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Mk. Geldstrafe, eventuell 5 Tagen Gefängniß und Tragung der Kosten verurtheilt, wegen Beleidigung dagegen freigesprochen. Als Schöffen fungirten die Herren Gutsbesitzer Kirmse in Oertelshain und Töpfermeister Carl Resch in Altstadt-Waldenburg. *— Noch ist der zweite Komet am Himmel sichtbar und schon kommt aus Alexandrien wieder die Kunde von der Entdeckung eines neuen Kometen, der in der Nachbarschaft des Sternbildes des „Großen Bären" in Erscheinung getreten ist. Sein Schweif ist länger und umfangreicher als der des Juni-Kometen und der Kopf oder Kern der neuen Himmelserscheinung präsentirt sich als ein Stern zweiter Größe. Sein Licht nimmt von Nacht zu Nacht zu. Was den zweiten Kometen betrifft, so ist zu bemerken, daß sich derselbe ziemlich schnell unterhalb des großen Bären nach Westen hin bewegt. Die Sonnennähe hat er am 22., die größte Erdnähe am 26. d. erreicht. Ende desMonats wird er fär unswieder verschwinden. — In Glauchau wurde am Dienstag der Todten gräber Härtel begraben. Am 25. d. wurden es 50 Jahre, daß derselbe als Nachfolger seines Vaters un Todtengräberamt verpflichtet wurde. Er soll nicht weniger als 37,000 Personen begraben haben. — Se. Königl. Hoheit der Prinz Georg traf am 25. d. früh 8 Uhr 6 Min. mittelst Eilzuges in Zwickau ein und begab sich sofort nach der Ankunft nach dem dortigen Regiments-Exercierplatz, woselbst er der Vorstellung des 9. Infanterie-Regiments Nr. 133 beiwohnte. Nachdem Se. Königl. Hohheil hierauf im Hotel zur grünen Tanne Dejeuner ein genommen, erfolgte mittags 1 Uhr 18 Min. die Weiterreise nach Leipzig in Begleitung Sr. Excellenz Generallieutenant v. Montbk. — Ueber das Knappschafts-Cassenwesen bei dem sächsischen Steinkohlenbergbau und dabei speciell im Berginspeclionsbezirke Zwickau auf das Jahr 1879 liegen folgende statistische Angaben vor: Es belief sich die Zahl dieser Cassen im Jnsp.-Bezirke auf 8 mit 37 beiheiligten Werken und einer Mitglieder zahl von 9073. Die Jahres-Einnahmen betrugen überhaupt 609,430 Mark und zwar 298,023 Mark Beiträge der Mitglieder, 189,087 Mark Beiträge der Werke und 122,370 Mark sonstige Einnahmen. Die Jahres-Ausgaben dagegen beliefen sich aus über haupt 583,154 Mark, als: 342,340 Mark Knapp schaftspensionen, 97,271 Mark Krankenlöhne, 83,326 Mark Kur- und Medicinalkosten und 54,217 Mark sonstige Ausgaben. Der Vermögensbestand der Knappschaftscassen betrug am Schluffe des Jahres 1879 2,394,7 53 Mark. Tie Zahl der Pensions empfänger belief sich in Summa auf 3090 Perso nen und befanden sich dabei 836 Invaliden, 860 Wiltwen und 1395 Waisen. Aus dem SachserrLande. — Se. Majestät der König Hot sich am 25. d. abends nach Leipzig begeben und ist im dortigen königl. Palais abgetreten, um den am 26. d. statt findenden Uebungen der 4. Jnfanteriebrigade Nr. 48 anzuwohnen. Nachmittag wird er in das Hof lager zu Pillnitz zurückkehren. — Die „Dr. Nachr." bringen die interessante Feuilleton. Das Geheimniß des Nihilisten. Novelle von Andrv Kuzo. (Fortsetzung.) „Was? Wie? Das Buch meinst Du, Alter? — Ja, das Buch gehört, gehört — doch sieh selbst, kannst Du das Monogramm enträlhseln? — Doch nein, was rede ich? — Laß mich allein, Alter, und wenn der Kaiser nach mir fragen sollte, so lasse mich rufen. Ich muß ins Freie." Czrynowsky stürmte nach seiner im Parterregeschoß gelegenen Wohnung, warf hier eiligst den Pelzmantel um und setzte eine gerade zur Hand liegende Dienst mütze auf. Noch stürmte es wie ein wilder Orkan in seinem Innern, und das ganze Nervensystem war in einer Aufregung, die cs ihm unmöglich machte, länger in einem geschaffenen Raum zu verweilen. Er trat hinaus in die frische, klare Winterluft und schlug den Weg durch die Parkanlagen des Palais ein. Wie immer, so übte auch diesmal der freie Gottes- Hauch seine beruhigende Kraft auf den krankhaft Aufgeregten aus. Soweit es ihm die gebahnten Wege des Parks gestatteten, irrte er in denselben planlos umher, bis er sich plötzlich in der Taurischen Straße befand. Diese ging er entlang und trat dann in die Woskresensk Perspective ein. An der Ecke derselben mußte er die Wache der Kaserne der Leibgarde des Kaisers passiren. Der Posten starrte ihn an, wie ein Gespenst und wollte wie es schien, die Wache allarmiren. In Notiz, daß von sämmtlichen Persönlichkeiten, welche seiner Zeit an der Abfassung und äußerlichen Her stellung der Verfassungs-Urkunde betheiligt gewesen, nur noch der — Buchbinder lebt. Die Fürsten, unter deren Regierung Sachsen die Constitution erhielt, König Anton und der Mitregent Prinz Friedrich August, die Minister von Nostitz und Jänkendorf und B. von Lindenau, welche die Ur kunde entworfen, der Geh. Rath Or. Merbach und endlich der Geheimsekretär, welcher das wichtige Aktenstück calligraphirt, sie alle hat der jetzt in Blase witz weilende hochbetagte Privatus Bierey überlebt, dem damals der Auftrag wurde, die Urkunde in Prachteinband mit schwerem rothen Sammet und reicher Vergoldung zu binden. Das historische Werth- stück ist im Staatsarchiv aufbewahrt und wird am Jubellage der sächsischen Verfassung jedenfalls den Abgeordneten zur Ansicht vorgelegt werden. — Die bekannten Berliner und andere Semiten blätter brachten kürzlich die mit mehr oder minder bissiger Kritik durchspickte und die sächsische „Ge- miethlichkeit" verspöttelnde Notiz, daß einem jüdischen Kaufmann aus Berlin, Herrn Kaim, Socius der dortigen Firma: C. Siedel, seitens der Dresdner Polizei übel mitgespielt worden sei. Man habe ihn am 7. d. in seinem Hotel in Dresden verhaftet, weil er für den von Posen aus wegen Meineids steckbrieflich verfolgten I. S. Chaim gehalten worden sei, und acht Tage lang sei er in Polizei- und Amtögewahrsam gehalten worden, trotzdem er sich zu seiner Necognition auf seinen Compagnon, seine Frau, seinen Hotelwirh rc. berufen habe. Wer die Darstellungen las, muß allergings angenommen haben, daß hier furchtbares Unrecht begangen wor den sei. Nach aktenmäßiger Darstellung des Sach verhaltes — wie ihn jetzt des „Leipz Tagebl." bringt — würde aber jede andere Polizeidirection ebenso gehandelt haben. Bei der genugsam bekann ten Thatsache, daß herumziehende israelitische Kauf leute aus dem einen oder andern Grunde oft ihre Vor- und Zunamen willkürlich verändern, glaubte die Dresdner Polizei den Gesuchten, Isidor Samuel Chaim, in der Person des in der Fremdenliste als „Isidor Itzig Kaim" bezeichneten Kaufmanns ver- muthen zu sollen, und es erfolgte daher am 8. August dessen Sistirung. Das von Posen aus vorliegende Signalement paßte genau auf den Sistirlen, der nicht einmal im Besitze von Legitimationspapieren war und bei seiner Vernehmung angab, wegen Hehlerei bereits mit Gefängniß bestraft worden zu sein. Da überdies der Jnhaftirte sich behufs seiner Necognition auf eine in Oberblasewitz bei Dresden wohnende, aber zufällig abwesende Cousine seiner Frau berufen hatte, deren Ehemann auf Befragen erklärte, daß seine Frau ihm niemals etwas von einem Verwandten des Namens Kaim oder Chaim erzählt habe und daß diese den Verhafteten nicht werde recognosciren können, so erfolgte noch an demselben Tage dessen Ablieferung an das Dresdner Amtsgericht behufs Wahrnehmung des Weiteren in der Sache. Lediglich der Legitimationslosigkeit des Herrn Kaim, der Namensühnlichkeit desselben und der auffälligen Uebereinstimmung des Signale ments mit dem des Verfolgten, sowie endlich dem gleicher Weise schien er die Aufmerksamkeit der übrigen Paffanten zu erregen, denn viele blieben im ehrfurchtsvollen Gruße stehen. Mechanisch grüßte Czrynowsky wieder. Das Beobachtetsein genirle ihn und er wandte sich eben wieder dem Tauri'schen Palais zu, denn der Besuch des Kaisers konnte jeden Augenblick er folgen. Langsam, in Gedanken versunken, überschritt er den von der Kaserne nach dem Palais führen den Weg. Hinter der mächtigen Stirn arbeiteten eben wieder Gedankenreihen der sonderbarsten Art, als er in die Umzäunung des Gartens getreten war. Eben hatte er die Wache passirt und war in den zweiten Laubengang eingetreten, als ein greller Lichtblitz wenige Schritte vor ihm aufleuchtete und er in der nächsten Sekunde einen stechenden Schmerz in der Herzgegend verspürte. Mit dem Aufschrei: „Heilige Mutter Gottes, ich bin getroffen!" sank der starke Mann zusammen. Während sich ein Theil Soldaten um den Umge sunkenen schaarten und einen Transport nach dem Palais begannen, eilten mehrere andere dem jungen Manne, der den Schuß auf Professor Rostow ab gegeben, nach. Die von ihm auf seine Verfolger abgefeuerten Revolverschüffe fehlten ihr Ziel und bald hatte man ihn eingeholt und gebunden. Nach Verlauf von zehn Minuten brachte man den gefesselten, jungen Mann nach demselben Zim mer, in dem Professor Rostow lag, um hier von dem wachhabenden Offizier weitere Befehle zu er halten. In diesem Augenblicke erschien der Kaiser. fataler Weise mißlungenen Versuche, sich durch seine Dresdner Verwandten legitimiren lassen zu wollen, ward das, was ihm in Dresden passirte, verschuldet. — Auch die kgl. Staatsanwaltschaft zu Chemnitz setzt eine Belohnung von 500 Mk. für Denjenigen aus, welcher die Ermittelung des Urhebers des an dem Lehmann'schen Kinde verübten Verbrechens herbeiführt. — Zuverlässigen Mittheilungen zufolge hat man in jüngster Zeit bei der Grube „Augustus Vereinigt Feld" zu Weigmannsdorf bei Freiberg wiederholt Spuren von gediegenem Silber und Glaserz vor einem in Betrieb gesetzten Stollnorle gefunden. Es erregt dieser Umstand unter der dortigen Gewerk schaft mit Recht nicht geringe Freude, ist doch hier durch erwiesen, daß die Traditionen, nach denen dort sehr reiche Silbererze brechen sollen, nicht auf bloßer Erfindung beruhen, sondern der Wahrheit entsprechen. — In Leutzsch bei Lindenau hat in der Nacht zum Dienstag ein polnischer Arbeiter einen Mann durch eine tiefe Stichwunde in den Kopf schwer ver letzt und so ruhig liegen lassen. Der Unglückliche ward vom patrouillirenden Gendarm aufgefunden, der Thäter alsbald verhaftet. — Die Fabrikation von Steinnußknöpfen ist durch Herrn Fabrikant Müller auch in Oberwiesenthal eingeführl worden ist und beschäftigt jetzt schon eine große Anzahl Arbeiter; denn es wurden alljährlich über 500 Ctr. Steinnüsse, die roh pro Centner 17 Mk. kosten, verbraucht. Die Masse dieser Früchte hat ein ganz elfenbeinartiges Aussehen; doch behalten die daraus gedrehten Knöpfe keineswegs die Farbe bei, sondern werden in allerlei Farben gekocht, um den Damen die Möglichkeit zu geben, Knöpfe von derselben Farbe zu haben, wie die Kleiderstoffe. Das Absatzgebiet in Deutschland vergrößert sich er freulicher Weise immer mehr und sogar England und Amerika nehmen diese Fabrikate ab. Zum Ab pochen der harten Schalen von den Früchten werden Knaben verwendet. Das Drehen der Knöpfe ge- i schieht jedoch von erwachsenen männlichen Arbeitern. — Der aus Leipzig ausgewiesene Socialist Fink, welcher sich nebst einigen anderen Genossen in Gera niedergelassen hat, empfiehlt in den dortigen Zei tungen „einem geehrten Bürger- und Arbelterstande Gera's und der Umgegend" seine Zschochern 58 neuerrichtete Schreibmaterialien-, Papier- und Schul- bücher-Handlung. Gleichzeitig empfiehlt ein mit Eleon. Fink gezeichnetes Inserat eine am dortigen Platze, Hospitalstr. 42 neuerrichtete Verlags- und Sortiments-Buchhandlung. — In Wurzbach, Reuß ä. L., ist am 22. d. früh der Postvermalier Hugo Wetzel in seinem Bette durch Messerstiche schwer verwundet und seine Frau neben ihm wdt aufgefunden worden. W. galt bis her allgemein als in guten Verhälinissen lebend und genoß die Achtung seiner Mitbürger in vollem Maße; das Elternpaar hinterläßt drei noch unerzo gene Kinder im Alter von 4 bis 7 Jahren. Die Motive zu der schrecklichen That Wetzels sind bis jetzt noch nicht mit voller Bestimmtheit anzugeben. Es sollen eine Anzahl Unterschlagungen vorliegen, Ein von ihm in der Kaserne der Leibgarde ge machter Besuch hatte ihn zurückgehalten, früher ein- zutreffen. Die Nachricht von dem Atlenate hatte ihn nach dem Palais eilen lassen. Der Arzt knöpfte eben den Rock des Getroffenen auf und entledigte ihn der übrigen Kleidungsstücke, aus denen jetzt ein kleines, rothes ledernes Bttchel- chen fiel, das die Kugel durchbohrt und so die Kraft der Kugel etwas geschwächt hatte. Es war vielfach zerrissen. Der Kaiser selbst griff hastig nach dem Buche und hing dann an dem Munde des Arztes, der die Wunde genau untersucht hatte. „Er wird enden, hier ist menschliche Hilfe frucht los," sagte er. Der Mörder, der bis zu diesem Augenblicke sprach los die Vorgänge beobachtet hatte, stierte den Kaiser an und schrie dann laut mit jener widerwärtigen, hartklingenden Stimme, die Irren eigen ist. „Dir, Kaiser Alexander, galt der Schuß, nicht Jenem. Seine Aehnlichkeit mit Dir hat Dir das Leben gerettet. Fluch Dir, Tyrann!" „Armer Czrynowsky," sagte der Kaiser, als der Daliegende von der Stimme der Ruferin erschreckt die Augen aufschlug. Mit übermenschlicher Kraft hatte sich der Mörder auf einen Augenblick den Händen seiner Führer entwunden und mit einem entsetzlichen Schrei stürzte er neben den mit dem Tode Ringenden nieder. „Czrynowsky!" schrie sie auf, „ich, Dein Weib, Deine Magdalena, habe Dich ermordet!" Dann brach sie zusammen. (Schluß folgt.)