller naschhaften Weiber, welche die Männer darben lassen und heimlich gute Biffen fressen. Abends bei den Schlafengehen 1 Stück gegessen. b . einen herrlichen Schnupftabak für alle, deren Köpfe mit Heckerling und Grütze gefüllet und die ein grobes In genium haben. Er reiniget darselbe, kläret es auf, machet es geschickt, etwas zu fassen, führet die flegelhaf ten Feuchtigkeiten ab und machet sogar «inen Ochsenkopf zu einem Kunstlichter des Gelehrten. 6 einem Wässerchen zum Anstrich für ungestalte Frauen zimmer-Gesichte, denn wenn sie auch häßlicher al» de» Teufels Großmutter wären, so werden sie bei dem Ge- brauch desselben schöner und holdseliger als Dian« im Bade. 7 . in Haupt- und Flußzillen sür alle naseweisen und auf geblasenen Geister, männ- und weiblichen Geschlechts. Frühmorgen» eingenommen und ein Glas dlooce te jp8UM darauf getrunken, führen allen zähen schleim der Narrheit ab, reinigen die Inteütina von der Asteris peccanti, der Eigenliebe, treiben die verschlagenen Winde des Hochmuts fort, dämpfen die Lonvu>8iones und Blähungen der 8uper Klugheit, machen Appetit zur Demuth, erregen die Selbsterkenntnis und machen ein« gute Verdauung der Sitten-Lehren. Wo nun der Hülfe oder de» Raths dieser großen Mannes benötigt, kann sich entweder auf öffentlichem Platze melden oder ihn in seiner Behausung sprechen. In der Neustadt suchet ihn: Er wohnet in der Zeit*'*) Da findet ihn jedermann zur Hülf und Dienst bereit. Da sticht er Euch den Staar. Da macht er alte Leute Aufs neue wieder jung und Alberne gescheute. Datum 1747. Joseph Fröhlich, Doctor. Von wefteren Schwänken, Freuden und Leiden dieser Hof narren — die Leiden fehlten ihnen keineswegs trotz ihrer augenscheinlich höchst lachenden Stellung — ließen sich ganze Bände füllen. Es ist ihnen aber auch viel angedichtet worden, wovon noch heute manches im Volke lebt, ohne verbürgt zu sein. Besonders kann dies von schlüpfrigen Witzen und Zoten gesagt werden, die man noch heute in gewissen Kreisen den ehemaligen Hofnarren anhängt, so z. B. dem damaligen Obersten Kyau und anderen. Von letzterem ist ein Wort geradezu geflügelt worden: „Kyau sitzt im Himmel Und lacht Ins Weltgetümmel." ") Das zielte aus einen Hofkaoalier, Graf Z, der große Reisen stet, zu Pferd gemacht, dabei aber so „gelockert" hatte, daß er im 86. Lebensjahre schon nicht mehr reiten konnte. ***) Da» schon erwähnte Narrenhäuschen. Aus -em Mul-enEaLe. *Walbe«b«rg, 7. August. Aus vielen Gegenden des Deutschen Reiches kommen Meldungen, daß die Pflaumen eine sehr gute Ernte versprechen. So wird aus Strehla berichtet, daß dort die städtischen Pflaumenbestände einen Behang auf weisen, wie er wohl noch nie daaewesen sein dürfte. An vielen Bäumen find durch die Last der Früchte bereits Neste abge brochen und mit dem weiteren Wachstum der Früchte brechen täglich neue Neste und Zweige. *— Wie sich aus Versammlungsberichten ergibt, besteht zum Teil über die Vorschriften und über die Bedeutung de» Reichsversorgungsgesetzes in weiten Kreisen große Unklarheit; es verdienen daher wohl folgende Tatsachen Beachtung: Die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen nach dem noch von der Nationalversammlung verabschiedeten Reichr- versorgungSgcsetz belastet das Reich jährlich mit ungefähr b'/, Milliarden Mk., wenn die Kosten der sozialen Fürsorge mit eingerechnet werden, mit nahezu 6 Milliarden Mk Das be deutet, umgerechnet auf den Kopf der Bevölkerng, einen Steuer betrag von 1000 Mk. Die Höhe der dem einzelnen Beschä digten zustehenden Rentensätze zeigen folgende Bcispiele: E» «nthält in Berlin ein gelernter Arbeiter, der in seiner Er werbsfähigkeit um 30 Proz. gemindert ist, also bei einer verhältnismäßig leichten Beschädigung jährlich 1518 Mk., bei einer Minderung der ErwerbSsähigkeil um 80 Proz. 5317 Mk. und, wenn er für Kinder zu sorgen hat. 7442 Mk.: bedarf er fremder Wartung und Pfleg«, dann erhält er mit seinen vier Kindern 10,496 Mk bis 11,621 Mk. Eine ent- tprechende Erhöhung haben auch die Renten der Witwen und Waisen erfahren. Nach einer Ausführungsverordnung, die drmnächft ergehen soll, wird in Fällen schwerer Beeinträchti gung der körperlichen Unversehrtheit auch dann eine Rente gewährt, wenn die Beschädigung keine Minderung der Er- werbssähigkeit zur Folge hat. In der Verordnung find Min destsätze sestgelegt, die den bisher gewährten Regelsätzrn nahe kommen. Vermischtes. Warum das Papier so teuer ist. Wir haben schon wiederholl auf die ungeheuer gestiegenen Papierpreise hinge- wiesen, die die Tageszeitungen zwingen, die Bezugrpreise im mer weiter zu erhöhen. Heute wird un» nun au» Leser kreisen folgender Beitrag der Zeitschrift „Schule und Eltern- Haut" zum Abdruck übersandt: „Die Papierfabriken ver dienen gegenwärtig wahnsinnige Gelder, mögen auch der Buchdruck und die Zeitungen zu Grunde gehen. Wir ge meingefährlich das Geld machen betrieben wird, zeigt der Jahres bericht der Papierfabrik F. W. Strobel in Chemnitz. Sie be sitzt ein Aktienkapital von 1 Million Mark und verdient nach Deckung der Unkosten, Zinsen und Abschreibungen 1,048,918 Mark, also 50,000 Mark mehr als das Grundkopftal. Neber 100 v. H. Reingewinn. — Da bleibt einem zunächst erst einmal jeder Wort weg. Und dann fragt man sich: Sind deswegen die Schreibmaterialien so teuer? Kostet deSwrgen ein Schreibheft 150 Mark? Ein Lesebuch 10 Mark und mehr? Die Tatsache, daß auf der einen Seite mehr al» 100 Prozent gewonnen werden, die den andern, selbst den Aerm- sten, abgenommen werden, wirkt geradezu aufreizend E» find neben Schulmaterialien auch die gedruckten Bücher kaum zu bezahlen. Und wer soll ein wissenschaftliches Buch noch kaufen? Da» wird einmal der Untergang eine» guten Teile» der Volksbildung sein. — Die Elternräte sollten sich einmal mit dieser Frage befassen. Sie sollten vorgehen bei der Re gierung und ein Einschreiten gegen diese wucherische Aus beutung der Volkes fordern. Die Dinge, die dem geistigen Wiederaufbau unseres Volkes dienen, find in einem Kultur staate, der wir doch sein wollen, Gegenstände des täglichen Bedarfs und fallen unter die Zwangrbewirtschaftung, sofern die Privatwirtschaft den Kulturinteressen des Volke» entgegen» steht. Es muß in solchen Fällen doch einmal ernstlich ein geschritten werden gegen die Urheber dieser wucherischen Aus beutung." Der Luftverkehr «openhageu-Hamburg.Amsterbam-SO«- don, die erste große internationale Luftverkehrslinie, die über deutsches Gebiet führt, ist am Dien-tag eröffnet worden. Schwedische, dänische, deutsche, holländische und englische Luft» schiffahrtSgesellschasten, nämlich SvenSka Luitrafik Aktiebolaget, Danrke-Luftfahrt-SelSkab, Deutsche Luftreederei, Koninklijke Luftvaart-Maatschapij vor Nederland, Handley Page Company und Aircraft Transport and Jravel Co. haben sich zusammen geschloffen. Dänische Wasserflugzeuge starten um 8 Uhr in Kopenhagen und bringen nach einer Zwischenlandung in Malm» den Passagier in dreistündiger Fahrt nach Warnemünde, von wo ihn Anschlußflugzeuge nach Hamburg und Berlin bringen. In Hamburg startet gegen 2 Uhr Mittags das Flugzeug, das nach Amsterdam fliegt. In Bremen wird eine Zwischen landung gemacht, weil dort ein Anschlußflugzeug au» Berlin eintrifft. Gegen 7 Uhr Abends soll dann planmäßig die Landung in Amsterdam stattfinden, von wo englische Flug zeuge nach London verkehren. Der erste Flug am DienStag verlief durchaus planmäßig. Die Flugzeit beträgt von Kopen hagen Warnemünde 3 Stunden, Warnemünde Haag 3 Stunden, Haag-Bremen 2 Stunden, Berlin-Bremen 3 Stunden, Bre men Amsterdam und Amsterdam London je 3 Stunden, sodaß