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und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonntag, den 30. October 1««1 252 «»scheint tLglich mit Ausnahme der Tag« nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für di- nSchster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr deS vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und di« Colport«ure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. chSnbuM Tageblatt ZV« Wf«wM«Sseste. Hinauf, hinauf zum lichten Wolkenkranze Erhebt der kühne Sänger seinen Flug, Auf seinen Schwingen ruht im Strahlenglanze In Flammenschrift das heil'ge Bibelbuch; Die Uebel weichen seinem Flügelschlage Und aus den lichtumstrahlten Sonnenhöh'n Läßt er, ein Herold heitrer Frühlingstage, Der Wahrheit und der Freiheit Banner weh'n. Da jauchzt das Volk dem neuen Licht entgegen Und reißt sich los vom finstern Glaubenswahn, Auf's Neue hebt in lauten, heißen Schlägen Das freie Herz zum Himmel sich hinan; Vom Kuß der Weihe röthet sich die Wange, Die heil'ge Andacht beugt das Knie vor Gott, Und aus zum Himmel töm's im Festgesange: „Eine feste Burg ist unser Gott!" i Und wie in vollen, wogenden Akkorden ; Das Glaubenslied empor zum Himmel schlägt, - Da wird's zum Sturm, der bis zum eis'gen Norden : - Den mächt'gen Donnerruf der Töne trägt; Er scheucht die Schatten aus dem Bau der Klüfte, < ! Die trüb' und kalt der Seele Blick umhüllt, ; Die schwarzen Wolken jagt er durch die Lüfte Und ruft empor der Sonne Flammenbild. Zum Donner wird's, der im gewalt'gen Grimme ! Hoch ob der stolzen Klosterzinne grollt, Zum Donner, der mit tausendfacher Stimme ! " Den Feuerruf in alle Herzen rollt; ! Was todtengleich dem geist'gen Schlaf verfallen, ! ' Das rüttelt er zum neuen Leben wach, ( Und zu des Tempels ödgewordnen Hallen § Ruft er das Volk mit lautem Glockenschlag. ! Es wird zum Blitz, der seine Feuergluthen Hernieder aus der mächt'gen Wolke schießt, Der über Rom wie glüh'nde Lavafluthen Den Feuerstrom des Weltgerichtes gießt; Helllodernd zuckt die Riesenfeuersäule, Getragen von dem brüllenden Orkan, Und mit der Windsbraut tosendem Geheule Wirft sie die Flammen in den Vatikan. Da wankt die dreifach schimmernde Tiare, Da bebt Sankt Peters königlicher Stuhl, Und nach dem lang veralteten Altäre Wälzt leckend sich der glüh'nde Feuerpfuhl; Unv wie ergrimmt der gifl'ge Bannfluch wüthe, Und wie er droht, der Feinde Haß und Spott, Die Wahrheit jauchzt im hohen Siegesliede: „Eine feste Burg ist unser Gott!" 6. Bekanntmachung. Rücksichtlich der demnächst vorzunehmenden Stadtverordneten-Ersatzwahl werden diejenigen Bürger hiesiger S'adt, welche fich mit Abentrichtung von Staats- oder Gemeindeabgaben, einschließlich der Abgaben zur Schul- und Armencasse, länger als zwei Jahre ganz oder theilweise im Rückstände befin den, zur ungesäumten Berichtigung dieser Abgaben unter Hinweis auf § 44 kud A der Revidirlen Städteordnung vom 24. April 1873 hierdurch aufgefordert. Waldenburg, den 26. October 1881. Der Stadtrath. In Vertretung: Limmer, Stadtrath. Rchtr. II. Bekanntmachung. Zum Zweck der Anlegung des Einkommensteuer-Katasters auf das Jahr 1882 ist die Ausstellung von Hauslisten nach Vorschrift tz 35 des Einkommen steuergesetzes vom 2. Juli 1878 erforderlich. Zu diesem Behufe werden in den nächsten Tagen den hiesigen Hausbe sitzern Formulare zu Hauslisten behändigt werden, in welchen alle in dem be treffenden Grundstücke wohnenden Personen, welche ein eigenes Einkommen haben, sowie die in demselben ein Gewerbe betreibenden und anderwärts woh nenden Personen, ingleichen Beitragspflichtige der in ß 4 des angezogenen Ge setzes bezeichneten Arten, welche in dem Grundstücke ein Geschäftslocal inne haben, nach Anleitung der den Listen vorgedruckten Bemerkungen einzutragen, auch die sonstigen darin enthaltenen Fragen genau zu beantworten sind. Diese, mit den Namensunterschriften der Haushaltungsvorstände zu ver sehenen Hauslisten hat der Besitzer des Grundstücks bez. dessen Stellvertreter bezüglich ihrer Vollständigkeit zu bescheinigen und binnen 10 Tagen von Zeit der Zustellung an gerechnet, längstens aber den LS. November dieses Jahres wieder anher einzureichen. Die Versäumung dieser Frist zieht eine Geldstrafe bis zu 50 Mark nach sich. Waldenburg, am 26. October 1881. Der Stadtrath. In Vertretung: Limmer, Stadtrath. Rr. "Waldenburg, 29. October 1881. Die Wahlen in Berlin. Ueber de» Ausfall der am 27. d. stattgehabten Reichstagswahlen liegen bis jetzt noch verhältniß- mäßig wenige Resultate vor; etwa au« 60 Wahl kreisen sind bis jetzt die Resultate bekannt geworden und auch bei diesen sti.d die Miltheilungen noch nicht definitiv, sondern zum großen Theil nur vorläufige, so Laß sich aus ihnen noch gar keine Schußfolge rung rechtfertigen läßt. In dem Vordergrund stehen die Berliner Wahlen, über welche man zwar noch keine defini. live Feststellung hat, von denen aber das Resultat doch constatirt ist. Nach diesem ist von den anti-' forischrinlichen Candidaten keiner durchgebracht wor den. Definitiv gewählt sind die fortschrittlichen Candidnien im 1., 2., 3. und 5. Wahlkreis, im 4. und 6. Wahlkreis kommen die fortschrittlichen Kan didaten zur Stichwahl mtt den socialdemokratischen. Die Aufnahme, welche dieses Befuktat am Abend bei den Wählern gefunden hat, ist charakteristisch vvn bemerkenswrrcher Vorbedeutung für 'die nächste Zukunft. Die Aufregung, welche schon 'den ganzen Tag über geherrscht halte, steigert« sich mit dem Vorfchreiten der Abendstunden. Die großen Lokale, in weichen die Wahlresultate der einzelnen Wahlbezirke ermittelt wetden sollten, waren überfüllt, auch Damen sah man in denselben in nicht uner heblicher Zahl, welche mit nicht weniger Aufregung wie die Männer der Verkündigung de» Endresulta tes entgegen sahen — ein bemerkenswerthes Zeichen der Bewegung der Gegenwart. Namentlich war in denjenigen Lokalen, in denen die antifortschritt- lichen Parteien sich versammelt hatten, die Span nung eine gewaltige. Und als nun das Resultat verkündet wurde, da brach trotz der Niederlage ein stürmisches Hurrah heraus, denn die starken Mim- ritäten, welche sich herausgestellt hatten, hatte man nicht erwartet. In einzelnen Lokalen dieser Partei halten sich auch FortschrittSleute eingefunden, als nur das ermittelte Resultat den Sieg der fortschritt lichen Candidaten verkündete, da stimmten diese ein Hurrah an, welches die Gegner nicht dulden wollten, so daß es schließlich zu Schlägereien tc., polizeiliHen Auflösungen kam. Und was in den Lökalen be gonnen, das pflanzte sich schließlich auf der Straße sott durch die man Haufenweis siegend und hurru- rufend zog. Uttter den Linden, in der Leipziger- und Friedrichsstraße kam es zu Volkssammlungen, zu Reibungen — schließlich zu Schlägereien, die das Einschreiten der Schutzmannschaft, auch der zu Pferde, zur Folge hatten und zu Verhaftungen 'in nicht ge ringer Menge führten. So endete der Wahltag in Berlin. Daß unter diesen Umständen schon jetzt mit Sicherheit anzunehmen ist, 'doch bei den bevorstehenden beiden Stichwahlen die Antifvrtschrittler für die Candidaten der Soctal- demokraten stimmen werden, ist zweifellos, dem der Haß gegen di, Fortschrittspartei -ist zu gewaltig. Ja man befürcht« sogar und nicht mit Unrecht, daß nunmehr der Kampf zwischen diesen Parteien erst recht entbrennen wird. Wenn man aber das Zahlenresultat der gestrigen Wahl demjenigen der Wahl vor drei Jahren gegen überstellt, dann stellt sich folgendes Ergebniß heraus: Die Fortschritts partei hat nur 3279 Stimmen gewonnen, die anti fortschrittlichen resp. conservativen 32,091 Stimmen, die Socialdemokraten haben sich in ihrem Stimm- verhältniß um 27,505 Stimmen vermindert. Das ist das hervorragende Ereigniß des Tages. "Waldenburg, 29. October 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Se. Maj. der Kaiser hat am Mittwoch persön lich Pathenstelle dei dem erstgeborenen Söhnchen feines Generals L 1s. Suitv, Generollieutenant Graf Lehndorff verrichtet. Als Pathen fungirten außer Sr. Majestät dem Kaiser, noch in Stellvertretung des Reichskanzlers Fürst Bismarck dessen Schwieger sohn, Legationsrath Graf Hellmuth v. Moltke, welche drei abwechselnd den Täufling hielten. Gleich nach Beendigung des DauMSs kehrt« S«. Majestät In da» Palais zurück. Se. Kaiser!.-und König!. Hoheit der Kronprinz ist aus Heinrichau, wohin derselbe von Breslau aus sich zum Besuch des Grobherzog« und de» Erz herzogin von Sachsen Weimar begeben Halle, wieder in Berlin eingetroffen.