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Nr. 57/1919 PAPIER-ZEITUNG 1717 Aus den Typographischen Gesellschaften Berliner Typographische Gesellschaft. Per-Besuch der letzten Sitzung vor den Sommerferien litt unter dem Ausstand der An gestellten aller Verkehrsmittel. Der Vorsitzende, Herr Könitzer erinnertean die Ehrung des Herrn Heinrich Schwarz, der das Jubiläum als Vorsitzender der Typographischen Gesellschaft zu Leipzig begehen konnte (s. Nr. 53 und 55); auch die Berliner Typographische Gesell schaft würdigte die Verdienste, die sich der Jubilar um das Buch druckgewerbe erworben hat und suchte ihn mit einem Andenken zu erfreuen. — Sodann wurde die von der Firma Breitkopf & Härtel aus Anlaß ihres 200 jährigen Bestehens herausgegebene zweibändige Festschrift in ihren buchdruckgeschichtlichen Teilen besprochen. Weiterhin gedachte der Vorsitzende des 100 jährigen Bestehens der Firma J. G. Scheiter & Giesecke und hob den Einfluß hervor, den diese Firma besonders in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahr hunderts auf die Druckausstattung und auf die maschinelle Vervoll kommnung des Buchdruckgewerbes durch Einführung neuer Pressen. . typenusw. ausgeübt habe. — Hierauf wurde durch Herrn Otto Richter die Vortragsreihe „Aus dem Wissensgebiet des Druckereileiters“ zum Abschluß gebracht. Er sprach über Besondere Geschäftskunde, innere Betriebsorganisation, Einrichtung und Führung der Geschäftsbücher. In der heutigen Zeit, so führte er u. a. aus, könne auch der Buch drucker nur dann vorwärts kommen und auf Erfolg seiner Tätigkeit rechnen, wenn er seinen Betrieb nach kaufmännischen Grundsätzen leite. Auf alle Betriebe anwendbare Richtlinien für die Druckerei leitung zu geben, sei bei der Verschiedenartigkeit der Betriebe un möglich ; immer werde sich die Fähigkeit zur Betriebsleitung nur durch gründliche Ausbildung und durch eigene passende Einrichtungen erlangen lassen. So vielseitige Anforderungen an leitende Kräfte, wie der Buchdruck, stelle kein anderes Gewerbe. Ein größerer Betrieb könne sich nur dann gedeihlich weiter entwickeln, wenn alle Ab teilungen störungslos ineinandergreifen wie die Räder eines Uhr werks. Im Verkehr mit dem Personal müsse der Leiter Umsicht, Energie, Taktgefühl und strenges Gerechtigkeitsgefühl entwickeln, er dürfe sich nicht in der Aufregung zu unüberlegten Aeußerungen oder Handlungen hinreißen lassen; der Kundschaft gegenüber dürfe er nicht Versprechungen machen, die nicht eingehalten werden könnten. Zeitraubende Rückfragen und mancher Verdruß könnten erspart werden, wenn bei der Uebernahme einer Arbeit der Auftrag geber befragt werde über alles für die Erledigung der Arbeit Erforder liche, also Name und Wohnung des Bestellers, Schriftgattung, Format, Papier, Farbe, Auflage, Probeabzüge, Klischees, Lieferzeit und was sonst im gegebenen Falle notwendig erscheint. Die geeignetste Person für den Verkehr mit Kundschaft sei der vielseitig gebildete gelernte Setzer, weil er am besten über alle Einzelheiten der Ausführung eines Auftrages Auskunft geben könne. Redner schilderte dann die Er ledigung der Druckaufträge unter Benutzung eines Umlaufzettels, der mit gewissenhaft zu machenden Angaben über die Herstellungs kosten bei der Kalkulation als Unterlage zu dienen hat. Die Ver waltung des Papierlagers erfordert je nach Größe Kontrolle durch ein Papierbuch, eine Kartothek oder dergleichen. — Auch die Buch führung der Buchdruckerei richtet sich nach dem Umfange und der Eigenart des Geschäfts. — Während der Sommermonate finden am 15. und 29. Juli und am 12. und 26. August (Dienstags) Lese abende im Buchgewerbesaale, Lindenstr. 114, statt. Typographische Gesellschaft München. Am 20. Juni wurden 42 neue Mitglieder aufgenommen. Herr Bernhard Munck besprach die ausgestellten Leipziger Meisterprüfungsdiplome, welche vollen Beifall der Mitglieder fanden; mit gleicher Anteilnahme wurden so wohl diese Entwürfe als auch eine solche Sammlung des Referenten besichtigt. Herr Heinrich Huber hielt hierauf einen Vortrag über „Minimal- und Maximallohn im Buchdruckgewerbe“. Vortragender suchte an Hand tariflicher Aufstellungen naehzuweisen, daß bei den jeweils bewilligten Teuerungszulagen nichts heraussprang für den über Minimum bezahlten Berufsangehörigen, der sich den höheren Lohn durch Tüchtigkeit und persönliche Opfer an Zeit und Geld errungen hat. An einer Tabelle zeigte Redner beispielsweise daß ein Gehilfe, der im Jahre 1901 11 Mark über Minimum verdiente, was damals 50 v. H. Aufschlag auf den üblichen Lohn bedeutete, heute nur 6% v. H. Aufschlag erhält. Das ist ein in seinen Wirkungen noch nicht absehbares Ergebnis. Was nütze alles Vorwärtsstreben, wenn dadurch kein höherer Lohn erzielt werden kann. Der Idealismus der Gehilfen finde dann eben seine Grenze, und der alte Buchdrucker spruch „Was nützet die Kunst, wenn sie ist umsunst“ zeige wieder seine Berechtigung. Im Interesse der Arbeitgeber läge es, daß das Gewerbe nicht zurückgehe; darum keine solchen Abstriche; sie ver leugneten das Wort „Frei Bahn dem Tüchtigen“. Diese Ausführungen lösten Beifall und lebhafte Aussprache aus; letztere gipfelte in dem Wunsche, auch weiteren Kreisen den Vortrag zugänglich zu machen. H. Die Handwerker- und Kunstgewerbeschule Breslau gab einen zusammenfassenden Bericht über die Kriegsjahre 1914 bis 1918 heraus. In den Schulvorstand trat Herr Buchdruckereibesitzer Neusch ein. Für die Lehrzweige Buchgewerbe und Graphik sind auch bewährte Fachleute als Lehrer tätig. Die Kriegsverletztenfürsorge wurde von der Schule nach Kräften unterstützt. Ueber 500 Kriegs verletzte wurden bisher von der Schule ausgebildet. Im Sommer 1918 wurden die Tagesklassen von 44 und im Winter von 55 Schülern besucht. Aus Schulmitteln wurden für die buch gewerbliche Abteilung eine Illustrations-Schnellpresse, eine Kupferdruckpresse und eine Bostonpresse angeschafft. Zur Ausbildung von Kriegsverletzten wurden auch eine Linotype- und eine Typograph-Setzmaschine zur Verfügung gestellt, die später die Schule ankaufte. Für die Chemi graphie wurde eine kombinierte Fräsmaschine (System Bulldogg) überwiesen. Die ausgestellten Schülerarbeiten erfreuen sich wohl verdienter Anerkennung. D. Papierverschwendung zum Schaden des Reichsvermögens Aus Süddeutschland Dieser Tage war ich auf einer militärischen Dienststelle, bei welcher noch Bestände an Waren aller Art verkauft werden, u. a. unzählbare Mengen von Schreibblöcken, etwa 220 g schwer aus weiß Druckpapier und solche 120 g schwer aus weiß unsatiniert Schreib stoff, beide Sorten mit weißer Holzpappenunterlage; außerdem Militär fahrscheine auf Blöcken, etwa 300 g schwer, ebenfalls aus weiß Druckpapier. Ich erkundigte mich, was mit den Fahrscheinheften gemacht wird. Es wurde mir entgegnet, sie werden zum Einstampfen verkauft. Die Schreibblöcke seien ja verkäuflich, aber nur mit Verlust. Bei dieser Gelegenheit konnte ich erfahren, daß die Firma, die diese Waren lieferte, seit Ausbruch der Revolution noch für nahezu 2 Millionen Mark geliefert habe und heute noch liefere. Die Annahme dieser Sendungen darf nach Weisung der vorgesetzten Dienststelle in Berlin nicht verweigert werden. Es wäre doch allmählich Zeit, diese Heereslieferungen einzu stellen, bei welchen das Reichsvermögen, wenn es überall so aussieht, um Millionen oder gar Milliarden geschädigt wird. Aber es wäre auch Pflicht der zuständigen Stellen, einer derartigen Papierverschwendung Einhalt zu tun. Die Zeitungen, Zeitschriften und Verlagsanstalten beklagen sich fortwährend über ungenügende Zuteilung von Druck papier, und in vorgeschilderter Art wird das Papier sinnlos verar beitet, damit die Ware teils weit unter ihrem Wert, teils zum Ein stampfen abgegeben werden muß. Papiergroßhandlung Wir empfehlen dem Einsender, seine Wahrnehmungen unter Nennung seines Namens und der Dienststelle, die ihm die Auskunft gab, der Reichskommission für die Sicherstellung des Papierbedarfs in Berlin SW, Alexa ndrinenstr. 110 mitzuteilen. Diese wird sich gewiß um Abhilfe beim Reichswirtschaftsministerium bemühen. Schädigende Unterlassung Auf den Briefbogen und Karten vieler Geschäfte ist wohl die Firma, Telegramm- und Fernruf-Adresse, das Bankkonto und Post scheckkonto angegeben, aber die Hauptsache, die Art des Geschäfts, fehlt. Viele Geschäftsleute, die ein Bezugsquellenregister führen und bei Bedarf immer auf die Registratur zurückgreifcn, können solche Briefe und Karten nicht gebrauchen. Es kostet nicht viel, nutzt aber der Firma sehr viel, wenn sie auf Briefbogen und Karten die Art des Betriebes und wenn möglich einige Sondererzeugnisse aufführt. Dieser stetige Hinweis ist so wirksam, daß ich nicht begreife, warum man dieses billige Reklamemittel nicht allgemein anwendet. M. Wir empfehlen den Druckern und Schreibwarenhändlern, die Besteller von Geschäftsdrucksachen vorkommenden Falles obiger Anregung entsprechend zu bearbeiten. Dänemarks Tapeten- und Dachpappenindustrie in 1918. Die Tapetenfabriken hatten, nach dem Jahresbericht der Grosserersocietet in Kopenhagen, ein gutes Jahr trotz des andauernden Stillstands im Baugewerbe. Ein großer Teil aller Malerarbeit wurde nämlich gegen den Sommer hin aus Firnismangel eingestellt, so daß man mehr als zuvor auf Tapeten angewiesen war. — Die Dachpappenfabriken hatten ein normales Jahr mit ziemlich guter Beschäftigung, doch mußten die dänischen Papierfabriken, wie schon 1917, ihre Zuteilung von Roh pappe rationieren, bg. Beendigter Ausstand. Die in Ihrer Nummer 53 Seite 1588 ge brachte Notiz „Beendigter Ausstand“ enthält den Schlußsatz: „Dem Vernehmen nach haben die Angestellten nicht erheblich mehr erreicht, als ihnen die Firma schon vor dem Streik angeboten hat.“ Diese Angabe widerspricht den Tatsachen. Die Finna hat sich auf Ver handlungenüberhaupt nicht eingelassen und, demnach konnte auch kein Angebot erfolgt sein. Erst nachdem die Angestellten durch ihren Ausschuß den Schlichtungsausschuß angerufen hatten, ist eine Eini gung erzielt worden, nach welcher die Firma den Angestellten ein Notstandsgeld von 662/3 v. H. bewilligt. Paul Lilie, Obmann des Angestelltenausschusses der Firma Ferd. Ashelm, Akt.-Ges., N, Will- denowstr. 16.