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Nr. 77/1919 PAPIER-ZEITUNG 2409 „Der Werberat** für ein Reichswerbeamt Der Werberat, ein Verein von Reklamefachleuten, der aus dem Ende 1918 gegründeten „Arbeitsbund für Werbelehre“ hervor ging, hielt ama 10. September seine erste erweiterte Mitglieder versammlung in der Berliner Handelskammer ab. Die Mitglieder zahl ist bereits auf nahezu 100 angewachsen. Der Schriftführer des Werberates, Herr Banner, sprach über; „Unsere Forderungen an das Auswärtige Amt“, dem sich zur Förderung der vom Werberat erstrebten Ziele ein Reichswerbeamt anfügen müsse, da das Reichs presseamt diese Aufgaben nicht erüllen könne. Der Vortragende faßte seine Darlegungen in Richtlinien zusammen; es wird gewünscht, das Auswärtige Amt solle durch die Tat beweisen, daß es der Aus landswerbung in Zukunft sachliche Beachtung schenken werde; das Werbefach wolle gern an der Ausbildung der Anwärter für den Auswärtigen Dienst mitwirken. Genügende werbekundige Vor bildung der Diplomaten ermögliche in allen Bedarfsfällen die zweck mäßige Heranziehung und Ausnutzung des Werbefachmannes. — Die Geschäftsstelle des Werberats ist Berlin W 30, Karl-Schrader- Straße 1, durch sie ist der gedruckte Sitzungsbericht mit wörtlicher Wiedergabe des Bannerschen Vortrages gegen Freiumschlag zu beziehen. Aus den Typographischen Gesellschaften Berliner Typographische Gesellschaft. In der ersten Sitzung nach den Sommerferien, am 9. September, verwies der Vorsitzende, Herr Könitzer, auf dasan die Mitglieder versandte Arbeitsprogramm, mit dem weitere Gebiete der Papierverarbeitung zur Kenntnis gebracht werden sollen. Unter Durchführung desselben vollendet .die' Gesellschaft das vierzigste Jahr ihres Bestehens; der von ihr stets vertretene Grundsatz, lediglich fachliche Angelegenheiten zu behandeln und Duldsamkeit zu üben, habe sich somit bewährt. Die weitere gedeihliche Entwicklung hänge von reger Anteilnahme der Mitglieder ab, insbesondere vom freimütigen Austausch prak tischer Erfahrungen. — Sodann wurde ehrend der verstorbenen Mitglieder gedacht, des Herrn Schriftgießereibesitzers Carl Grau mann und des Herrn Ernst Morgenstern, Herausgebers des Deut schen Buch- und Steindruckers, die beide fördernden Einfluß aui 'las Buchdruckgewerbe ausgeübt hätten, und denen die Typo graphische Gesellschaft zu besonderem Danke verpflichtet sei. Hierauf gab Herr Hermann Hoffmann einige Erläuterungen zu dem neuen * Wettbewerb der Firma H. Berthold, A. G. in Berlin. Er erinnerte an die früheren beliebten Musteraustausche; von diesen unterscheide sich der Berth old’sehe dadurch, daß er für die Teilnehmer kostenlos sei. Wer sich beteiligen wolle, habe lediglich drei Entwürfe, Handpressenabzüge oder Abdrücke selbstent worfener Anzeigenmuster an die Firma einzusenden und erhalte dafür nicht nur die Anwartschaft auf Preise, für welche 1250 M. verfügbar seien, sondern jedenfalls dreißig andere Musteranzeigen als Vorlagematerial. — Auf Anfrage wurde festgestellt, daß die Bedingung des Wettbewerbes, möglichst auch Neues in der Art und Ausdrucksform des Textes zu bieten, nicht darauf hinziele, daß sich die Teilnehmer auf werbewissenschaftlichem Gebiete betätigen müßten; sie bezweckte nur, die Teilnehmer anzu spornen auch in dieser Hinsicht; vor allein aber werde die typographische Aus stattung bei der Preisverteilung gewürdigt werden. — Darauf gab Herr Erler Erklärungen zu dem von der Firma Emil Witt in Berlin ausgestellten Hilfs-Ausschlußkasten. Der Kasten hat ungefähr die Größe eines Steckschriftkastens, er bietet in 107 Fächern verschiedener Größe Raum zur Unter bringung fast aller Ausschließungen, Quadraten und Regletten. Er soll dazu dienen, dem Setzer bei der Ausführung von Preß revisionen — abgesehen von der Schrift — das benötigte Aus- schlußmaterial beizustellen, um die Laufereien zu doren Herbei- holung zu vermeiden, und überflüssiges Material abzulegen und zu schonen. Diese Vorzüge empfehlen die Anschaffung des Kastens. — Herr Könitzer berichtete hierauf an Stelle des Vortragenden, der mit seinen Arbeiten zur Vervollkommnung einer Druck- und Stanzmaschine noch nicht fertig geworden war, über eine aus Anlaß der Leipziger Herbstmesse von der Maschinenfabrik Karl Krause in Leipzig veranstaltete Schau ihrer neuesten Papierver- arbeitungsmaschinen (s. Nr. 73 S. 2280); er erwähnte dabei auch mancherlei, was die Technische Messe an kraft-, arbeit- oder materialsparenden Vorrichtungen bot. Die Straßenreklame hatte wieder alles vorher Dagewesene überboten. Unter den nicht auf die Straße geworfenen Werbedrucksachen seien auch zahlreiche gute Arbeiten zu finden; und auch am Buntdruck sei nicht gespart worden, trotz der hohen Druckkosten. In Papierausstattungen; Bildern, Postkarten und Büchern war ebenfalls viel Schönes an geboten. Herr Erler ergänzte diese Ausführungen durch eine Schilderung der buch gewerblichen Meßausstellung ,Bu gram esse“. Bemerkenswert sei es, daß namhafte Leipziger Druckereien in umfangreicher Weise ausstellten, und sich zur Entgegennahme von Druckaufträgen bereit hielten. Vielleicht entwickle sich der Meß verkehr künftig auch für das Druckgewerbe in der Art anderer Industriezweige, so daß die Buchdrucker dort zugleich die erforder lichen Abschlüsse für Papier, Farbe, Klischees und für sonstigen Bedarf machen könnten. — Herr Altmayer regte an, es möge innerhalb der Gesellschaft ein Rednerkursus eingerichtet werden in der Weise, daß den Teilnehmern Themata zur Bearbeitung aufgegeben würden, daß die eingehenden Arbeiten im engeren Kreise der Teilnehmer erörtert, die dadurch ermittelte beste Aus arbeitung jedoch in einer Sitzung 4er Gesellschaft zum Vortrag gebracht werde. Eine solche Einrichtung werde den jüngeren Mit gliedern Gelegenheit zur Weiterbildung bieten und gleichzeitig Beratungsstoff schaffen. — Die Anregung wurde beifällig aüfge- nommen, und an den Leseabenden im Buchgewerbesaale soll ver sucht werden, sie ins Leben zu rufen. — Das 40. Stiftungsfest der Gesellschaft wird am Sonnabend, den 6. Dezember, im Ceciliensaale der Handwerkskammer, Teltowerstr. 1 — 4, abgehalten werden. Ende des Buchdrucker-Ausstandes im Bergischen Land Am 18. September fanden im Elberfelder Rathause Einigungs verhandlungen zwischen Vertretern der Buchdruckereibesitzer und Vertretern der Gehilfenschaft statt. Den Vorsitz dieser Verhand lungen führte Reichskommissar Severing. Auf folgender Grund lage einigte man sich: 1. Die bisher über die tarifliche Teuerungszulage hinaus zuge billigte Sondervergütung von monatlich 40 M. wird auch für den Monat September bezahlt. 2. Diese Sondervergütung umgerechnet auf 9 M. die Woche soll weiter bewilligt werden bis zum 31. Dezember 1919. . 3. Auf diese Sondervergütung von 9 M. wird vom 1. Januar 1920 ab derjenige Betrag angerechnet, der durch die in Aussicht genommene Erhöhung der Lokalzuschläge sich ergeben wird, so daß dann an Sondervergütungen nur noch der Unterschied zwischen den 9 M. und dem Betrag aus der Erhöhung des Lokal zuschlages zu zahlen bleibt. 4. Die tarifliche ab Oktober 1919 festgesetzte neue Teuerungs zulage soll für Barmen, Elberfeld, Remscheid, Lennep, Schwelm, Gevelsberg usw. 12 M. die Woche betragen, weil angenommen wird, daß für diese Orte ein Lokalzuschlag von 17% v. H. fest gesetzt werden wird. 5. Alle darüberhinausgehenden Einzelforderungen der Gehilfen werden ausdrücklich zurückgezogen. 6. Bezahlung der Streiktage findet nicht statt. 7. Die infolge Arbeitsweigerung entlassenen Gehilfen erhalten Entschädigung in Höhe von 50 v. H. des ihnen tariflich zustehenden Wochenlohnes. 8. Die anhängig gemachten Klagen wegen Kontraktbruches und wegen kündigungsloser Entlassung werden zurückgezogen. 9. Es dürfen weder Maßregelungen aus Anlaß des Streiks noch irgendwelcke Repressalien stattfinden. 10. Bezüglich der Lehrlinge bezw. deren Bezahlung versprechen die Prinzipale, ihren Kollegen zu empfehlen, eine Ueberprüfung der den Lehrlingen gewährten Vergütung vorzunehmen und ge gebenenfalls eine den Teuerungsverhältnissen entsprechende Er höhung eintreten zu lassen. Weitere Punkte betreffen die entsprechende Regelung in be nachbarten Orten und die Verpflichtung, für Annahme und Durch führung dieser Beschlüsse wirken zu wollen. Am 19 September wurde die Arbeit in sämtlichen Druckereien des Bergischen Landes wieder aufgenommen, und seit diesem Tage erscheinen auch die bürgerlichen Tageszeitungen wieder. , — t. Ausstände der Druckereiarbeitcr und Schriftgießer in Italien. Nach sieben Wochen Streik nahmen am 4. September die Ange hörigen der graphischen Gewerbe in Turin die Arbeit wieder auf, nachdem sie 60 v. H. .Teuerungszulage errungen hatten (80 hatte man verlangt) auf den am 1. Januar 1918 vereinbarten Lohn ohne die nachträglich eingetretenen Erhöhungen. So betrug z. B. der Mindestlohn der Buchdrucker am 5. Januar 1918: 36,50 Lire, der Teuerungszuschlag bis Mitte April 25,25 Lire, von da ab neue Zu lage 14,60 Lire, macht bis Mitte Juli 1919 76,35 Lire; jetzt wiederum 60 v. H. Zugeständnisse auf 36,50 Lire, um so die Höhe von 98 Lire zu erreichen, bei achtstündiger Arbeitszeit; die Abmachungen gelten bis zum 31. Dezember dieses Jahres. Die Streikunterstützung betrug anfangs wöchentlich 20 Lire, dann 36, die letzten Wochen 40 Lire. Die Gehilfen, welche den Teurungszuschlag sofort erhielten, gaben denselben an den Verband ab, außerdem noch den Lohn eines Tages. Der schon neun Wochen währende Schriftgießerausstand in Turin geht hingegen ungeschwächt fort, weil die Leitung des Trustes wenig Entgegenkommen zeigt. Die Arbeiter gingen mit ihrer Forderung von 96 Lire auf 91 Lire herab, und der Trust ebenso von den gebotenen 84 Lire auf 81 Lire nebst einem monatlichen Zu schlag je nach Verdienst, worauf die Gießer äber nicht eingehen, weil sie eine feste Entlohnung haben wollen. Auch in Rom hält der schon zweimonatige Streik der Buch drucker weiter an, trotzdem sogar viele Zeitungen nicht erscheinen — o — .