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1414 PAPIER-ZEITUNG Nr. 74/1916 mit dem architektonischen Aufbau haben in jener Zeit dem Geschmack im Kunstgewerbe überhaupt entsprochen. Wenn auch die Zeichner dieser Einfassungen ausreichendes Verständnis für die Stilrichtung besaßen, so seien doch durch mißverstandene Anwendung häufig recht verworrene Gebilde geschaffen worden. Uebrigens sei auch, wie einzelne Blätter erkennen ließen, zu jener Zeit schon von Ein zelnen die Schönheit der Einfachheit erkannt worden. Hervorzu- heben sei bei den aus einer ganzen Anzahl von Linienrändern zusa.m- mengesetzten Umrahmungen der korrekte Anschluß der Linien, den man heute vielfach vermisse. Bei sonst ansprechenden Arbeiten sei der Gesamteindruck gestört worden durch störende Unterbrechun gen der Umrahmung. Eine zweite Gruppe enthielt Arbeiten, bei denen die Ausführung in der Hand eines Künstlers gelegen habe. An einzelnen Blättern zeigte der Vertragende, wie die Ausstattung des Rahmens oder das sonstige Beiwerk die Wirkung des Textes, der doch die Hauptsache bilde, zuweilen beeinträchtigt. Auch die Verwendung vorhandener Vordrucke sei in der Regel zu erkennen; es fehle hier wie übrigens auch bei manchen Künstlerarbeiten an einer Beziehung zwischen Inhalt und Umrahmung. Ein im Stile Eckmannscher Edellinien gehaltener Vordruck gab dem Vortragen den zu einer Würdigung Professor Eckmanns Veranlassung, der zuerst zur Beobachtung der Natur zurückgekehrt sei und gezeigt habe, was der Künstler aus einem einfachen Blattstengel zu schaffen vermag. Bezeichnend für die Bedeutung Eckmanns sei es, daß er der erste war, dessen Schrift sich unter seinem Namen so allgemein einführte, daß sie in keiner namhaften Druckerei fehlte. Eine weitere umfangreiche Gruppe zeigte reine Satzarbeiten von vornehmer Wir- kung, die zumeist in der Reichsdruckerei hergestellt wurden. Sie erbringen den Beweis dafür, daß solche Arbeiten auch in rein typo graphischer Ausführung befriedigend ausgeführt werden können. Bemerkenswert seien die Lösungen, die hier gefunden wurden für die Unterbringung zahlreicher Namen als Unterschrift, wie sie auf den Diplomen vorkommen, die Angestellte der Reichsdruckerei ihren Berufsgenossen gestiftet haben. Zu wünschen bleibe nur, daß solche Arbeiten nicht als Schnellschüsse hergestellt werden, sondern daß der Setzer sie nach reiflicher Vorbereitung und sozusagen in einer Feierstimmung in Angriff nehmen könne, in ähnlicher Weise wie der Künstler sich durch den Besuch von Museen zu einer besonderen Leistung vorbereite. An einigen aus dem 15. Jahrhundert stam menden handschriftlichen Urkunden konnte der Vortragende nach weisen, daß gerade die Arbeiten der Reichsdruckerei im Stile dieser Vorbilder gehalten sind. Der Vorsitzende dankte Herrn Wagner f r seine Mühewaltung und leitete einen Meinungsaustausch darüber ein. Die Frage, wie er sich zu der Anbringung von Photographien auf Diplomen und Wid mungen stelle, beantwortete Herr Wagner dahin, daß man sich vergegenwärtigen müsse, daß ein solches Dokument eigentlich nur in einem Exemplar herzustellen wäre, das für die zu ehrende Person selbst bestimmt sei; darum sei die Anbringung des Bildes unpassend. Von anderer Seite wurde dazu bemerkt, daß man ein solches Bild auf dem Deckel des Umschlages in der Form einer Original-Kupfer platte anbringen könne, von der man für andere Liebhaber vorher Abzüge a.nfertigen lasse, wie dies z. B. der deutsche Faktorenbund bei einer Ehrung seines Vorsitzenden getan habe. Der als Gast an wesende Künstler, Herr Keune, bemängelte einige der von Künstlern geschmückten ausgestellten Diplome, bei denen der Text der Um rahmung gegenüber vollkommen zurücktrete; die besten Blätter der Ausstellung seien ohne Zweifel die rein typographisch ausgeführten. Schluß der Sitzung 11 % Uhr. Arbeitsnachweis des Verbandes Deutscher Steindruckereibesitzer Vom Verband Deutscher Steindruckereibesitzer, Abteilung Schutzverband, erhalten wir folgende Zuschrift: Wie unseren Mitgliedern bekannt, ist die Eröffnung des von der Generalversammlung beschlossenen Arbeitsnachweises mit dem 1. September zur Tatsache geworden. In Berlin hat kürzlich eine Besprechung mit den Arbeitsnachweisverwaltern stattgefunden, in der alle einschlägigen Fragen ausgiebig besprochen wurden, um das gesteckte Ziel in der Praxis zu erreichen. Das Ziel unseres Ar beitsnachweises besteht darin, in vollständig neutraler Weise dafür zu sorgen, daß die Kriegsbeschädigten sowohl als auch die aus dem Felde zurückkehrenden Gehilfen und Arbeiter ihrem Beruf erhalten bleiben, und daß der richtige Mann an den richtigen Platz kemmt. Die den Arbeitsnachweisverwaltern gegebenen Anweisungen sowie die Vorschriften der unten vollständig veröffentlichten Geschäfts ordnung sorgen dafür, daß die Arbeitsnachweise in wirklich neutraler Weise ihre Tätigkeit ausüben. Unser Arbeitsnachweis hat lediglich reine Vermittelungstätigkeit auszuüben, alle anderen Fragen werden grundsätzlich ausgeschieden. Prinzipale und Gehilfen sollen wissen, an welche Stelle sie sich wenden können, um den richtigen Platz oder die richtige Kraft zu erhalten. Für unsere Mitglieder besteht keinerlei Benutzungszwang, ebenso wie dieselben auch nicht ver pflichtet sind, nur solche Gehilfen und Arbeiter einzustellen, die einen Arbeitsnachweisschein vorzeigen können, d. h. unseren Ar beitsnachweis passiert haben. Anderseits mußte durch besondere Bestimmung der Geschäftsordnung, welche die einzige Richtschnur für die Tätigkeit des Arbeitsnachweises bildet, dafür gesorgt werden, daß jeder Mißbrauch von beiden Seiten ausgeschlossen wird. Die Arbeitsnachweisverwalter dürfen mit keinem Worte die Gehilfen und Arbeiter nach ihrer Organisationszugehörigkeit fragen, was auch durch die Geschäftsordnung streng vorgeschrieben wird. Daß die arbeitssuchenden Arbeiter die erforderlichen Ausweispapiere mit zubringen haben, entspricht den gesetzlichen Vorschriften. Die Vorschriften der Geschäftsordnung über die Benutzung des Nach weisscheines sollen den geregelten Geschäftsgang sichern, damit keinerlei Verwirrung entsteht. Ebenso wie kein Arbeiter verpflich tet ist, die nachgewiesene Stelle anzunehmen, ebenso ist der Arbeit geber nicht verpflichtet, die ihm nachgewiesenen Arbeitnehmer an zunehmen. Beiden Teilen wird also vollständig Freiheit ihrer Ent schließung gelassen. Damit ist die Neutralität und Parität in des Wortes ureigenster Bedeutung gewährleistet. Gerade im Interesse der Arbeitnehmer, die sich ernstlich um Arbeit bemühen, mußte einem Mißbrauch des Nachweisscheines vorgebeugt werden. Daher die Vorschrift, daß einem Arbeitnehmer, der sich einen Nachweis schein hat ausstellen lassen, es aber unterläßt, sich bei der betreffen den Firma zu melden, die Ausstellung eines neuen Nachweisscheines bis auf weiteres vorenthalten werden kann. Aus demselben Grunde war die Vorschrift nötig, daß der Arbeitssuchende, wenn er den Nach weisschein annimmt, aber die Stelle nicht antritt, vor Ablauf von zwei Wochen keinen neuen Nachweisschein erhält. Jedem, einerlei ob Prinzipal oder Gehilfen, steht der Beschwerdeweg offen, ein Be scheid ist auf alle Fälle zu erteilen. * * * Indem wir nachstehend die Geschäftsordnung sowie die ein zelnen Arbeitsnachweisstellen mit genauer Adressenangabe usw. veröffentlichen, geben wir nochmals der Hoffnung Ausdruck, daß die neugeschaffene Einrichtung zum Segen des durch den Krieg so hart betroffenen Steindruckgewerbes tätig sein wird. Die oberste Richtschnur wird immer die Fürsorge für die Kriegsbeschädigten und die aus dem Felde zurückkehrenden Gehilfen und Arbeiter bilden. Geschäftsordnung für den Arbeitsnachweis des Verbandes ,, Deutscher Steindruckerei besitzer“. § 1. Der Verband Deutscher Steindruckereibesitzer, Abteilung Schutzverband, gründet einen Arbeitsnachweis mit Zentrale in Ber lin und Vermittelungsstellen an dem Verwaltungssitze jedes Schutz verbands-Kreises und an allen solchen Orten, welche außerdem vom Ausschuß hierfür bestimmt werden. § 2. Der Arbeitsnachweis soll für die Mitglieder des Schutzver bandes und Fachverbandes die Einstellung von Kriegsbeschädigten und aus dem Heer und der Marine entlassenen Kriegsteilnehmern vermitteln,*) nach Wiederherstellung geordneter Friedenszustände soll auch die Einstellung anderer Arbeitnehmer, welche nachweislich arbeitslos sind, oder in Kündigung stehen, vermittelt werden. Zu diesem Zwecke dürfen auch mit anderen Arbeitsnachweisen! Vereinbarungen getroffen werden. Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Paragraphen gelten insbe sondere Lithographen, Steindrucker und Hilfskräfte. Die Vermittlung für Arbeitnehmer ist unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu irgend einer Vereinigung oder Organisation. § 3. Für die Anforderung von Arbeitskräften haben die Arbeit geber die vom Arbeitsnachweis zu beziehenden Bestellscheine zu be nutzen. Dringender Bedarf kann drahtlich angemeldet werden. Der Arbeitsnachweis wählt geeignete Arbeitnehmer aus dem Arbeitnehmer-Meldebuch, gibt ihnen einen Nachweisschein und schickt sie den bestellenden Firmen zu. § 4. Arbeitsuchende haben bei der Meldung im Arbeitsnach weis Ausweispapiere beizubringen. Arbeitnehmer über 21 Jahre, müssen als Ausweis ein amtlich beglaubigtes Papier (Militärpaß, polizeilichen Zuzug- oder Abzugs schein, Geburtsschein oder Invalidenkarte), den letzten Entlassungs schein und einen Nachweis über bisherige Krankenkassenzugehörig keit vorlegen. Zeigt der Entlassungsschein ein um mehr als 4 Wochen zurüc k liegendes Datum, so hat sich dessen Inhaber über Aufenthalt und Tätigkeit während dieser Zeit gehörig auszuweisen. Arbeitnehmer unter 21 Jahren müssen sich über die bisherige Krankenkassen-Zugehörigkeit ausweisen und im Besitz eines ord nungsmäßig geführten Arbeitsbuches sein. Arbeitnehmer, welche nicht am Orte des Arbeitsnachweises wohnen, können sich schriftlich melden. . § 5. Vor- und Zuname, Alter, Beruf, Geburtsort und letzte Arbeitsstelle des Arbeitssuchenden werden in ein Meldebuch einge tragen. Je nach vorhandenem Bedarf wird ihm Arbeit so schnell' wie möglich und unter Berücksichtigung seiner Wünsche und Fähig keiten nachzuweisen gesucht. *) Beschluß der Gencralversa.mmlung: Der Arbeitsnachweis soll bis auf weiteres allen Steindruckereibesitzera Deutschlands offen stehen.