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der Regierung. Die Opposition hat jetzt das ganze Reich in Bewegung gesetzt. In den Städten und auf dem Lande hallt es wieder von verlockenden Versprechungen, mit denen der Liberalismus stets versucht hat und durch die es ihm leider oftmals geglückt ist, Tausende von Leichtgläubigen zu be thören. Aber der gesunde Kern der Nation wird sich nicht vom rechten Wege ablenken lassen. Er bleibe vor allen Dingen eingedenk der Thatsache, daß unser geliebter Kaiser Wilhelm dem Mann, der unter Seiner glorreichen Regierung so Großes voll bracht hat, dem Fürsten Bismarck, Sein Vertrauen und Seine Huld ungeschmälert bewahrt; daß des Kaisers Wille und Wünsche durch die Haltung Seiner Regierung allein unzweideutig anerkannt werden können, und daß es Spiegelfechterei ist, dem Volke vorreden zu wollen, es könne — unbeschadet seiner Treue für den Monarchen — dessen Regierung be kämpfen. Wer für den Kaiser ist, der ist auch für seine Regierung! Wer die Regierung angreift, indem er deren Feinde durch seine Stimme unter stützt, der greift auch unseren Kaiser an! Dies sei unser Feldgeschrei und damit laßt uns vertrauens voll in den Kampf ziehen gegen die zungenfertigen Feinde des Kaisers und des Reichs. Niederlande. Die Niederländer können sich wieder auf eine kostspielige Expedition in Atschin gefaßt machen, da die neuesten Nachrichten den baldigen Ausbruch eines Aufstandes als unzweifelhaft erscheinen lassen, der sich schon jetzt durch zahlreiche Angriffe auf Privatbesitzungen, ja sogar auf holländische Truppen- abtheilungen und Posten ankündigt. Es ist bekannt, daß die Holländer in Atschin, dem nördlichen Küsten strich der Insel Sumatra, schon länger als ein halbes Jahrzehnt in wechselvollem, unsäglich ver lustreichem und kostspieligem Kampfe mit den Ein wohnern gelegen haben. Erst die Energie des letzten hervorragenden Heerführers, des Generals von der Heyden, gelang es, den Widerstand der zahlreichen eingeborenen Häuptlinge und Radjas (Fürsten) zu brechen. Immerhin war die Unterwerfung keine vollständige, vielmehr überfielen die Atjeher z. B. noch am 30. Juni vorigen Jahres einen Theil der Besatzung von Samalangan; ihre Züchtigung gelang nur mühsam und nicht vollständig. Dieser an sich nicht bedeutende Zwischenfall beweist, daß es nur einer günstigen Gelegenheit, einer falschen Maß regel von Seilen Hollands bedarf, um den Auf stand von Neuem auflodern lassen. Eine solche falsche Maßregel haben die Niederländer nun — man könnte sagen nach dem Vorbilde der Franzosen in Algerien — getroffen, indem sie nämlich an Stelle der wohllhätigen, strengen aber gerechten Militär- dictatur unter Heyden dem Lieblinge der Einge borenen, die Civilverwaltung einführten. Die Con- cession, welche man den „modernen Ideen" und dem „Geiste der Humanität" zu machen sich gemüßigt glaubte, imponirt natürlich den Malayen ebenso wenig wie den Kabyle» in Afrika, sie alle sehen in einer solchen Maßregel nur ein Bekenntniß der Schwäche. Daher empfing auch die holländische Be völkerung Sumatras, mit instinctiver Würdigung dessen, was sie dem Militärgouverneur und Dic- tator Heyden an Sicherheit verdankte, den neuen Civiladministrator, Pruys van der Hoeven, mit so feindlichen Kundgebungen, daß es die Regierung vorzog, mit der Einführung der Reformen noch zu warten. In der That erfolgen die Reformen auch erst zu Anfang dieses Jahres; man kann gespannt darauf sein, was die 8000 Mann, welche gegen wärtig die Colonien decken, gegen einen allgemeinen Aufstand der Malayen beginnen werden. Jedenfalls wird diese Truppenzahl von Java aus erheblich verstärkt werden müssen. Ihre militärische Tüchtig keit hat die holländische Armee bereits in zwei Feld zügen bethätigt, so daß an einem glücklichen Aus gange der eventuellen Expedition allerdings kaum zu zweifeln ist. Frankreich. Aus Goletta wird vom 1. September gemel det: Die auf dem Marsch gegen Hammamat über fallenen 1200 Franzosen haben über 90 Todts ver loren. Die Zahl der Verwundeten ist unbekannt. Gestein wurden die letzten verfügbaren Truppen, 400 Mann stark, von Goletta und Manuba escor- urt und von der Fregatte „Reine blanche" per Dampfer nach Hammamat geschickt, welches eventuell bombardirt wird. Die Unzulänglichkeit der Truppen ist unleugbar festgestellt, da jetzt die Hauptstadt Tunis und Goletta von jeder Besatzung entblößt wurden. Es finden fortwährend Gefechte statt, über deren Resultat nichts verlautet. England. Der Premierminister Gladstone hat vor einiger Zeit erklärt, die Regierung werde sich während der Parlamentsferien mit der Ausarbeitung von Ver einfachungen der Geschäftsordnung des Un- l terhauses befassen, welche für den gegenwärtigen Umfang der parlamentarischen Arbeiten sich als recht ungelenk gezeigt hat. Die Sache hat aber ihre bedeutenden Schwierigkeiten, nicht blos wegen der großen und im Wesentlichen heilsamen Scheu der Engländer vor der Antastung parlamentarischer Ueberlieferungen, sondern auch weil eine Vereinfa chung des Geschäftsganges kaum denkbar ist, ohne die hoch gehaltenen Privilegien der Minoritäten we nigstens einigermaßen abzuschwächen. Eine Be. schränkung der großen Geschäftstätigkeit des Unter hauses könnte aber gewiß nur nützlich sein. Ein unermeßliches Unglück droht in landwirth- schaftlicher Beziehung. Sollte das regnerische Wetter, von dem England in letzter Zeit so viel zu leiden hatte, noch länger anhalten, so wird die Ernte vollständig ruinirt. Spanien. Bei den Senatorwahlen wurden 200 Ministe rielle, 18 Conservativen, 15 Demokraten und Un abhängige gewählt. Afrika. Selbst die Hauptstadt Tunis ist ernstlich von den Insurgenten bedroht, die plötzlich an allen Punk ten auftauchen. Die Truppen weigern sich auf ihre Landsleute zu schießen und versehen diese mit Munition und Lebensmitteln. Die Generäle Logerot und Saussier verlangen dringend Verstärkungen. Aus Marseille und Toulon wird gemeldet, daß die Entsendung von Truppen nach Afrika mit fieberhafter Hast betrieben wird. Die Annexion von Tunis wird unter solchen Umständen als nothwendig be zeichnet. Nacy einer Meldung der „Agence Havas" aus Tunis begingen die Insurgenten nach dem Rück züge der Colonne Correard nach Hamman-el-Lif große Erpressungen in Soliman, Grambela und Turki ungeachtet der in der nächsten Nähe lagern den tunesischen Truppen, welche keinen Versuch machten, dies zu verhindern. Die Insurgenten scheinen sich von da westlich wenden zu wollen, um die französischen Truppen anzugreifen, welche Zaghonen besetzt halten. Viele Eingeborene ver lassen Tunis mit Waffen und Munition. Die Be setzung von Tunis durch französische Truppen wird daher zur Nolhwendigkeit. Amerika. Nach dem am 3. d. über den Zustand des Prä sidenten Garfield ausgegebenen Bulletin schreitet die Besserung in dem Befinden des Patienten fort. Die Aerzle haben beschlossen, den Präsidenten so bald als möglich nach Long-Branch überzuführen. Der amerikanische General Carr ist mit sieben Offizieren und 110 Soldaten von dem Stamme der Apachen angehörigen Indianern aus Neu- Mexico überfallen und niedergemetzelt worden. Nach anderer Meldung sind nur 64 Personen dabei umgekommen. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 5. September. Wie es heute hieß, sollte draußen im fürstlichen Forste eine Frau wdt aufgefunden worden sein, doch als man nach gemachter Meldung den Leichnam aufheben wollte, war derselbe verschwunden. Wahrscheinlich lag eine Täuschung vor und hat sich die angeblich tobte Frau während der Zeit, in welcher die Meldung er stattet wurde, wieder entfernt. * — Vergangenen Freitag verunglückte ein Unter offizier der an diesem Tage hier einquartierten Husaren, indem er mit dem Pferde stürzte und einen Fuß brach. Der Verunglückte wurde nach Zwickau ins Kreiskrankenstift gebracht. * — Vergangenen Sonnabend wurden mehrfach in hiesigen Häusern Broschüren aufgefunden, welche die letzten Reichstagsreden des Socialdemokraten Auer enthielten. Die Broschüren sind wahrscheinlich socialdemokratischer Seits verbreitet worden, und soll bereits der Verbreiter in der Person eines Altwalden burgers verhaftet sein. * — Während des gestrigen Vormittagsgottesdien stes fand in der hiesigen Stadtkirche vor versammel tem Kirchenvorstand von Waldenburg und Schwaben die feierliche Einweisung und Ordination des Herrn Diaconus Las. Wächter^statt. Die Ordination vollzog Herr Superintendent Weidauer aus Glauchau unter Assistenz der Herren Oberpfarrer vr. Schumann von hier und Pastor Spiegelhauer aus Altstadt- Waldenburg. Herr Superintend. Weidauer sprach über das dem Sonntagstext entnommene Wort „bis zur Ernte", welches derselbe als Wort Christi in seiner allgemeinen Bedeutung und als Mahnung an den zu Oidinirenden, sowie an die Gemeinde aus legte. Herr vr. Schumann brachte den Lebenslauf des Einzuweisenden zu Gehör, Herr Hofrath Martini übergab im Auftrag Sr. Durchlaucht des Fürsten die Anstellungsurkunde, während Herr Diakonus Wächter über den Sonntagstext „Vom Unkraute unter dem Weizen" predigte. Die ganze Feierlich keit dauerte 2'/r Stunden. Aus dem Sachsenlande. — Se. Majestät der König hat den am 3. d. bei Stolpen stattgefundenen Uebungen der II. Jnfan- teriebrigade Nr. 46 angewohnt. — Im Auftrage der Ministerien Innern und der Finanzen wird auch dieses Jahr in der Forellenlaich zeit an der kgl. Forstakademie zu Tharandt ein öffentlicher und unentgeltlicher Lehrcursus für künst liche Fischzucht durch den Professor vr. Nitsche ab gehalten werden. — Die feierliche Eröffnung des Landtags fand am 4. d. Mittag I Uhr im Thronsaale des Königl. Residenzschlosses mit all' dem bei diesem Anlässe üblichen Pompe und Ceremoniell statt. Den Mit telraum des Thronsaales nahmen die Mitglieder beider Kammern, ihre Directorien an der Spitze, ein. Die Präsidenten v. Zehmen und Haberkorn hatten die Großkreuze des ihnen verliehenen Civil- verdienstordens mit den breiten Atlasbändern ange legt. Unter den Mitgliedern der 1. Kammer waren der Fürst von Schönburg und der Graf von Solms- Wildenfels, die ehemals Reichsunmittelbaren, in den Johanniter-Uniformen erschienen. Die Ständever sammlung wurde umsäumt von einer aus den letzten Hofrangordnungen und vielen Offizieren gebildeten glänzenden Corona. Links vom Throne placirte sich das diplomatische Korps. Da der Königl. preußi sche Gesandte Graf Dönhof beurlaubt, so wurde diese Gesandtschaft durch den Legationsrath Prinzen von Thurn und Taxis vertreten; neben ihm standen der russische Gesandte von Nelidow und der einst weilige Leiter der österreichischen Gesandtschaft Graf Wodczizki, sowie mehrere Attaches und Con- suln. Punkt 1 Uhr ertönte aus einem Nebensaale die vom Trompeterchor des Gardereiterregiments geblasene Fanfare, das Nahen des königlichen Zugs verkündend. Denselben eröffnete der Oberceremo- nienmeister v. Minckwitz, den Mitgliedern der ersten beioen Hofrangordnungen voranschreitend, deren Hof- Sekretär Mayer ihre Stellung im Thronsaale be zeichnete. Nun nahte mit großem Gefolge Se. Majestät der König selbst; hinter ihm schritten sein königlicher Bruder Prinz Georg und dessen ältester Sohn Prinz Friedrich August einher, der zum ersten Male dieser Ceremonie beiwohnte. Se. Maj. der König wurde bei seinem Erscheinen durch ein vom Präsidenten v. Zehmen ausgebrachtes dreifaches Hoch enthusiastisch empfangen, bestieg, freundlich grüßend und dankend, den Thronscssel, bedeckte sein Haupt mit dem reiherfedergeschmücklen Helm und nahm die vom Premierminister v. Fabrice ihm überreichte Thronrede entgegen. Prinz Georg Kgl. H. und sein Sohn stellten sich links und rechts von Sr. Majestät auf. Hinter dem König nahmen Oberhofmarschall v. Könneritz und Oberhofmeister v. Lüttichau, der Stadtcommandant General v. Funke, der General adjutant v. Carlowitz und der Generalintendant des Hoftheaters, Gras Platen, Ausstellung. Die Herren Slaatsminister v. Fabrice, v. Nostitz, v. Könneritz vr. v. Gerber und Ov. v. Abeken postirten sich dem diplomatischen Corps gegenüber; in ihrer Nähe weilten noch der Oberkammerherr v. Gersdorf, der Hausmarschall v. Gutschmied und die Obersten v. Nostitz, v. Minckwitz und v. Cerrini. Hierauf verlas Se. Maj. die Thronrede, die wir an anderer Stelle mit- theilen. Bei der Ankündigung des Erlaßes von Steuer zuschlägen ging durch die Landstände eine freudig zu stimmende Bewegung. Nachdem sodann der Kgl. Kriegsminister v. Fabrice die Thronrede wieder in Empfang genommen, verlas Geh. Rath Held die Eröffnung dec Regierung auf die Beschlüsse des letzten Landtages. Hierauf erklärte der Kriegsminister v. Fabrice „auf Befehl Sr. Majestät den 19. ordent lichen Landtag des Königreichs" für eröffnet und der königliche Zug entfernte sich, während die Versammlung in das vom Präsidenten Haberkorn ausgebrachte Hoch auf Se. Maj. den König lebhaft einstimmte, in dersel ben Ordnung, wie er gekommen war. Den mili tärischen Ehrendienst hatte in der Nähe des Thron saales eine Schwadron Gardereiter, am Fuße der Schloßtreppe eine Compagnie des Leibgrenadier regiments Kaiser Wilhelm. — Den beim jetzigen Pflügen der Felder massen haften Ausfinden von Engerlingen zufolge ist für nächstes Jahr eine Maikäfer-Calamität zu befürchten; es wäre daher jedem Landwuth ans Herz zu legen, die größte Sorgfalt auf Vernichtung derselben zu verwenden, um dadurch der Entwickelung der Maikäfer energisch en'gegenzutreten. — Der in käufmännischen Kreisen bestehende Brauch, daß ein für einen bestimmten Platz von einem auswärtigen Hause bestellter Agent Provision , auch von denjenigen Geschäften zu fordern habe,