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ZllMblUM TllMM Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonntag, den 9. October 1881. Das auf das dritte Vierteljahr 1881 fällige Schulgeld ist längstens bis zum 13. October o., an hiesiger Rathsexpeditionsstelle zu bezahlen. Schulkassenverwaltung Waldenburg, den 30. September 1881. Bekanntmachung. Die Verwaltung des Fürstlichen Rentamtes zu Waldenburg ist, nachdem der seitherige Vorstand desselben, Herr Rentamtsvetwalter Emil Dietrich, auf sein Ansuchen in die Fürstliche Rechnungsinspection versetzt worden ist, am 5. dies. Mts. dem Rentverwalter Herrn Moritz Sigismund Josef Letz übertragen worden, welcher ermächtigt ist, alle an das Fürstliche Rentamt Wal denburg zu zahlenden Gelder in Empfang zu nehmen und darüber zu quitliren. Waldenburg, am 8. October 1881. Die Fürstlich Schönburg'sche Canzlei daselbst- *Waldenburg, 8. October 1881. Fortschrittlicher Terrorismus. Wir berichteten in letzter Nummer von einer am 4. d. in Berlin stattgefundenen fortschrittlichen Wählerversammlung, in welcher auch Lasker ge sprochen halte. In dieser Versammlung nun war dem Berichterstatter der demokratischen „Staats bürgerzeitung" der Zutritt verweigert worden. Dieses Factum nimmt die genannte Zeitung zum Ausgangspunkt eines Leitartikels, in welchem sie den fortschrittlichen Terrorismus aufs schärfste geißelt. Sie bemerkt darin unter Anderm: Der Abg. Or. Eduard Lasker ist in dieser Ver sammlung der Hauptredner gewesen, ohne sich zuvor als Mitglied der Forschrittspartei zu geriren, von der er sich als Opportunitätspolitiker im Jahre 1866 feierlichst — bei Di. Lasker klingt ja alles so feier lich — getrennt hat. Seit jener Zeit ist kaum eine parlamentarische Sitzung vergangen, in welcher nicht der Abg. Lasker bei allen Angriffen gegen den Reichskanzler Fürsten Bismarck vor demselben in Vertheidigungsposition Aufstellung genommen hätte, um die Pfeile, die auf diesen gerichtet waren, auf zufangen. Herr Lasker hat dafür manche Sottise des Abg. Eugen Richter mit in den Kauf nehmen müssen, von demselben Herrn Richter, mit dem er heute Arm in Arm die Wähler Berlins in die Schranken fordert. „Wir haben in Gemeinschaft mit der Staatsregierung Positives geschaffen, wäh rend Ihr auf dem Standpunkte des Negation be harrtet", so oder ähnlich lauteten die Worte Herrn Lasker's, mit denen er der Fortschrittspartei ent gegentrat, von der er jetzt das Heil der Zukunft erwartet Fragen wir, weshalb der frühere Opportunitätspolitiker Dr. Lasker, der Schildhalter des Fürsten Bismarck, heut für die Fortschritts partei Propaganda macht, so ist die Antwort darauf durchaus keine schwere. Zwar giebt Herr Lasker vor, daß alle Liberalen Front machen müssen gegen die Reaktion, aber in Wirklichkeit liegt die Sache ganz anders: die Fortschritts partei hat sich dem Manchesterthum in die Arme geworfen und dadurch die Versöhnung mit Lasker und dessen Freunden herbeigeführt. Der Abg. Lasker hat in seiner Rede auf Tivoli dem Fürsten Bismarck zugestanden, daß er es ehrlich mit dem Vaterlande meine, und nur die Mittel angegriffen, deren er sich zur Erreichung seines Zieles bediene. Nun, das ist doch etwas, und wir nehmen durchaus keinen Anstand, auch Herrn Lasker ein solches Zugeständ- niß zu machen; daß aber auch er sich in den Mit teln versehen hat, welche zu diesem Ziele führen, dafür liegt der Beweis in der jüngsten Vergangen heit, während es bei dem Fürsten Bismarck erst die Zukunft lehren soll. *Waldenburg, 8. October 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die halbamtliche „Provinzial-Correspond." schreibt über die Fortschrittsprtei: „Die Fortschritts partei zögert noch immer, die unschuldige Maske ihres Namens abzulegen und sich offen und frei heraus als das zu bekennen, was sie ist und dem gemäß sich auch so zu ne.uien: demokratische Partei. Freilich fürchtet sie, dadurch im Volke Anstoß zu erregen, weil sie weiß, daß die Demo kraten bei demselben schlecht angeschrieben sind. Sie hütet sich namentlich deshalb davor, sich demokratisch, wie sie es ist, auch zu nennen, weil ihre Redner und Blätter behufs wirksamer Wahlagitationen heuchle rischer Weise erst kürzlich wieder ihre monarchisch loyale Gesinnung betont haben. Sie meint wohl, daß das Volk monarchische Fortschrittler noch für möglich halten werde, daß aber der innere Wider spruch in der Bezeichnung monarchischer Demokraten doch zu groß sein werde, als daß nicht jeder sofort die Unvereinbarkeit dieser Begriffe erkennen sollte, und doch ist die Fortschrittspartei in ihren haupt sächlichen Grundsätzen vollständig demokratisch. In den Wahlaufruf der deutschen Volkspartei, welche vornehmlich in Süddeutschland, wenn auch nur schwache Vertretung hat, ist das Wesen der Demo kratie in Folgendem gekennzeichnet: „Sie erkennt allein den Volkswillen als maßgebend an. Sie verlangt, daß regiert werde nach dem Willen der Mehrheit, nicht nach dem Willen eines Einzelnen." Also mindestens die Mehrheitsherrschaft, das soge nannte parlamentarische Regiment, ist hier offen anerkannt. Diese Grundsätze werden in Wahrheit auch von der Fortschrittspartei vertreten, hochgehalten und verfochten. Ein fortschrittliches Blatt in Berlin hat den Wahlaufruf der „deutschen Volkspartei" an hervorragender Stelle seinen Lesern mitgetheilt, ohne zu bemerken, daß seine Grundsätze fortschrittlich und nicht demokratisch seien. Irgend ein Meinungsaus tausch oder Streit über das Recht, jene Grundsätze fortschrittlich oder demokratisch zu nennen, hat noch nicht stattgefunden. Die Fortschrittsmänner werden sich auch hüten, die Comödie so weit zu treiben; sie wissen ganz gut, daß eben fortschrittlich und demo kratisch im Grunde gleichbedeutend ist. Weshalb giebt denn aber die Fortschrittspartei ihren täuschen den Namen nicht aus? Warum vertauscht sie ihn, zumal sie jeden wirklichen Fortschritt seit Jahren an i ihrem Theil zu verhindern gesucht hat, nicht gegen denjenigen Namen, welcher ihre Gesinnung auch § wirklich ausdrückt und Jedermanu verständlich macht? ! Die Fortschrittler sind die alten Demokraten, die ! schon einmal, soviel an ihnen war, alles ruinirten. So mögen sie auch den Muth haben, sich dazu zu bekennen. Während die Verhandlungen des Staats mit den Actionären der Bergisch-Märkischen Eisenbahn vorläufig abgebrochen sind, glaubt man den Abschluß der den Ankauf der thüringischen Eisenbahnen bezweckenden Verhandlungen für bevorstehend. Die Actionäre werden das Regierungsanerbieten wahr scheinlich annehmen. Beiden Ergänzungswahlen zum badischen Land tage haben soweit das Resultat bis jetzt bekannt, die Nationalliberalen bekanntlich eine schwere Nieder lage erlitten, indem die katholische Volkspariei sieben Sitze erobert und auch sonst beträchtliche Minoritä ten erzielte, selbst in solchen Kreisen, die bisher als Hauptdomainen des Nationalliberalismus galten. Der „Badische Beobachter" sagt: „Das Volk hat sich in diesen Wahlen mit eminenter Majorität gegen den Nationalliberalismus ausgesprochen. Die ältesten Besitze dieser Partei, Bezirke, in denen noch niemals anders als liberal gewählt worden war, haben sich abgewendet und mit bedeutender, zum Theil sogar mit erdrückender Majorität andere Candidaten erwählt. Die hervorragendsten Männer und Führer dieser Partei haben sich theils vor den Wahlen schon vorsichtig zurückgezogen, um keinen Durchfall zu riskiren, theils haben sie trotz aller Bemühungen den Durchfall erlebt, an den sie noch nicht glauben wollten, wie Fauler, Friedrich und sogar der (liberale) Staatsminister Turban, der von einem einfachen Landmann um 20 Stimmen über troffen wurde." Aus mehreren Wahlkreisen fehlen noch die Nachrichten, so daß sich heute eine vollständige Uebersicht der Wahlresultate nicht geben läßt. Im merhin darf man jetzt schon annehmen, daß den Nationalliberalen die Majorität in der Kammer verloren ist. Frankreich. Das „Journal osficiel" veröffentlicht ein Decret, laut welchem die Kammern auf den 28. October einberufen werden. Eine Depesche Logerots aus Tunis vom 6. Octo ber meldet die Besetzung des Positionen Bel- vede re durch zwei Bataillone, die anderen Forts von Tunis werden am 8. d. occupirt. Mobile Kolonnen wurden auf dem Marsche von Medjez nach Testur von den Arabern angegriffen. Letztere wurden zurückgewiesen. Das „Journal petite republique" weist den Ge danken des Rücktritts des Ministeriums vor Zusammentritt der Kammer zurück; das Ministerium müsse sich wegen seiner Handlung vor dem Parla ment verantworten und sich erst nach einer öffent lichen Debatte zurückziehen. Der vorzeitige Rücktritt wäre für das Kabinet nicht ehrenhaft und würde dem neuen Ministerium nur Verlegenheiten bereiten, im Uebrigen die Zustimmung des Staatsmannes bedürfen, welchen der Präsident der Republik zur Kabineisbildung zu berufen beabsichtige. Das Volk in Frankreich zweifelt gar nicht, daß die Ankläger Gambettas und seine Freunde in der Hauptsache Recht haben. Man weiß dort all gemein, Dank der großartigen Reclamen in allen Blättern, daß mehr als dreihundert Senatoren und Deputirte als Gründer, Leiter und Verwaltungsräthe an zahlreichen Banken und Actienuniernehmen be- theiligt sind. Das Publikum erzählt sich auch, daß vor etwa drei Jahren der damalige Finanzminister Loon Say durch sein Verfahren in der Umwandlung an einem einzigen Tage durch einen Schlag an der Börse die von ihm wohlinformirten großen Geld männer 2 bis 300 Millionen Francs gewinnen ließ. Die Gaunereien bei ver Verstaatlichung der Charente-, Vendee- und anderer Bahnen sind in der Kammer selbst nachträglich dargelegt worden. Erst wurde durch Ablehnung der Zinsgarantie der Bankerott der Bahnen und das Fallen ihrer Obligationen von 252 auf 20 bis 30 Francs herbeigeführt; ein Jahr darauf aber wurden die Bahnen angekauft und die inzwischen in die Hände eines Syndicates gelangten Obligationen zu 247 Frcs. eingelöst. Das Publi-