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den Gesundheitszustand der französischen Truppen in Tunis und die Organisation des sanitären Dien stes strenge Untersuchung eingeleitet habe. Asien. Die Kometen sind für chinesische Gemächer noch gefährliche Dinger. Die offizielle „Pekinger Ztg." vom 31. Juli veröffentlicht ein Rundschreiben des chinesischen Ministers des Innern an die Statt halter der Provinzen, in welchem er dieselben auf den erschienenen neuen Stern „als den Verkünder des Zornes der Götter und den Vorboten von Krieg, Hungersnoth, Pest u. s. w." aufmerksam macht und sie daher ernstlich ermahnt, von nun an strenge Gerechtigkeit zu üben, die Armen nicht zu bedrücken und auch sonst das Volk milde zu behandeln, damit der Zorn des Himmels sich lege und der Unheil verkündende Komet baldigst wieder verschwinde. Amerika. Bekanntlich haben im Senate der Vereinigten Staaten die Demokraten die Majorität. Bei der Präsidentenwahl siegte denn auch die demokra tische Mehrheit wieder, indem der Demokrat Bayard mit 34 gegen 33 Stimmen zum Präsiden ten gewählt wurde. Aus dem Muldenthale. *Waldenvurg, 12. October. Mit gestern hat der hiesige Gewerbeverein seine Wintersitzungen begon nen. Die gestrige Versammlung wurde durch den Vorsitzenden, Herrn Wirlhschaftsdirector Or. Lamp recht, eröffnet; derselbe begrüßte zunächst 4 Gäste und machte dann folgende geschäftliche Mittheilungen: 1. sei im Laufe des vergangenen Sommers eine lebhafte Correspondenz mit der Handels- und Ge werbekammer zu Chemnitz geführt worden, und zwar in Bezug auf die Ausfüllung von Fragebogen, deren Beantwortung sich mehrere Vereinsmitglieder unter zogen hatten; 2. habe vor ungefähr 14 Tagen der Vorstand des städtischen Vereins zu Meerane eine Einladung zu einer Versammlung an den Vorstand des GewcrbevereinS erlassen, behufs Bildung eines Centralwahlcomitee's; an dieser Versammlung hätten auch mehrere Herren aus Hohenstein, Meerane, Glau chau theilgenommen und sei in derselben über die Auf stellung eines Reichstagscandidaten, wozu Herr Fabri kant Leuschner aus Glauchau vorgeschlagen wurde, berathen worden; zwar verböten dieStatuten des Ge werbevereins die Theilnahme au einerpolitischen Agita tion, aber da in der nächsten Reichßtagssession haupt sächlich gewerbliche Fragen zum Austrag kämen, habe der Ausschuß beschlossen, von Vereinswegen öffentlich auf diese Wahl aufmerksam zu machen; 3. habe am vergangenen Sonntag in Meerane die diesjährige Wanderversammlung benachbarter Ge- werbevereine stattgefunden, an welcher die Be- theiligung aus Waldenburg leider nur schwach ge wesen wäre. Darauf sprach Herr Lehrer Mauers berger aus Glauchau über die Kunst des Zahlen merkens. Der Herr Vortragende hatte auf die Ge- dächtnißkunst bezügliche Blätter, auf welchen u. A. eine Reihe geschichtlicher Daten, sowie die Potenzen von der 2 bis zur 100. Stelle verzeichnet waren, unter den Anwesenden verlheilt. Herr Mauersberger Feuilleton. Die Brandstifterin. Kriminalnovelle von Andro Kugo. (Fortsetzung.) Man hob die Leblose auf und wollte sie eben forttragen, als auch Kirchner auf der Treppe erschien und mit wirrem, wilden Blick einen Moment die Szene beobachtete. „Großer Gott, was ist hier wieder geschehen?" rief er. „Das sehen Sie doch", riefen mehrere Stimmen, „Feuer ist hier wieder angelegt, wir haben erst das Lauffeuer auf den Teppichen todt getreten, die Gardinen waren bereits angesteckt und verbrannt, als wir kamen." „Alice — Alice!" schrie Kirchner auf. Dann stürmte er nach der Stube, in der sein kleiner Sohn zu schreie» begann, nahm diesen auf den Arm und eilte mit ihm davon, nachdem er die Anwesenden gebeten hatte, seine Frau nach dem goldenen Ring zu tragen. In den leicht zündbaren Stoffen der Böticherwerk- stalt hatte das Feuer willkommene Nahrung. Da nun Feuerwehr und Leute überhaupt durch das Volksfest fehlten, so zehrte das gierige Element weiter und weiter und erfaßte sehr bald das Vor derhaus. Nachdem endlich die Feuerwehr in Thätig- keit treten konnte, vermochte sie ihre Kräfte nur dazu zu entfalten, die benachbarten Gebäude zu schützen und das Eichhart'sche Haus in sich zusam menbrennen zu lassen. hatte außerdem einen in der Gedächtnißkunst geüb ten Schüler aus Glauchau mitgebracht, an welchen er nach längerer Einleitung aus oben erwähn ten Verzeichnissen von den Anwesenden Anfragen stellen ließ, die derselbe zu voller Zufriedenheit beant wortete, obgleich bis zu 31-stellige Zahlen vorkamen. Sodann erklärte Herr Mauersberger die Technik des Zahlenmerkens: man setze an Stelle der Ziffern Consonanten oder Mitlauter, und zwar für 0 ein l oder z, 1 t und d, 2 n x, 2 m w, 4 r q, 4 s s sch, 6 b p, 7 f v, 8 h ch, 9 g k. Diese Conso nanten verbinde man zu Worten und Sätzen. Nach Schluß des seitens der Versammlung mit hohem Interesse verfolgten Vortrages wurden aus dem Kreise der Anwesenden noch mehrfache auf den Vortrag bezügliche Fragen an Herrn Mauersberger gerichtet, die dieser bereitwilligst beantwortete. Im Fragekasten war nichts enthalten. *— Wie wir hören, soll in den socialdemokra tischen Kreisen in Glauchau eine Zersplitterung ent standen sein, namentlich sprach man sich in der am Sonnabend stattgefundenen Sitzung der Weberin nung, wie uns mitgeiheilt wird, gegen die seitherige socialdemokratische Führerschaft aus. Es wäre blos zu wünschen, wenn sich in jenen Kreisen eine bessere Erkenntniß Bahn bräche. — Am 1. März d. I. wurde in Wilkau eine zweite Klöppelschule errichtet und jetzt am 1. d., wurde auch in Haßlau eine zweite solche Schule aufgethan. Daraus erhellt, wie sehr in der Zwickauer Gegend die Spitzenklöppelei im Aufschwung begrif fen ist. In Haßlau haben sich neuerdings allein 72 Schüleiinnen gemeldet. Atts dem Dachsen lande. — Infolge des jähen Todes des österreichischen Ministers des Aeußern, v. Haymerle, sind die kaiser lichen Gemsjagden in Steiermark früher als beab sichtigt war, abgebrochen worden. Daher trifft auch S. M. der König Albert bereits am 12. d. von dort über Wien kommend in Dresden ein. Der König trifft seine erlauchte Gemahlin noch ein wenig an einer Erkältung leidend an, welche die hohe Frau seit Sonntag bereits geplagt hat. Da die Grippe einen normalen Verlauf hatte, trug die Königin große Sorge, daß keine Kunde von der Erkrankung nach Steiermark gelangte und ihren hohen Gemahl beunruhige. — Nach den anläßlich des Parteitages der Con- servativen Sachsens vom Vorsitzenden des „conser- vativen Vereins sür das Königreich Sachsen" Baron von Fink Nöthnitz gemachten Mittheilungen sind die conservativen Candidaturen für die bevorstehende Reichstagswahl die folgenden: I. Wahlkreis (Zittau- Ostrau) Regierungsrath Or. Wäntig-Drcsden, II. (Löbau-Herrnhut) Landgerichtsdirector vr. Wiesand- Bautzen, III. (Bautzen-Kamenz) Rittergutsbesitzer Reich-Biehla, IV. (Dresden r. d. Elbe) General staatsanwalt Ov. v. Schwarze, V. (Dresden l. d. Elbe) Oberbürgermeister vr. Stübel (Compromiß), VI. (Gerichtsamtsbezirke Dresden, Wilsdruff u. s. w.) Hofrath Ackermann-Dresden, VII. (Meißen) Prof. Richter-Tharandt, VIII. (Pirna) Geh. Re- Der anbrechende Morgen beleuchtete die rauchende und kohlende Trümmerstätle, auf der geschäftige Hände damit beschäftigt, die Träger des Feuers zu entfernen. In der Stadt selbst herrschte Bestürzung, da die zwei Feuer so rasch aufeinander gefolgt waren. Noch war kein Jahr seit dem letzten Brande ver gangen, während früher manchmal Jahrzehnte lang das Element sich nicht fessellos gezeigt hatte. Dieser peinliche Eindruck wurde noch dadurch erhöht, daß man während der Nacht unter dem Schutt einer eingestürzten Esse den Leichnam eines fremden Mannes mit eingeschlagener Hirnschale auf gefunden hatte. Beinahe hätte der Einsturz noch einem andern Menschen, dem ersten Hausknechte des Gasthofes, das Leben gekostet, denn auch er halte sich auf dem Boden in der Nähe des Schornsteins befunden und war von den zusammenbrechenden Dachsparren gestreift worden, so daß er verbunden werden und heute das Bett hüten mußte. Im Kreisgericht herrschte außerordentliche Thätigkeit. Die Persönlichkeit des Erschlagenen konnte nicht festgestellt werden, da derselbe keinerlei Papiere mit sich führte. Der Obductionsbefund äußerte sich da hin, daß jedenfalls ein aus bedeutender Höhe herabge fallener Ziegelstein mit seiner Kante oder sonst ein Gegenstand mit scharfer Kante die Gehirndecke des Unbekannten zertrümmert habe. Die Hauptthätigkeit bestand nun darin, die Details der Brandstiftung, denn eine solche mußte vorliegen, festzustellen. Natürlich mußte sich der Verdacht zunächst auf die Kirchner'schen Eheleute lenken. Sie allein waren gierungsrath Amtshauptmann von Ehcenstein, IX. (Freiberg) noch unentschieden, X. (Waldheim- Döbeln) Präsident von Zehmen-Stauchitz, XI. (Oschatz) Günther-Saalhausen, XII. (Stadt Leipzig) — XIII. (Gerichtsamtsbezirke Leipzig) Dietze- Pommsen (Compromiß), XIV. (Borna) vr. Frege- Abtnaundorf, XV. (Frankenberg-Mittweida) Fabrik besitzer Voigtländer-Tetzner-Schweizerthal, XVI. (Chemnitz) Commerzienrath Hecker (Compromiß), XVII. (Glauchau) Rittergutsbesitzer Fabrikant Leuschner, XVIII. (Zwickau) Commerzienrath Kürzel-Crimmitschau, XIX. (Stollberg-Schneeberg) Kohlenwerks- uno Rittergutsbesitzer Ebert, XX. (Zschopau-Marienberg) Fabrikbesitzer David Schül ler-Venusberg, XXI. (Annaberg) noch unentschie den, XXII. (Reichenbach) Fabrikbesitzer Niet- Hammer-Kriebstein (Compromiß), XXIII. (Plauen) Staatsanwalt vr. Hartmann-Plauen. Für den IX. Wahlbezirk (Freiberg) ist nach seitdem einge gangenen Nachrichten conservativerseits der frühere Candidat Herr von Oehlschlägel-Oberlangenau wieder aufgestelllt und hat derselbe das Mandat angenommen. — Die Firma Bernhard Wyprecht L Co. in Rotterdam (Wynstraat 98 u. 100), über deren schwindelhaftes Treiven wir jüngst berichteten, scheint an vielen Orten des deutschen Vaterlandes ein leicht gläubiges Publikum gefunden zu haben. Aus Dresden, Plauen i. V., Annaberg, Gera, Eisenberg, Kassel u. s. w. liegen bereits Meldungen vor, aus welchen hervorgeht, daß auch von dort aus Bestel lungen auf Kaffee, Thee rc. bei jener Firma gemacht und die Beträge dafür baar eingesandt worden sind, daß man aber die Waaren vergeblich erwartet hat. Auf Nachfrage eines Dresdner Geschädigten ist die betreffende Postkarte mit dem amtlichen Vermerk zurückgekommen, daß Bernhard Wyprecht nach Lon don verzogen sei. — Im Hochverrathsprozeß beim Reichsgericht zu Leipzig wurde am 11. d. die Vernehmung der An geklagten der Gruppe Frankfurt-Darmstadt-Beffun- gen beenvigt. Die meisten leugneten die hochver- rütherischen Unternehmungen und gaben nur in Be zug aus die Verbreitung der „Freiheit" und ähn licher Schriften die Angabe der Anklage zu. Der Angeklagte Dittrich (Bessungen) machte umfassende Geständnisse. Sehr gravirend für die Angeklagten ist die Entdeckung von Kassibern. — Ein abscheulicher Vater wurde dieser Tage in Chemnitz zu 8 Monaten Gefängniß verurtheilt. Dieser Mensch, der 24 Jahre alte verheirathete Schuhmacher A. H. Schubert in Neukirchen wurde in der Nacht zum 8. April c. durch das Schreien seines halbjährigen Kindes aus dem Schlafe aufge weckt. Darüber in Wuth gekommen, hat er das Kind auf scheußliche Weise mißhandelt, es der Mutter, die es schützen wollte, entrissen, in die Wiege hinein geworfen, und da es natürlich erst recht schrie, es sogar auf die Diele geschleudert; endlich hat er die Medicin, welche die Mutter dem Kinde tropfenweise zur Beruhigung reichte, gewaltsam gleich aus der Flasche in den Mund gegossen, wobei er sagte: Da hast Du was, vielleicht thust Du nun die Angen nicht mehr auf. Die Mutter hatte sich damals so- im Hause geblieben, während alle anderen Be wohner nach dem Volksfeste geeilt waren. Kirchner mußte zugeben, daß er kaum eine halbe Stunde vor Ausbruch des Brandes noch im Hause gewesen war. Nach seiner Angabe wollte er nach der ***er Brauerei gegangen sein, aber auf dem Wege dahin Nie mand getroffen haben. Die Brauerei selbst sei ver schlossen gewesen und habe er angenommen, daß Gäste in dem Restaurationslokal nicht anzutreffen seien, weshalb er de» Rückweg wieder eingeschlagen und auf diesem das ausgehende Feuer erst bemerkt hätte. Durch verschiedene Personen konnte festgs- stellt werden, daß er keuchend und springend auf dem Wege nach der Stadt angetroffen worden sei. Konnte aber das Feuer nicht vor dem Verlassen der Wohnung bereits gelegt gewesen sein. Um eine eventuell weitere Verständigung mit seiner Frau zur Unmöglichkeit zu machen, ordnete der Land- gerichtsrath die sofortige Haft Kirchners an. Gebrochen und wie vernichtet ließ sich Kirchner von dem Gefangenwärter nach dem Gefängnißlokal bringen. Das Verhängniß schwebte über ihm und er fand nicht die Kraft, die auf ihn einstürmenden Schicksalsschläge mit trotzigem Muthe zu tragen. Frau Kirchner wurde, da sie wie im Irrsinn redete, vorläufig nach dem städtischen Krankenhause in einer Jsolirzelle untergebracht und genau beobach tet. Ihr einziges Verlangen war nach ihrem Kinde, sonst schien sie für nichts Sinn zu haben. Leider konnte der strenge Gesetzesparagraph ihr diese Vergünstigung nicht bringen und so mußte sie allein in der Zelle verbleiben. Was fragt der Buchstabe des Gesetzes nach menschlichen Gefühlen? (Fortsetzung folgt.)