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3. Beilage zu Nr. 99 HWllM TügMtt NÜ WüldttlVüM AMtt Sonntag, den 28. April 1929 Aus dem Wahlkampf. 1S Liste« i« Ostsachse«. Bei Ablauf der Einreichungsfrist für Wahl» Vorschläge haben im Wahlkreis Ostsachsen außer den zehn bisher im Landtag vertretenen Parteien das Zentrum, das Sächsische Landvolk und die Deutsche Bauernpartei noch je einen Wahlvorschlag eingereicht. Die Christlich-Nationale Bauernpartei fehlt, da sie aus eigene Kandidaten verzichtet und diese auf der Sächsischen Landvolkliste untergebracht hat. Wahlkuudgebnng der Deutschvölkischen. Der Landesverband Sachsen der „Deutsch völkischen Freiheitsbewegung" hat zu den bevor stehenden sächsischen ^andtagswahlen Stellung genom men. Es wurde beschlossen von -er Aufstelluna einer eigenen Vorschlagsliste für diese W abzusehen und die Wahl der Liste »Sächsisches Landvolk" zu empfehlen, um dadurch die Stoßkraft des Landvolkes zu erhöhen. Die Landwirtschaft, für deren Erhaltung sich die deutschvölkischc Freiheitsbewegung von M gefährdete Stand im Anspruch auf Unterstützung. anerer^r vnne * Rückzahlung der April-Diäten. Daö ^^äsidlUtn de§ 8andtaaA Ndi rn iüin ncun Ministerpräsidenten unter den? 18. April zugestelltcn. durch die Prepe bereits bekanntgcwvrdcnen gutacht lichen Aeugerung des Staatsgerichtshofes in der Frage der Aufwandsentschädigung für April an die LandtagsMitglieder Stellung genommen und ein, stimmig beschloßen, das Gutachten des Staatsgerichts hofes den Mitgliedern des Landtags zur Kenntnis zu geben und ihnen anheimzustellen, die Aufwands- entschädcguug für April an die Landtagskasse zurück- Sie Erhebung -er Kirchensteuern. Notverordnung desLandes- k o n s j st o r i u m s. Infolge der Verschiebung der Landessynode ha» sich das Evangelisch-luth. Landeskonsistorium ver anlaßt gesehen, mit Zustimmung des ständige« Synodalausschusscs eine Notverordnung über die Erhebung der Kirchensteuern zu erlassen. Danach werden wieder Gemeinde- und Landeskirchensteuern in Form von Zuschlägen zur Rcichseinkommensteuer erhoben werden, und zwar mit 4 v. H. der Reichst einkommensteuer als Landeskirchensteuer. Die Höhe der Gemcindrkircheusteuer beschließt die zustän dige Gemeinde oder Verbandsvertretung. Die Kirchen- steuer wird also in derselben Weise wie im Vorjahre erhoben. Bec den Einstellungen in den Haushaltsplan der Landeskirche wird auf die große wirtschaftliche Bedrängnis, die zur Zeit herrscht und die ein Niedrig halten der Kirchensteuer dringend erfordert, Rücksicht genommen. Nene Synodalmitglicder. Der Landeskirchenausschuß hat an Stelle des aus , W« — der Synode ausgeschiedenen Oberpfarrcrs Demaschke in Großpostwitz dessen Nachfolger im Amte des ersten wendischen Geistlichen, Oberpfarrer Sä ring in Quatitz als geistliches Mitglied in die Landes synode berufen. An Stelle des verstorbenen Gewerk, schaftssekretärs Gierts in Chemnitz ist als weltliches Mitglied der Generalsekretär des Christlichen Vereins junger Männer in Chemnitz, Flaig, in die Synode gewählt worden. Sie deutschen Autofahrer in Kroatien. Begeisterter Empfang in Cirkvenica. Die Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Auto mobil-Clubs (ADAC.) sind auf ihrer Fahrt in Cirk- venica, dem größten und modernsten Seebad des kroa tischen Küstenlandes, zu 24stündigem Aufenthalt einge- trosfen. Bei der Abfahrt aus Split wurden den Gästen begeisterte Sympathiekundgebungen seitens der Bevöl kerung dargebracht. Die Fahrt ging über Sebenico und Drogir. Auch hier, sowie in zahlreichen Ortschaften unterwegs waren an vielen Stellen Ehrenpforten errichtet, die die Ueberschrift „Herzlich Willkommen!" in kroatischer und deutscher Sprache trugen. Ueberall waren die Häuser mit Fahnen und Girlanden in den kroatischen und deutschen Farben geschmückt. Der Kurort Cirkvenica hat ein besonders reiches Festgewand angelegt. Zu Ehren der Gäste ist der Ge sangverein „Zora" aus Karlstadt, eine der ältesten Sängervereinigungen Kroatiens, sowie der Tamburiza chor der Mittelschüler aus Karlstadt in Cirkvenica ein getroffen. Die Mitglieder des Vereins zeigten sich den Deutschen in der farbenreichen Nationaltracht. Die Mittelschüler bewiesen den Gästen, aul welch hoher Stufe die nationale Musikpflege in Kroatien steht. Am Sonnabend trafen die deutschen Automobili sten in Susak ein, wo sie das südslawische Gebiet ver ließen, um sich nach Abbazia zu begeben. Ser Raubmord an Kirchberg. Die Wirtschafterin Pa schuld erweitert ihr Geständnis. — Ein Bankbuch von öl) 00 Mark geraubt. Die Haushälterin Paschold, die verdächtigt ist, am 25. März den Straßeuyanoler Kirchberg IN einem Schuppen in Stötteritz erschossen und die Leiche zerteilt zn haben, hat das abgelegte Teilgeständnis jetzt erweitert. Sie hat erklärt, daß die 3000 Mark, die man bei ihr gefunden habe, aus dem Bankguthaben des Kirchberg stammten. Das Bankbuch habe sie dem Kirchberg emige Tage vor dem Morde f?) gestohlen, als sie in dessen Wohnung beschäftigt gewesen sei. Es habe über 5000 Mark gelautet, und 4500 Mark habe sie gemeinsam mit ihrem Geliebten, dem Dachdecker Werner, bei der Stadtbank abgehoben. Die beiden Jcstgeuommen, Werner und Paschold, sind jetzt der Staatsanwaltschaft zugeführt worden, wo ihre Angaben nacbaenrntt werden. Die Aussagen der Bresdner Vries. —e Dresden, 25. April 1929. Vom Lenz zu singen ist noch eine gewagte Geschichte. Der April hat seinem Namen alle Ehre gemacht. Wetterwendisch ist der April, ebenso wie Frauen Will'! Trau, schau, wem? Aber trotzdem war am Sonntag der Ausflugsverkehr hier im Llbtal ziemlich rege. Sehnsüchtig zieht der Großstädter hin aus aus dem steinernen Häujermeer, in dem ihn so lange des Winters Vann gehalten. Alle Hoffnung setzen wir nun auf den kommenden Mai. Alles neu, macht der Mai! Doch viel neuer machts der Meyer, sagt eine Konfektionsfirma. Auch unsere schöne alte Stadt wird immer neuer. Die Straßenumbauten schreiten rüstig vorwärts. Die verlängerte Wallstraße ist fertig und schon beginnt dort der Bau des neuen Hochhauses. Auf dem Gelände des alten botanischen Gartens, das sich viele Jahre lang in einem höchst unerfreu- lichen, verwahrlosten Zustande befand, sind die Ausschach, tungsarbeiken für den Bau des neuen Neichsbankgebäudes im vollen Gange. Allerhand altes Mauerwerk und Keller und Gelasse des ehemaligen Dresdner Fesiungswalles und -Grabens sind freigelegt worden. In der Schloßstraße, an der Ecke der Gr. Brüdergasse, zeugt die Niederlegung eines ganzen Häuserkompleres von der Enge uralter Bauweise, wovon man sonst gewöhnlich beim Durchwandern der Straßen keine Ahnung hat. Der irdene Topf voll Silbermünzcn, den man hier fand, gibt uns vielerlei Rätsel auf und wird wohl ein Geheimnis aus dem Mittelalter bleiben. Es stürzt eben so vieles Alte und neues Leben blüht aus den Ruinen. —Unter dem Einfluß der Nachkriegsvcrhältnisse sind besonders die Aufgaben zur Förderung der Volksgesundheit in den Vordergrund getreten. Infolgedessen ist eine ganze Anzahl von öffentlichen Neubauten entstanden. Namentlich wurden außer dem Bau des Georg Arnhold-Bades auf den Güntz- Iß^n an der Lennöstraße und der Errichtung des ihm ahnenden Licht-, Lust- und Sonnenbades im Zschonergrund verschiedene Erweiterungsbauten bei den vorhandenen städti- schen Botksbadern in den letzten Jahren vorgenommen. In der Wus ruffer Vorstadt hat man das alte Volksbad „Lämm- che" abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Im Volksbad Cotta wurden die Schwimmhalle und andere Baderaume erneuert. Vor allem wurde das städtische Güntz- bad am Elbberg mit einem Kostenaufwand von nahezu zwei Millionen Mark wesentlich erneuert. 2m Stadtteil Löbtau ist ein neues Volksbad geplant, in Pieschen ist ein neues großes Volksbad im Werden begriffen. Damit ist auch eine großzügige Sportplatzanlage vorgesehen. Es soll dort ein ausgedehnter Sportpark, umgeben von Kleinwohnungssiede lungen, entstehen, vielleicht mit einem großen Freiluftschwimm becken. Auf den Räcknitzer Höhen, an der Moreaustraße, wird die große Gartenkolonie mehr nach der Bismarcksäule zu verlegt. Das sind die Vorarbeiten für die Vergrößerung der Hochbe hälteranlagen Räcknitz der städtischen Wasserwerke um zwei weitere Becken von je 30000 Kubikmeter Fassungsvermögen. Besondere Bedeutung bekommt diese zunächst rein technische Anlage für die Allgemeinheit noch durch einen anderen Umstand. Auch diese Hochbehälteranlagen werden als Volks park ausgestaltet werden und eine Vergrößerung des bis- herigen Parks um 8500 Quadratmeter Fläche ermöglichen. Natürlich wird die Fertigstellung geraume Zeit benötigen, dann erst muß einmal die Hochbehälteranlage als solche fertiggestellt werden. Und das erfordert Erdbewegungen von nicht weniger als 70000 Kubikmeter. Der bebaute Raum der gewaltigen Betonbauwerke wird 18000 Quadratmeter be decken. Die gärtnerischen Anlagen hofft man im Herbst in Angriff nehmen zu können, sodaß wohl im Frühjahr 1930 die Erweiterung des Parkes der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Dresden wird damit einen großen Gewinn haben. Wird doch eine Parkanlage von derartiger Größe, besonders bei der für die nächste Zeit noch in Aus sicht stehenden Bebauung des Räcknitzer und Plauenschen Höhengeländes, von großer hygienischer Bedeutung sein, zu mal das neue Kleingartengelände oberhalb der Moreaustraße dauernd als solches erhalten bleiben wird. Daß diese Er weiterung gerade 1930, dem Jahr der zweiten großen Hygieneausstellung und der Eröffnung des Deutschen Hygiene- Museums, der Allgemeinheit übergeben werden wird, ist be sonders erfreulich, kann Dresden doch dann seinen Gästen aus dem 2n- und Auslande mit einer neuen sozialen Groß tat aufwarten. Und daß diese Gäste sowie alle Besucher Dresdens dort oben von den Räcknitzer Höhen einen der schönsten Aussichtspunkte in der ganzen Umgebung Dresdens finden, wird den Eindruck von der neuen Parkanlage noch erhöhen. Bieten sich doch von hier herrliche Ausblicke über die Stadt und das Elbtal. Der neuen Parkanlage hofft man außerdem eine besondere Eigenart in neuzeitlicher Garten gestaltung zu geben, sodaß sicher Dresdens alter, im Laufe der Jahre leider etwas verblaßter Ruf als Gartenstadt er neuert wird. Paschold über den Diebstahl des Bankbuches erscheinen wenig glaubhaft, denn Kirchberg pflegte seine Bank- und Sparbücher stets bei sich zu tragen. Tie Paschold wird diese Angaben nur machen, um damit die Tat nicht als Raubmord hinzustellen. Nächtliche Unsicherheit in der Umgebung von Leipzig. Vor einigen Tagen wurde der 40 Jahre alte Eisenbahnschaffner August Siebert im Straßen-- graben an der Dübener Landstraße mit einem Schädelbruch aufgefunden. Siebert ist noch immer nicht vernehmungsfähig. Es steht bisher nicht fest, ob er das Opfer eines Unglttcksfalles oder eines Ver brechens geworden ist. Die Nachforschungen nach dem Verbleib seines Fahrrades sind auch bisher ergebnislos verlaufen. Da in letzter Zeit auf der Dübener Land straße mehrfach Ueberfälle verübt wurden, zu denen die Täter noch nicht ermittelt werden konnten, besteht auch die Wahrscheinlichkeit, daß Siebert das Ovfer eines Ueberfalles geworden ist, bei dem ihm sein Fahrrad geraubt wurde. Die Lkpiosionskalasiwphe in Nürnberg. Bisher 10 Todesopfer, noch Schwer verletzte. Das Ausmaß der Explosionskatastrophe in der Bleistiftfabrik Städtler in Nürnberg ist noch erheblich größer als es zuerst den Anschein hatte. Besonders bedauerlich ist die hohe Zahl der Todesopfer. Bon den im Krankenhaus befindlichen Schwer verletzten find noch drei gestorben, so daß die Zahl der Todesopfer zehn beträgt. Unter den Toten befin det sich ein verheirateter Mechaniker, die übrigen neun sind verheiratete und ledige Arbeiterinnen. Bei eini gen Schwerverletzten ist der Zustand noch recht ernst. Zur Zeit des Unglücks waren in dem Explosions raum 33 Personen, und zwar 31 weibliche und zwei männliche, beschäftigt. Ein Arbeiter, der die Bohr maschine zu bedienen hatte, konnte noch brennend den Arbeitsraum verlassen. In lebensgefährlich verletztem Zustande wurde er in das Krankenhaus gebracht. Ein« Arbeiterin Mirzte sich brennend vom dritten Stock in den Hof, sie ist bald gestorben. An -er AnglüMatte. Bald nach der Kunde von dem schweren Unglück strömten viele Angehörige und Neugierige an die Stätte des Grauens. Väter und Mütter, Schwestern und Brü der wollten Angaben über das Befinden ihrer Ange hörigen geradezu erzwingen, obwohl um diese Zeit noch nicht festzustcllen war, wer tot oder verletzt war. Ergreifende Szenen sah man im Krankenhaus. Die Fabrik selbst bietet in ihrem zerstörten Flügel einen wüsten Anblick. Sämtliche Fenster sind ent weder geschmolzen oder zertrümmert. Tie Straße ist mit Hotzteiken, Dachziegeln, Eifenstangen usw. überssit. Ein Untersuchungsausschuß ist au Ort und Stelle. Er wird vor allem festzustellen haben, welches die Ursachen der grauenhaften Explosion waren. Eng verbunden mit der sozialen ist auch die kommunale Fürsorge einer Großstadt. Und da ist wieder eines der wichtigsten Gebiete die Kinderfürsorge. Auch die Stadt Dresden unterhält eine große Anzahl von Anstalten, die in verschiedenem Umfang der Unterbringung und Pflege von Kindern dienen. Zunächst sind da die verschiedenen „Krippen" zu nennen, die als Tagesaufenthalt für Kinder bis zu drei Jahren dienen und für ein geringes Entgelt Beaufsichtigung der Kinder beim Spiel, Wartung und Verpflegung vom Frühstück bis zum Nachmittag bieten. Die gleiche Einrichtung weisen die 15 städtischen Kinderheime auf, nur mit dem Unterschiede, daß diese für Kinder vom 3. bis zum 14. Jahre bestimmt sind. Am 1. Januar d. I. hat außerdem die Stadt die 10 Tageskinderheime des Vereins der Dresdner Kinderfreunde übernommen: auch die als Halbtagsheime in verschiedenen Schulen unterhaltenen 17 Kinderhorte des Ver eins „Kinderhort" werden bald in städtische Verwaltung über gehen, damit wird eine Zusammenfassung der Kinderfürsorge unter dem Jugendamt des Rates erzielt werden. Es sind gewaltige Aufgaben, die einer Großstadt zusaüen. Und diese vergrößern sich immer mehr mit der Ausdehnung des Stadtgebietes und mit dessen weiterem Ausbau. Man denke nur nach, im Stadtgebiet Dresdens find innerhalb der letzten 1V- Jahre allein über 60 neue Straßen entstan den und etwa 1900 Neubauten kamen hinzu. Da kennt sich bald der Einheimische nicht mehr in seinem „Städtchen" ays Genau so ergeht es uns ja mit unserer Straßenbahn. Und da sind besonders die armen Fremden zu bedauern. Wie sollen sie ahnen, wohin sie fahren sollen, wenn kaum die Linien-Nummer noch unter den vielen Plakaten erkenntlich ist,, besonders aber jetzt bei der allerdings nur zeitweisen Ver legung der Linien. Nicht einmal wir Dresdner finden uns darin richtig zurecht. Aber das macht nichts. Wenn wir Dresdner nicht wissen, wohin und wie die Bahnen fahren, warum müssen es ausgerechnet die Fremden wissen? Diese meinen wohl, die Elektrische sei eine Verkehrserleichterung. Antiquierte Ansicht! Hauptsache ist vielmehr: daß sie überhaupt fährt und du manchmal trostlos nachguckst, wenn eine 111 oder eine 107 vorbeifährt. Von der 11 oder 7 weiß jeder Dresdner oder ständige Besucher etwas, aber was 111 oder 107 bedeuten, wissen nur wenige. Ja, es ist ganz scheene in Drüsen, das werden mir manche bestätigen, die schon mal eine kleine Spritztour nach hier ge macht haben.