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daß bisher keine regulären Transporte aus Sibirien einge« troffen find, hat die deutsche Regierung veranlaßt, bei dem Berliner Sowjktvertreter nachdrücklichst Vorstellung zu erheben, da eine Sicherstellung der HeimtranSporte aus Sibirien vor Eintreten des Winters unter allen Umständen erreicht werden muß. Herr Viktor Kopp hat sich veranlaßt gesehen, sich selbst nach Moskau zu begeben, um den berechtigten Forderungen der deutschen Regierung Geltung zu verschaffen. Aus dem besetzten Gebiet wird gerichtet: Die Franzosen bereiten seit etwa 10 Tagen eine Expedition durch Deutschland zur Unterstützung Polens vor und haben für die Beförderung zunächst folgenden Ausweg gefunden: Die Transporte werden angeblich für die Ablösung der in >Obcrschlefien stehenden Truppen auf den Marsch gesetzt. Um auch der eigenen Truppe die wirklichen Ziele zu perschleiern, werden die „Ersatztruppen" verschiedenen Formationen ent nommen. Vor allem wird Artillerie und Munition geschickt. Ein Transport von 21 Waggons, der als Sanitätrzug be zeichnet wurde, ist bereits abgegangen. Die Waggons ent halten in Wirklichkeit jedoch Munition und Maschinengewehre. Ein zweiter Transport von 18 Waggons geht in den nächsten 48 Stunden ab Die Begleitmannschaften bestehen aus Unteroffizieren. Dies soll nach der „Frankfurter Zeitung" jedoch erst der Anfang sein. Man soll die Entsendung weiterer Transporte im Auge haben und Frankreich soll beabsichtigen, auf diplomatischem Wege vorzugehen, wenn cS die politische Lage erfordere. Au- Oberschlesien kommt ferner eine Mel düng, die hiermit leicht in Einklang zu bringen ist: Im süd östlichen Teile des Kreises Rybnik sind französische Truvpen- bewegungen wahrnehmbar, wie dem „Oberschlefischen Wan derer" gemeldet wird. So kam eine Kolonne französischer Artillerie mit Bagage durch Jastrzemb, welche die Nacht in Mschanne gelegen hatte, und bewegte sich der Grenze zu. Ob die Truppe zur Besatzung des Kreises gehört oder von der tschechischen Grenze herübergekommen ist, war bisher nicht festzustellen. Der in Marburg angehaltene Transportzug ist bereits über Gießen in das besetzte Gebiet zurückgeleitet worden. Der Reichsminister des Aeußeren l)r. Simons hatte am Montag im Reichstag behauptet, daß die Sowjetregierung eine enorme aufbauende wirtschaftliche Arbeit zur Uebe»Windung des Shaos leiste, an der wir uns ein Muster nehmen .könnten. Diese Behauptung erregte große Ueber- raschung. Auf der Linken erregte die Rede Zustimmung, auf der Rechten Ablehnung. Oer „Lokalanz." sagt, daß diese Mitteilungen in unlöslichem Widerspruch stehen, was von englischen, amerikanischen und italienischen Arbeitervevretcrn nach längeren Studienreisen in Sowjetrußland über die dor tigen Zustände berichtet worden ist. Selbst Lenin könne als Zeuge dasür angeführt werden, daß die Rätewirtschaft das russische Volk dem schrecklichsten Elend überliefert habe. Bus Gewerkschaftskreisen der Ruhrbcrglrute war an das Internationale Gewerkschaftsbureau die Anfrage ge richtet worden, wie sich die Bergarbeiter der anderen Länder zu einer Aktion gegen die von der Entente geforderte Mehr- leistung im Ruhrbrrgbau stellen würde. Die Antwort lautete dahin, daß vom Internationalen Gewerkschaftsbureau die Angelegenheit nicht mit, Aussicht auf Erfolg ausgenommen werden könne. Nach den vernommenen Mitteilungen müsse von vornherein davor gewarnt werden, eine internationale Aktion der Bergleute'zu erwarten, um ihren deutschen Kameraden zu helfen, bezw. die Entente davon zu überzeugen, daß die Mehrleistung der Ruhrbergleute nicht verlangt wer den dürfe. Dies gelte besonders für alle gemäßigten Arbeiter organisationen Englands, Frankreichs und Belgiens mit Ein schluß der gemäßigten Sozialisten. Der italienische Botschafter de Martino ist wieder in der ReichShauplsiadr eingetroffen. Oberpräfidialrat vr. Johanssen-Kiel wurde mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Regierungspräsidiums in Schleswig betraut. Das Amtsblatt der Saar Regierung veröffentlicht eine An ordnung, nach der die Wahrung der Interessen der Saar bewohner im Auslande der französischen Regierung anvertraut wird. Laut Blättermeldungen aus Magdeburg wurde dort der Führer der Unabhängigen Große wegen Lebensmittel schiebungen verhaftet. Als Betriebsrat der Krupp Gruson Werke hatte er von der Reichssettstelle in Berlin mehrere Waggonladungen Schmalz dadurch erschwindelt, daß er mit dem Streik der Arbeiterschaft drohte, wenn die Lebens mittel nicht geliefert würden. Große hat dann das Schmalz verschoben. Der Aeltestenrat des Reichstags beschloß am Dienstag, zu dem Bericht der Regierung über die Verhandlungen in Spaa nur eine Rednergarnitur zu Worte kommen zu lassen. Man wünschte, bie Beratungen noch in dieser Woche zum Abschluß zu bringen. lieber die Haftentlassung Dortens wird aus Leipzig mitgeteilt, daß die Oberreichsanwaltschaft den Haftbefehl er erlassen habe, den nur das Reichsgericht aufheben könne. Man darf hieraus den Schluß ziehen, daß Dorten sich noch in Leipzig in Haft befindet. Süddeutschland erklärt sich gegen die Fortdauer der Zwangswirtschaft. Auf einer Ministerkonferenz in Würz bürg schloß sich Bayern, Württemberg, Baden und Hessen zum gemeinsamen Vorgehen gegen Berlin und die Zwar gs Wirtschaft zusammen. Sie verlangen die sofortige Aufhebung der Zwangswirtschaft für Eier, Oelfrüchte, Fett, Kleinvieh, Tabak und Hanföl; Kartoffeln sollen am 15. September frei gegeben werden. Bayern ist entschlossen, m't dem französischen Gesandten in München nicht in Verkehr zu treten. Damit ist dieser weiter nichts als ein Horchposten für seine Regierung. Oefterreich-Ungarn. Die Südslawen haben Radkersburg (Steiermark) ge räumt und die deutsch österreichischen Behörden haben dort ihre Arbeit wieder ausgenommen. Frankreich. Die französische Regierung hat dem deutschen unabhängigen Sozialisten Ledebour, der zu einer Gedächtnisfeier der französische» Sozialisten für JaureS geladen war. die Ein reiseerlaubnis verweigert. Am Dienstag trafen sich Millerand und Lloyd George in Boulogne, um die polnisch-russische Angelegenheit zu besprechen. ES handelt sich darum, daß Rußland sich be reit erklärt hat, an einer Londoner Friedenskonferenz teilzu ob Deutschland zu der Londoner Konferenz hinzugezoge» werden soll, da eventuell eine Aenderung der Bestimmungen über Oberschlesien und Danzig in Frage kommt. Lloyd George wie die englische Presse scheinen der Zuziehung Deutschlands geneigt zu sei . Hierauf hat ja auch der deutsche Außenminister vr. SimonS in seiner Reichstagsrede hinge wiesen. Polen. Der russische Kommandant Tukatschewski hat die polnische Regierung durch Radiotelegramm wissen lassen, daß die pol nischen Unterhändler sich am 30. Juli, Abends 8 Uhr, bei den russischen Vorposten auf der Straße von Baranowitschi noch Brest Litowsk einfinden sollen. Litauen. Tie litauische Regierung hat an die Sowjetregierung ein Ultimatum gerichtet, in dem sie die sofortige Räumung des litauischen Gebietes durch die Roten Truppen verlangt. Rußland. Eine bolschewistische Meldung vom 24. besagt: Trotzki sagte in euer Rede, Polen werde "binnen kurzem aufhören, ein „defensiver Puffer" gegen Rußland zu sein. Er werde viel mehr eine rote Brücke für die soziale Revolution ganz West europas wcrdey. Dies sei auch der Grund, weshalb die Entente die Unterstützung Polens fieberhaft steigere und weshalb die Bolschewisten sich bemühen müßten, die Herrschaft der „weißen Pans" unwiderruflich und endgültig zu zerstören, bevor Hilfs truppen ankommen könnten. Asien. Die Hauptstadt des chinesischen Reiches, Peking, ist von den Aufständischen umzingelt und ernstlich bedroht. Aus dem Muldentale. "Waldenburg, 28. Juli. Für die Steuererklärung zu« Reichsnotopser werden, wie amtlich mitgeteili wird, Richtlinien vv»bereitet. Für die Aufstellung der Steuererklärung ist die Bewertung von Vermögensgegenständen notwendig, die gegen wärtig besondere Schwierigkeiten bereitet. Besonders ist dies kür die Bewertung von Grundbesitz und Betriebsvermögen Ler Fall. Um Anhaltspunkte für eine sachgemäße Bewer tung dieser Vermögensgegenstände zu geben, wird zur Zeit im ReichSfinanzminifterium der Erlaß von Richtlinien vorbe- r-itct Tie Veröffentlichung dieser Richtlinien wird so zeitig erfolgen, daß sie noch bei Ausstellung der Steuererklärung berücksichtigt werden können. *— Der Obstbauverein in Waldenburg und Umgegend be schloß in seiner Versammlung am vorigen Sonntag die Ver anstaltung einer ObstauSstellung in Waldenburg im Monat Oktober und bildete deshalb einen Ausschuß zur Inangriff nahme der Vorarbeiten. 3 weitere Mitglieder wurden ein» - stimmig ausgenommen. Mit Beschaffung von guten Obstbaum- ! karbolineum wurde Herrn Kaufmann m d Drogist Max Roth ^beauftragt. BthufS Sicherung des Bezugs von Obstbäumen in diesem Herbste wird ein gemeinsamer Gesamtbezug durch den Obstbauverein empfohlen. Bestellungen sind unter An ¬ gabe der Form und Sorte bis spätestens 1. August beim Bereinsvorstand Herrn Privatmann Weber (Gasthof zuin Löwen) nehmen, an der alle Großmächte teilnehmen. Das würde zu machen. Der Bezirksobstgärtner Herr Kayser Glauchau eine Anerkennung der Sowjetregierung bedeuten. Und das wies in seinem trefflichen, äußerst lehrreichen und interessan- ist die Hauplschwierigkeit, die zu beseitigen man in Boulogne ten Vortrage über „Pflanzung des Obstbaumes und seine zusammenkommen will. Eine zweite Frage,^die zu lösen ist, ist, Pflege" auf die dringend notwendige Hebung des Obstbaues Lieselotte. Roman von Fritz Gantzer. »») (Fortsetzung.) Heinz lachte. „Tas schickt sich nicht mel r? Sydonie, inwiefern verstößt es gegen die Regeln der Schicklichkeit, wenn ich die Fienndschaft zu einem Mädchen, das mit mir zusammen ausgewachsen ist, durch das zur zweiten Natur gewordene „Du erhärte? Und Mißdeutungen? Sie könnten nur Klatschmäulern nahe liegen. Und Klatsch ignoriert man." „Und dennoch muß ich meine Bitte wiederholen, Heinz." Er starrte trübe vor sich Hai. Ein banges Schweigen ging durch den Raum. Und dann fühlte Heinz wieder die weichen, warmen Arme au seinem Halse, und dicht neben seinem Ohr schmeichelte eine süße, betörende Stimme: „Wird es dir so schwer, Liebster, deiner Sydonie eine Bitte zu erfüllen?" „Die Erfüllung dieser Bitte ja," bekannte Heinz ehrlich. „Verlange alles von mir, aber bestürme mich nickt länger, el« liebes, altes, so festgeknüpftes Band der Freundschaft zu zerschneken." „Du verstehst mich falsch, Heinz. Eure Freundschaft will ich keiuesweczs zerreißen, sie kann trotzdem bestehen bleiben." „Aber sie wird es nicht," entgegnete er bestimmt. „Lieselotte würde das „Sie" richt verliehen, und wenn ich ihr auch tausend Gründe für seine Berechtigung und Not wendigkeit anführte. Ein völliges Fremdwerden müßte -die natürliche Folge sein." Sydonie beachtete kaum, was er sagte. Sie umschlang ihn nur noch fester und flüsterte: „Um unserer Liebe willen, mein Heinz. Gelten dir andere Frauen etwas, wenn du mich hast ?" Ihr Haar berührte kosend seine Schläfe. „Heinz, kannst du dich noch besinnen?" Ja, er besann sich. Sekundenlang tobte ein wilder Kampf in ihm. Seine liebe, kleine Lieselotte sollte er ver lieren ? — Aber die Liebe forderte es. r Und Liebe ist mehr als Freundschaft. Immer? Er wurde schwankend . . „ Er überlegte ... Nein, es war nichts zu überlegem Gar nichts. Wie ein Rausch überkam es ihn. Er wollte tnn, was Sydonie von ihm verlangte. Ihre Liebe, das Glück, sie besitzen zu dü feu, wog taufend Jugenbfreundschaflen auf. Dennoch mußte er sich einen energischen Ruck geben, ehe er sprechen konnte. -Mber als die letzte Auflehnung seines ganznr inneren Menschen gegcn die Ungeheuerlichkeit unterdrückt war, gingen die Morte willenlos, von feiner Seele fast kaum noch geahnt oder empfunden, über feine Lippen. , „Es sei," sagte er nur. Langsam lösten sich die Arme SydonienS von seinem Nacken. Ei»r triumphierender Blitz der Genugtuung leuchtete einen Augenblick in ihren Augen auf. Aber über ihre Lippen kam kein Wort des Dankes für das Opfer, das Heinz,in dieser Stunde gebracht hatte. Wozu auch? Der verfolgte Zweck war erreicht. - Sie wußte, wie weit die Gewalt ging, die sie über ihn besaß. Und die ging weit... Er war qmu in die Maschen des Retzes verstrickt, das seine Leiden schaft knüpfte. Er sah nickts von dem Triumph in ihren Zügen. Es war ihm nnr plötzlich, als wenn nach seinen Worten etwas in ihm gestorben sei. Und über diesem Gefühl, das fo eisig, so grausam rücksichtslos zupackte, ihm fast einen körperlichen Schmerz verursachte, versank alles andere. Sydonie ließ ihm leine Zeit, dem länger nachzuhängen. Sie plauderte in ihrer leichten Art bereits von etwas ganz anderem, sragte noch allein möglichen, hatte mancherlei ' kleine Wünsche in bezug auf ihre Hochzeit und bat ihn schließlich, sie noch em Stückchen durch den Park-führe» zu wollen. Arm in Arm schritten sie auf den feuchten Wegen dahin. Heinz hoffte in, stillen, daß Sydouie den Wunsch aussprechen wijrde, die Ruhestätte seines Vaters zu besuchen. Da sie es nicht tat, bat er sie endlich darum, mit ihm nach Lem'Erbbcgräbnis zu gehen. „Es würde heute zu spät werden," sagte sie. „Wir müssen wohl umkehren, damit wir uns zur Abreise rüsten können." Heinz entgegnete nichts, obwohl er wußte, daß noch genügend Zeit zur Ausführung des Beftkches vorhanden war. Eine leise Euttäuschnug stieg in ihm auf und teilte sich seinem Wesen niit. Er sprach ans dem Rückweg zum Herrenhause kaum »och. Man nahm Abschied. Sydonie laut, vielsprechend. Häufig quoll ein Helles Lachen aus ihrem Munde, da? selten begründet war. Heinz gab sich still und ruhig. Tante Malve versicherte Frau Elmsingen vor dem Aussteigen gerade noch einmal, wie sehr sie der Besuch ge freut habe, — als Inspektor Zeisewitz auf den Hof sprengte. Er stieg bei den Ställen vom Pferde nnd eilte auf Heinz zu. Beim Näherkommen bemerkte man in seinen Zügen eine hohe Erregung. Der Klemmer saß schief, nnd da- Gesicht war gerötet. Mit fliegendem Atem und sich überstürzenden Worten, lebhaft gestiknlierend, berichtete er das Unglück, von dem Wiegandt schon Lieselotte erzählt hatte. „Beide Pferde nnd die Maschine, sagen Sie?" fragt« Heinz erschrocken. „Aber wie konnte denn das nur geschehen? Die Geschichte fängt gut an, Las muß ich sagen." Sydonie hatte, in die Polster des Mietswagens zurück gelehnt, der Erzählung des Inspektors gelauscht und sein hübsches, frisches Gesicht mit Interesse gemusterr, 'Auch die elegante Kleidung und die weltmännischen Formen ge fielen ihr. Als er sie ansah, lächelte sie gönnerhaft. Den Unmut, der Heinz im Gesicht staub, beachtete sie nicht. „Wir sprechen nachher noch darüber, Zeisewitz," ver abschiedete er den Inspektor nnd fuhr, zu Sydonie ge wandt, fort: „Ein schöner Schade und ein böses Omen für den Anfanu" Sie wollte beides nicht Wort haben nnd meinte lachend: „Ack, Heinz, was liegt an zwei Gäulen und einer erbärmlichen Maschine! Hin ist hin! Nun kanf't du eb« zwei neue Pferde, und di« Maschine ist doch auch nicht un ersetzbar. Was ließe sich überhaupt auf der Welt nicht ersetzen? — Komm, Tguie Elmsingen, wir müssen fort." Heinz preßte die Lippen aufeinander nnd entgegnete nichts. Tante Malve schüttelte diskret den Kopf. „Auf Wiederseheu, Heinz!" rief Sydonie noch, als die Pferde schon anzogen. Er nickte und winkte mit der Hand. „Was ließe sich überhaupt auf der Welt n i ch t er setzen l" Mit diesem Gedanken ging Heinz ins Haus. Ja, was denn? Freundschaft tauschte man gegen Liebe ein. Für die aerä'erteu Pferde kanste man zwei nene, nnd eine andere Maschine bekam man auch. Er lächelte bitter und gereizt. Was ließe sich nicht ersspcu! (FortsHung folgt.)