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WMirM tmMül Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5V Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 1V Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Dienstag, den 18. October 1881. Bekanntmachung, die Reichstagswahl betreffend. Durch Kaiserliche Verordnung vom 31. August d. I. ist zur Vornahme der Neuwahlen für den Reichstag Donnerstag, der S7. October 1881 als Wahltag festgesetzt worden. Für die zum 17. Wahlkreis gehörige Stadt Waldenburg, welche einschließ lich der dazu gehörigen exemlen Grundstücke einen einzigen Wahlbezirk bildet, ist der Unterzeichnete als Wahlvorsteher und Herr Stadlrath List zu dessen Stellvertreter ernannt, ferner zum Wahllocal der hiesige Rathhaussaal be stimmt morden. Dies wird den hiesigen Wahlberechtigten mit dem Hinzufügen bekannt gemacht, daß die Wahlhandlung am obgedachtei. Tage um 10 Uhr Vormittags be ginnt und uni 6 Uhr Nachmittags geschlossen wird, sowie daß zur Theilnahme an der Wahl nur diejenigen zuzulassen sind, welche in der Wählerliste Auf nahme gefunden haben. Waldenburg, am 14. October 1881. Der Stadtrath. In Vertretung: Limmer, Stadtrath. Rr. Wiesen-Verpachtung. In der Chares'schen Restauration zu Altstadtwaldenburg soll Freitag, den 21. Oktober -. I., Vormittags 9 Uhr, der am 1. October d. I. pachtfrei gewordene Theil der vormals Hellmann'schen, nun herrschaftlichen Gutswiese in Altstadtwaldenburger Flur, an 5 Ack. 119 i !R., in mehreren Parzellen auf 10 Jahre, vom 1. October 1881 an gerechnet, unter den im Termin bekannt zu machenden Bedingungen, sowie mit Vorbehalt der herrschaftlichen Genehmigung zum Zuschläge, meistbietend verpachtet werden. Fürst!. Rentverwaltung Waldenburg, am 15. October 1881. — Letz. *Waldenburg, 17. October 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Nach dem „Wiener Fcemdenblatt" richtete Fürst Bismarck an die Baronin Hay merke von Varzin aus unterm 12. October folgendes Beileids-Tele gramm: „Genehmigen Sie gnädige Frau den Aus druck meiner herzlichsten Theilnahme und des eige nen Schmerzes, mit dem mich der unerwartete Ver lust eines persönlichen Freundes und eines zuver lässigen Kollegen und Mitarbeiters erfüllt." Der „Nationalztg." wird aus Paris geschrieben: „Paris beschäftigt sich augenblicklich sehr lebhaft mit der Zusammenkunft zwischen Gambetta und Bis marck und glaubt an sie". Gambetta hat sich übrigens nach Paris alle Mittheilungen deutscher Zeitungen, die über seine Reise im nördlichen, öst lichen und mittleren Deutschland erschienen sind, nachschicken lassen. Es scheint ihm sehr vielen Schmerz zu bereiten, wie man nach und nach die einzelnen Stationen seiner mysteriösen Rundreise entdeckt hat. Der „Hamb. Börsenhalle" geht eine von 38 der bedeutendsten Firmen in Melbourne und der Co- lonie Victoria unterzeichnete Erklärung zu, welche die Thätigkeit des deutschen Reichscommissars bei jener Ausstellung, Herrn Professor Reuleaux, einer außerordentlich scharfen Kritik unterzieht und ihm oormirft, die Interessen der deutschen In dustrie, sowie der Deutschen in Ausstralien über haupt in den verschiedensten Beziehungen schwer geschädigt zu haben Die Unterzeichner der Erklä rung verlangen, daß das Reichskanzleramt eine Untersuchung an Ort und Stelle anstrengen möge, um den Betheiligte» und Geschädigten Rechtfertigung und Genugthuung zu verschaffen. Die Erklärung schließt mit folgenden Sätzen: „Wir bedauern zu dieser Erklärung herausgefordert worden zu sein; doch können wir Herrn Professor Reuleaux hiesige Thätigkeit nicht als förderlich für den deutschen Handel mit Australien anerkennen; wir verurtheilen sein Auftreten 'n der hiesigen und deutschen Presse, und proieftiren gegen jede unberufene Einmischung di-ses Herrn, dem noch die Kenntniß der einfachsten Handelsprincipien und alle Menschenkenntniß ab gehen, in unsere geschäftlichen Beziehungen rc. Wir warnen die deutschen Industriellen vor jedem weite rer, Vertrauen in seine Berichte." Herr Reuleaux wird diesen schweren Anklagen gegenüber nicht schweigen dürfen. Gegenüber den tendenziösen Klagen über die Verschlechterung der Sitten und eine Vermeh rung der Verbrechen verdient das Urtheil her- vvrgehoben zu werden, das dieser Tage von berufener Seile über diese Angelegenheit gefällt worden ist. Der Strafanstalls-Director Krohne in Kassel führte auf der jüngst stattgehabten 6. Jahresversammlung des Nordwestdeutschen Vereins für das Gefängniß- wesen aus, daß, wenn hier nnd da eine unerheb liche Vermehrung der Verbrechen nachzuweifen sei, dies lediglich an dem Umstande liege, daß nach dem neuen Strafgesetzbuch mehr Vergehen bestraft wür den, als in früheren Zeilen. Im übrigen sei der Procenlsatz der Verbrechen seit Jahren ziemlich aus derselben Höhe geblieben und eine irgendwie be trächtliche Vermehrung derselben nicht nachweisbar. Rechnet man hierzu die Vermehrung der Bevölke rung, den immer schwieriger werdenden Kampf ums Dasein und die durch sophistische, wie philosophische Lehren in unklaren Köpfen und unedlen Herzen gleichsam groß gezogene Lebensverachtung, so muß man sich der leider noch immer von Vielen geleug neten Ansicht zuneigen, daß wir, wenn auch lang sam, aber dennoch sicher auf dem Wege der Ver edelung in Gesittung und Nächstenliebe vorwärts gehen. Die Wanderversammlung der württembergi- schen Gewerbevereine fand am 3. October in Stuttgart statt. Es waren in derselben 45 Gewerbe vereine des Landes vertreten. Die Verhandlungen begannen mit einer Debatte über das Jnnungs- wesen. Die Mehrheit war der Einführung von Innungen wenig geneigt und wollte die Institution der Gewerbevereine nicht aufgegeben wissen. Da gegen sprach man sich für den alsbaldigen Zusammen schluß der Gewerbevereine zu Gauverbänden mit gemeinschaftlichen Prüfungs-, Arbeitsnachweisungs- und Unterstützungsbureaux sowie für unverweilte all gemeine Durchführung der schriftlichen Lehrverträge und Lehrlingsprüfungen aus. Was diese letzte Frage anbelangt, so nahm die Versammlung einen Antrag an, der dahin geht: „die wttrttembergische Regierung möge bei der Neichsregierunq dahin wir ken, daß obligatorische Lehrlingsprüfungen eingeführt werden." Nach allen Berichten, welche bisher aus den Reichs landen über den muthmaßlichen Ausfall der Reichs tagswahlen vorliegen, ist soviel ersichtlich, daß die Regierung einen Erfolg dort nicht erzielen wird. Gleichwohl macht die Germanisation ruhige und stete Fortschritte. Auch die Franzosen können diese Thatsache nicht mehr leugnen und ein Corres- pondent des „Figaro" spricht sich darüber in ziem lich vorurtheilssreier Weise, wie folgt, aus: „Auf den Geschäftsanzeigen und Ladenschildern hat das Deutsche in Straßburg keine Fortschritte gemacht. Unglücklicherweise ist es nicht so mit der Sprache, die man allenthalben auf der Straße hört. Das Deutsche macht sich in unangenehmster Weise gel tend; die alte französische Bevölkerung wird in der ununterbrochen wachsenden deutschen Hochflut ersäuft. Die Option, die, wie man jetzt erkennt, ein schwerer Fehler war, hat das Elsaß seiner lebenskräftigsten Elemente beraubt, so daß heute, nach Verfluß von zehn Jahren, mit einer bereits deutschen Generation, mit bereits erwachsenen Kindern, die kein Französisch mehr wissen, die alten Leute und die reifen Män ner sich abends traurig an den Familientisch setzen, indem sie die übermenschlichen Anstrengungen er wägen, die sie machen müßten, um auf dem Weg des ewigen Protestes zu beharren und die Ihrigen von der Berührung mit den Preußen fern zu hal ten. Für kein Geld der Welt, nicht für zwanzig und vierzig Milliarden werden die Deutschen, das sieht man hier, das Elsaß herausgeben, das wenn möglich schon für deutscher gilt als die Pfalz oder Sachsen, Straßburg, eine neue Welt kolossaler Be festigungen, das uneinnehmbar gewordene Metz mit seinem furchtbaren Schachbrett. Die Straßburger sagen, wir werden niemals wieder Franzosen wer den, unseren Söhnen ist das vorbehalten; denn der Sturm, der den Zusammenbruch Deutschlands be wirken wird, braucht 60 Jahre, um sich vorzuberei ten, wie es von Jena nach Sedan 60 Jahre brauchte." Oesterreich. Baron Haymerle litt an einer Nierenkrank heit, welche auf die Brustorgane einmirkt. Er starb an einer Zerreißung der linken Herzkammer. Es wird hier und da behauptet, daß auch der Arger zur Verstärkung seiner Krankheit beigetragen habe. So wird der „W. Allg. Ztg." von diplomatischer Seite geschrieben: „Ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich annehme, daß das vorzeitige Ende des Ministers auch durch psychische (seelische) Ursachen herbeigesührt wurde. Hoymerle ist nach meiner Ansicht in jeder Bedeutung des Wortes an gebrochenem Herzen ge storben. In der nächsten Umgebung des Freiherrn war schon seit einiger Zeit die Rede davon, er fühle sich gekränkt und zurückgesetzt, von manchen wichtigen Vorgängen soll er erst aus den Zeitungen erfahren haben, so daß er annehmen zu dürfen glaubte, nicht mehr auf allen Seiten jenes Vertrauen zu besitzen, dessen er zur Führung seines Amtes bedurfte. Ge wiß war diese Annahme irrig, aber der Minister kränkte sich, und diese Kränkung hat wohl dazu bei- getragen, ihn allzu früh seinem Amte zu entreißen. Frankreich. In Tunis herrscht Ruhe, die Eingeborenen ver halten sich schweigsam und unterwürfig, es wird je doch fortwährend gefürchtet, daß irgend eine Unvor sichtigkeit Schrecken in der Bevölkerung verbreiten und zu großen Unordnungen führen könne. Aus diesem Grunde wurde die Besatzung von Tunis am 11. October um eine Abtheilung Infanterie und