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und Tageblatt. AmtsÄrtL Hk dk Nützliche» rms Wüschen Behörden z» Freiberg nnd Brand. BmMtwortticher Rrdaktr«: Ialiu- Brau» i« Areibery 'N/» Lrs-brini jedm SSochevlax V!Lwdr^,7 lldrjürkm 3 . Fahr^«« . -« »0- >SLL,L»ZL'LÄLM j Sonntag, Neu 25. Januar, j"" »"S'L'L?, I 1885. Tagesschau. Freiberg, dm 24. Januar. Abermals hat die Heldennatur des deutschen Kaiser- Iber die Angriffe obgefiegt, welchen das Greismalter ausge- etzt ist. Der Monarch konnte bereits am Freitag volle neun Stunden außerhalb des Bettes zubringen und ist soweit ge nesen, daß der „Reichsanzeiger" keine Bulletins über dm Gesundheitszustand des Kaisers mehr veröffentlicht. Der Kour der Kaiserin, welche am Donnerstag Abend in hergebrachter Weise die Reihe der Hoffestlichkciten in Berlin eröffnete, blieb der Kaiser, welcher trotz der Genesung doch noch der Schonung bedarf, fern, so daß die Repräsentationspflichten ausschließlich der Kaiserin oblagm. Die hohe Frau trug über einem reichen golddurchwirkten Atlaskleid eine purpurfarbene Schleppe init Zobelbesatz und hatte die Krondiamanten angelegt, sowie Baud und Stern des schwarzen Adlerordms. Neben der Kaiserin links nahmm der Kronprinz mit den Prinzen Wilhelm und Heinrich Aufstellung, zur Rechten die Kronprinzessin mit dm Prinzessinnen Friedrich Karl, Albrecht und der Prinzessin von Hohmzollern. Durch eine leichte Erkältung war Prinzessin Viktoria verhindert, der Kour beizuwohnen. Der deutsche Reichstag berieth gestern die von der Budgetkomnpsfion empfohlene Regierungssorderung von 150000 Mark zur Erforschung Afrikas und anderer ferner Länder- gcbiete. Der Referent der Kommission, Abg. von Bunsen, schloß sich dem zum Ausdruck gebrachten Wunsche an, daß ein erheblicher Theil des Ertrages einer jüngst für einen nationalen Zweck angestellten Sammlung der Afrikanischen Gesellschaft für ihre patriotischen Aufgaben überwiesen werden möge. Abg. von Hueue sprach gegen die Bewilligung der 150000 Mk., weil die Regierungskommissarien die in der Kommission ge wünschten Auskünfte nicht ertheilt, sondern verschiedene An fragen gänzlich unbeantwortet gelassen hätten. Gehcimrath Weymann bestritt jedoch, daß die Kommissarien die Aus kunft verweigerten; dieselben hätten nur gegenüber dm einzelnen Fragen erklärt, daß sie keine positive Auskunft geben könnten. Abg. von Huene hielt trotzdem seine Behauptung aufrecht, worauf der Bundeskommissar Weymann crwiederte, daß nur Auskünfte verweigert worden seien, die nicht mit der vorliegen den Frage in Zusammenhang standen. Abg. Singer erklärte Namens der sozialdemokratischen Abgeordneten, daß dieselbm für die Position stimmen würden, ohne sich damit für die Kolonialpolitik zu cngagiren. Abg. von Maltzahn-Gültz meinte, der Abg. von Huene unterschätze die Bedeutung der Bewegung, welche das Reichstagsvotum vom 15. Dezember hervorgerufen habe. Die Abgg. Rickert und Graf Behr traten gleichfalls für die Forderung ein. Abg. von Hell dorf versicherte, daß die Adressenbewegung aus freiem An triebe des Volkes entstanden sei und Abg. von Maltzahn- Gültz betonte, daß große Entrüstung über den Beschluß des Reichstages vom 15. Dezember sowohl im Auslande, wie im Jnlande geherrscht habe. Abg. Buhl konftatirte, daß die Nachbestellungen ans die Monate Februar und Mörz werden zum Preise von 1 M. 5V Pf. von alle« kaiserlichen Postanstalten sowie von de» be kannten Ausgabestelle« und der unterzeichnete« Expedition angenommen. Expedition -es Freiberger Anzeiger. Während über die Absetzung des Khedive von Egypten' sewfik Pascha, zwischen der türkischen Pforte und den Vestmächtcn ernstlich verhandelt wird, liegt die von dem General Stewart geführte Vorhut der englischen Trllppen, welche nach Khartum vorzudringen versuchen, im offenen Kampf mit den Rebellenschaaren des Mahdi. Die Prome nade nach Khartum ist also doch nicht so gefahrlos, wie die ranzösischen Blätter behaupteten, enttäuscht aber auch die Engländer insofern, als sie bei Shendy vergebens ein Lebenszeichen Gordon's erwarteten, der doch mit seinen Dampferbooten auf dem Nil bis in die Nähe der Entsatz truppen hätte Vordringen können. Daß die Engländer den Sudan für Egypten wieder erobern, glaubt Niemand; für einen Akt der Großmuth sind die erforderlichen Opfer an Gut und Blut zu bedeutend. Nach der Einnahme von Khartum durch die Engländer wird deshalb erst die Frage eine hohe Bedeutung gewinnen: „Was wird aus dem Sudan?" gegen Seoul, die Hauptstadt Koreas, zu veranstalte«; vorausgesetzt, daß die anderen Mächte gegen die Besetzung Quelports keinen Widerspruch erheben. — Die zahl reichen Gutskäufc aus Posen ausgewandertcr polnischer Edelleute in den westlichen Provinzen Rußlands Haden tw- Mißtrauen der russischen Regierung erregt. Es ist des halb neuerdings rin Kaiserlicher Ukas erlassen worden, welcher ein der Polonisirung Westrußlands entgegenstehen- >es Verbot des Kaisers Alexander I>. durch noch schärfere Bestimmungen ergänzt. An Stelle der nur über Wien und einige Nachbarkreise aus Anlaß der anarchistischen Greuelthaten verhängten ! Ausnahmegesetze schlägt die österreichische Regierung dem > versammelten Reichsrath drei für das ganze Reich geltende ! Gesetze vor, ein Dynamit-, ein Anarchisten- und ein Sozialisten gesetz. Von dem bisherigen Ausnahmezustand haben die Wiener wenig bemerkt, wie ein Witzblatt erklärte, eben weil er „verhängt" war. Das jetzt vorgelegte Sozialistengesetz ' scheint ccker den Oesterreichern weit bedenklicher, weil darnach jede Reform-Agitation, gerichtet gegen die geringste staatliche oder gesellschaftliche Institution, ms Umsturz-Propaganda , angesehen und erklärt werden kann, je nachdem die Auffassung dieses oder jenes Polizei-Beamten gerade lautet. Das österreichische Sozialistengesetz verstößt zunächst gegen die nicht allein für die Politik geltende Maxime, das Mittel dem Zwecke anzupassen. '.Das gewählte Mittel ist für die österreichischen Verhältnisse viel zu groß und viel zu um fassend, so daß nicht nur die deutsch liberalen, sondern auch einzelne czechische Blätter die Annahme dieses Gesetzes ernst lich widerrathen. Die italienische Regierung betreibt die angeblich nur für Asfab bestimmten Truppenrüstungen mit einem Eifer und in einem Umfang, der auf eine größere Unter nehmung deutet. Gewisse Kreise haben sich deshalb über zeugt, daß Italien Vorbereitungen zur Okkupation von Tripolis treffe. Man versichert, daß das Kriegsministerium zu diesem Behufe mit der Bildung eines Armeekorps von 25000 Mann beschäftigt sei. Mit dieser Angelegenheit soll auch die Demission des türkischen Botschafters zu sammenhängen. — Das plötzlich eingetretene milde Wetter verursachte in den italienischen Alpen bedeutende Unglücks fälle durch Schneelawincn. Zahlreiche verschüttete Leichen sind an verschiedenen Orten durch Soldaten zu Tage ge fördert worden. Der neue französische Kriegsminister Lewal stellte sich in der Armeekommission auf den Standpunkt seines Vor gängers Campenon und billigte besonders dessen Ansichten über den Freiwilligendienst vollständig. Der einzige Unter schied der Gesinnung zwischen Lewal und Campenon scheint m der Behandlung der Tonkin-Expeditton zu bestehen, für welche der neue Minister einen größeren Eifer bekundet.— Die französischen Radikalen sind offenbar eingeschüchtert, da sie die bei der Beerdigung des erschossenen Polizeikommissars Ballerich angelündigten Demonstrationen weislich unter ließen. In der Redaktion des „Cri du Peuple", wo der bedrohte Redakteur sich gegen Ballerich mit Revolverschüssen wehrte, wurde Haussuchung gehalten. Dies geschah an geblich hauptsächlich zu dem Zwecke, die durch verrätherische Polizeibeamte gestohlenen Aktenstücke über Agenten der politischen Polizei aufzufinden. Derartige Aktenstücke werden nämlich täglich von dem Blatte „Cri du Peuple" ver öffentlicht. Ob der Zweck der Haussuchung erreicht wurde, ist noch nicht bekannt. — Die Nachrichten aus den Pro vinzen betreffs der an diesem Sonntag in Frankreich bevor stehenden Senatswahlen lauten beinahe ausnahmslos günstig für die Regierung; es ist mit Bestimmtheit an- zunchmen, daß die Radikalen und die Monarchisten höch stens acht bis zehn ihrer Kandidaten durchsetzen werden. Im Ganzen werden 94 Senatoren gewählt werden, wobei die Republikaner hoffen, in etwa 84 Wahlkreisen den Sieg zu erringen. Nach langen Kabinctsberathungcn ist das englische Ministerium zu dem Beschlusse gelangt, die von Deutsch land und Rußland befürworteten Vorschläge Frankreichs zur Regelung der egyptischen Frage als Grundlage für weitere Verhandlungen anzunehmen, vorausgesetzt, daß keine mehrseitige Kontrole verlangt wird. Anstatt der Zinsen- rcduktion soll eine Besteuerung der Koupons cintreten. Deutschland und Rußland erhalten die Vertretung in der Schuldenkasse, jedoch dürfen die Befugnisse der letzteren nicht erweitert werden. England erbietet sich ferner, die Garantie der Ncnn-MMonen-Anleihc zu übernehmen. Nach einer Behauptung des „Nowosti" beabsichtigt Rußland die Insel Quelport, fiidlich von Korea, zu be setzen, um dort eine Flottenstation zu errichten. Dadurch Die Woche. Für die Entwickelung der inneren deutschen Politik sind die jetzigen Vorgänge in den gleichzeitig tagenden Volksvertretungen Deutschlands und Preußens voraussicht lich von nachhaltiger Bedeutung. Die nach dem ominösen Reichslagsbeschluß vom 15. Dez. v. I. aus dem Volke hervörgegangenen Vertraucnskundgebungen für den Reichs kanzler haben zwar die freisinnige Partei veranlaßt, sich der Kolonialpolitik willig zu fügen, den Trotz der Klerikalen aber keineswegs gebrochen Das Zentrum erklärte durch seine Mitglieder in letzter Zeit wiederholt, daß es nur in den Reichstagswahlcn die wahre Stimme der Volksmehr- hcit erkenne und die Abgg. Windthorst und v. Schorlemer- Alst haben den früheren oppositionellen Ton keineswegs herabgestimmt, sondern eher noch zugespitzt. Auf die nicht sehr glückliche Rede des konservativen Abgeordneten für das Osthavelland, Professor Vr. Adolf Wagner, der im preußischen Abgeordnetenhaus den deutschen Reichstag da vor warnte, nicht dem „elenden" Regensburger Reichstag ähnlich zu werden, antwortete der ultramontane Wortführer v. Schorlemer-Alst sehr schlagfertig, daß solcher Ton, in einer Volksvertretung gegen eine andere gebraucht, jede Volksvertretung „verelenden müsse." — Bei der Reichstags debatte über die Postsparkassen irritirten die spitzen Reden des Zentrumsführcrs Windthorst den Staatssekretär vr. Stephan so sehr, daß der Letztere sich zu der Aeußerung Hinreißen ließ: „Bei dem Abg. Windthorst gcrathe man stets ln's Ungewisse; er sei der Vater aller Hemmnisse!" Das Postsparkassengesetz, welches ebenso wie der nicht minder schwierige Börsensteuer-Gesetzentwurf zunächst einer Kommission überwiesen wurde, hat nur sehr geringe Chancen. Das Zentrum theilt die von dem sächsischen Abg. Acker mann gegen die Postsparkassen geltend gemachten Ver- fassungsbedcnken; die Sachsen, welche ihre guten städtischen Sparkassen-Jnslitute vor Schädigung bewahren wollen, widerstreben den: Entwurf sämmtlich und finden dabci auch bei deil Konservativen Unterstützung, welche ihre Kreisspar- kasscn ungeschmälert erhalten möchten. Die erste Berathung deS Gesetzentwurfes über die Zusammenlegung der Grund stücke im Geltungsgebiet des rheinischen Rechts veranlaßte im preußischen Abgeordnctenhause ein scharfes Wortgefecht zwischen dem Landwirthschastsminister I)r. Lucius und dem klerikalen Abg. Reichensperger (Olpe). Wenn cs sich schon bei der Verhandlung über die Börsenstcueranträgc zeigte, daß die sich dieser Materie gegenüber ganz passiv verhaltende Rcichsregierung mit der klerikal-konservativen Koalition gründlich gebrochen und sich der freikonservattv-nattonal- liberalen Mittelpartei genähert hat, so dürste sich dies dem nächst auch bei einer neuen Künstlerischen Anregung bestäti gen. Von 127 konservativen und klerikalen Abgeordneten ist im deutschen Reichstage ein Antrag auf Einführung des Befähigungs-Nachweises der Gewerbetreibenden Ange bracht worden. Dieser neue Angriff auf die Gcwerbefrei- heit — als welchen die liberalen Blätter den Antrag charakterisircn — soll, nach einer Information deS „Schwäbi schen Merkur", auf Unterstützung seitens der Regierung durchaus nicht zu rechnen haben. Ganz unabhängig von der Parteistellung äußert sich fortwährend die Volkszesinnung für die Personen des greisen Hcldenkaisers und seines ehernen Kanzlers in treuester Anhänglichkeit und Verehrung. Die Besorgniß wegen eines Unwohlseins des deutschen Kaisers wurde im Anfang der Woche ebenso in allen Kreisen getheilt, wie jetzt die Freude über die Genesung des greisen Monarchen. Der Aufruf für die Sammlung" eines Ehrengeschenks für den siebzigsten Geburtstag des Fürsten Bismarck zcigt in der erfreulichsten Weise Unterschriften aus den verlchiedensten Parlcikreisen und wird sicher überall williges Gehör und offene Hände finden. — Ein treuer Diener des Kaisers und ein wackerer I Soldat, der am 19. d. Mts. verstorbene General Udo von, würde esden Russen stets leicht gemacht, eine Demonstration TreSkow, der Eroberer von Belfort, wurde am Donnerstag in Altenburg in Gegenwart des Herzogs und des Prinzen Montz mit wohlverdienten, großen militärischen Ehren begraben.