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welche das Haus selbst am Platze mit Kunden ab schließe, kommt nach einem Erkenntnisse des Reichs gerichts vom 27. April 1881 bei der Geltendma chung von Provisionsansprüchen Seiten« des Agenten aus Geschäften, die an dem ihm bestimmten Platze von seinem Hause direct abgeschlossen werden, auch dann in Betracht, wenn ein besonderer schriftlicher Vertrag zwischen ihm und dem von ihm vertretenen Hause besteht, dessen Inhalt nur den Fall der von dem Agenten selbst vermittelten Geschäfts-Abschlüffe berücksichtigt, ohne den Fall der unmittelbar von dem Hause bewirkten Geschäftsabschlüffe zu berühren. In diesem Falle gilt neben dem im Vertrage aus drücklich ausgesprochenen auch das darüber hinaus dem Handelsbräuche Entsprechende. — Die Feier des deutschen Nationalfestes wurde in Dresden, vom freundlichsten Wetter begünstigt, in der in früheren Jahren üblichen Weise begangen. Die königlichen und städtischen Gebäude, diejenigen der kaiserl. Oberpostdirection, sowie auch eine große Anzahl von Privathäusern der inneren Stadt und der Vorstädte waren reichlich mit Flaggen geschmückt. Die höheren Lehranstalten und Schulen feierten den Tag durch Festacte. Von Mittags an blieb eine große Anzahl von Geschäftslokalen geschlossen. Die verschiedenen Concertlokale hatten patriotische Musikaufführungen veranstaltet und waren die öffent lichen Plätze durch Gaspyramiden erleuchtet. Abends von '/e8 Uhr bis '/a10 Uhr fand auf einem am Siegesdenkmal am Altmarkt hierzu errichteten Podium eine Musikaufführung durch den allgemeinen Musiker verein statt. — Das Königliche Gymnasium in Chemnitz hat seinen Actus am Sedantage unter freiem Himmel an der uralten Körnereiche im Zschopauthale bei Lichtenwalde, dem Harrasfelsen gegenüber, beim herrlichsten Wetter abgehalten. Herr Prof. Strau- mer hielt dabei die Festrede. Der Besitzer von Lichtenwalde, Graf Vitzthum von Eckstädt, hatte dem Schülercötus seine Gärten in freundlichster Weise geöffnet und ließ nach der Feier sämmtliche Wasser- künste spielen. — Die Zündwaarensabrik in Pirna hat seit dem 1. September die seit Anfang Juli sistirte Fabrikation wieder ausgenommen und finden somit die damals entlassenen Arbeiter daselbst wieder lohnende Be schäftigung. — Am Mittwoch hat in Reichenbach ein von Ober-Reichenbach gekommener anscheinend toller Hund in wenigen Minuten drei Knaben gebissen. In Nieder-Reichenbach wurde der Hund vom Ortsvor steber Heinze erschossen. — In Groitzsch sind am Dienstag Morgen meh rere Exemplare des confiscirten socialistischen Flug blattes „An die Bewohner der Amtshauptmannschaft Leipzig" aus den Straßen gesunden worden, mit denen natürlich nach den gesetzlichen Bestimmungen sofort verfahren wurde. Man scheint die Absicht gehabt zu haben, daß die am Tage zuvor in Groitzsch einquartierten Soldaten das verbotene Blatt finden sollten. Vermischtes. Vielfach erprobtes Hausmittel gegen Husten. Einen halben Liter geschälte Zwiebeln (jede einzelne kreuzweis an- aber nicht durchschnitten) dreiviertel Stunde in einem Liter Wasser gekocht, der Masse sodann für 20 Pfg. Honig und ein halbes Pfund Kochzucker zugesetzt, das Ganze aufs Neue eine starke halbe Stunde gekocht und schließlich durch einen Seiher gedrückt. Hiervon nach Bedarf insbesondere morgens und vor dem Schlafengehen einen Schluck genommen. Möge das einfache Mittel jeden Lei denden gute Dienste thun. Ucbcr eine romantische Eutführungsgeschichte wird der Prager „Politik" aus Kollein unterm 20. Aug. folgendes berichtet: „Die Tochter des dortigen reichen Kaufmanns Halter war mit einem Gutsbe sitzer aus Hedersdorf, einem kleinen Dorfe unweit Kollein, verlobt, trotzdem sie, wie alle Welt wußte, mit einem jungen, zu allerlei Ueberschwenglichkeiten aufgelegten Ingenieur eine Liebschaft hatte. Am 15. August, nachmittags 2 Uhr, sollte die Trauung des Gutsbesitzers mit der Tochter Hallers in Heders dorf statlfinden; die Hochzeitsgäste fuhren in 8 Wagen zur Kirche: voraus und in etwas schnellerem Trabe als die übrigen Wagen fuhr derjenige, in welchem die Braut, deren Mutter und der Bräutigam saßen. Der erste Wagen bog um eine Minute früher als die übrigen auf dem Platze ein, wo die Kirche steht, und als die anderen Wagen vor der Kirche hielten, war der erste Wagen fammt seinen Insassen ver schwunden. Tie Hochzeilsgäste machlen sich sofort auf die Suche, doch in ganz Hedersdorf war keine Spur der Vermißten zu entdecken und so mußte die Trauung aufgeschoben werden. Am späten Abend kehrten die Gatlin Halters und der Bräutigam, über und über bestäubt und vollständig erschöpft, nach Hedersdorf zurück und erzählten, daß der Kutscher, neben welchem ein Bedientersaß, trotz ihres heftigen Protestes an der Kirche im Galopp vorbeigefahren war, in wenigen Minuten Hedersdorf verlassen hatte und von der rasenden Fahrt erst anhielt, als sie sich nach einer Stunde auf der vollständig öden Land straße befanden. Hier stiegen Kutscher und Bedienter ab und einer seiner guten Freunde, die mit den Bediensteten des Wageninhabers für eine Summe Geldes die Rollen gewechselt hatten. Mutter und Bräutigam wurden trotz ihres heftigen Stäubens aus dem Wagen gehoben und mußten den Weg nach Hedersdorf zu Fuß zurücklegen, während der Ingenieur und sein Freund mit der Braut davon fuhren. Heute 20. August, also 5 Tage nach der geplanten Hochzeit, wissen die Eltern des Mädchens noch immer nicht, wo sich ihre Tochter befindet." Schützenfestkatzenjammer. Schön ist's gewesen, das Münchenec Schützenfest, aber Geld hat es auch genug gekostet, schreibt die „Bayer. Landesztg.", namentlich haben die Leihhäuser wieder die besten Geschäfte gemacht. Da gab es Dienstmänner, die ihre Karren, Schreiner, die ihre Hobelbank, Schu ster, welche die Stiefel ihrer Kunden, Hausfrauen, die ihr letztes Kopfkissen, und Mütter, welche die Wiege ihres Säuglings versetzt hatten, Alles blos nur, um die Schützenfestgaudi auch mitzumachen. Innerhalb acht Tagen wurden unter anderen Ge brauchsgegenständen in der Münchener Hauptleih- anstält nicht weniger als 600 Federbetten, 312 Paar Beinkleider, 247 Paar Stiefel, 57 Kleider schränke rc. versetzt. So lange nur goldene Uhren und Ketten ins Versatzhaus wandern, ist das Uebel nicht groß; wenn aber der arme Mann seine Klei der und Betten, der Handwerker sein Handwerks zeug ins Leihhaus trägt um des Vergnügens willen, dann ist dies ein schlimmes Zeichen. Allerlei. Die Stadt Eisleben hat eine bedeu tende Erbschaft gemacht. Wie dem dortigen Magi strat von der deutschen Botschaft in Paris mitgetheilt worden ist, hat ein in Neuilly an der Seine ver storbener Italiener, Marchese Carlo Lorenzo Pareto, der Stadt Eisleben, als dem Geburtsorte des großen Reformators Luther, ein Capital von 200,000 Francs vermacht. Der Testamentsvollstrecker erhält für seine Mühe das gesammte Mobiliar, Silberzeug rc. des Verstorbenen. Der Magistrat hat den Nachlaß mit Dank angetreten und zum Vollstrecker des Te staments den Bürgermeister Martins in Eisleben ernannt. — Aus Genf wird gemeldet, daß in der Nähe des Ortes Sumwix im Graubündtner Ober lande ein Bergsturz stattgefunden hat, der sehr üble Folgen haben kann. In der „Tobel," einer Schlucht, durch welche der sogen. „Sumwixer Rhein" schäumend fließt, sind Felsmassen zusammengestürzt und das Wasser hat sich derart aufgestaut, daß es einen vollständigen See bildet. Das Pfarrdorf Surrein, das in der Nähe gelegen ist, befindet sich in großer Gefahr, da kaum zu hoffen ist, daß das Wasser sich durch die herabgestürzten Felsmaffen wird Bahn brechen können. — In Paris ist der Financier, Herr Fölix sen., welcher an der Spitze der „Banque de l'Union Financiöre" in der Rue Richelieu stand, durchgegangen und hat die Casse mitgenommen. Das Deficit wird auf zwei und eine halbe Million Francs geschätzt. — Von Dover aus soll mittels des Dampfers „Herold" ein Versuch gemacht werden, das bei Folkestone in der Tiefe liegende deutsche Panzerschiff „Großer Kurfürst" zu heben. — Der Abendpersonenzug von Pest nach Wien fuhr am 3. d. bei Szobb auf einen vor ausfahrenden Güterzug. Die Maschine des Perso nenzuges und einige Lastwagen wurden beschädigt und entgleisten. Der Lokomotivführer und der Füh rer des Personcnzuges sind schwer, ein'ge Reisende leicht verletzt. — Telegramme aus St. John, Neu fundland, melden, daß der Walfischfang in der Davisstraße diese Saison ein Mißerfolg gewesen ist. Der Gesammtfang von bis zum 13. August beschäftigt gewesenen 12 Fahrzeugen aus Dundee betrug 448 Tonnen gegen 1077 Tonnen im vorigen Jahre. Der Walftschfahrer „Victor" aus Dundee ging auf den Walfischgründen zu Grunde, doch vermochte die aus 53 Köpfen bestehende Mannschaft sich zu retten. — Weitere Telegramme über den Untergang des Postpacketdampfers „Teuton" am Cap Quoin (Süd afrika) melden, daß das vom Dampfer ausgesetzte Boot mit gegen 30 Frauen und Kindern, welches man gerettet hoffte, untergegangen ist und daß alle ihren Tod gefunden haben. — Die Krebspest macht in den märkischen Gewässern noch immer Fortschritte. In dem Parstein-See bei Angermünde ist die Seuche ebenfalls ausgebrochen. Nach Aus sage der Fischer befindet sich kein lebender Krebs mehr an dem einen Ende des Sees, wogegen beim Parsteinwerder und weiter am anderen Ende noch wenige Krebse vorhanden sein sollen. — Ein entsetzliches Attentat wurde am 3. d. in Lille verübt. Ein Kutscher erhielt von einem Unbekann ten sechs Kisten, um sie bei verschiedenen angesehenen Bürgern abzuliefern. Er übergab dieselben in drei Häusern den Adressaten; in zwei Häusern wurden sie geöffnet, und jedes Mal erfolgte eine furchtbare Explosion. In dem einen Fall wurden ein Vater und sein Sohn tödtlich, in dem andern eine Mutter und ihre Tochter schwer verletzt. Die Zimmer wur den zerstört und alle anwesenden Personen zu Boden geschmettert. Das Motiv der unseligen That soll Rache gewesen sein. Die Spur der Thäter ist an geblich bereits aufgefunden. Erziehungswefen und Gesund heitspflege. (Erscheint jeden Dienstag.) Erziehliche Briefe. Vierte Folge erster Brief. Die Geschichte eines Thalers. (Fortsetzung.) „Wenn man nun nach den Ursachen jener unerquicklichen Erscheinungen fragt, so muß man sich doch gerechter Weise die Antwort geben: Die Ursachen sind zweierlei Art — nämlich erstens die noch immer so mangelhafte Erziehung eines großen Theils der Mädchen und zweitens die aus unseren modernen Zuständen hervorgehende Entartung eines eben so großen Theils des Münnergeschlechtes, des Geschlechtes also, welches sich so gerne „das starke" nennen hört. Es mag meine Behauptung hart oder paradox klin gen, sie ist aber weder das eine noch das andere. Denn ebensowenig, wie^es mir beifallen könnte, die vorhin aus gesprochenen Ansichten summarisch auf das ganze weibliche Geschlecht zu beziehen, ebensowenig kann mein Urtheil der Männerwelt im Allgemeinen gelten. Es gibt, namentlich in dem gebildeten Mittelstände, Gottlob! eine respektable Anzahl von Männern und Frauen, denen der mächtig durch das Jahrhundert hinschreitende Genius eines Kant, eines Lessing, eines -Herder und Schiller seine Spuren aufgedrückt hat und in denen er den Sinn für die idealen Güter des Lebens rege erhält. Man darf aber auch nicht verkennen, daß unter den Männern anderer Stände einerseits eine große Verweichlichung, andererseits eine gewisse sittliche Verwahrlosung um sich gegriffen hat, die den denkenden und gefchichtskundigen Menschen mit Besorgniß um die socialen Zustände unseres Vaterlandes erfüllen muß. Diese zersetzenden Elemente haben — bald in höberem, bald in geringerem Grade — bereits die Mehrzahl erfaßt und ver leiben darum unserer Zeit ihr Gepräge. Insofern habe ich also nicht Unrecht, wenn ich von der Entartung der Män ner und von der Verzogenheit der Frauen spreche. Nur diejenigen könnten darüber entrüstet sein, welche sich ge troffen fühlen. „Beide Uebelständr gehen übrigens mit einander Hand in Hand. Denn wenn der Gatte nicht nur dem Namen nach, sondern in der That das Haupt der Familie ist: wenn er als Mann von Einsicht und Charakter seine Würde behauptet, so werden die Töchter, unter solchen Eindrücken ausgewachsen und rationell erzogen, in ihm das männliche Geschlecht zu achten sich gewöhnen. Cs wird ihnen, wenn sie sich später verheirathen, nicht entfernt beifallen, die erste Stelle im Hause einnehmen und das Scepter führen zu wollen, sondern Beides werden sie als selbstv-'rständlich dem Hausherrn überlassen. Jede gebildete, verständige Frau sieht ein, daß das „Weiberregiment" wohl zuweilen ein nothwendiges Uebel sein kann, immerhin aber ein Uebel bleibt, unter dessen Folgen schließlich ihre eigensten Interessen schwer zu leiden haben. Je klüger und liebe fähiger die Frau ist, desto weniger wird sic über ihre Rechte eifersüchtig streiten ; desto mehr wird sie ihr Genüge finden in der freiwilligen Pflichterfüllung innerhalb ihrer natür lichen Berufssphäre; desto aufrichtiger wird sie die Ueber- legenheit des Mannes herbeiwünschen, um mit Stolz zu ihm emporblicken zu können. Nur ganz beschränkte Frauen sind unfähig, die geistige Ueberlegenheit in ihrer Bedeutung auch nur zu ahnen, geschweige denn anzuerkenncn und sich ihr unterzuordnen. Die verständig erzogene und wahrhaft gebildete Frau wird ihr Glück und ihre Freude darin su chen, sich vertrauensvoll und dankbar der Führung ^cines Mannes zu überlassen, der mit fester Hand das Steuer führt, welches ihn und die Seinigen durch die Stürme des Lebens hindnrchlenken soll. Lie wird den Gatten in^er Erziehung der Kinder treulich^untcrstützen und so den Se gen eines gesunden, glücklichen Familienlebens von Geschlecht zu Geschlecht vererben. „Andernfalls denke man sich eine Ehe, in welcher der Mann schwach ist an Charakter oder an Verstand oder auch an Beidem, zu dessen Lobe man aber anzuführen pflegt, daß er ein „gutmüthiger Mensch" ist, — ein Lob, welches unter solchen Umständen doch einen sehr zweifelhaften Werth hat. Ein solcher Mann incommodirt die Seinigen nie, er ist, wenn nicht vorweg gefügig, so doch durch Bitten und Schmeicheln leicht zu Allem zu bewegen und läßt am liebsten Alles gehen, wie es eben geht, weil er die eigene Schwäche fühlt und weil er es mit denen nicht verderben mag, von denen er sich abhängig weiß. Er ist absolut unfähig, lange allein zu sein und auf eigenen Füßen zu stehen. Ohne Halt an sich selbst, braucht er stets Jemand, mit dem er die geringfügigste Sache bespricht, der ihn an hören, ibn leiten und ihm rathen muß. Darum fühlt er sich so wohl in dem Stande der Che, denn seine Liebe gilt weniger der Person^ als der Sache. Und wenn die Frau ein Muster von Sanftmut!) und Geduld wäre, durch ihn wird sie zum Bevormunden gezwungen. Hat der arme Mann das Unglück, seine Frau zu verlieren, so sucht er alsbald Trost in einer zweiten Ehe. Nun fühlt er sich erst recht glücklich, denn die zweite Frau hat ihn aus^einer sehr peinlichen Situation befreit. Stirbt diese zweite Frau, so wird zum dritten Male, nöthigenfalls auch zum vierten Male geheirathet. Der „gutmüthigc Mensch" ist mit allen Frauen zufrieden, so verschieden deren Charaktere auch sein mögen. Ein so flaches Gemüth gleicht dem Lande, auf dessen Oberfläche jeder Eindruck vom leisesten Windhauche