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lhöiümM TaMM Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für dcn Stadtrath zu Waldenburg. 1N5. Donnerstag, den 25. August 1881. Bekanntmachung. Den aus Anlaß der Herbstmanöver den 2., 6. und 17. September d. I. hier durchpassirenden Truppen ist in Waldenburg auf einen Tag Quartier und Marschverpflegung incl. Brod zu gewähren. Von dieser Einquartierung werden betroffen am 2. September a. o. die quartierleistungspflichtigen Bewohner der Häuser unter Nr. 40 bis mit 51 in der Obergaffe, Nr. 52 bis mit 55 am Markt, 57, 58 und 59 in der Pachtergaffe, Nr. 79 am Schloßplatz, Nr. 131 in der Mittelstadt, Nr. 141 bis mit 147 am Königsplatz; am 6. September n. o. die der Häuser Nr. 66 in der Pachtergaffe, Nr. 71 bis mit 74 und Nr. 110 bis mit 116 am Markt, Nr. 75 bis mit 78, 84, 104 bis mit 109 in der Schloßgaffe, Nr. 134 bis mit 140 in der Mittelstadt, Nr. 119 und 148 am Königsplatz, Nr. 117, 118, 149, 150, 151, 179 bis mit 182 in der Johannesstraße; am 17. September n. e. die der Häuser Nr. 183 bis mit 187 in der Johannesstraße, Nr. 188 bis mit 192, 262 bis mit 264 am Markt, Nr. 265 bis mit 277 in der Obergaffe, Nr. 193 bis mit 197, 258 bis mit 261 in der Kellergaffe, Nr. 198, 226, 227 am Topf markt, Nr. 230, 255 und 257 in der Kirchgaffe, Nr. 237 und 249 am Kirchplatz und Nr. 251 und 253 in der Wagnergaffe. Die Zahl der jedem Quartierleistungspflichtigen zugetheilten Mannschaften wird vor deren Eintreffen angesagt werden. Etwaige Reclamationen über auserlegte Leistungen oder Anträge auf Aus quartieren oder Verlegen der Mannschaften sind rechtzeitig bei dem Einquar tierungsausschuß anzubringen. Die Quarlierbillets hat der Quartierwirth aufzubewahren und künftig bei Erhebung der Verpfleggelder aus der Stadtkaffe zurückzugeben. Waldenburg, am 22. August 1881. Der Stadtrath. Cunrady. Bekanntmachung. I" Ziegelheim bei Waldenburg tritt am L. September eine Poft- agentur in Wirksamkeit. Die neue Postanstalt, deren Bestellkreis die Ortschaften bezw. Einzelgrund stücke Beiern, Berghänser, Frohnsdorf, Garbisdorf, Göpfers dorf, Hinter-Uhlmännsdorf, Niederarnsdorf, Thiergarten, Uhl- mannsdorf und Wiesebach umfaßt, erhält ihre Verbindung durch eine tägliche Botcnpost von und nach Waldenburg, Sachsen. Im postdienstlichen Verkehr erhält die Postagentur die Bezeichnung „Ziegel heim Rgbz. Zwickau." Leipzig, den 22. August 1881. Der Kaiserliche Ober-Post-Director. In Vertretung: Calame. *Waldcnburg, 24. August 1881. i Die antijüdische Bewegung und die philosemitische Presse. Unter dieser Ueberschrift bringt die „Schles. Ztg." einen sehr beachtenswerthen Leitartikel, in welchem ; sie nach einer Vergleichung zwischen den ehemaligen ! demokratischen Auslassungen über die „Excesse" von 1848 und dem unsinnigen liberalen Geschrei über die Tumulte in Pommern folgendes ausführt: Jene Herren greifen sogar weit hinter das Jahr 1848 zurück; in der Judenfrage bekennen sie sich rundweg zu dem nach der Schlacht von Jena in Berlin verkündeten Gesetze: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" und zu dem zur Zeit der Karlsbader Beschlüsse adoptirlen System, nach welchem von ge wissen unbequemen Dingen überhaupt nicht gesprochen werden durfte. Jahrzehnte hindurch hat der Libera lismus — und gewiß nicht mit Unrecht — jede Beschränkung der freien Discussion politischer und socialer Fragen aufs entschiedenste getadelt, er er klärte das Wuchern eines Uebels unter der Decke als die größte Gefahr. Heute aber schleudert man nicht nur seine Bannstrahlen gegen Agitatoren wie die Herren Henrici und Nuppel, die, wenn sie auch nicht im entferntesten so weit gegangen sind, wie viele der im wahrhaft liberalen Lager noch heule hochgefeierten Wahlredner der Conflictzeit, doch manches verschuldet haben mögen und denen der Minister des Innern darum mit Recht engere Grenzen ziehen will — heute wirft man auch die jenigen in Acht und Aberacht, welche überhaupt jemals in eine Discussion der Judenfrage eingetreten sind. Hauptsünder bleibt nach wie vor der Hof prediger Stöcker, schwerbelastete Mitschuldige sind "lle, die auch nur dem Gedanken Ausdruck zu geben wagten, daß der Staat dem Volksgeiste Rechnung zu tragen habe, daß aber die massenhafte Anstellung von Juden im Richteramts und in der Schule diesem Geiste entschieden widerspreche und daß die Ver wendung von Juden in autoritativen obrigkeitlichen Aemtern geradezu eine Gefährdung jener moralischen Disciplin sein würde, die im freiwilligen Gehorsam ihren Ausdruck findet. Noch keines der hochliberalen philosemitischen Blätter hat sich je dazu aufgerafft, diese Ueberzeugung, zu der sich trotz aller entgegen stehenden Hindernisse eine Viertelmillion deutscher Männer aller Stände und Berufe in der Petition an den Reichskanzler sreimüthig bekannt hat, zu widerlegen, es wird schon verdammt, daß von der die Nation auf's tiefste bewegenden Frage überhaupt die Rede war. Hier ist der Punkt, wo das Wort aufhören soll, frei zu sein, hier sollen die Artikel 27 und 29 der Verfassung ihre Geltung verlieren. Ueber die deutsche Jugend, die sich von den ni- vellirenden Tendenzen des internationalen Man- chesterthums frei gehalten hat, die den Begriff „Va terland" wieder in höherem, idealen Sinne erfaßt, die sich nicht zu dem Glauben bekennen will, daß der um 1 Mark und 50 Pfennige gelöste Naturali sationsschein eines zugewanderten polnischen Kaftan- trägers das in zahllosen Schlachten vergossene Blut unserer Väter, die zweitausendjährige Geschichte un seres Volkes und seine christliche Weltanschauung auswiege, über diese deutsche Jugend, insbesondere die akademische und militärische, an der doch unsere Hoffnungen vor Allem hängen, wird mit Entrüstung der Stab gebrochen, sie wird ihrer manchesterlichen Väter für unwerth erklärt. Gegen den Reichskanz ler, der von den patriotischen, echt nationalen Re gungen in den Herzen dieser Jugend warm bewegt wird, der ihre'Festgrüße, wie es ja vielfach auch von unserem erhabenen Kaiser geschehen, mit er- muthigenden Wortm erwidert, auch gegen ihn rich tet die wahrhaft liberale Presse die maßlosesten Vor würfe, er wird wegen seiner Sympathien für diese Jugend geradezu als Mitschuldiger an den Straßen- tumulten in Pommern erklärt. Obgleich in den Kundgebungen der akademischen Kreise von der Ju denfrage gar nicht die Rede ist, ahnt die feinfühlige philosemitische Presse doch einen losen inneren Zu sammenhang, und das genügt für ihr Verdammungs urtheil. Auch der Gedanke ist in diesem Punkte nicht mehr zollfrei, man bekennt sich einfach zu den Maximen der ehemaligen Mainzer Untersuchungs commission. Uns erinnert das lebhaft an das Wort eines demagogenriechenden Büttels der damaligen Zeit: „Der Kerl raisonnirt inwendig." ^Waldenburg, 24. August 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die „Norddeutsche bestätigt, daß Fürst Bismarck das Tabak-Monopol einführen und aus dessen Revenuen die Arbeiter- und Invalidenversicherung schaffen will und bemerkt, es sei in keinem Lande und unter keiner Regierung bisher eine solche friedliche Lösung der socialen Frage auch nur ver sucht worden. Die „Post" bringt einen, wahrscheinlich inspirir- ten Artikel „Der Kanzler und die Judenhetze". Ueber seine persönlichen Sympathien, heißt es darin, sei der Reichskanzler Niemand Rechenschaft schuldig. Die jüdische Presse, in der er allein den Ausdruck der Stimmen der Juden ihm gegenüber suchen könne, halte seit Jahr und Tag auch nicht das kleinste Körnchen Sympathie für ven Mann gesäet, unter dessen Ministerium die Juden überhaupt erst thatsächlich emancipirt worden seien. Haß und Groll, Mißtrauen und Verachtung allein haben jüdische Publicisten und Redner gepflanzt, und wenn nun ein Baum emporgewachsen sei, der bittere Früchte trage, so haben sie allein es sich zuzuschreiben. Wenn die jüdische Presse und die jüdischen Redner aufhören, den Fürsten Bismarck in seiner persön lichen Ehre anzugreifen, oder wenn die jüdische Be völkerung endlich zu erkennen gebe, daß sie sich nicht fernerhin mit der jüdischen Börsen- und Reporter- preffe identificirt, dann würde die seit Entstehung der Bismarckshetze aufgeworfene Frage, wie Fürst Bismarck sich persönlich zur Judenhetze stelle, gar nicht mehr existiren. Die amtliche Stellung des Reichskanzlers der Judenfrage gegenüber werde aber nach wie vor durch das Gesetz allein und ohne Rücksicht auf die Sympathie und Antipathie des Fürsten Bismarck als geregelt betrachtet werden müssen. Die „Kieler Ztg." hört aus sicherer Quelle, der preußische Minister des Innern habe durch den Negierungscommiffar Lorenzen angeordnet, daß Sach verständige eine Untersuchung vornehmen sollen, ob die Schiffe „Sokrates" und „Diogenes" sich zur Aufstellung von Geschützen ohne vorherigen Umbau eignen. Die Marinestation rssp. die Ober- werftdirection wurde hierüber ebenfalls zu einem Gutachten aufgefordert. Nach der Statistik der preußischen Schwurge richte für das Jahr 1880 kommt im Durchschnitt ein Verbrechen auf 2166 Einwohner im Ober landesgericht Königsberg, auf 2610 in Marienwerder, 3603 beim Kammergericht Berlin, dagegen nur auf 6193 im Oberlandesgericht Frankfurt a. M., 6718 in Stettin, 6878 in Cöln. Für das Armen wesen sind im vorigen Jahre