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halb 50 Jahren angenommen. Also auch nach dieser Richtung stimmt das Exempel. In Wahrheit kann man sich der Ueberzeugung, daß auf dem Wege des Monopols der Tabak ohne Mehrbelastung der Rau cher erhebliche Summen für gemeinnützige Zwecke abwerfen kann, auch im liberalen oppositionellen Lager nicht verschließen. Die Stimmen für be dingungsweise Annahme desselben mehren sich selbst in der gegnerischen Presse; auch unter den National- liberalen gewinnt das Monopol, nach ven Aeußerungen der „Kölnischen Zeitung" zu schließen, an Boden. Kurz, die Chancen des Tabaksmonopols sind seit 1878 stark gestiegen und der Erfolg ist recht wohl denkbar." Der beste Beweis, daß der Tabak etwas Erkleckliches einbringt, sind die reichen Tabakfabrikan ten. Die deutschen Raucher haben durchaus kein Interesse daran, die Fabrikanten reich zu rauchen; Dieser kolossale Verdienst kann dem Staat ganz schön zu Gute kommen. Die officiöse „Prov.-Corr." enthält in Betreff der Auseinandersetzung zwischen der deut schen Reichsregierung und der Curie folgenden bemerkenswerthen Artikel: Die Grundlagen, aus welchen der Staat seine Rechtsansprüche gegenüber der katholischen Kirche vertreten und auf dem Wege der Gesetzgebung zur Geltung gebrach! hat, stehen heute wie damals fest und sind durch die Versuche zur Verständigung nicht erschüttert worden. Anderer seits hat der Staat nicht die Erwartung gehegt, daß die katholische Kirche auf die nach ihrer Auf fassung unveräußerlichen Grundsätze ausdrücklich verzichten werde. Als unser Kaiser von Frevler- Hand verwundet darniederlag, hat unser Kronprinz in Stellvertretung seines Vaters in einem Schreiben an den Papst erklärt und anerkannt, daß es nicht in des Kaisers und vielleicht auch nicht in des Papstes Macht stehe, „jetzt einen Principienstreit zu schlichten, der seit einem Jahrtausend in der Geschichte Deutschlands sich mehr als in der anderer Länder fühl bar gemacht Hal". Zugleich aber erklärte der Kronprinz sich bereit, „die Schwierigkeiten, welche sich aus diesem von den Vorfahren überkommenen Conflicte für beide Theile ergeben, in dem Geiste der Liebe zum Frie den und der Versöhnlichkeit zu behandeln, welcher das Ergebniß meiner christlichen Ueberzeugung ist." In diesem Geiste der Liebe zum Frieden und der Versöhnlichkeit sind mehr und mehr die Verhand lungen geführt worden, um einen Weg zu finden, welcher, unbeschadet der beiderseitigen Grundsätze, nach dem Ziel der praktisch zunächst liegenden Wünsche, nach einer thatsächlichen friedlichen Ver ständigung und einem versöhnlichen Nebeneinander- leben der beiden Gewalten führen kann. Und von diesem „Geist der Liebe zum Frieden und der Versöhnlichkeit, welcher das Ergebniß ihrer christ lichen Ueberzeugung ist", wird die Staatsregierung sich im Interesse der katholischen Unterthanen des Königs auch ferner leiten lassen. Im Laufe des Sonntags fand in Stolp die ge richtliche Vernehmung der am Abend voher Ver hafteten statt; ein Drittel wurde wieder aus der Haft entlassen, während die übrigen Zweidrittel ein behalten wurden. Per Telegraph waren die Gen darmerie des Kreises zu Fuß und zu Pferde nach Stolp befohlen worden. Polizei und Gen darmen hielten den Markt und die angrenzenden Straßen besetzt. Die Menge sammelte sich nicht so zahlreich und nicht in so großen Haufen an, wie am Sonnabend. Mit Anbruch der Dunkelheit Hörle man aber noch wieder häufig: „Hep! Hep!" „Juden raus!" schreien, jedoch kam es nicht wieder zu größeren Excessen. Der Kriegerverein und ein Theil der Schützengilde hatten sich für alle Fälle vor dem Nachhause postirt. Es sind bei den Exces sen am Sonnabend 14 Personen mehr oder weniger schwer verwundet worden. Mehrere Husaren und Polizisten sind durch Steinwürfe getroffen. Der Nachtwächter Knaack wurde durch einen Steinwurf am Markte so schwer an der Brust verletzt, daß er sofort besinnungslos niederstürzte. Schweiz. Der aus der Schweiz ausgewiesene Nihilist Fürst Krapotkin will, wie nochmals aus Bern bestätigt wird, bleibenden Aufenthalc in England nehmen, in dessen Hauptstädten er Vorträge über die russischen Zustände zu halten beabsichtigt. Frankreich. Die Betheiligung an den Wahlen ist in Frankreich eine weit regere, als sie in Deutschland zu sein pflegt. Die Zahl der Wahlberechtigten be trug bei den soeben beendeten Deputirtenwahlen 10,779,345; davongabenihreStimmen ab7,181,443. Im Jahre 1877 waren sogar 8,087,323 an der Wahlurne erschienen. Die Regierung giebt die genaue Ziffer der in Algier abgebrannten Waldflächen auf 90,559 Hectar an, welche einen Gesammtwerth von 6 Mil lionen 257,350 Francs repräsentiren. Davon ent fallen 3,642,900 Francs auf Privateigenthum. Die Drohung mit Deportation soll sich sehr wirk sam bewiesen und die Eingebornen eingeschüchtert haben. Zurückgekehrte Theilnehmer an den Festlichkeiten in der Normandie erzählen, daß die Bevölkerung sich gegen Gambetta ziemlich kühl verhalte. Nicht blos in der Verwaltung des Landheeres, auch in der Verwaltung der Marine zeigt sich eine Mißwirthschaft. Nach den Ausweisen des letzten Marinebudgets befand sich in den Arsenalen der Republik ein mit der Zeit oder in Folge der Fort schritte der Wissenschaft gänzlich unbrauchbar gewor denes Material im Werthe von 3 bis 400 Millionen Francs, welches nur die Magazine füllt und dessen Aufbewahrung noch obendrein mit erheblichen Kosten verbunden ist. Der Finanzminister will deshalb seinen College» von der Marine zu einer Prüfung veranlassen, ob man nicht dieses alte Material ver äußern und auf diese Weise die Einstellung eines neuen Postens amortisirbarer Rente umgehen könne. England. Verschiedene Morgenblätter berichten von einem mißglückten Versuch, die Truppenkaserne in Castlebar in die Luft zu sprengen. Rußland. Das „Journal de St. Petersbourg" führ aus, daß die Reise des russischen Kaisers nur eine natürliche Folge der Ereignisse sei. Die Begegnung bezeige die freundschaftlichen Beziehungen beiden Reiche und Monarchen. Die Gesinnungen, welche sie veranlassen, beruhigten über die Fortdauer des Friedens und seien ein Unterpfand der friedlichen Entwickelung und der Sicherheit der Nationen. Die Entrevue werde einigen Stunden dauern. Fürst Bismarck werde derselben beiwohnen, um den rus sischen Kaiser zu begrüßen. Amerika. Einem Telegramm Blaine's vom 8. d. zufolge ist eine weitere Besserung in dem Zustand des Präsidenten nicht eingetreten; das Fieber nahm gestern Nachmittag erheblich zu und die Temperatur erreichte 101 Grad. Es ist kein Brechreiz, aber auch kein Appetit vorhanden. Die Kräfte haben nicht zugenommen. Der 7. September war so heiß wie je ein Tag. Die Behandlung Garfield's zeigt übrigens welchen Mißgriffen, auch die ausgezeichnet sten Aerzte ausgesetzt sind. Auf Grund oberfläch licher Prüfung setzte sich von Haus aus bei den Aerzten die Meinung fest, daß seine Leber durch die Kugel zerrissen sei. Sie unterließen erneute Untersuchungen, statt wundärztliche Hilfe durch Ent fernung der Knochensplitter zu bringen, kurirten sie, in ihrem Gruudirrthum beharrend, auf Leberleiden und Bauchfellentzündung los, hungerten den Kranken aus und pumpten in ihn Opiumgift hinein. Mit derselben Behandlung hätte der kräftigste Mann, auch ohne Wunde, zu Grunde gehen müssen; bei vernünftigerer Behandlung hätte er 5 Tage nach seiner Verwundung sein Mitagsmahl essen können. Kommt der Präsident davon, so verdankt er das seiner Riesennatur, welche den Jrrthümern sonst ausgezeichneter und verdienstvoller Aerzte widerstand. Atts dem Mttldettthale. *Waldenburg, 9. September. Wie nunmehr bestimmt verlautet, wird Se. Majestät der König nächsten Dienstag Nachmittag hier eintreffen. *— Wie das „Leipz. Tgbl." schreibt, soll im 17. Wahlkreise (Glauchau, Meerane) von sämmtlichen Ordnungsparteien der Fabrikant und Rittergutsbe sitzer Leuschner in Glauchau, welcher der liberalen Partei angehört, als Candidat für die Reichstags wahl aufgestellt worden sein. Hier ist noch nichts davon bekannt. Atts dem Sachsenlande. — Die längste ohne Curve liegende Strecke der Sächsischen Staatsbahnen befindet sich bei Dorn reichenbach an der Linie Leipzig-Dresden via Riesa. Diese ununterbrochene gerade Linie ist 7810 m oder 1,04 deutsche Meile lang. Von derselben liegen 5350 m oder 0,71 deutsche Meile in der Horizon talen, also ohne jedwede Steigung. An dem einen Ende schließen sich 1100 in Steigung 1: 1000, am andern Ende 350 in Steigung 1: 300 an, so daß man auf 6800 in bequem von einem Punkte zum andern sehen kann. — Eine raffinirte Thierquälerei hat in Chemnitz ein Hausmann ausgeübt, indem er den Hühnern seines Herrn einen 5 — 6 Zoll langen Bindfaden, an dessen einem Ende ein Stückchen Wurst und am andern ein Stückchen Holz in Knebelform be festigt war, bei der Fütterung vorwarf und die Thiere dadurch dem Ersticken nahe brachte. Er ist dafür bereits zur Verantwortung gezogen worden. — Dienstag spät Abend hat sich in der Nähe von Mitweida ein junger Mensch von etwa 20 Jahren von dem Eisenbahnzuge so überfahren lassen, daß der Kopf vollständig vom Rumpfe getrennt und weit weggeschleudert worden ist. Der Leichnam ist nach Lauenhain geschafft worden, da der Ort, wo dieser Selbstmord ausgeführt ist, zum Lauenhainer Gebiet gehört. Ueber die Person hat noch nichts festgestellt werden können. — Der Fleischbeschauer Fuchs in Waldheim hat kürzlich in einem aus Gersdorf stammenden Land schweine bei der Untersuchung verkapselte Trichinen in bedeutender Menge vorgefunden. Dieser Fall ist besonders deshalb interessant, weil schon vor etwa 10 Wochen bei einem Schweine von demselben Gutsbesitzer Trichinose constatirt wurde und Gers dorf überhaupt im Laufe der letzten 10 Monate vier trichinöse Schweine lieferte. — In den öffentlichen Wirthschaften zu Schön haide hängen seit einiger Zeit Verzeichnisse der Schulgelderrestanten aus. Durch dieses Mittel sollen dieselben zur Entrichtung des Schulgeldes veranlaßt werden, und da die Verzeichnisse durch Ueberkleben der Namen derer, die bezahlt haben, immerwährend Veränderungen erleiden, so scheint dasselbe auch recht wirksam zu sein. — Erhängt hat sich am Dienstag Abend ein bei dem Gutsbesitzer Braune in Waldsachsen bei Mee rane dienendes Mädchen, Namens Heinig aus Thonhausen. Die Bedauernswerthe, ungefähr 20 Jahre alt, hinterläßt 14 lebende Geschwister und die Eltern. — Der Bau der englischen Gardinenfabrik in Oelsnitz i. V. macht so riesige Fortschritte, daß man schon bei Beginn des November darin arbei ten lassen will. Lrotzdem jetzt nur der dritte Theil des Etablissements in Betrieb gesetzt werden soll, wer den sich doch schon 250 Arbeiter dazu nöthig machen, und es ist daraus zu ersehen, daß Oelsnitz durch diese Fabrik eine bedeutende Vergrößerung erfahren wird. Viele Gardinenweber, die durch die neue Concurrenz gefährdet sind, können dabei Be schäftigung finden, so daß sich hoffentlich die Noch, welche unter diesen Arbeitern herrscht, dadurch einiger maßen heben läßt. — Die Strafanstalt Vogtsberg, in welcher Frauen Gefängnißstrafen in der Dauer von mehr als 4 Monaten verbüßen, ist derartig überfüllt gewesen, daß an den beiden letzten Montagen je 20 weibliche Gefangene unter Führung von Beamten mittelst Bahn über Adorf nach Thalheim und von da in die Zweig anstalt zu Hoheneck bei Stollberg übergeführt wurden. Trotz dieser ansehnlichen Entlastung reichen die Räume nur nolhdürftig für die Zurückbleibenden aus, deren Zahl das zweite Hundert noch übersteigt. -- Aus dem oberen Vogtlande wird geschrieben: Der Preißelbeerversandt ist in oiesem Jahre günsti ger als jemals, und es sind jetzt beinahe schon 10,600 Centner von den Stationsorten des oberen Vogtlandes abgegangen. Welcher Nutzen den Armen dadurch erwachsen ist, läßt sich daraus schließen, daß dafür etwa 40,000 Mk. bezahlt wurden. Preißelbeerhändler fahren mit großen Frachtwagen von Oct zu Ort und kaufen die Beeren. — Auf Station Elster stürzte vor einigen Tagen ein Bremser Namens Schmelzer von einem Wagen, wobei ihm beide Beine überfahren wurden, welche ihm infolge dessen oberhalb der Knies amputirt werden mußten. — Die Zahl der in unserem Erzgebirge bestehen den Industrieschulen hat sich abermals um eine vermehrt, da in Hartenstein vor wenigen Tagen die von der k. Staatsregierung gegründete Stick- und Schlingschule eröffnet wurde. In der Anstalt erhalten zur Zeit 12 junge Mädchen Unterricht im Sticken in weiß und bunt, sowie im Schlingen, einer Arbeit mit der Tombourirnadel; die genannten Arbeiten finden Anwendung bei der Herstellung von bunten Decken, Tüchern, Shawls rc. Sehr lebhaft zu wünschen wäre, daß es durch die Schule gelänge, in dem Weberstädtchen einen neuen Arbeitözweig zur Einführung zu bringen. Das darauf gerichtete Bestreben unserer Negierung verdient alle Aner kennung. — Die in Schneeberg bestehende k. Spitzenktöp- pelmusterschule, welche vor Kurzem in Berlin in einer Fachausstellung für ihre Leistungen durch die t Verleihung eines Diploms ausgezeichnet wurde, ge denkt in Schneeberg in der Zeit vom 15.-30. September eine Ausstellung der in ihr gefertigten Gegenstände zu veranstalten. Zur Ausstellung sol len ferner einige von Schulen der k. Gewerbezeichen schule zu Schneeberg herrührende Zeichnungen für Spitzen und Stickereien gelangen. — Das Direktorium des Landes-Obstbauvereins giebt bekannt, daß die Direktion der Gartenbau schule zu Bautzen beschlossen Hai, vom 9. bis 15. October d. I. einen Lehrcursus über die technische