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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 27.03.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188503270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850327
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850327
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-03
- Tag 1885-03-27
-
Monat
1885-03
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 27.03.1885
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Chemnitzer Anzeiger «nd Gladtbote. Nr. VI. Freitag, 27. Mürz 1885. Seite 2. steckt, ein Lehrer iu Krain wegen desselben Verbrechens disziplinarisch bestraft. Die Zeitungen, welche diese Vorgänge, die auf ausdrück lichen Befehl der Regierung zurückzuführen find, abfällig besprechen, verfallen der Konfiskation aus dem beliebten Wege des objektiven Verfahrens. Solche kleine Scherze ändern natürlich an der theuern hohen Freundschaft der beiden Nachbarreiche nichts — was sich neckt, das liebt sich! — AuS Wien liegen neuerdings zwei Nachrichten vor, die auf die Zustände in der österreichischen Hauptstadt ein eigeuthümlicheS Streiflicht werfen. Im neuen Wiener Rathhause wurden die Haupt bücher des Steueramtes gestohlen. Bisher ist eine Spur von dem Thäter oder den unersetzlichen Büchern nicht aufgefunden. — In einem in Wien refidirenden fürstlichen Hause wurde jüngst eine große Defraudation entdeckt. Die Schadensumme soll eine halbe Million Gulden erreichen. Der Defraudant, welcher 4b Jahre iu den Diensten des fürstlichen HaufeS gestanden hat, starb vor zwei Wochen. Die veruutreuten Beträge hat er im Börsenspiel verloren. Die Gelder solle« übrigens nicht dem fürstlichen Hause, soudern Privaten gehört haben, welche dort dieselbe« deponirt hatten. — Wie man der »Pol. Korr." aus Cettinje meldet, hat der Besuch des österreichischen Kronprinzenpaares überall in Montenegro einen tiefen Eindruck hinterlassen. Der »Glas Crnagorca" begrüßte die hohen Gäste mit einem Festartikel, welcher das bedeutungsvolle Moment des Besuches in der Stärkung der freundnachbarlichen Be zlehungen zwischen den Höfen und Völkern in Oesterreich Ungarn und Montenegro erblickt, für die er einerseits das Symptom, andererseits ein neues Unterpfand der Fortdauer bilde. England. Der Londoner Börse sowohl, wie des Reuterschen Telegraph»nbureauS hat sich eine Nervenüberreiztheit bemächtigt, welche mit Argwohn und Unruhe den Entwickelungsgang der englischen Politik in Indien und Afghanistan unter Kontrole hält. Die Rach richt, daß es bei der Mobilisirung zweier indischer Armeekorps und ihrer Vorschiebung gen Nordwesten sein Bewenden behält, wirbelte gestern iu Londoner Börsen- und Preßkreisen eine Menge Staubes auf; heute dürste eS wohl ebenso gehen auf die Meldung hin, daß von der Admiralität den in Davenport, Caiham und Portsmou h befindlichen Kriegsschiffen Weisung ertheilt sei, sich jederzeit zum Auslaufen bereit zu halten. Man vergißt, daß der Schwerpunkt der Lage nicht in derartigen Maßnahmen der englischen Behörden, die der öffentliche« Meinung vorgeführt werden, liegt, sondern in den Verhandlungen von Sabinet zu Kabinet, und daß, wenn der Gang der letzteren sich der Wahrnehmung des Publikums naturgemäß ent zieht, deshalb noch nicht auf unbefriedigende Ergebnisse der Dipl», matie geschloffen z« werden braucht, uw so weniger, als die letzten Erklärungen der englischen Minister bezüglich des afghanischen Zwischenfalls dem russischen Vorgehen in der Hauptsache Gerechtigkeit widerfahren ließen. Die reale Situation hat jedenfalls mit dem Schreckbilde eines russisch-englischen Konfliktes wegen Afghanistan nach wie vor herzlich wenig gemein. Rußland. Für das Jahr 1885 war in Rußland der Bau von sünf neuen Eisenbahnlinien projektirt. Der bezügliche Plan ist aber von dem Ministerkomitv nicht angenommen worden. Vielmehr hat der Minister der Kommunikationen die Aufforderung erhalten, «ine Zusammenstellung aller derjenigen Bahnlinien vorzulegen, deren Bau in den nächsten Jahren sich empfehle. Nach Prüfung dieser Borlage und ihrer Motivirung will das Ministerkomits sein Votum darüber abgeben, auf welchen Linien die Bauarbeiten zuerst in An griff zu nehmen seien. Portugal. Die Deputirtenkammer hat kürzlich einen Gesetz entwurf angenommen, welcher die Freiheit des Seehandels für alle Flaggen zwischen Portugal und dessen östlich vom Kap der Guten Hoffnung gelegene Kolonien, nämlich den Provinzen von Mozambique, Portugiesisch-Indien (Goa), Macao und Timor festsetzt. Die fremden Schiffe, die in die Tajomündung einlaufen, um sich nach dem Osten zu begeben und umgekehrt, werde« daS Recht habe», einheimische Produkte nach und von den genannten Kolonien einzuladen. Der Finanzminister hat den Kammern einen ziemlich eingehenden Bericht über den Stand der Staatskassen unterbreitet; er schlägt in demselben «ine Aenderung des SteuereinhebungsmoduS und die Erhöhung der Stempelsteuer, die Einführung des Spielkartenmonopols, die Besteuer ung der ausländischen Lotterieloose und einige andere kleine Steuern vor. China. In Peking herrschte nach einem Berichte vom 2. Januar vollkommene Ruhe. Bei der Selbständigkeit der verschiedenen Berliner Brief. Bon HanS Emir. (Nachdruck verboten.) Ein nicht mehr ganz neuer und auch nicht ganz ungebrauchter Dichterspruch sagt: »Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine ewige Krankheit fort.* Ueber die Thalsache der erblichen Eigenschaften verbriefter Gesetze und eingebildeter Privilegien besteht kein Zweifel. Anders mit den Rechten! WaS ein »Recht* ist und was ein »Unrecht*, das hängt oft ganz bedenklich von der persönlichen Ansicht ab, und wer einmal weiß oder glaubt, ein Recht oder ein Privilegium zu haben, der hält mit solch einer Festigkeit daran fest, daß dieses sich allerdings leicht auf Kinder und Kindeskindcr über trägt und so das »Recht* den Charakter der Erblichkeit erlangt. Dies« Art unauslöschlicher Privilegien wird mit dem ganz vortrefflich Paffenden Spitznamen »berechtigte Eigenthümlichkeiten* bezeichnet. Wenn Du, freundlicher Leser, Dir über deren eigentlichen Charakter «nd ihre Tragweite einen klaren Begriff bilden willst, dann lade ich Dich höflichst zu einem Spaziergange durch da- Meer der Metro pole ein. Abgesehen davon, daß ja jetzt Bocksaison ist, der zoologische Garten sich mausert und die Wohlthätigkeitsvorstellungen für Spanien Wohl vorbei sind, so daß man wieder daran denken kann, dem Elend im eigenen Lande zu steuern, auch anlispiritistische Kunststücke nicht in Sicht find, daß also den Besuchern viel Vergnügen bestens garantirt werden kann, so wirst Du, lieber Leser, auf Schritt und Tritt in Berlin belehrende Beispiele von „berechtigten Eigenthümlichkeiten* finden, die theils einen spaßhaften, theils auch einen recht ärgerlichen Charakter tragen. Das liebe Publikum hat sich in einige dieser Eigenthümlichkeiten so benannt, daß es dieselbe» kaum gewahrt. Nummer eins: Der Brotsack, der draußen an der Thür zur Bequemlichkeit des Bäcker jungen hängt, sollte den „armen Reisenden*» die um diese Zeit die Häusertreppen auf- und abwandern, längst höher gehängt sein, aber «S geschieht nicht. Hundertfache Brotdiebstähle werden die Leute nicht zu der Erkenntniß bringen, daß dieser Brotsack eigentlich kein Brotsack, der an der Thürklinke, sondern ein Zopf ist, der ihnen hinten hängt. Nummer zwei: Der Briefträger mit seinen berechtigten Eigenthümlichkeiten. Eile ist das hervorragende, charakteristische Merkmal diese- Boten des Herrn Stephan, p.-u-äo»! des Herrn von Stephan, wie wir nach der jetzt erfolgten Nobilitirung des General- postmeisterS zu sagen haben. Diese Eile hat ihre praktischen Folgen, gute natürlich vorwiegend, »so'n bischen nebenbei* aber auch weniger angenehme. DaS ist das leider jetzt sehr beliebte Hiueinschiebcn der Briefe durch die Thürspalte, eine Mode, die die Postboten den Zeltuvgsspediteuren abgeguckt haben, eine Mode nicht allein, sondern auch eine Unart, gegen die das Publikum selbst mehr ankämpfen sollte. — Nummer drei: DaS ganz spezielle Berliner Privilegium, Thür- und Ladenschilder mit einer Orthographie zu schreiben, welche den Schülern der zweiten Klaffe der Kommunalschule zu Angra- Pequena die schwarze Haut schaudern machen müßte. Wir verhüllen Provinzen von einander wurde der Krieg eigentlich nur an der Küste gefühlt; außerdem sei die Noth schon vor dem Kriege so groß ge wesen, daß ein Bißchen mehr oder weniger keinen Unterschied macht. Doch scheine in der Beamtenwelt der Wunsch nach Frieden vorzu herrschen. Cdeittiurtz, den 26. März 1885. — Der eingehende Bericht über die beiden glänzend verlaufenen Festtage der Bachfeier mußte heute wegen Raummangels zurückbleiben. Morgen werden wir sowohl den Festbericht als auch den von Herrn Emil Walther gedichteten Prolog zum Abdruck bringen. — Des allerorten und auch bei uns in würdigster Weise ge feierten zweihundertjährigen Jubilars JohannSebastian Bach's gewaltige Johannispassion gelangt kommenden Charfreitag in hiesiger Jakobikirche zur Aufführung. Es bedarf sicherlich nur dieses kurzen Hinweises, um zu veranlassen, daß unser schöne» Gotteshaus bei dem Feste dieser ersten hiesigen Aufführung des herrlichen Musikwerkes sich gefüllt zeige. — Die Theatersaison neigt sich ihrem Ende zu, obgleich Ge vatter Lenz noch nicht im leisesten Miene macht, uns durch das üb liche „Blumensprießen* mit obligatem Dust, durch Vögleinsang und die Möglichkeit, Spaziergänge zu unternehmen, zu entschädigen. So wäre eS denn nur natürlich, wenn das Stadttheater bei seinen letzten Vorstellungen volle Häuser zeigte, zumal wir mit berechtigter Aner kennung auf das in dieser Saison Gebotene blicken dürfen. Daß aber die Sonnabend-Vorstellung der Besucher recht viele zeigen wird, glauben wir um so eher annehmen zu können, als an diesem Tage eine letzte Wiederholung von Georges Ohnet'S »Der Hüttenbesitzer* stattsindet, und zwar zum Benefiz des Herrn Quandt. Wer sich dankbar der Genüsse erinnert, die ihm durch das geistvolle, sich ge schickt in das Ensemble fügende Spiel des vielseitigen Darstellers in einer langen Reihe von Lust- und Schauspielen geboten wurden, wird sicherlich dazu beitragen, dem Künstler an seinem Ehrenabcnde ein volles Haus zu schaffen. - Wie aus dem Jnseratentheil unseres heutigen Blattes ersicht lich ist, veranstaltet die Chemnitzer Parodie-Kapelle am Montag, den 30 dss. Mts., im Saale des Elysium ein Kon zert zum Besten deS Unterstützungsvereins armer Kranker. — Das nun bald vollendete 37. Schuljahr der Oeffentlichen Handelslehranstalt zu Chemnitz beweist deutlicher als alles Andere, daß die Anstalt sich von jeher guter Leitung erfreut hat. Wir entnehmen dem soeben erschienenen neuesten Jahresberichte das Folgende: Die Anstalt ist während des verflossenen Schuljahres im Ganzen von 220 Schülern (^09 im Vorjahr) besucht worden; der Gesammtbestand am Ende des Schuljahres beträgt 215 (200 im Vorjahr). Es waren von den 1 >9 Schülern derLehrlings-Abtheiluug aus Chemnitz gebürtig 32, Auswärtige 87; von den 101 Schülern der höheren Abtheilung waren aus Chemnitz gebürtig 44, Auswärtige 57; überhaupt mithin von unfern Schülern 76 aus Chemnitz gebürtig, 144 Auswärtige. Aus dem Lehrerkollegium schied am 1. Oktober Herr Bezirksschullehrer H. WSgler. Die seit den letzten fünf Jahren stetig wachsende Frequenz der Anstalt hat den Schulvorstand be stimmt, von Nächstem Osterfeste ab die Neuanstellung zweier Lehrer und die Einrichtung neuer Parallelkurse zu beschließen. — Der Unterricht des neuen Schuljahres beginnt Donnerstag, den 16. April. — Der achte Jahresbericht der Landwirthschaftlichen Schule zu Chemnitz über das Schuljahr Ostern 1884 bis 1885 liegt uns vor und beweist aufs neue das rege Streben der sich der wärmsten Fürsorge und Gunst des Ministeriums des J.mern sowohl Wie anderer hoher Behörden erfreuenden Anstalt. Mit Geschenken und Zuwendungen ist die Schule wieder reichlich bedacht worden. Die Lehrmittel find auch im gegenwärtigen Schuljahre, soweit die dazu vorhandenen Mittel es irgend gestatteten, durch Ankäufe ergänzt und nicht unbeträchtlich vermehrt worden. Die Frequenz betrug: im Sommerkursurs 29, im Winterkursus 64 Schüler, in Summa also deren 93; darunter befinden sich 21 Schüler, welche im Sommer und Winterkursus anwesend waren, so daß die Zahl der Personen, welche die Anstalt im letzten Schuljahre besuchten, 72 beträgt Die öffentliche Prüfung der Schüler findet am 30. und 31. März statt. Der nächste Svmmerkursus beginnt Montag, den 13. April, der nächste Wiuterkursus Montag, den 19. Oktober d. I. — Die gestern stattgefundene Generalversammlung des Chemnitzer Bank-Bereins, anwesend 50 Aktionäre mit 6435 unser Haupt bei dem Geständnisse, daß sich selbst auf den Schildern einiger Behörden orthographische Begriffe zeigen, die zwischen dem alten Heinsius und Puttkawer schwanken, aber was die Herren Schildermaler bei privaten Geschäftsleuten, namentlich in Bezug auf Kaffeehaus-Schilder von Kaffe bis Oavve leisten, das fordert unfern Aerger und unser Mitleid in einem Grade heraus, bei dem wir nur zweifelhaft sind, ob mehr davon die Maler oder die Geschäfts inhaber betroffen sein sollen. Ein höchst dankbares Gebiet für die einschlägigen Beobachtungen bietet eine Fahrt auf der Pferdebahn. Was da, namentlich vom Publikum, au Gewohnheitssünden, denn etwas Anderes sind diese »berechtigten Eigenthümlichkeiten* nicht, geleistet wird, ist geradezu erstaunlich. Man sollte meinen, der tägliche Umgang mit dem Pferde bahnkondukteur müsse bildend auf den praktischen Pferdebahnverstand des Publikums einwirken. Mit nichlen! Die Kunstgriffe, mit denen die Passagiere ihr Geld verstecken, ehe sie auf den Wagen steige», sind geradezu erstaunlich, sie haben aber leider die unangenehme Konsequenz, daß der Kondukteur zu seinem und anderer Leute Aerger unbeschreiblich lange warten muß, ehe der Fahrgast seine Schätze wieder ausgegraben hat. Aehnlich ist es mit dem Fahrschein. Der Kontroleur ist der vom Publikum bestgehaßte Pferdebahnbeamte. Er kommt dem harmlosen Passagier fürchterlich überflüssig vor, sein Aufent halt im Wagen wird als grober Unfug und Ruhestörung betrachtet. Wenn er vorn das Schalterfensterchen ausmacht, Io zieht's mörderlich im Wagen, Leuten, welche eine Zeitung lesen, zerreißt er mit seiner Frage nach dem Fahrschein den Faden d.r Lektüre und der Geduld, Damen, welche ihren Fahrschein auf den Boden geworfen haben, statt ihn in die Tasche zu stecken, treibt er mit seiner Frage die Röthe des Schreckens und der Scham in die Wangen. Logischer Weise müßte das Publikum darauf bedacht sein, diese lästige Persönlichkeit baldmöglichst loszuwerden, und seine Gier nach Fahrscheinen rasch zu befriedigen, aber das geschieht nicht. Eben so wenig wie die Damen und Herren daran denken, sich die Nickel zur Hand zu legen, so wenig denken sie an eine praktische Verwahrung der Billets, z. B. im Handschuh oder im Knopfloch. Damen stecken es in daS geheimste Fach des Portemonnaies, rder den noch viel ge. heimeren Ort, von dem man an der Damenkleidung unter der Be zeichnung Tasche munkelt, und vermlafsen dadurch sich selbst ein nervenerschüttcrudes, ängstliches Suchen, anderen ein unerträgliches Warten. Herren gesellen das Billet gar einem Dutzend anderer in der Rocktasche befindlicher zu und überlassen es dann dem Kontroleur, sich das richtige herauszusuchen. Auch das sind „berechtigte Eigenthümlich- keiten", die zu unauslöschlichen, Berliner Gewohnheiten geworden find. Eine »berechtigte Eigenthümlichkeit* Berlins, i« der freundlichen Bedeutung des Wortes, ist nach langjähriger Gewöhnung auch das Kaiserwetter geworden. Erwartet und erhofft hatten wir cs zu der Geburtstagsfeier des Kaisers, wie es uns an diesem hohcnzollern- schen schönen Festtage gebührt. Heller Sonnenschein auf den Straßen und Heller Sonnenschein der Freude und des Frohsinns in den Herzen Stimmen, genehmigte die Bilanz, beschloß 5 Prozent Dividende, die sofort zahlbar ist, ertheilte der Direktion Decharge und genehmigte die vom Aufsichtsrathe beantragten Statutenänderungen, bis auf 8 18, welcher in alter Fassung bestehen bleibt. Al» AufsichtSraths- mitglieder wurden Herr Rechtsanwalt Hippe, Dresden, wieder- und Herr Stadtrath Wilhelm Voigt, Chemnitz, neugewählt. — Der Spar- und Kredit-Verein zu Chemnitz, ein getragene Genossenschaft, hielt Donnerstag, den 19. März, Abend» 8 Uhr, im Speisesaal des Gasthauses zur Linde hier seine diesjährige Generalversammlung ab. Der uns vorliegende Rechenschaftsbericht wurde entgegengenommen und die Anträge der Verwaltung genehmigt. Diesem Bericht entnehmen wir Folgendes: Mit Befriedigung können die Vereinsmitglieder auf die Ergebnisse des abgelausenen 16. Ge schäftsjahres zurückblicken; denn abermals ist ein Wachsthum der Mitgliederzahl, sowie des geschäftlichen Verkehrs zu verzeichnen gewesen. Die gegenwärtige Mitgliederzahl beträgt 526 gegen 511 im Vorjahre. Dieselbe ist aus allen Berufsständen zusammengesetzt, und es befinden sich zur Zeit im Vereine: 1) selbständige Landwirthe 7, 2) selbst ständige Handwerker 165, 3) Fabrikanten und Bauunternehmer 50, 4) Fabrikarbeiter und Handwerksgehilfen 51, 5) selbständige Kauf leute und Händler 63, 6) Handlungskommis und sonstige kauf männische Gehilfen 23, 7) Fuhrherren, Gast- und Schankwirthe 24, 8) Post- und Eisenbahnbeamte 1b, 9) Lehrer, Künstler, Staats- und Gemeindebcamte 77, 10) Rentiers und andere Personen ohne Be rufsübung 51, Summa: 526. — Der Gesammtumsatz im letzten Geschäftsjahre betrug 2 766833,67 M. gegen 2 228507,79 M. im Vorjahre. An Stammantheilen besitzen die Mitglieder in Summa 63497,40 M. Das Konto für Spareinlagen erreichte die Höhe von 407984,10 M. gegen 325649,75 M. im Vorjahre. Hiervon sind durch die Unterkassirer 14529 M. einkassirt worden; außerdem noch 2730,25 M. als Stammantheile und 666 M. auf Vorschußkonto. An Vorschüssen wurden gewährt 626417,58 M. Der Bankoerkehr bezifferte sich auf 312400 M. An Reingewinn wurden erzielt 7252,46 M. Der Reservefond erreichte die Höhe von 25000 M. Es wurde beschlossen, von dem erzielten Reingewinn 3500 M. zur Vertheilung einer sechsprozentige« Dividende zu verwenden. Der Spar- und Kredit-Verein zu Chemnitz, e. G., ist am 25, 26. und 27. Juli vorigen Jahres vom VerbandSrevisor Herrn H. Fritzsche aus Chemnitz revidirt worden. Der von demselben hierüber schriftlich abgegebene Bericht schließt mit folgenden Worten: »Ich habe die Ueberzeugung gewonnen, daß der Verein solid verwaltet wird, daß die Kredite gewissenhaft berathen sind, daß die Buchführung akkurat und sicher ist, denn ich habe trotz einer großen Anzahl von Stich proben, die ich vorgenommen, Fehler nicht gefunden." —* In einer an der Beckerstraße gelegenen Färberei hatte ein Arbeiter beim Arbeiten an einer Wanne, in welcher sich Strümpfe in einem heißen Farbebad befanden, das Unglück, mit seinen Holz schuhen auszurutschen und infolgedessen in die Wanne zu stürzen, so daß er sich einen großen Theil des Körper-, insbesondere den linken Arm und beide Beine stark verbrühte. Der Verunglückte wurde so fort im Stadtkrankenhaus uutergebracht. —* Auf einem Neubau ander Limba cherstraße verunglückte beim Zicgellangrn ein Maurer in der Weise, daß er aus dem ersten Stockwerk im Inner» des Gebäudes herabstürzte und dadurch eine Muskelquetschung der rechten Seite und einen Rippenbruch erlitt. —* Aus einer an de, Teich straße hier gelegenen Wohnung wurden vor einigen Tagen aus einer Sparbüchse 21 Mk. gestohlen. Verdacht lenkte sich auf ein 13 Jahre altes Mädchen aus Rieder- schlcma, die sich einige Tage in der Wohnung aufgehalten hatte. ES wurde ermittelt, daß das Mädchen in ihrer Heimath verschiedene Diebereien ausgesührt und sich dann heimlich entfernt und seit Mitte Februar d. I. sich lüderlich uwhergetrieben hat. Die Augeschuldigte wurde gestern hier ermittelt und festgenommen. Auch in Kändler, woselbst sich dieselbe einige Tage aufgehalten hat, hat sie eine Anzahl Kleidungsstücke gestohlen. — Dresden. Am Dienstag ist in der Klinik de? Herrn vr. Credü hier die von uns bereits vor einigen Tagen erwähnte Operation an jenem Barbier, welcher kürzlich ein vollständiges falsches Gebiß verschluckt hatte, glücklich vollzogen und das Gebiß durch Auf- schneiden de- Magens entfernt worden. Der Patient befindet sich den Umständen nach wohl und ist, wenn nicht besondere Zufälle eintreten, zu erwarten, daß er vollständig gesunden wird. — Ein junges, hier aller guten Deutschen, die jemals einen Blick der Verehrung nach dem bekannten historischen Eckfenster des kaiserlichen Palais getragen, die jemals das Lied von der blauen Kaiserblume gesungen haben. Aber ein schwerer Kampf war es für das Kaiserwetter und seinen Herold, die Sonne, an dem trübe anbrechenden Kaisergeburts tage den Mächten winterlicher Finsterniß gegenüber die Oberhand zu behalten. Alles hatte sich verschworen. Frau Holle schüttelte ihre Betten, daß die weiße« Federflocken nur so herumflogen. Kalter Regen löste den Schnee ab, und schneidend pfiff der Wind den Leute« um die Nase, wickelte die Flaggen mit höhnischem Heulen um die Maststangen und blieS den loyalen Bürgern schier die Kornblume« aus den Knopflöchern heraus. Aber die Sonne gab nicht nach. Hin und her wogte der wilde Kampf und immer und immer wieder brach die Sonne sieghaft hervor, momentan das wahre und echte Festlicht über die menschenbevölkerten Straßen ausgießevd, bis die wackere Kämpferin nach gethaner Arbeit vom Lichte der Straßenlaternen und vom Hellen Scheine festlicher Illumination abgelöst wurde. Unter den Linden wogte cs schon in frühen Vormittagsstunden auf und nieder, und nawentlich das Kaiserliche Palais war der Zielpunkt einer immer mehr anwachsenden Menschenmenge. Das Denkmal de» alten Fritz hatte wieder — eine jährlich sich erneuernde Aufmerksam keit des Geheimraths von Bleichroeder — ein entzückendes Piedestal erhalten, denn über Nacht war hier aus den kostbarsten Blumen und Topfgewächsen ein herrliches Blumenparterre entstanden, welches die süfesten Düfte nach dem historischen Eckfenster hinübersandte und dem Winter deutlich zuzurufeu schien: »Es muß doch Frühling werden!* Selten nur hat cs unter den Herrschern, die auf der Menschheit Höhen wandeln, solche Glückliche gegeben, die sich in allen Maßnahmen ihrer Regierung des glänzenden, sichtbaren Erfolges rühmen konnten. Von Kaiser Wilhelm aber kann man bereits bei Lebzeiten sagen: „Groß im Kriege, — groß im Frieden.* Die großen Thaten de» deutschen Kaisers im Kriege, seine unermeßlichen Siege, vor denen die ganze Welt bewundernd stand, jene große Epoche, die das deutsche Reich einte und zum Ersten der Welt machte, jene große Zeit, die ja die Meisten unter uns selbst mit erlebt haben, sie hat das Volk da durch am Besten zu charakterisiren gewußt, daß der Volksmund, wenn er seines Kaisers gedenkt, von Kaiser Wilhelm dem Siegreichen spricht. Die noch immer kraftvolle Gestalt des Kaiserlichen Greises, der ein leichtes Unwohlsein an seinem Geburistage durch das Fernbleiben von der anstrengenden Gratulationskur unter GotteS gnädiger Hilfe schnell überwunden hat, weist -«pch, während sie Muth und Kraft und persönliche Tapferkeit kündet, auf weise Mäßigung, auf Milde und freundliche Leutseligkeit hin. Wahre Frömmigkeit und Duldsamkeit, Strenge gegen sich selbst und Milde gegen Andere, scharfer, sicherer Blick und bewundernSwerthe Menschcnkenntniß, Dankbarkeit und über Allem thronend ein nimmer zu erschütterndes Gefühl der Pflicht und der strengsten Gerechtigkeit, — mit diesen „berechtigten Eigenthümlichkeiten" steht Kaiser Wilhelm vor uns und so wird er stets vor seinem dankbaren Volke flehen.
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