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Nr. 10/1918 PAPIER-ZEITUNG 211 Papier-Spinnerei Prüfung und Bestimmung der Leimfestigkeit von Spinnpapier Von Hermann Wandrowsky Die Prüfung der Leimfestigkeit von Spinnpapieren hat von zwei Gesichtspunkten aus zu erfolgen: erstens nach dessen Fälligkeit, .Wasser aufzunehmen, zweitens nach der Wasserfestigkeit. Wasser festigkeit ist der Widerstand, den das Papier im feuchten Zustande dem Zerreißen entgegensetzt. Spinnpapier wird vor dem Verdrehen zu Fäden gefeuchtet, damit es weich wird und sich besser und gleichmäßiger der Fadenbil dung anschmiegt. Zugleich soll die Dehnbarkeit durch das Feuchten erhöht werden, weil die Ränder des Papierstreifens beim Verdrehen stärker auf Dehnung beansprucht werden als die Mitte. Je mehr Wasser aufgesaugt wird, desto schmiegsamer und dehnbarer ist das Papier. Anderseits soll das angefeuchtete Papier dem Zerreißen mög- lichst hohen Widerstand entgegensetzen, damit beim Verspinnen keine unliebsamen Störungen vorkommen. Das beste wird dasjenige Papier sein, .das die größte Wasser aufnahme mit der größten Wasserfestigkeit verbindet, zwei Eigen schaften, die sich anscheinend schwer miteinander vereinbaren. Ungeleimte Papiere haben das größte Wasseraufnahmevermögen, aber auch die geringste Widerstandsfähigkeit gegen Zerreißen im feuchten Zustande, selbst wenn sie trocken hohe Reißlänge besitzen. Sie werden beim Feuchten schnell durchweicht und zerreißen leicht. Die Wasserfestigkeit wird einmal durch zweckentsprechende Mahlung und ferner durch die Leimung erhöht. Rösch und lang ge mahlene Stoffe können wohl erhebliche Reißlänge im trockenen Zustande ergeben, angefeuchtet aber zerreißen sie bald, indem die glatten Fasern wenig aneinander haften, also leicht von einander abrutschen. Wird aber durch geeignete Behandlung beim Mahlen die natürliche Länge der Faser nach Möglichkeit geschont, dagegen die Faserenden zu vielen Fäserchen ausgefranzt, so verfilzen sich die letzteren sehr gut untereinander und halten auch im nassen Zustande verhältnismäßig zusammen, wenn auch die natüliche Steifheit der Fasern durch die Feuchtung stark beeinträchtigt und dadurch der Widerstand gegen das Zerreißen vermindert wird. Bei der üblichen Leimung im Stoff werden wasserabstoßende Körper auf die Fasern niedergeschlagen und dadurch dem Wasser der Zutritt erschwert. Die veriilzten Fäserchen behalten längere Zeit ihre Festigkeit im feuchten Zustande und trennen sich erst bei voll ständiger Durchfeuchtung. Schlägt man die wasserabstoßenden Mittel in solcher Menge auf die Fasern nieder, daß letztere ganz damit umhüllt sind, so wird das Papier vollkommen wasserfest und büßt auch bei sehr langem Liegen in Wasser nur wenig von seiner Reißfestigkeit ein. Solches Papier kann aber nicht versponnen werden, weil es die Feuchtung nicht annimmt und nicht geschmeidig und dehnbar wird. Demnach muß die Leimungsstufe so bemessen sein, daß das Papier einerseits durch das Feuchten genügend geschmeidig und dehn bar wird, anderseits aber hinreichend wasserfest bleibt. Die er forderliche Leimungsstufe ist weiter verschieden nach der Art des Feuchtens vor dem Verspinnen, nämlich ob in der Rolle vor dem Schneiden gefeuchtet wird, ob die geschnittenen Scheiben ins Wasser gelegt werden, oder ob das Feuchten auf der Spinnmaschine unmittel bar vor dem Verspinnen geschieht. In allen drei Fällen sind die An sprüche an die Wasserfestigkeit verschieden: im ersten am größten, im letzten am geringsten. Möglichst genaue Uebereinstimmung der einzelnen Lieferungen für denselben Zweck ist für die Herstellung guter Papiergarne von großer Wichtigkeit. Die bliche Bestimmung der Leimfestigkeit mit Hilfe der Tinten probe gibt über die fraglichen Eigenschaften des Spinnpapiers keine zuverlässigen Anhaltspunkte, weil sie sich auf Voraussetzungen stützt, die bei der Anwendung des Spinnpapieres nicht zutreffen. Die Fest setzung einheitlicher Anforderungen in bezug auf Wasseraufnahme und Wasserfestigkeit würde den Verkehr zwischen Spinnpapier- erzeugern und -Verarbeitern sehr erleichtern und viele Meinungs- unterschiede beseitigen. Um zu entscheiden, ob ein Papier den fest gesetzten Einheitsanforderungen entspricht, ist eine einfach ausführ bare und sich auf die Verhältnisse bei der Verarbeitung aufbauende Bestimmungsweise erforderlich. Eine solche wird nachstehend vor geschlagen. Bestimmung der Wasseraufnahmefähigkeit Hierfür hat Herr Direktor Franz Schmidt in Düsseldorf ein Ver fahren ausgearbeitet und in einer kleinen Druckschrift beschrieben, die mir durch die Liebenswürdigkeit des Verfassers zur Verfügung gestellt wurde. Diese Arbeitsweise ist sehr einfach und entspricht den gestellten Anforderungen. Ein Blatt des zu prüfenden Spinnpapieres wird mit Hilfe eines Blechmaßes auf die Größe 100 : 100 mm geschnitten und auf einer empfindlichen Schopperschen Papierwage gewogen. Dann wird es in zwei Teile von je 50 : 100 mm* durchschnitten. Darauf werden zwischen die beiden Teile zwei feuchte Stücke dicken Löschkartons in der Größe 40 : 50 mm gelegt. Das Ganze kommt auf eine ebene Glas- oder Metallplatte und wird mit einer gleichen Platte bedeckt, die durch entsprechende Auflagen soweit beschwert ist, daß sie genau 600 g wiegt. Das Papier bleibt unter der Beschwerung genau eine Minute, wird darauf unmittelbar wieder gewogen. Von dem ermittel ten Gewicht des feuchten Papieres wird das Gewicht des trocknen Papieres abgezogen. Der Gewichtsunterschied gibt an, wieviel Wasser das Papier aufgenommen hat. Durch Rechnung kann man leicht er mitteln, wieviel ein Geviertmeter aufnimmt und wieviel auf hundert Teile seines Gewichts das Papier Wasser aufsaugt. Zur Erleichterung der Rechnung sind der erwähnten Schrift Zahlenreihen für die ein zelnen Papierstärken beigegeben, mit denen der Gewichtsunterschied malgenommen, ohne weiteres das gewünschte Ergebnis liefert, was die Rechnung bedeutend vereinfacht. Fortsetzung folgt. Verein zur Errichtung eines Deutschen Forschungsinstitutes für Textilindustrie E. V. in Dresden. Der Verein hat eine finanzielle Grund lage für die Errichtung' und Erhaltung des De tschen Forschungs institutes für Textilindustrie in Dresden geschaffen, für die Leitung des Institutes und seiner verschiedenen wissenschaftlichen Abtei lungen allererste Kräfte angestellt und das Arbeitsfeld organisiert, so daß das Institut, das bis auf weiteres unter der Führung des Ver eins zur Errichtung eines Deutschen Forschungsinstitutes für Textil industrie steht, seine Tätigkeit bereits aufnehmen konnte Die Ar beiten des Institutes erstrecken sich über alle Gebiete der Textil industrie; den Verhältnissen der Zeit Rechnung tragend, wird es sich unter anderem der Papierfabrikation, den Papiergarnen, sowie allen neueren Fasern (Brennessel, lypha usw.) und den Erzeugnissen daraus besonders widmen. Die Arbeiten werden in völliger Unab hängigkeit von der Technischen Hochschule in Dresden ausgeführt. Der wissenschaftliche Leiter des Institutes, Geheimer Hofrat Pro fessor Müller, Dresden-A., Daheimstr. 9, nimmt Anfragen und Wünsche von Interessenten entgegen. Der Verein setzt seine Bemühungen fort, eine Angliederung an die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förde rung der Wissenschaften in Berlin zu erreichen und mit allen beste henden oder im Entstehen begriffenen Unternehmungen ähnlicher Art eine Arbeitsgemeinschaft herbeizuführen, um so in Dresden einen Mittelpunkt der Forschungen für die gesamte deutsche Textilindustrie zu schaffen, pk. Papiergewebe-Ausstellung in Wien, Februar 1918. Der Nieder österreichische Gewerbeverein veranstaltet, wie bereits kurz gemeldet, gemeinschaftlich mit dem Kriegsverband der Baumwoll-Industrie und anderen Kriegsverbänden der Textil - Industrie, ferner dem Wirtschafts-Verband der Papier - Industrie in der zweiten Hälfte des Februar eine Ausstellung von Erzeugnissen der Papier garnspinnerei, -Weberei und -Konfektion. Zweck dieser Ausstellung ist die Entfaltung einer möglichsten Propaganda für alle Erzeugnisse der Papiergarnindustrie hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit als Ersatz mittel für andere Textilstoffe. Der österr. Handelsminister hat das Protektorat über die Ausstellung übernommen. Es wird keine Platz miete erhoben. Wünsche der österreichischen Papierspinnereien. Durch die Ministerialverordnung vom 29. November 1917, mit welcher die ganze österreichische Erzeugung in Papiergeweben beschlagnahmt wurde, ist die Papierspinner ei lahmgelegt worden. Auf Eingaben einiger Fabrikan ten des Handelskammerbezirkes Reichenberg hat die genannte Kammer mit den Fabrikanten die durch die Verordnung geschaffene Lage ein gehend besprochen, wobei einstimmig beschlossen wurde, an die Handelskammer folgende Anträge zu stellen: Die Handels- und Gewerbekammer soll dahin wirken, daß: 1. die Ministerialverordnung vom 29. November 1917 aufgehoben, zumindest aber solange außer Wirksamkeit gesetzt werde, als nicht die gleiche Verordnung auch in Ungarn in Kraft tritt. 2. daß die freie Einfuhr von Spinnpapier gestattet werde, und 3. daß auch Spinnpapier im Gewichte von mehr als 35 g qm eingeführt werden darf. R. P. Färben der Spinnrollen auf der Schneidemaschine. Wie uns soeben mitgeteilt wird, ist es der Maschinenfabrik J. H. Spoerl in Düsseldorf gelungen, die Spinnrollen auf der Schneidmaschine durch und durch zu färben, wobei die Färbeflüssigkeit gleichzeitig als Spinnfeuchtigkeit dient. Das mangelhafte Färben der Gewebe im Stück falle dadurch vollständig fort, was große Ersparnis und bedeu tenden Fortschritt für die ganze Papiergarnindustrie bedeute. Papiergarn-Markt Nach Bericht der Leipziger Monatsschr. f. Textil-Ind. aus M.-Gladbach vom 26. Januar war der Flandel mit Papiergarnen in der letzten Woche wieder sehr rege, besonders nach gröberen Garn nummern zeigte sich wieder so starke Nachfrage, daß es unmöglich war, allen Anforderungen nachzukommen. Auch bei den feineren Papiergespinsten macht sich von Woche zu Woche mehr Bedarf bemerkbar, welcher aber, da auch viele Angebote von auswärtigen Spinnereien vorliegen, gedeckt werden kann. Im Verkehr mit Papier geweben macht sich etwas Zurückhaltung bemerkbar, nur verwendungs freie Papiergewebe sind noch stark begehrt.