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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 25.09.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188409257
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840925
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840925
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-09
- Tag 1884-09-25
-
Monat
1884-09
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 25.09.1884
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Ehemoltzer Anzeiger rntd Ttadtbote. Rr. 220, Donnerstag, 25. September 1884. Seit» 2. legenen Eastbourne ihre täglichen, öfters auch nächtlichen Strand predigten ableiem hören. Am Tage geschieht es mit Abraham u Sancta Llara'schen Witzen; bei Nacht mit erbärmlichem Gewinsel. Tann zieht trommelnd und paukend das „Heer der Seligmacher" mit „Blut, und Feuer-Bannern" auf. Bacchantisch erregte Jung- fräulein uiarschiren im Sturmschritt, Mucker-Lieder nach den lustigsten Weisen singend und abtanzend, neben den Männern einher, und bald gleichen di« Straßen einem losgelasienen Irrenhaus. Burschen, denen vielleicht da» Gebühren dieser Fräulein nicht behagt, erscheinen darauf als ein Heerbann der „Todtengelippe"; und nun geht der KriegStanz lo», wobei leider auch de- schönen Geschlechts nicht geschont wird — denn die Eifersucht mischt sich da manchmal hinein. — Ueber die'en ste'4 toller werdenden Unfug läßt sich das von dem aufgeklärten ind schen Radscha Rampal Singh geleitete Wochenblatt „Hindostan" folgendermaßen au»: „In keinem Lande der Welt kommen so viele religiöse Schwärmereien vor, wie man sie in England öffenilich sieht. Einige von den geisteSumnachteten Wilden, welche der Gegenstand eifriger Sorge seiten» christlicher Glaubensboten sind, würden mit Erstaunen, vielleicht mit Entzücken, die phantastischen Narrheiten sehen, die von Fanatikern in englischen Straßen aufgeführi werden. Religiöse Freiheit ist gut; wenn aber Schwärmer so handeln, daß den Ein« wohnen» einer Stadt derart Aergcrniß gegeben wird, wie neulich in Worthing, wohin man gern zur Sommerfrische geht, so ist e» hohe Zelt, gegen diese lächerlichen Aufzüge durch ein gesetzliche» Verbot rinzuschreiten.- In der Geschichte des menschlichen Wahnwitzes wird die Heils- armer jedenfalls eine ganz hervorragende Stelle einnehmen. Es ist unglaublich, welche Verrücktheit, welche Schamlosigkeit und welcher Unfug im Namen des Christenthum» sich in unserem Jahrhundert »och breit machen kann. Politische Rundschau. Deutsche- Reich. Die Kaiserlichen Majestäten sind mit drn, sie anläßlich der Manöver am Rhein begleitenden Fürstlichkeiten , am Sonntag von Schloß Benrath bei Düffeldorf nach Schloß Brühl bei Köln üdergefiedelt. Am Montag nahm der Kaiser zu Pferde die Parade über da» 8. Armeekorps bei Euskirchen ab, wobei er unter stürmischen jubelnden Zurufen der versammelten Zuschauer das 4. Garde-Grrnadier-Regiment „Königin" und sodann das KönigS- Husareu-Regiment Nr. 7 vor der Kaiserin vorübersührte. Die ganze .Parade nahm einen äußerst glänzenden Verlauf. — Unterm gestrigen Tage wurde auS Brühl telegraphisch gemeldet: Der Kaiser, der Kron prinz und die Kronprinzessin begaben sich früh 9 Uhr zu Wäger nach Kierberg und von da mittelst Extrazuges nach Derkum, um dem HKmchSmanöver des 8. Armeekorps beizuwohnen. Die Kaiserin be- ,yab sich um lO Uhr nach dem Manöverfelde. Am Montag Abend wurde Ihren Majestäten von einer großen Anzahl von Gesangver einen der Rheinprovinz eine Serenade dargebracht. — Die Abreise der Majestäten nach Münster war auf heute, Mittwoch. Vorm. IO Uhr festgesetzt. Zum Empfange de» Kaiserpaare-, des krön, prinzlichrn Paare» und der übrigen hohen Herrschaften sind in Münster die großartigsten Vorbereitungen getroffen. — Die Rückreise nach Brühl soll heute Abend erfolgen. — Aus Anlaß der Manöver am Rhein ergeht sich die „Times" in längeren Betrachtungen über das deutsche Militärwesen, zu welchem sie sich u. A. folgendermaßen äußert. „TS find jetzt 14 Jahre her, seitdem der Wett der überzeugendste Be- weis von der Uebertegenheit des deutschen MititärsystemS vor Augen geführt wurde, und während dieser Zeit ist ganz Europa bestrebt gewesen, mehr oder weniger dem Vorbitde nachzuahmen. Keinem Schüler ist eS indeß gelungen, einen Meister zu Übertressen, der unausgesetzt aus Mittel sinnt, uin zu ver bessern, was so vollkommen scheint, und der Aufgabe eine geduldige Wissen- schüft und eine unbesiegbare Energie, vor denen alle Schwierigkeiten der- schwinden, entgegenbringt. Die deutschen Militärmanöver bleiben die intcr- «ffantesten und wichtigsten in Europa, und es sind noch immer die deutschen Soldaten, nach denen jede» Kriegsamt für maßgebende Entscheidungen bei militärischen Problemen blickt." Nachdem die „Times" dann hervorgehoben, daß die Rheinma- növer den besonderen Zweck haben, zu prüfen, inwieweit die Ansicht der Neuzeit, daß die Entwickelung der modernen Schußwaffen die Kavallerie als eine unabhängige Waffe entbehrlich gemacht habe, be gründet sei, fährt daS Blatt fort: „Welches auch immer die genauen militärischen Lehren sein mögen, die den oeulschen Manövern entnommen werden können: eS ist äußerst befriedi gend, zu wissen, daß eine Nation, welche in dem wissenschaftlichen Studium der Kriegskunst an der Spitze steht und die zur Aufrcchterhaltung einer un- angreifbaren Stellung schwere Opfer bringt, gleichzeitig so ernstlich besorgt ist, ihren ungeheuren Einfluß in Europa der Erhaltung des Friedens zu widmen .... Es ist vielleicht in England zu sehr in der Mode, sich über diese schrecklichen Opser zu ergehen, welche das deutsche Militärsystem auf erlegt. DaS Opser fit unzweiselhast ein schweres, aber bei dem gegenwärti gen Zustande der Welt muß eS in einer oder der anderen Ferm von jeder Nation gebracht werden, die, in solcher Lage wie Deutschland, ihre Einheit und Unabhängigkeit zu erhalten wünscht. Ein System, welches die Dienste eines jeden Bürgers für einen festen Zeitraum fordert, aber gleichzeitig über- müthlge eigene Angriffe äußerst schwierig macht und die Angriffslust An- derer zügelt, ist im Ganzen genommen viel billiger als eins, welches die Industrie mit der Erhaltung einer stehenden Armee belastet, ohne irgend einen dieser Borthelle wirkungsvoll zu sichern." — Wie bekannt, ist der 28. Oktober als Wahltag für die Wahlen zum Reichstag proklamirt worden und somit trennen uns kaum noch fünf Wochen von dem entscheidenden Ereignisse Die Bekanntmachung de» Wahltermin» ist gleichbedeutend mit der Mahnung, an die Wahlvorbereitungen die letzte Hand zu legen und diese Mahnung werden sich nunmehr Wohl alle Parteien zu Herzen nehmen Den Konservativen und dem Zentrum ist jetzt auch die freikonservative Partei mÜ ihrem Wahlaufrufe gefolgt. Derselbe enthält lediglich das bekannte Programm der Freikonservativen und tritt für die Bewilligung der Präsenzstärke des Reichsheeres, für die kräftige Unterstützung der sozialen Ziele der Reichsregieruug und für den Schutz der deutschen Unternehmungen in fernen Welttheilen ein. Eine bestimmte Hindeutung auf ein einmüthige» Zusammengehen der Freikonsercaiiven mit den Natioualliberalen bei den Wahlen enthält indessen der Wahlaufruf nicht, waS insofern auffällig ist, als diese» Thema schon seit Langem in der beiderseitigen Parteiprefle erörtert wird. — Die „Nordd. Allg. Zig." hat plötzlich eine Schwenkung zum Zentrum gemacht, obgleich daS offiziöse Organ noch bis vor wenigen Tagen dasselbe leidenschaftlich angegriffen hat. Dem Zentrum wird nunmehr wieder die Bedeutung einer „staatSerhaltenden" Partei zu- erlannt. Die „Nordd." sagt von dem Wahlaufrufe des Zentrums, daß derselbe „praktische Politik" treibe, daß das Zentrum in dankenS- werther Weise bisher den wirthschaftlichen und sozialen Reformen seine Unterstützung geliehen habe. „Mit keiner Silbe deutet der Wahl- «ufruf an» daß in Zukunft solche Mitarbeit vom Zentrum nicht zu erwarten stehe." Ferner wird gerühmt, daß der Aufruf „jede» Ko- kettiren mit der prinzipiellen Opposition" vermeidet, und eS wird dafür dem Zentrum auch der gebührende Lohn seitens der Regierung in Aussicht gestellt: „Damit ist für die ausstehende Wahlentscheidung edr Bedeutende- an Klärung gewonnen, und damit dürfte auch für die b sonderen Interessen, welche das Zentrum zu vertreten als seine Lesondere Aufgabe betrachtet, am Besten gesorgt sein." Damit wird also die konservativ nationalliberale Allianz verabschiedet und der Bund zwischen Zentrum und Konservativen wieder als die passendste Regie rungsmehrheit bezeichnet; ist daS Zentrum der Regierung willig, so wird auch die Regierung dem Zentrum zu Diensten sein. Die Nationalliberalen werden fallen gelassen. Scheinbar wenigstens. Denn möglicherweise handelt es sich nur darum, einen Druck auf die Natioualliberalen auszuüben. Allgemein wird diese Wendung auf die Rede de» Herrn v. Bennigsen, die derselbe auf dem Parteitage der Nationalliberalen in Hannover gehalten hat, zurückgeführt, wenig stens findet diese Annahme ihre Bestätigung durch die Kritik, welche die „Nordd. Allg. Ztg." an dieser Rede übt. In dieser Kritik heißt e» u. A.: „Wenn man die Rede de» Herrn v. Bennigsen mit der Neustädter Rede de» Herrn Miquöl vergleicht, wird man sofort den gewaltigen Unterschied beider Kundgebungen erkennen und mit Leichtig keit au» diesem Unterschiede auch den Unterschied ihrer Wirkungen erklären. Vergeblich sucht man in der v. Bennigsen'schen Rede nach einer Erklärung über die bewegenden TageSfragen und nach Impulsen zu einer Stellungnahme ihnen gegenüber, welchem gemäß die Wahlbewegung in» Werk gesetzt werden müßte; vielmehr be herrscht ein elegischer Ton die Rede sowohl in ihren nach rückwärts gewandten, wie in den nach der Zukunft gewandten Betrachtungen. Während das Heidelberger Programm und der Miquöl'sche Kommentar zu demselben den Beweis zu liefern suchten, daß die National liberalen den Aufgaben den Gegenwart gewachsen wären, daß sie auS dieser Ueberzeugung neues Sklbstvertrauen zu gewinnen hätten, um so mehr, als sie gerade in den wichtigsten Fragen der Gegenwart mit den praktischen Männern anderer Parteien zur Unterstützung der Reichs- Politik gemeinsame Sache machen könnten, setzt v. Bennigsen die Sache der Nationalliberalen auf eine bloße Möglichkeit und auf ein Zurück drängen der konservativen Bestrebungen, welche er zum großen Gaudium der Oppositionsparteien, aber ohne auch nur den Versuch einer Be gründung seines Urtheil» zu unternehmen, in Bausch und Bogen als „reaktionär" charakterisirt. Herr von Bennigsen sagt: Was schon einmal dagewesen ist, kann ja auch wiederkommen; also auch die Periode von 1867—78; aber er findet kein zündendes Wort, welches seine Partei zur That treiben könnte, mit welcher sie Ansprüche auf eine solche zu begründen hätte. Der Wechsel der Dinge soll für sie ge schaffen werden, und statt zur That zu ermuntern, verlangt von Bennigsen Opfer, welche zu Gunsten der Partei gebracht werden sollen. Ist es da zu verwundern, wenn kaum die nächststehenden Organe des Herrn von Bennigsen aus der Beklemmung, in welche seine Rede sie versetzt hat, herauskommen, während der Miquel'schen Rede ein Auf schwung der Stimmung folgte, welcher nicht bloß die Liberalen in ganz Süddeutschland ergriff, sondern auch auf den kalt reflektirenden Norden sich übertrug." Zum Schluß druckt die „Nordd." die Be- urtheilung eines Hamburger Blattes ab, da- in der Bennigsen'schen Rede eine die Partei schädigende Manifestation erblickt und schließlich fragt: „Wann wird einmal die nationallib.rale Partei ein wirtlich führendes Haupt besitzen?" Das offiziöse Blatt hebt diese Frage durch den Druck hervor, und scheint damit andeuten zu wollen, daß es die Frage sich zu eigen mache. Die Nationalliberalen werden also aus gefordert, Herrn von Bennigsen über Bord zu werfen, wie ihn unsere Offiziösen bereits über Bord geworfen haben, und sich nach einem weniger liberalen Haupt umzusehen, etwa nach Herrn Miquäl. Im Lager der „Kreuzztg." herrscht großer Jubel darüber, daß die „Nord deutsche" Herrn von Bennigsen zu den Tobten geworfen hat. Das bisher offiziös verfochtene Zusammengehen mit den Nationalliberalen scheint ihr damit abgethau. Das konservative Blatt schreibt: „Unseren ersten Aeußerungen über die Rede des Herrn von Bennigsen brauchten wir heute eigentlich nur die der Offiziösen hmzuzusügen, um uns eine Genugthuung zu verschaffen, wie sie nach Lage der Dinge kaum voll ständiger sein könnte. Alles, wa» wir über die Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit der Nationalliberalen und ihres Führers seit Monaten gesagt, findet sich — wenn auch in anderer Form — dort kurzgefaßt zusammen. Daß eS aber von den Konservativen Unmögliches ver langen hieße, für eine Mittelpartei sich zu erwärmen, deren geistigem Haupte, dem Herrn von Bennigsen, selbst die „Nordd. Allg. Ztg." „Mangel an jener Mäßigung" vorwerfen muß, „welche über das Partei-Interesse hinaus gemeinsames Arbeiten im öffentlichen Leben ermöglicht", wird wohl jetzt emsthaft kaum mehr bestritten werden können." — Die am Sonntag in Eisenach abgehaltene Generalversammlung des deutschen Kolonial - Vereins, über deren Verlauf wir gestern eingehend berichtet haben, hat im Hinblick auch auf die herannahenden Reichstag-Wahlen einen besonders bedeutungsvollen Charakter getragen. Die angenommenen Resolutionen, welche sich entschieden sür die kräftige Weiterentwickelung der deutschen Kolonialpolitik auSsprechen, werden in unserem Volke sicherlich ein freudiges Echo finden und der Reichsregierung die Ueberzeugung gewähren, daß sie in dieser für die weitere Entwickelung unseres Vaterlandes fo hochbedeutsamen Frage die große Mehrheit der Nation auf ihrer Seite hat. Aus der Eisenacher Verhandlung sind namentlich die Mittheilungen hervorzuheben, welche die mitanwesenden Herren Woermann-Hamburg und Lüderitz- Bremen über ihre westafrikanischen Erwerbungen machten, wobei beide Herren die Ueberzeugung aussprachen, daß das deutsche Mutterland sowohl aus Lüderitzland (Angra-Pequena) wie aus Kamerun dereinst reichen Nutzen ziehen werde. Wenn auch, wie Herr Woermann erklärte, die Auswanderung deutscher Arbeiter und Landleute nach Kamerun wegen de» dortigen tropischen Klimas ausgeschloffen sei, so dürfte sich dagegen Angra-Pequena zu einer Ackerbau-Kolonie hcrausbilden. Das Klima dort sei gesund und wenn man einmal erst Wasser habe, könne jeder deutsche Arbeiter dort leben; schon aber habe vor einiger Zeit ein Techniker in einem Thale eine vorzügliche Wasserquelle entdeckt. An den Reichskanzler wurde, wie wir gestern telegraphisch miltheilten, vom Präsidium des Kolonial - Vereins am Sonntag Abend ein BegrüßungStelegramm gerichtet, auf welches alsbald ein kurz, aber herzlich gehaltene» Antwortschreiben deS Kanzlers einlief. — Ter Bischof von Kulm hat folgende Verordnung er lassen : „Im Interesse der Wahrung der kirchlichen Autorität und der »sprieß lichcn Verwaltung der Diözese finde ich mich veranlaßt, anzuordnen, daß jeder Priester meiner Diözese, welcher eine Stelle als Militärgeistlicher «der an einer Staatsanstalt (als Slrasanstaltsgeistlicher, Religionslehrer an höheren staatlichen oder kommunalen Lehranstalten re.) zu übernehmen wünscht, mir hiervon Anzeige zu machen hat. Die Genehmigung zur Annahme einer solchen Stelle wird von mir nur dann ertheilt werden, wenn zwischen der zuständigen Behörde und mir ein Einverständniß über die Besetzung der in Frage stehenden Stelle erzielt worden ist" — Einer Bekanntmachung des argentinischen Konsulats in Berlin zufolge sind durch Dekret der Argentinischen Regierung vom 30. v. M. alle argentinischen Häsen denjenigen Schiffen ver schlossen, welche aus infizirten Häfen nach der Republik kommen. Es ist dies namentlich für jene Firmen von Interesse, welche für ihre Postverbindung mit der Argentinia, der schnellen Verbindung wegen ihre Sendungen dahin viu Genua zu befördern gewöhnt sind. Frankreich. Der Wiederzusammentrilt des französischen Par- laments wird für drn 21. Oktober erwartet und find alsdann defini tive Erklärungen der französischen Regierung hinsichtlich ihrer ost asiatischen Politik zu gewärtigen. Bemerkenswerthe Meldungen über den französisch - chinesischen Konflikt liegen auch heute nicht vor; nur weiß die „TimeS" aus Shanghai zu berichten, daß die Blokirung der Woosung-Barre lebhaft betrieben werde, doch solle die Passage für die neutralen Schiffe freigehalten werden. Es YPte». Die vom egyptischen Telegraphen in jüngster Zeit gemeldeten Nachrichten über die Erfolge des Generals Gordon gegen die Sudanrebellen, welche Erfolge sogar zu der Aufhebung der Be lagerung von Thartum geführt haben sollen, bestätigen sich nun doch. Ein Telegramm des französischen Konsuls in Chartum meldet bestä tigend, daß die Belagerung der Stadt aufgehoben und die Umgegend von den Aufständischen gereinigt worden sei; die Verproviantirung des Platzes sei verhältnißmäßig leicht. Infolge dieser günstigen Nach richten soll der Umfang der englischen Nil-Expedition reduzirt und- dieselbe in eine Art fliegende» Korps verwandelt werden. General Wolseley hat der englischen Regierung telegraphisch anempfohlen, vor läufig jede Truppenverschiffung von England nach Egypten zu fistiren. Lokales. Lheumitz, den 24. September 1884. x. Die hiesige deutsch-freisinnige Partei hatte sich gestern Abend sehr zahlreich im Saale de- Gasthause» „zum deutschen Krug" eingefunden, um Berathungen zu Pflegen über die Stellung, nähme bezüglich der vor der Thüre stehenden Reichstagswahlen. Herr Professor Kellerbauer «öffnete die Versammlung, seinen Dank den Gesinnungsgenossen für ihr so zahlreiche» Erscheinen aussprechend. Mit einigen Strichen gab der Redner sodann ein klare» und über sichtliche» Bild der gegenwärtigen Situation und bezeichn ete die Art und Weise de» in dieser Sache nöthigen Vorgehens der deutsch-freisinnigen Partei. Er empfiehlt im Weiteren, eine Entscheidung über die Kandidatur des Stadtrathes Harnisch treffen, bezw. diese Persönlichkeit al» Kandi- baten sür die Partei erwählen zu wollen. Die Versammlung über- trug Herrn Stadtrath Harnisch einstimmig die Kandidatur und ent faltete dieser sein ausführliches, weitgihende» Programm, welches bei der Versammlung mit ungetheiltem Beifall ausgenommen ward. Er bittet nach Berndigung seines Vorträge» um eine thatkräftige Unter stützung seitens der Parteigenossen. Nachdem die Diskussion eröffnet worden war, ergriff ein Anwesender da» Wort und bekämpfte in längerer Rede ein Vorurtheil, welches etliche Gemüther erfaßt habe. Eine Verzagtheit, führte Redner au», sei durchaus nicht am Platze, man möge sich ja nicht von dem Gedanken beeinflussen lassen, die ganze Wahlbewegung sei aussichtslos. Man müsse auf jeden Fall kämpfen und trachten, einen Sieg zu erringen. Nach den vom Redner gemachten Erfahrungen liegen die Dinge heute gerade für die deutsch-freisinnige Partei ganz ausgezeichnet, zumal die Sozialisten stets mehr an Terrain verlören und die Arbeiter einsehen lernten, daß sie bei der Partei der Letzteren ihr Heil nicht fänden. Er betont, daß e» ausdrücklich auf das Gewinnen der Arbeiter ankomme und bezeichnet die Kandidatur als, im wahren Sinne des Wortes, eine Arbeiter-Kandidatur. Herr Langhammer erwähnte mit einigen Worten die Verhältnisse der Kompromiß-Kandidatur und lest« die Gründe klar, aus denen die deutsch-freisinnige Partei nicht darauf habe eingehen können, sondern Angesichts der obwaltenden Verhältnisse sich auf sich selbst stützen müsse. Hinsichtlich der zu entfaltenden Wahlagitation empfiehlt Herr Professor Kellerbauer von öffentlichen Versammlungen gänzlich absehen zu wollen, weil die Erfahrung gelehrt hat, daß nur in solchen Fällen die Gegner ein Agitationsseld sür sich schafften. Er glaube eine praktischere Agitation in geschlossenen Versammlungen zu finden und weiter durch Vertheilen von Flugblättern in allen Kreisen der Bevölkerung. Es werden zu den demnächst stattfindenden Versamm lungen der Partei Eintrittskarten an Mitglieder und Gesinnungsge nossen ausgegeben werden. Behufs der thatkräftigsten Inangriffnahme der Wahl-Agitation wurde, nachdem Herr Prof. Kellerbauer einen Aufruf an die Bevölkerung des 16. Wahlbezirkes verlesen hatte, ein erweitertes Wahlkomitee gewählt und beschlossen den erwähnten Aufruf sammt dem vom Stadtrath Harnisch verfaßten Programm in Druck zu geben und als Flugblatt in größtmöglichster Anzahl zur Vertheilung bringen lassen zu wollen. Die Anregung des Herrn Schreiber, zur Er langung von Wahlmitteln eine Hauskollekte bei den Gesinnungsge nossen der Partei veranstalten zu wollen, wurde in Erwägung ge zogen und ein Komitee erwählt, welches der Sache näher treten und dieselbe dann zur Ausführung bringen möchte. Die Versammlung brachte ein dreifaches. Hoch aut den Stadtrath Harnisch und dieser ein solches auf die deutsch-freisinnige Partei aus. —t'. Gestern Abend hielten zum ersten Male die je 6 Delegirten des Arbeiter-, Miether- und Gewerkvereins, sowie der freien Arbeitervereinigung in der Zentralherberg« eine gemeinschaftliche Sitzung ab, behufs Wahl eines provisorischen Vorstandes. Die Wahlen ergaben folgendes Resultat: 1. Vorsitzender Herr Schönherr (24 St.), 2. Vorsitzender Herr Protze (23St.), 3. Vorsitzender Herr Horn (22 St.), und als 1. Schriftführer Herr Langer (19 St.), 2. Herr Bergmann (17 St.), 3. Herr Haupt (15 St.). Der Ausschuß erhielt das Recht der Kooptation. Ferner wird derselbe beauftragt, die Statuten zu entwerfen und den gestern Abend laut gewordenen Wünschen entsprechend, sich Unterlagen über die event. Kosten der in Aussicht genommenen Arbeiterhäuser zu verschaffen, sowie überhaupt datür Sorge zu tragen, daß bei der definitiven Gründung eines Bauvereins für Arbeiterhäuser ein möglichst klares Bild darüber gegeben werden kann, wa» der Verein zu leisten im Stande sei« wird. — Ueber die am Sonntag Vormittag auf Lichtenwalder Rittergutsflur stattgehabte zweite diesjährige Schnitzeljagd geht uns kurz vor Schluß der Redaktion von geschätzter Seite ein Bericht zu, den wir morgen veröffentlichen werden. —x. Der, wie wir letzthin berichteten, wegen Verdacht» der Brandstiftung verhaftete Strumpfwirker A. befindet sich bereits wieder auf freiem Fuß. —pt'. Der Notiz, daß kürzlich ein Mufikerlehrling von hier spurlos verschwunden sei, ist nachzutragen, daß der Verschwundene am vergangenen Freitag zu seinen in der Gartenstraße wohnhaften Eltern von einem Schutzmann zurückgebracht worden ist. —* Gestern Vormittag waren mehrere Steinsetzer damit be schäftigt, einen 2 Meter langen Bordstein umzulegen. Hierbei zerbrach der Stein Plötzlich und fiel die eine Hälfte einem Arbeiter auf den rechten Fuß, sodaß derselbe stark verletzt wurde. —* In der Maschinenfabrik Germania ließ sich ein Vorhalter beim Zusammennieten eines Kessels durch Unvorsichtigkeit eine glühende Niete in die rechte Hosentasche fallen. Die Niete fiel, nachdem sie die Tasche durchgebranut hatte, am Beine hinunter nnd verursachte dem Arbeiter dadurch mehrfache Brandwunden. —* In einer Wohnung an der Zschopauerstraße hat am 20. ds. Mts. Abends gegen 9 Uhr ein Brand stattgefunden, welcher vermuthlich durch unvorsichtiges Wegwerfen eine» noch brennenden Streichholzes seitens eines Dienstmädchens verursacht worden ist. Es sind hierbei verschiedene Tücher, ein Holzkorb, Kaffeesackgestell und noch kleinere Gegenstände verbrannt. Das Feuer ist durch daS dazu kommende Dienstmädchen wieder gelöscht worden. — I. Der elfjährige Knabe einer auf hiesiger Jakobstraße wohnenden Wittwe, der schon allzu häufig Beweise einer großen Vor liebe für Näschereien gegeben nnd im Fortsetzungszusammenhange mit dieser Neigung ebenfalls sehr oft AnnexionSgelüste, und zwar im Mangel höherer Befriedigung, sür Ein- und Zweipfennigstücke an den Tag gelegt und infolge dieser Eigenheiten von der erboßten Mama bereits ungezählte Portionen Prügel erhalten Hatte, stand gestem bei Muttern abermals im Verdachte, einen Nickel im Werthe von 10 Pfennigen rechtswidrig sich zugeeignet zu haben. Obwohl die Beweis aufnahme nicht die geringste Unterstützung für die Behauptung der anklagenden Mama ergab, so griff diese dennoch ohne Weiterungen nach dem dem Jnkulpaten hinreichend bekannten Instrumente, durch welches er bereits in wiederholtem Rückfalle die Vollstreckung der Sentenz an sich erfahren. Mochte nun der Uebelthäter im vorliegen den Falle bei der Höhe deS Werthobjektes eine besonder» reichliche Vertheilung von „Holz" vermuthen, oder mochte die Stimme seines Innern gar zu mächtig in ihm ertönen, kurz, er gestand, beinahe „mit einem Fuße auf dem Schaffote", da Mama den Berurtheilten bereit» in die entsprechende Lage für die von ihr vorzunehmende Bearbeitung
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