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45 M. auf die Familie jährlich ist vollständig er funden. Die Preise fast aller Lebensmittel sind, wie der Deutsche Reichs-Anzeiger und Königl. Preuß. Staats-Anzeiger vom 14. April 1881 ganz detaillirt ausführt, ebenso dos Flugblatt: „lieber di« Preise der Lebensmittel", seit der Einführung des Zolltarifes von 1879 durchschnittlich billiger geworden, als sie vorher im Durchschnitt des Zeitraums von 1876 bis 1879 waren. Die Zollerhöhungen sind bei den meisten Artikeln ja durch die neuen Reichssteuern gegen die früheren Zollvereinssätze so geringfügig, daß sie gegenüber den Preisschwankungen durch die Spekulation gar nicht in's Gewicht fallen. Außer dem trägt das Ausland den größten Theil des Zolles, wie wir in dem Artikel: „Wer bezahlt den Zoll?" klar nachgewiesen haben. Das fortschrittliche Flugblatt hätte, wenn es ihm um die Wahrheit zu thun gewesen wäre, seinen Lesern sagen sollen, daß in allen großen Kultur staaten der Erde überall die Zölle und Verbrauchs steuern vielfach höher sind als in Deutschland. "Waldenburg, 18. October 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" publicirt einen Auszug aus dem Protokoll über die Sitzung des königlich preußischen Staatsministeriums vom 24. Januar 1879, um zu beweisen, daß der frühere Finanzminister, Geheimratb Hobrecht, sich am ge nannten Tage prinzipiell für die Einführung des Tabaksmonopols ausgesprochen habe. Man nimmt an, daß diese Enthüllung nur durch eine strafbare Jndiscretion in den Besitz des genannten Blattes gelangt sein könne und befürchtet in gewis sen Kreisen deshalb Maßnahmen, welche an die ge setzlichen Härten aus den Tagen des Arnim-Prozes ses erinnern. Die liberalen Blätter fragen, mit welchem Rechte in der „Nordd. A. Z." der Protokoll auszug veröffentlicht werden durfte, nach welchem sich der ehemalige Finanzminister Hobrecht s. Z. im Ministerium für das Tabaksmonopol erklärt. Die „Tribüne" nennt das Verfahren einen Mißbrauch des Amtsgeheimnisses. Die „N. Allg. Z." antwor tete, sie habe nur der provocirenden Aufforderung, ihre Nachricht über die Stellung Hobrecht's zum Tabaksmonopol urkundlich zu erweisen, entsprochen. Herr Liebermann von Sonnenberg behauptete dieser Tage in einer Wählerversammlung in Berlin mit aller Bestimmtheit, man taufe jetzt im ersten Wahlkreise mit englischem Gelde die Stimmen der Socialdemokraten für den Freihändler Lud wig Löwe. Seit der Reisename Gambettas bekannt ist, werden überall die Fremdenlisten nachgeschlagen, und da stellt es sich heraus, daß „Herr Massabie" am 28. September abends in Stettin von Lübeck kommend angelangt und sodann in einem Coupe erster Classe in der Richtung nach Danzig weiter gereist ist. Die officielle Fremdenliste von Danzig führt am 2. Oct. als im Hotel du Nord abgestiege nen Herrn Massabie mit Gattin auf. Gambetta Massabie hat also zwischen dem 28. Sept, und dem Feuilleton. Die Brandstifterin. Kriminalnovelle von Andrö Kugo. (Fortsetzung.) „Mein Mann wollte ursprünglich das Geld nicht hergeben. Mein Mann! Herr Eichhart. Denken Sie nur. Er wollte mir vpponiren, aber da habe ich ihm vorgehalten, was er denn eigentlich gehabt, und daß, wenn ich nicht gewesen wäre, er heute vielleicht noch mit zerrissenen Strümpfen auf der Straße wandern müsse. Das zog. Unser Ernst erhielt das Geld und hat damit in der Residenz eine ganz hübsche Restauration erworben. Ich habe ihm die erste Einrichtung besorgt und fahre auch ab und zu hin, um nachzusehen, ob alles in Ord nung ist. Bei diesem habe ich nun erfahren, daß Kirchner vom Staate einstweilen auf Wartegeld ge setzt ist, d. h. nur auf ein Jahr. Man konnte ihm doch unmöglich eine Lehrerstelle wieder anvertrauen, nachdem er wegen „mangelnder Beweise", wie der Herr Amtsrichter immer sagt, und durch die Zag haftigkeit der Geschworenen freigesprochcn ist. Man wird ihn aber nächstens auch dieses Geld entziehen." Eichhart schüttelte mit dem Kopf. „So weil kann es kommen, wenn man den Pfad der Redlichkeit verläßt", sagte er. „Was ist denn aus dem Kinde geworden?" „Das ist gleich, nachdem Kirchner nach der Re sidenz gekommen ist, gestorben. Wer weiß auf welche Weise." „Nein, nein, Frau Vester", protestirte der Bött- 1. Oct. die Station Schlawe, Eisenbahnstation von Varzin, passiren müssen und hat für die Strecke Stettin-Danzig auffällig lange Reisezeit gebraucht. Da nicht anzunehmen ist, daß ihn die Sehenswür digkeiten eines hinterpommerschen Städtchen interessirt hätten, so liegt um so näher der Gedanke an das reichskanzlerische Varzin, wenn auch aus Berlin ver sichert wird, die Zusammenkunft zwischen dem Fürsten und Gambetta werde in maßgebenden Kreisen als vollständig aus der Luft gegriffen zurückgewiesen und belächelt. Ein vollständiges Schweigen, bemerkt die „Nat. Ztg." mit Recht, wird sich wohl nicht mehr lange aufrecht erhalten lasten. Ein Besuch Gambettas bei Fürst Bismarck wäre ein in der Geschichte markirendes Ereigniß. Die Expedition der „Freiheit" in London, Most's Organ, die einstweilen von seinen Vertretern her ausgegeben wird, hat nach Deutschland ein Flugblatt versendet, welches von den Genossen in energischer Weise Wahlenthaltung am 27. October fordert und sie davor warnt, mit den politischen Gegnern zu pactiren. Zudem gebe es jetzt in Deutschland, seitdem Most in England lebt, keinen vertrauens würdigen socialistischen Führer. Soviel aber die bis jetzt aus den Wahlkreisen mit stark socialistischen Neigungen vorliegenden Nachrichten erkennen lassen, wird die Mahnung der „Freiheit": Wahlenthaltung, schwerlich Beachtung finden. Oesterreich. Der Wiener Gemeinderath hat am Freitag einen Comissionsantrag auf Besteuerung der Theater karten mit 5 Procent, sowie der Karten für Con- certe, Circusvorstellungen, Bälle, Vergnügungen und Schaustellungen mit 10 Procent vom Preise der Karten angenommen. Frankreich. Recht gemüthlich muß es bei der Unterredung Gambetta's mit Grövy hergegangen sein. Grövy bewillkommnete Gambetta mit den Worten: „Herr Präsident!" Dieser entgegnete: „Der Titel ist fast erloschen, ich packe meine Sachen ein und schlafe nicht mehr im Palais Bourbon". Die Unterhaltung berührte die afrikanische Lage, dann jene Deutsch lands, das Gambetta „bis an die Zähne bewaffnet" gefunden, und Rußlands, von dem Gambetta mit Wohlwollen sprach. Grsvy war mit Gambetta darüber einverstanden, daß das bisherige Cabinet vor der Kammer erscheinen müsse. Im Saale „Tivoli" in Vauxhall zu Paris fand am 16. d. ein revolutionär-socialistisches Meeting anläßlich der Expedition nach Tunis statt. Mehrere Redner, darunter Louise Michel, griffen das Ministerium und Gambetta heftig an. Die Ver sammlung nahm schließlich Resolutionen an, welche darauf abzielen, Gambetta und das Ministerium in Anklagestand zu versetzen und dieselben außerhalb des Gesetzes zu stellen, falls die Kammer die Stel lung der Genannten in Anklagestand nicht ausspreche. Aus Algier wird gemeldet: GeneralDelebeque und sein Generalstab sind in Kreider angekommen. Die Truppen werden morgen, den 17. d., den Marsch antreten. Es sind ungeheure Vorräthe zur Verpflegung hier angehäuft und 4000 Kameele stehen für den Transport bereit. Der Gesundheits chermeister. „So was thut Kirchner nicht. Sie haben einen grenzenlosen Haß auf den Menschen, der ihr Urtheil trübt." „Und Sie möchten den Burschen immer über helfen", entgegnete die Wirthin schnippisch, als sie sich von dem Sprecher abwandte und weiter ging. „Nicht mehr als recht ist," entgegnete dieser. Dann trank er einen derben Zug. * -i- rse Die alles erwärmende Frühlingssonne hatte den letzten Rest des Schnees und dec Feuchtigkeit von der Erdoberfläche gesogen und diese selbst prangte heute in dem neuen Frühlingskleide, das wie ein Brautgewand über die jungfräuliche Flur gebreitet war. Von den Kirchthürmen der Stadt riefen die Glocken die Beter zum GotteHause, während ein anderer Theil der Spaziergänger Erholung in dem großen Tempel der Natur, den die ewigwährende, allwaltende Schöpferkraft des großen Ostens uner müdlich von neuem herstellt, wenn der Winter in seinem Todesschlaf besiegt ist, suchte. Kirchner, der von seinem knapp bemessenen Warte geld in der Residenz nicht leben konnte, hatte Be schäftigung bei verschiedenen Verlagsbuchhandlungen gesucht, um aus dem Ertrage literarischer Arbeiten das Fehlende zuergänzen. IndererstenZeithatte man seine Arbeiten gern genommen, da er eine gewandte Feder schrieb,als manjedoch inErfahrung gebracht, unter wel- freigesprochen sei, erkaltete das Interesse an dem strebenden Mann und man suchte sich seiner so viel als möglich zu entledigen. Man brauchte es Kirchner nicht offen ins Gesicht zu sagen, welche Gründe für die Zurückweisung zustand der Truppen ist befriedigend. — General Sabatier wurde am Donnerstag durch eine beträcht liche Jnsurgentenschaar angegriffen und hat dieselbe nach sechsstündigem Kampfe in die Flucht geschlagen. 300 Araber wurden todt auf dem Schlachtfeld« ge funden. Auch Ali Bey Hal einen neuen Erfolg davongetragen und 200 Gefangene gemacht. Italien. Der „Diritto" enthält eine Madrider Correspon« denz, in welcher eine Allianz der Mittelmeer staaten zweiten, bezüglich dritten Ranges, also Spaniens, Italiens, Oesterreichs und Griechen lands gegen das Umsichgreifen der französischen Macht in Nordafrika empfohlen wird. Auch die spanisch-portugiesische Königs-Entrevue soll nach diesem Berichte mit der afrikanischen Frage in Verbindung stehen. In der eoeleÄu militulls lockert sich die Dis- ciplin. Msgr. Savaresse, päpstlicher Hausprälat, verurtheilt in seiner Schrift „Die moderne Civili- sation" das Streben des Vatikans nach Wiederer werb der weltlichen Macht und nennt den 20. Sep tember (den Tag des Einzug der Italiener in Rom) einen Sieg der Civilisation. Man erwartet den Uebertritt von noch zwei Canonici zum Protestan tismus. In Rom fand am 16. d. der Einzug der ita lienischen Pilger in die Peterskirche statt. Die Zahl der Pilger wurde auf 3000 geschätzt, außerdem waren etwa 8000 Gläubige von Rom anwesend. Nach 12 Uhr erschien der Papst, ge tragen auf der söäia Akstatoria, unter Vorantritt des Hofstaates, von der Nobelgarde escortirt, in der Peterskirche; 25 Kardinäle und viele Bischöfe waren zugegen. Der Patriarch von Venedig verlas eine Adresse, welche der Papst mit einer Ansprache be antwortete. Der Empfang war gegen 2 Uhr beendet. England. Am 14. dss. hat ein fürchterlicher Sturm in ganz England gewüthet. Derselbe verursachte enormen Schaden und eine Menge Schiffbrüche an der Küste. Viele Personen wurden theils gelödtet, theils verletzt, die Telegraphenleitungen größtentheils zerstört. Der Verkehr mit den Provinzen und dem Auslande ist theilwcise unterbrochen. Die Iren bleiben bei den Verhaftungen ihrer Führer nicht ruhig. In Dublin wurden ruhe- störende Kundgebungen veranstaltet. Die Menge wurde von der Polizei zerstreut. Auch fanden in Limerik Ruhestörungen statt. Die Menge griff wiederholt die Polizei und die Truppen an, welche von ihren Waffen Gebrauch machten und die Ruhestörer zerstreuten. Beiderseits wurden viele verwundet; 20 Personen wurden in Haft genommen. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 18. Oclober. Der bereits seit einigen Jahren anhängige vielerwähnte Prozeß um die „Glauchauer Zeitung" nebst Druckerei ist nun mehr durch Erkenntniß des kgl. Landgerichts zu Chemnitz zu Gunsten des Herrn Karl Friedrich Witzsch in Chemnitz entschieden worden. Allerdings chen eigenthümlichen Umständen er von der Anklage seiner Arbeiten maßgebend gewesen waren, er fühlte es heraus unb gerade diese Verachtung nagte am stärksten an seinem Innern. Da der Staat ihm den Genuß seines Wartegeldes nur ausnahmsweise in der Residenz gestattet hatte, so konnte er sich von hier aus auch nicht wegwenden, denn in jeder anderen Stadt wäre ihm dasselbe sofort entzogen worden. Mehrmals war er entschlossen, trotzdem die Stadt zu meiden und sich ein Operationsfeld in einer anderen größeren Stadl zu suchen, wo er un bekannt schaffen konnte. Unbekannt? Konnte nicht überall hin ihm der Ruf folgen, den er hier genoß und war er dann nicht noch schlimmer daran? Diese Gedanken peinigten ihn auch heute, als er seine kleine Wohnung in der engen Stadt verlassen und träumerisch auf einem abgelegenen Waldwege durch den Hain wandelte. Und wer trug an all dem Unglück die Schuld? War er es nicht gewesen, der in jugendlichem Uebermuth die schöne aber arme Putzmacherin der reichen Wirthstochter vorgezogen? Hätte er Letzterer die Hand zum Ehebunde gereicht, so saß er vielleicht heute als angesehener Mann mit Amt und Würden überhäuft noch in der kleinen Stadt. Und jetzt? Die gezogene Parallele machte ihn frösteln. „Alice!" Das Wort stahl sich in einem Gemisch von Vor wurf und gleichzeitig aber noch nicht ganz erloschener Liebe über seine Lippen. (Fortsetzung folgt.)