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1742 PAPIER-ZEITUNG Nr. 58/1919 f Ausust Koehler Das Färben von Papierstoff für textile Zwecke August Koehler wurde am 26. Mai 1844 in Oberkirch auf der Papiermühle als Sohn des „Papiereis“ Ignaz Koehler geboren. Der väterliche Betrieb bestand damals aus zwei Steintrogholländern und drei Stomofen, die von zwei Wasserrädern angetrieben wurden. Schon als Knabe half er seinen Eltern in der Mühle und lernte so spielend die Handfertigkeiten eines Papiermachers. Nach Besuch der Volksschule in Oberkirch kam August Koehler ins Institut Belly nach Straßburg, das er verließ, um bei der Firma C. D. Komberger in Freiburg kaufmännische Ausbildung zu erhalten. Dann kehrte er in sein Elternhaus zurück und arbeitete als Lehrling an der Bütte. Als er die nötigen Kenntnisse in der Papiermacherei aufweisen konnte, wurde er als Geselle aufgedungen. Mit 167 Jahren wurde er schon von seinem Vater auf Geschäftsreisen geschickt. Ignaz Koehler, der erkannt hatte, daß die Papieimüllerei sich als Handwerk nicht mehr lohnte, beschloß, eine Papiermaschine auf zustellen. August Koehler trat 1863 in die Papierfabrik von Louis Staffel & Cie. in Witzenhausen als Volontär ein, um sich hier die zum Bau und Betrieb der Papiermaschine nö tigen Kenntnisse zu er werben. Nachher ver vollständigte er seine Ausbildung als Reisen der für die Litho graphische Anstalt un d Ka rt onnagentabrik Holthusen & Beiermann in Hann.-Münden. Am 31. Oktober 1868 übernahm August Koeh ler dieLeitungdesväter- lichen Geschäfts, das unterdessen zu einer Pa pierfabrik mit einer Pa piermaschine von 1,35m Arbeitsbreite umgebaut worden war. Er mußte angestrengt arbeiten, um die durch Auf stellung der Papier maschine erhöhte Er zeugung unterzu- bringen, und es galt die alten Kunden, die bisher Handpapier be zogen hatten, zu überzeugen, daß auf der Maschine gleichwertiges und sogar besseres Papier erzeugt werden konnte. Der Uebernahme des Geschäfts folgte 1871 die Vermählung August Koehlers mit Wilhelmine Neher aus Zella. H. Die Fabrik wurde in den folgenden Jahren fortlaufend durch großzügige Erweiterungsbauten, Verbesserung der Antriebskraft und Neuaufstellung von Maschinen vergrößert. Nach Gründung einer Holzschleiferei und eines Wasserkraftwerkes schritt August Koehler im Jahre 1902 zu einer durchgreifenden Vergrößerungseiner Papierfabrik durch Aufstellung einer Büttenpapiermaschine aus einer angekauften Büttenpapierfabrik, deren Einrichtung nach Ober kirch überführt wurde, um auch echte und nachgeahmte Bütten papiere im eigenen Werk zu erzeugen. In diesen Jahren ständiger Erweiterungen seiner Fabrik fand August Koehler die Unterstützung seiner Söhne Emil und August. Trotz seiner angespannten Tätigkeit im eigenen Weik fand August Koehler Zeit,für die Allgemeinheit tätig zu sein. Er war eifriger Förderer des Baues der Renchtalbahn. Von 1876 bis 1911 gehörte er dem Gemeinderat an, in dem die Pflege des Schulwesens ihm am meisten am Herzen lag. Seit 1 >79 war er Mitglied der Handelskammer in Lahr. Dem Vorstande der badischen Sektion der Papiermacher- Berufsgenossenschaft gehörte er seit 1886 an, seit 1916 war er deren Vorsitzender. Eine Reihe anderer Körperschaften zählte ihn zu ihren führenden Mitgliedern. Seine aufopfernde Tätigkeit im öffentlichen Leben wurde durch eine Reihe von Auszeichnungen anerkannt. Der Kriegund dessen unglücklicher Ausgang bedrückteihn schwer, und erbat deshalb anläßlich seines 75. Geburtstages am 26. Mai 1919 den Wunsch ausgedrückt, keine Feier zu begehen. Seine Gattin er krankte an einer Lungenentzündung, in aufopfernder Weise pflegte ei sie, und wich nicht von ihrem Lager, bis er selbst an dem gleichen Leiden erkrankte. Drei Tage nach dem Tode seiner Gattin erlag auch er der tückischen Krankheit. Die große Anteilnahme in allen Kreisen, die rührenden Grabreden seitens der Vertreter der Behörden, der Angestellten und Arbeiter und verschiedensten Organisationen, denen er seine Dienste gewidmet hatte, zeugten von der allgemeinen Verehrung und Wertschätzung seiner Person. Von Fabrikdirektor Erich Püschel Wenn sieh auch das Papier in seiner weiteren Verarbeitung als Papiergarn für textile Zwecke nicht überall mit Erfolg als Ersatz bisheriger Spinnstoffe bewähren konnte, so haben sich doch im Laufe derZeit, besonders während des Krieges, viele Verwendungsmöglich keiten gefunden, wo es den bisher gebrauchten Textilstoff nicht nur ersetzt sondern selbst übertrifft. Aus diesem Grunde ordnete das Demobilmachungsamt an, daß in Zukunft 36 Warengattungen bis auf weiteres nur aus Papiergarn hergestellt werden dürfen (s. Nr. 3 d. BL, S. 56/57). Unter diesen Waren sind u. a. aufgeführt: Vorhang- Stoffe, Möbelstoffe, Stuhl- und Sesselsitze, Wandbespannungen, Teppiche, Vorleger, Läufer, Polsterstoffe, Roulleauxstoffe, Koffer bezüge, Rucksäcke, Matratzenbezüge. Während der Kriegszeit boten diese Ersatzstoffe in ihrer bekannten hellbraunen Naturfarbe, die man als „roh“ bezeichnete, ein recht eintöniges Bild, da man sich infolge erheblicher Preissteigerung und Mangels an Farbstoffen wenig bemühte, das hierzu benötigte Papiergarn farbig herzustellen. Um verkäufliche, ansprechende Ware zu erhalten, dürfte sieh dies in Zukunft ändern, sobald die Farbenfabriken ihre Spezialitäten zu angemessenen Preisen in größeren Mengen wieder herstellen können. Schon mehrere Jahre vor dem Kriege wurden eine ganze Anzahl Textilwaren aus farbigen Papiergarnen hergestellt. Anfangs bestand die Schwierigkeit, den Stoff des Spinnpapiers in ge nügender Echtheit zu färben, besonders auf Wasser- und Licht beständigkeit, neben der Luft-, Reib-, Säure- und Alkaliechtheit. Jetzt ist man in der Lage, Spinnpapier so gut zu färben, daß das daraus gesponnene Garn ebenso farbecht ist wie jedes andere Textilgarn, was namentlich für Vorhangstoffe. Wandbespannungen. Möbelstoffe, Rouleauxstoffe usw. unbedingt erforderlich ist. Es gibt aber auch Verwendungszwecke, die nicht diesen Anspruch auf Farbechtheit machen, wie Unterketten und Einschuß für Teppiche und Läufer, Einlagen für Posamenten u. a. Wichtig für die Färbung ist die Wahl des Papierstoffs. Sollen helle, zarte Töne rein hervortreten, so ist gebleichter Zellstoff zu ver wenden; bei lebhaften Farben, z. B. feurigem Rot, kommt man mit ungebleichtem Sulfitstoff aus. der auch bei mittleren Farbtönen verwendet wird. Auf Natronzellstoff hingegen kann man nur gedeckte, dunklere Töne fixieren, außer mittleren braunen und grünen Fär bungen, sofern sie nicht zu lebhaft sind. Zur Herstellung von Spinn papier sind Stoffmischungen von Natron- und Sulfitzellstoff üblich, auch Zusätze von Holzschliff kommen vor, doch müssen bei Ver wendung dieses Stoffes für farbige Spinnpapiere die richtigen Farb stoffe gewählt werden. Zur Verarbeitung von Papierstoff für textile Zwecke komme» zweierlei Verfahren zur Anwendung, erstens die Herstellung von Spinnpapier, woraus das Papiergarn bereitet wird, zweitens die Her stellung von Zellstoff- oder Zellulongarn unmittelbar aus dem Stoff brei. Letzteres Verfahren bedarf keiner Leimung, während der Stoff, aus dem fertiges Papier hergestellt wird, mäßig zu leimen ist. Zu starke Leimung ist deshalb nicht angebracht, weil sonst das Papier zu spröd« ausfällt und bei der Verspinnung nicht entsprechend gefeuchtet werden kann. Zur Leimung benutzt man meistens fertig zubereiteten Harz leim (Thehaka), von welchem 25 kg in 500 1 heißem Wasser aufgelöst werden. Von dieser Lösung nimmt man 40 1 auf 100 kg trockene» Stoffeintrag, was einer 2 prozentigen Leimung entspricht. Um gründliche Durchmischung des Faserstoffes mit dem Leim herbei zuführen, setzt man diesen gleich nach dem Stoffeintrag zu. Zur Fällung des Harzleimes auf die Faser bedient man sich der Schwefelsäuren Tonerde (Aluminiumsulfat) und zwar werden 50 kg derselben von 15 0 Beaum mit 500 1 heißem Wasser vermischt. Auf 100 kg Stoffeintrag benötigt man etwa. 40 1 dieser Lösung. Dir Menge der zuzusetzenden schwefelsauren Tonerdelösung, welche man kurzweg auch Alaunlösung nennt, richtet sich nach der Härte de« Fa brikationswassers. Wie schon erwähnt, gibt man beim Färben «les Papierstoffs erst den Leim zu, dann die Farbstofflösung, läßt gut mischen und setzt nach etwa einer halben Stunde die Alaunlösung zu. Sollte der Stoff durch längere Mahlung warm geworden sein, so gibt man die Alaun- lösung kurz vor dem Leeren des Holländers zu. Erdfarben, basisch« und sauerziehende Farbstoffe werden auf obige Weise dem Stoff beigegeben und bedürfen zur Fixierung keines Zusatzes von Beizen. Um bei basischen Farbstoffen wolkige Färbungen zu vermeiden, ist es ratsam, den Stoff vor Zugabe der Farbstofflösung schwach zu alaunieren. Sauerziehende Farbstoffe entwickeln ihr volles Farb vermögen bei starker (5 prozentiger) Leimung, daher ist ihre Anwen dungsweise auf das schwach geleimte Spinnpapier nicht ergiebig: beim Färben von ungeleimtem Stoff für Zellulose- oder Zellulongarne ist sogar davon abzusehen. Färbt man hingegen mit substantiven Farbstoffen, so setzt man nach der Leimung zuerst soviel kalz. Soda hinzu (1 —2 kg aut 100 kg Stoff), bis die Masse mindestens neutral oder schwach alkalisch reagiert (rotes Lackmuspapier bläulich färbt), dann gibt man die Farbstofflösung hinzu, hierauf zur Fixierung 5—10 v. H. kalz. Glau bersalz oder denat. Kochsalz, bezogen auf die Stoffmonge und zuletzt die Alaunlösung. Die Menge des kalz. Glaubersalzes hängt ganz von