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WnlmiM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der,Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und , Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementsprsis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colportsure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Mittwoch, den 28. September 1881. Die Einkommensteuer und die Ablösungsrenten auf den 3. diesjährigen Termin sind den 30 dieses Mana.« di- Mit dem 1. October beginnt ein neues Abonnement auf das „Schönburger Tageblatt." Neue Abonnements wolle man rechtzeitig bewirken. Neu eintretende Abonnen ten erhalten auf Verlangen, soweit der Vorrath reicht, den Anfang der Erzählungen: „Die Brandstifterin" und „Schloss Schwarzencck" gratis nachgeliefert. Redaktion und Expedition des Schönbnrger Tageblattes. ^Waldenburg, 27. September 1881. Ein Handwerker-Wahlprogramm. Wir haben an dieser Stelle bereits einiger Wahl programme Erwähnung gethan, welche Zeugniß geben von der tiefgehenden Bewegung, die gegen wärtig im deutschen Volke Platz gegriffen hat. Der Vollständigkeit wegen geben wir heule abermals ein Wahlprogramm wieder, welches der Handwerkerver band in Hagen, dem langjährigen Wahlkreise des Fortschrittslichtes Eugen Richter, erlassen hat. Der selbe lautet: Handwerker und Arbeiter! Wer von Euch mit offenen Augen um sich schaut, dem kann nicht ent gangen sein, daß der Handwerker- und Arbeiterstand sich in einer schweren Nothlage befindet. Daran seid Ihr selbst mitschuldig! Denn während alle anderen Stünde für ihre Interessen sorgten, haben die Handwerker und die Arbeiter das entweder gar nicht oder in unrichtiger Weise gethan. Im Reichs tage und im Abgeordnetenhaus sitzen fast lauter Juristen und andere Gelehrte, von denen selten einer weiß, wie es bei dem Handwerker und Arbeiter aussieht; der Handwerker- und Arbeiterstand sind fast gar nicht vertreten. Die Leiden des Handwerker- und Arbeiterstandes sind so schwer, daß diese Stände und mit ihnen der Staal, dessen stärkste Stütze sie sind, zu Grunde gehen müssen, wenn nicht bald Abhülfe geschaffen wird. Darum ist es Pflicht aller Handwerker und Arbeiter, endlich einmal kräftig einzustehen für ihre eigenen Interessen, es ist Pflicht des Staates und aller Vaterlandsfreunde, Millionen kräftiger Staats bürger vor dem Untergänge zu bewahren. Welche Uebel den Stand im allgemeinen und den Handwerker- und den Arbeiterstand im besonderen schädigen und wie sie bekämpft werden müssen, liegt klar auf der Hand. Diese Uebel sind allgemeiner und besonderer Natur. Zu den Uebeln allgemeiner Natur gehört in erster Linie die wirthschaftliche Nothlage. Gegen das Uebergewicht, das die unter günstigen Verhält nissen arbeitende Industrie des Auslandes hat, muß die Industrie des Inlandes durch entsprechende Zölle geschützt sein. Wo das nicht dec Fall ist, da kön ne» die Commissionäre die Groß-Industrie wie die Klein-J»dustrie bis auf das Blut drücken und die Preise so herabsetzen, daß kein Arbeitgeber etwas verdienen kann. Wo aber der Arbeitgeber nichts verdient, da verdient auch der Arbeiter nichts, das gilt für die Industrie wie für das Handwerk und für die Landwirthschaft. Sie alle müssen vor der Ausbeutung durch die Commissionäre geschützt werden. Andererseits dürfen nothwendige Lebens mittel nicht durch allzuhohe Zölle vertheucrt werden. Die weniger Besitzenden müssen durch hohe Steuern auf Luxusgegenstände entlastet werden. Die an manchen Orten fast unerträgliche Last der Commu- nalsteuern muß durch Uebertragung der Schullast und der Armenlast auf den Staat gleichmäßiger ver theilt und für die einzelnen Communen weniger drückend gemacht werden. Die Zuchthausarbeit ist so zu reformiren, daß die Handwerker dadurch nicht ge schädigt werden. Dem Börsenschwindel, der das Volk sittlich und materiell ruinirt, muß durch eine nach dem Umsatz bemessene Börsensteuer gewehrt werden, wie dem Wucher, der viele Landwirthe und Handwerker an den Bettelstab gebracht hat. Der Culturkampf, der unser Vaterland so schwer ge schädigt hat, muß dadurch, daß beide, Staat und Kirche, Concessionen machen, zu Ende geführt werden. Jedermann muß freie Religionsübung sicher ge stellt werden, dem Staate muß die christliche Grund lage, auf der er zu seiner Macht und Bedeutung gelangt ist, erhalten werden. Dies sind die For derungen, deren Erfüllung uns für das Wohl des Staates im Allgemeinen nothwendig erscheint. Für den Handwerkerstand im Besonderen fordern wir: 1) Wiedereinführung eines geordneten Lehrlings wesens durch Lehrzeit und Befähigungsnachweis; 2) Einführung von Beschäftigungsnachweisen für Gesellen über ordnungsmäßige Lösung der Arbeitsverhältnsse; 3) Einrichtungen, welche es jedem Gewerbetreiben den ermöglichen, seine Befähigung zum selb ständigen Betriebe nachzuweisen. Bildung von Prüfungs-Commissionen unter staatlicher Con- trole für diejenigen Gewerbe, deren Betrieb mit Gemeingefahr verbunden ist; 4) Errichtung von gewerblichen Vereinigungen mit korporativen, gesetzlich abzugrenzenden Rechten und Pflichten (Innungen); 5) Bildung selbständiger Gewerbekammern neben den bestehenden Handelskammern. Für den Arbeiterstand im besondern fordern wir: 1) Versicherung der Arbeiter, welche ihnen bei allen Unfällen absolute Sicherheit der Ent schädigung gewährt, ohne daß sie nöthig haben, ihr gutes Recht durch kostspielige Processe zu erkämpfen; 2) Einrichtung von Versorgungskassen, welche dem bei der Arbeit alt und schwach gewordenen Arbeiter einen sorgenfreien Lebensabend ge währen. Wer mit einer oder der andern dieser Forderungen nicht einverstanden ist, der möge bedenken, wie schwierig es ist, alle Köpfe unter einen Hut zu bringen, wie es aber andererseits für uns in aller erster Reihe nothwendig ist, einig zu sein, damit wir überhaupt etwas zu Stande bringen. Allzu lange haben sich Handwerker und Arbeiter von den verschiedenen politischen Parteien, die nur ihre eigenen Ziele verfolgten, am Gängelbande führen lassen. Wir sind nicht konservativ, nicht nationalliberal, nicht ultramontan und nicht fortschrittlich, wir sind Handwerker und Arbeiter. Angehörige zweier Stände, die sich in der schwersten Noth befinden und zu Grunde gehen, wenn sie nicht selbst für sich einstehen. Wir kämpfen für eine gute Sache, welcher zuletzt der Sieg werden muß und werden wird! *Waldenburg, 27. September 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, der sich gegenwärtig in Baden- Baden aufhält, arbeitet viel und unternimmt nach mittags Spazierfahrten; am 27. d. früh 9 Uhr wollte sich derselbe nach Stuttgart begeben, wo Familiendejeuner beim König, sodann Besuch der Ausstellung statlfinden soll. Am Mittwoch wohnt Se. Majestät dem Volksfest in Cannstatt bei. Herr v. Schlözer, der in Rom die kirchenpoli tischen Verhandlungen einleitete, hat sich nach Washington zurückbegeben, wo er, vorausgesetzt, daß der preußische Landtag die Errichtung einer Ge sandtschaft beim päpstlichen Stuhle genehmigt, sein Abberufungsschreiben abliefect und im December seinen neuen Posten in Rom antritt. Der Kaiser Hal Herrn v. Schlözer vor seiner Abreise telegra phisch beauftragen lassen, den Hinterbliebenen des Präsidenten Garfield seine tiefste Theilnahme aus drücken. Ein bestimmtes Abkommen zwischen Preu ßen und dem Vatikan ist z. Z. noch gar nicht ge troffen. Man hat sich gegenseitig nur sondirl, wie weit man event. einander nachgeben wolle. Es wird indeß bestimmt versichert, daß Leo XIII. für die Herstellung des Friedens auf das Eifrigste eintrete. Das unterirdische Reichs-Telegraphennetz ist jetzt fertig gestellt worden; es verbindet 221 Städte mit einander und reicht von Königsberg bis nach Straßburg, von Breslau bis nach Emden, von Thorn bis »ach Aachen. Die Legung sämmtlicher Kabelstrecken hat einen Zeitaufwand von nahezu 58 Monaten und an Geldmitteln im Ganzen die Summe von rund 30,200,000 Mk. in Anspruch genommen. Die Gesammtlänge der Kabel beträgt 5,463,950 Kilometer, diejenige der in den Kabeln enthaltenen Leitungen 37,372,871 Kilometer; von den 23 Linien, die gelegt wurden, haben nämlich 18 Linien sieben aderige und 5 Linien vieraderige Kabel. Jedes Kabelstück hat eine Länge von I Meter, und zur Herstellung der Verbindungen waren im Ganzen 5481 Verlöthungen erforderlich. In Flüsse sind 70 Kabelstücke eingesenkt worden. Der neue Bischof von Trier, Korum, hat einen Hirtenbrief erlassen; derselbe ist in durchaus fried lichem Sinne gehalten und betont das Widerstreben Korum, die Verantwortlichkeit einer Stellung als Bischof in Preußen zu übernehmen; er sei aber dem Befehl des Papstes nachgekommen. Der Hirtenbrief wünscht den Diöcesanen Gnade und Frieden. Die feierliche Inthronisation hat am 25. d. stattgefunden. Die Stadt Trier war abends theilweise illuminirt. Die Antisemiten von Berlin lassen zum jetzi gen Quartalswechsel in vielen hunderttausend Exem plaren kleine Zettel auf den Straßen auötheilen mit folgendem Aufrufe: „Deutsche Mitbürger! Der Quartalwechsel steht vor der Thür. Wollt Ihr noch länger unsere Feinde mit dem Lohne Eurer redlichen Arbeit unterstützen? Schafft die Juden blätter ab! Für die Interessen des Judenthums schreiben: „Berliner Tageblatt", „National-Zeltung", „Tribüne", „Vossilche Zeitung", „Volkszeitung", „Montagszeitung", und Montagsblatt", „Börsen- Courier", „Berliner Börsenzeitung", „Kladdera datsch", „Ulk", „Wespen". Unabhängig von jüdi schem Einfluß sind: „Deutsches Tageblatt", „Der Reichsbote", „Die Post", „Staatsbürger-Zeitung", „Nordd. Allgemeine Zeitung", „Neue preußische Kreuzzeitung", „Berliner Fremdenblatt", „Neue Börsenzeitung", „Tie Wahrheit", „Schalk", „Flie gende Blätter", „Der Staatssocialist", „Berliner Ostend-Zeitung", „Der Reichsherold", „Der Hallesche j Thorbole", „Innung", „Kullurkämpfer". Und nun