Volltext Seite (XML)
WulmM Tagä'Iaü Dienstag, den 25. October 1881 247 In pflichtschuldiger Zoll des Dankes, solche Leistungen immer wieder dem Dunkel zu entreißen, in das sie sich sonst zu verlieren drohen. "Waldenburg, 24. October 1881. Politische Rundschau. Jahre nicht werven einführen können." Im klebrigen spricht sich Fürst Bismarck in diesem Schrei ben sehr energisch für das Monopol aus. Also bloß einige Jahre Frist wollte der Kanzler der Tabakin dustrie gewähren! Damit harmonirt sehr wohl fol gende osficiöse Nachricht aus unserer Zeit: Aus mancherlei Anzeigen wollte man schließen, daß die Vorlage betreffs des Tabakmonopols nicht so bald zu erwarten stünde. Wir hören, daß man trotz der umfangreichen Arbeiten, die zu bewältigen sind, mit Bestimmtheit auf das Erscheinen der Vorlage in der Frühjahrssession des Reichstags rechnen kann. Zu den zahlreichen Stimmen aus dem conser- vativen Lager, die sich gegen das Tabaksmonopol erklären, gesellt sich auch die des freiconservativen Professors Richter in Tharandt, Abgeordneter für Meißen. Derselbe sagt in einer Candidatenrede: „Gern bereit, die Wirthschastspolitik des Fürsten Reichskanzlers zu unterstützen, so weit cs sich um den Schutz der nationalen Arbeit, die Förderung und Verbesserung des Gewerbewesens und namentlich des Handwerkerstandes, der Landwirlhschaft und des Handels handelt, kann ich jedoch hinsichtlich des Tabaksmonopols jetzt versichern, daß ich ein Gegner desselben bin, weil dadurch eine große Anzahl von Leuten brodlos wird, die man nicht entschädigen kann, wenn das Monopol wirklich einträglich werden soll. So lange die Frage der Entschädigung und die Frage, was mit den Leuten werden soll, nicht genügend gelöst ist, kann ich nicht für das Monopol, für die Beseitigung einer gesund entwickelten In dustrie stimmen. Derartige Monopole führt man entweder in Zeiten großer Noth, wo Opfer gefordert werden müssen, um den Staat zu erhalten, oder in Zei ten der größten Nachfrage nach Arbeit, wo alle Berufs classen, die brodlos werden, gleich wieder Arbeit und Verdienst finden, ein. Solche Zeiten sind jetzt nicht und deshalb gebietet mir die im politischen Leben mehr wie anderswo so nothwendige Ansicht, sich nicht für ein Project zu engagiren, dessen Um fang und Tragweite sich gar nicht übersehen läßt." Der Etat für die Verwaltung der kaiserli chen Marine für 1882/83 beziffert die Einnahmen auf 410,645 M. mehr als im Vorjahre, die fort dauernden Ausgaben auf 28,465,856 M-, 947,590 Mk. mehr als im Vorjahre und die einmaligen Ausgaben auf 8,728,800 Mk., 2,644,758 M. weniger als im Vorjahre. Aus der Vergleichung der neuesten statistischen Aufstellungen über Arbeiterverhältnisse (vom 1. April und 1. Juli d. I.) ergeben sich folgende Resultate. Danach hat der Wochenlohn im 2. Quartale dieses Jahres wiederum fast durchgängig eine, wenn auch nicht sehr bedeutende Verbesse rung erfahren; die Lohnverbesserung tritt auch her vor, wenn man die längere Arbeitszeit der Sommer tage in Betracht zieht. Es erhielten nämlich auf die Arbeitsstunde: Im Baugewerbe: Poliere im 1. Quartal 30,5 Pf., im 2. Quartal desgl., Gesellen 22,6 Pf. bezw. 22,8 Pf., Handlanger 15,9 Pf. bezw. 16,2 Pf.; im Kleingewerbe: Schreiner 21 Pf. bezw. 21,3 Pf., Schlosser 21 Pf. bezw. 20,9 Pf., Schneider 18,5 Pf. bezw. 19 Pf., Schuster 16,2 in beiden Quartalen. In der Fabrikindustrie: Maschinenschlosser 24,3 Pf. bezw. 24,7 Pf., Maschi nenweber 17,8 Pf. bezw. 16,8 Pf., Wollspinner 20 Pf. bezw. 18,9 Pf., sonstige gelernte Fabrik arbeiter 24,4 Pf. bezw. 23,5 Pf.; im Tagelohn: Fabriktagelöhner 17 Pf. bezw. 16,3 Pf., Garlen- tagelöhner 16,2 Pf. und Feldtagelöhner 15,3 Pf. in beiden Quartalen. Die wieder aufgenommcnen Verhandlungen, betreffend den Zollanschtuß Bremens, nehmen trotz der vielfach lokalen Detail-Schwierigkeiten einen fehr günstigen Fortgang, so daß der Abschluß des Vertrags noch für dieses Jahr mit Bestimmt heit zu erwarten ist. Unter den Industriezweigen, welchen auf dem als Freihafengebiet verbleibenden Territorium der fernere Betrieb gestattet werden soll, ist auch die für den Erport nach dem Auslande arbeitende Cigarrenfabrikation aufgeführt. Der Reichszuschuß zu der Erbauung der nothwendig werdenden Entrepot- und sonstigen Anlagen wird im Maximum auf dreißig Millionen Mark festgefetzt werden. Der nat.-lib. „Schwäbische Merkur" schreibt „zur Wahlbewegung": Der Feldzug für die Reichstags wahlen geht seinem Ende enrgegsn. Ec bot im Allgemeinen das Bild einer übermäßigen Zersplit terung der Parteien. Man hätte wünschen mögen, daß die für eine gesunde Weiterentwicklung unserer Zustände so erwünschte, vielfach auch wirk lich angestrebte Annäherung der gemäßigten Parteien einen breiteren Boden gefunden hätte. Aber der Störenfriede, die das nicht wollen, sind es zu viele. Besonders in Norddeutschland wurde denen, die auf eine Annäherung der gemäßigt Conservativen und der gemäßigt Liberalen und damit aus die Verwirk lichung eines alten gesunden, darum auch immer wieder auftretenden politischen Gedankens, der Bil dung einer starken Miltelpartei, hinarbeiten, ihr Vorhaben wirklich schwer gemacht. Kaum war irgendwo ein gemeinsamer Candidat der Freicon servativen und Nationalliberalen aufgestellt, da kamen die „entschiedenen Liberalen" herbei, unv ein Fortschritlsmann oder ein Secessionist fühlte sich gedrungen, sich als zweiten Bewerber anzubieten. Dem Fortschritt ist solches Gebühren am Ende nicht zu verübeln, er lebt ja davon, nichts Gutes und Maßvolles zu Stande kommen zu lassen. Aber daß daneben noch eine liberale Parteifärbung existi- ren muß, das ist und bleibt verwunderlich. Es geht nichts über die Logik der Secession." Die am 22. d. stattgefundene Generalversamm lung der Cottbus-Großenhainer Eisenbahn hat den Verkauf genehmigt. Oesterreich. Die hochofficiöse Montagsrevue meldet, die Er nennung des Grafen Kalnoky, jetzigen öster reichischen Botschafters am russischen Hofe, zum Minister des Auswärtigen gelte nach Schluß der Delegationen als sicher. König Humbert langt am Donnerstag Morgen in Pontesa an, wo derselbe von dem Grafen Wile- zek und Graf August Bellegarde begrüßt wird. König Humbert dinirt in St. Michael an der Rudolfs-Bahn, kommt abends 8 Uhr in Wien an, wo derselbe auf dem Bahnhofe von dem Kaiser und der Kaiserin empfangen wird. Am Montag reist König Humbert nach Italien zurück. In italieni schen Botschaftskreisen wird versichert, daß über die Fortsetzung der Reise nach Berlin noch kein Be schluß gefaßt sei. Die „N. Fr. Pr." spricht von der Ausdehnung der Reise nach St. Petersburg; das ist entschieden falsch. D'e Königin von Italien begleitet den König nach Wien. "Waldenburg, 24. October 1881. Leistung und Gegenleistung. Im .Schwäbisch » Merkur," einem Hauptorgan der nationalliberaleu Partei Süddeutschlands, war vor einiger Zeit, wie man vermulhel von einem bekannten Professor der Geschichte, folgende Bilanz zwischen den Leistungen Bismarck's und denen der Fortschrittspartei gezogen worden. Conto Bismarck's. Der Mann, dem von der Fortschrittspartei „Fort mit Bismarck" entgegenge rufen wird, hat die Herzogthümer Schleswig-Holstein- Lauenburg wieder an Deutschland gebracht, ui Verbindung mit der Armee den unseligen Dualismus aufgesoben und den Norddeutschen Bund gegründet, nach Niederwerfung Frankreichs und nach Besetzung Elsaß-LothringenS das deutsche Reich aufgerichlet, durch eine Reihe von Gesetzen und Maßregeln für die Sicherheit des Reiches und den inneren Ausbau desselben gesorgt, seit dem Jahre 1871 den Frieden für Deutschland erhalten, dem Reiche feste Allianzen verschafft, die deutschen Interessen im Auslande kräftig gewahrt, für jede Rechtsverletzung durch energische Noten oder durch Absendung von Kriegs schiffen Genugthuung gefordert, die schwierigen wirth- schaftlichen Verhältnisse des Reiches durch Vorlegung des neuen Zolltarifenlwurfs verbessert rc. rc. Conto der Fortschrittspartei. Die Fortschritts partei würde sich etwa folgender Leistungen rühmen können: „Wir haben 1866 die Jndemnitätsvorlage zurückgewiesen, weil wir keine Versöhnung mit der Regierung wollten, mit der in stetem Kriege zu leben in unserem Interesse ist; wir haben 1867 den Entwurf einer norddeutschen Verfassung abgelehnt, weil diese zwar sehr practisch abgefaßt, aber nicht streng nach den Regeln des Fortschritts durchgeführt ist und selbst ein einziger Paragraph uns weit höher steht, als Verfassung und Reich. Wir haben 1870 den Adressensturm gegen das Kriegsdienstgesetz in Scene gesetzt, nicht als ob wir die Trefflichkeit dieses Gesetzes verkannt hätten, sondern weil wir durch unsere Vorschläge das süddeutsche Militär geringer und dadurch die Allianzverträge werthlos machen wollten; wir haben 1874 und 1880 gegen das Reichsmilitärgesetz gestimmt, weil es uns weit wich tiger ist, durch jährliche Berathung unseres Heeres budgets unsere parlamentarische Gewalt zu zeigen, als durch Aufhebung unseres Rechtes der jährlichen Bewilligung eine den Franzosen an Quantität und an Qualität gewachsene oder gar überlegene Armee zu besitzen; wir haben 1876 die neuen Justizgesetze verworfen, weil uns die zwei Paragraphen über Preßvergehen und Zeugnißzwang nicht gefielen; wir haben 1880 den Volkswirthschaftsrath bekämpft, weil wir nicht das Aufkommen einer Concurrenz dulden konnten, durch welche unsere Parteisucht ans Licht gezogen wird; wir haben die Samoavor- lage niedergestimmt, weil wir uns zum Grundsatz gemacht haben, Alles, was von der Regierung aus geht, ohne uns lange über dessen Werth den Kopf zu zerbrechen, zu verwerfen rc. rc. Und doch stehen trotz aller dieser glänzenden Leistungen unsere Actien schlecht genug." So unser grimmer Schwabe. Wir finden jedoch in dem Verzeichniß eine große Leistung nicht ange merkt. Es ist das folgender Satz Eugen Richter'«: „Deutschland wird nicht eher zur Ruhe kommen, als bis dieses Regierungssystem des Reichskanzlers auf gehört hat. Man weiß es bereits in weiten Krei sen Deutschlands, nicht eher wirv es besser werden, als bis der Reichskanzler überhaupt zu regieren aufgehört hat" — und, „bis Herr Eugen Richter statt seiner an die Reihe gekommen sein wird", so fügt das „L. T." hinzu. Es ist doch nur ein Deutsches Reich. einem jetzt veröffentlichten Schreiben vom Januar 1879 an den früheren Minister Herrn Hobrecht sagt Fürst Bismarck: „Ich bin milEw. rc. der Meinung, daß wir das Monopol in diesem Und Der Abonnementspreis betrügt vierteljühr- Waldenburger Anzeiger. L-MW-M - »NN -Ml-raten für die nächster- Inserate pro Zeile 10 Pf., unt-r UL NuLr bis Mittags 12 Uhr Eingesandt 2° Pf. des vorhergehenden TageS. —— Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg.