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Dr. E. Albert Am 26. Mai 1916 wurde der Gründer und Hauptinhaber der Albert-Compagnie m. b. H. in München 60 Jahre alt. Aus diesem Anlaß versandte die Firma an ihre Geschäftsfreunde ein vornehm ausgestattetes Heft, das den Lebensweg und die Arbeiten Dr. Alberts auf dem Gebiet der photomechanischen Reproduktion schildert. Wir entnehmen der Schrift, welche als Titelbild das Bildnis des Genannten trägt, folgende Angaben: Dr. E. Albert ist am 26. Mai 1856 als Sohn des bekannten Münchener Hofphotographen und Erfinders des Lichtdruckes Joseph Albert geboren. Er studierte an den Universitäten in München und Heidelberg und promovierte 1882 auf Grund einer Arbeit „Ueber die Aenderung des Farbentones von Spektralfarben und Pigmenten bei abnehmender Lichtstärke“. Auf Grund seiner ersten Erfindung, der isochromatischen Kollodium-Emulsion, gründete er im Jahre 1883 die Münchener Kunst- und Veilagsanstalt Dr. E. Albert & Co. Dieser Gewerbe betrieb diente auch für die folgenden Erfindungen als Schule der Praxis, in der er seine Erfindungsgedanken aus dem Zustande des Experimentes in die praktische und sichere Fabrikation umsetzte. Im Jahre 1908 erfolgte die Gründung der Albert-Compagnie m. b. H. ausschließlich zur Verwertung der internationalen Patente Di. Alberts. * * * Bis zu Anfang der 80 er Jahre war die photographische Technik nicht imstande, farbige Originale durch eine Schwarz-Weiß- Reproduktion in richtigen Tonwerten wiederzugeben; die Silber verbindungen, die das Negativ bildeten, waren nur für Violett und Blau empfindlich, für Gelb und Rot dagegen gar nicht. Jede Reproduktion fiel also gänzlich aus der Stimmung; denn alle warmen Farben kamen beinahe schwarz, alle kalten Farben beinahe weiß. Obwohl H. W. Vogel 1873 schon darauf aufmerksam gemacht hatte, daß man photographische Platten auch für die warmen Farben, d. i. also rot, gelb und grün, empfindlich machen kann, indem man die photographischen Schichten mit solchen Farben färbte,, welche rot, gelb und grün absorbieren, so wurde doch von dieser Idee in der Praxis der Reproduktionstechnik erst Anfangs der 80 er Jahre mit Erfolg Gebrauch gemacht. Die Firma Braun & Co., Dörnach, machte das damals allein übliche sogenannte nasse Verfahren für farbenempfindliche Negativaufnahmen brauch bar, indem sie Eosin der Kollodiumflüssigkeit zusetzte. Das Ver fahren war aber verwickelt und gab unempfindliche Schichten. Dr. Albert schlug im Jahre 1883 einen anderen Weg ein. Er erzeugte das lichtempfindliche Bromsilbersalz in äußerst feiner Verteilung in der Kollodiumflüssigkeit. Diese Kollodium-Emulsion war nur mäßig empfindlich. Dr. Albert fand aber gleichzeitig, daß sich die Empfindlichkeit sehr steigern läßt, wenn man Kollodium- Emulsion mit einer Lösung von Eosinsilber in Ammoniak versetzt; außerdem wurde hierdurch eine Hohe isochromatische Wirkung erzielt. In dieser Form hat sich die isochromatische Bromsilber- Kollodium-Emulsion die ganze Welt erobert und beherrscht heute beinahe ausschließlich die gesamte graphische Reproduktionstechnik. Die nächste Folge dieser Erfindung war die Gründung der Photographischen Union im Jahre 1883 mit der Firma F. Bruck mann A.-G. in München. Die Photographische Union wurde ein Mittelpunkt für den Verlag von Kunstblättern nach Werken Münchner Künstler. Im Jahre 1885 hatte Dr. Albert das Heliogravüre-Verfahren auf den Höhepunkt der Entwicklung gebracht, und Verlagsunter nehmungen wie die Schackgalerie (Verlag Dr. E. Albert & Co.), das Böcklin-Werk, das Lenbach-Werk (Verlag F. Bruckmann) zeigen eine bis zum heutigen Tage wohl nicht übertroffene Güte der künstlerischen Reproduktion. Nach dem im Jahre 1881 von Meisenbach, München, einge führten Autotypieverfahren gelang. es Dr. Albert, seine Veröffent lichungen über die' Münchener Jahresausstellung 1889 und 1890 mit Buchdruckbildern zu schmücken, die eine für die damalige Zeit verblüffende Wiedergabe der Maltechnik sowie einen außer ordentlichen Reichtum der Tonwerte zeigten. Im Jahre 1891 machte Dr. Albert, eine grundlegende Erfindung, die den Buchdruck für den Mehrfarbendruck eroberte. Die auto typische Druckfläche besteht bekanntlich aus Punkten und Linien. Bei der Kleinheit der Druckelemente ist es bei zweimaligem Auf einanderdruck nicht möglich, die Druckelemente zu einem gleichen Aufeinanderpassen oder zu einem gleichartigen Nebeneinander liegen zu zwingen, sondern es wird der Aufdruck in allen möglichen Lagen geschehen. Wo die Druckelemente aufeinanderliegen, wird der Ton heller sein als da, wo sie nebeneinander liegen. Werden die beiden Drucke mit zwei verschiedenen Farben gemacht, so wird bei Nebeneinanderlagerung optische Mischung im Auge entstehen, bei Uebereinanderlagerung Pigment-Mischung; der Druck zeigt ein Moiremuster, welches jeden Zusammendruck mehrerer Platten auf der Buchdruckpresse unmöglich macht. Dieses Moire beseitigte Dr. Albert durch Herstellung von Druckflächen, auf welchen die Linien- oder Punktsysteme um je mindestens 30° gedreht waren. Diese Drehung vermeidet endgültig jede Moireerscheinung bei Mehrfarbendrucken. Heute wird auf der ganzen Welt, nachdem die Patente erloschen sind, wohl kein Dreifarbendruck gemacht» der nicht nach dem obengenannten Patent hergestellt ist. Wenn auch durch dieses „Dreiwinkelpatent“ die Möglichkeit des photomechanischen Mehrfarbenbuchdrucks gegeben war, so standen doch 1891 der praktischen Durchführung bezüglich der Herstellung der Rasterteildrucknegative noch große Schwierig keiten im Wege. Die photographische Negativtechnik war nicht imstande, die drei Rasternegative für Dreifarbendruck direkt herzu stellen, sondern es mußten von Halbtonnegativen Diapositive und von diesen erst die Rasternegative hergestellt werden, also neun photographische Operationen, um drei Negative zu erhalten. ..Dr. Albert verlegte 1893 nun die zum Buchdruck nötige Zer legung des Halbtones in Punkte und Linien aus dem Negativprozeß in den Kopierakt in der Weise, daß das Licht zuerst eine Raster platte passieren mußte und dann nach Durchdringung des Halbton negatives erst auf die lichtempfindliche Schicht fiel, auf Grund deren sich später die Druckfläche entwickelte. Das Wesentliche bei diesem „Kopierraster“ genannten Verfahren waren systematische Bewegungen der Lichtquelle oder des Kopierrahmens. Diese Be wegungen zwangen die die durchsichtigen Rasterlöcher und das Negativ passierenden Lichtstrahlen, auf der empfindlichen Schicht eine Unzahl von Kern- und Halbschatten zu bilden; hierdurch wurde die Zerlegung der Halbtonwerte eines Originals in ent sprechende Flächen werte auf der Druckplatte in die Wege geleitet Dieser Prozeß gab künstlerische Werte des Drei- und Vierfarben druckes, welche zur damaligen Zeit von keinem anderen Verfahren auch nur annähernd erreicht wurden. Auch heute überragt dieses Verfahren betreffend Schärfe der Reproduktion jedes andere; doch seit es Dr. Albert im Jahre 1907 gelang, mit der Emulsion „Chromo Direct“ direkte Drei- und Vier farben-Rasterteildruck-Negative herzustellen und somit das Dia positiv und das zweite Negativ in Wegfall kam, wird die Mehrzahl der Dreifarben-Reproduktionen ebenfalls mit direkten Raster- Negativen hergestellt. In den Jahren 1897 bis 1905 ging sein Streben dahin, Mehr farbendrucke in sofortigem nassen Aufeinanderdruck auf einer Rotationspresse mit nur einer Druckzylinderfläche herzustellen. Bisher mußte mit dem Weiterdruck der folgenden Farben immer so lange gewartet werden, bis die vorher gedruckte Farbe trocken war; denn naß aufeinandergedruckt würden die Farben sich nicht voneinander abheben, namentlich in den den Tiefen des; Originals entsprechenden Stellen, da Schwarz im Dreifarbendruck durch Uebereinanderlagerung gleicher Mengen der Gelb-, Rot- und Blaufarbe entsteht. Diese, allen drei Platten gemeinsamen Ab klatschflächen beseitigte Dr. Albert und ersetzte sie durch eine vierte schwarze Platte. Außerdem erforderte jede Mehrfarben druckform einen Druckzylinder und eine Zurichtung; die letztere, bezweckt die im Buchdruck notwendige Entlastung des Druckes in den hellen und Verstärkung desselben in den satten Partien der Klischees. Da nun bei Farbklischees am selben Orte die eine Farbe sehr tief und eine andere sehr hell drucken soll, so muß für jede Farbe eine besondere Zurichtung gemacht werden. Hierdurch war der Bau einfachster Maschinen für Mehrfarben druck mit nur einer Druckzylinderfläche ausgeschlossen. Dr. Albert bezwang diese Unmöglichkeit durch Erfindung des Reliefklischees DRP 122836, welches die Höhenunterschiede, die zur Verstärkung und Entlastung des Druckes in den Schatten und Lichtern sonst am Druckzylinder angebracht waren, mittels Prägung in das Klischee selbst verlegt. Für das „Citochromie" genannte Verfahren baute die Maschinenfabrik Augsburg eine Versuchs presse, auf der bereits im Jahre 1902 gute Vierfarbendrucke mit nur einem Druckzylinder und einem Formzylinder mit den vier Druckflächen in unmittelbar aufeinanderfolgendem Druck erzielt wurden. Das „Citochromie“-Verfahren wurde nicht weiter durchgeführt, da die Buchdruckmaschinenfabrik Cottrell & Sons Co. in New York die internationalen Relief-Klischee-Patente erwarb. Wenn nun auch der Mehrfarbenbuchdruck auf Citochrom- pressen wie auch auf den üblichen Flachdruckpressen sich immer höher entwickelte, so galt dies nur für den Druck von Original klischees; von diesen Originalen gleichwertige Duplikate herzu stellen war damals unmöglich. Große Auflagen werden nämlich nicht von den Originalklischees, scndern von deren galvanoplastisch hergestellten Nachbildungen gedruckt. Solche Galvanos waren aber keine getreuen Abbilder der Originalklischees; sie druckten schlecht, und Mehrfarbenklischees paßten fast immer schlecht. Dies erklärt sich aus der Art der Herstellung. Durch Prägung des Klischees in eine Wachsform wurde zuerst eine Matrize herge stellt. Um dieselbe für den galvanoplastischen Niederschlag leitend zu machen, mußte diese Matrize mit Graphit gebürstet werden; daß dies bei 36—49 Druckelementen auf den Quadratmillimeter eine Qualitätsverschlechterung bedeutet, ist selbstverständlich, und da die Wachsform vor der Prägung erwärmt werden muß, waren Größenveränderungen nach dem Erkalten, also ein Nicht passen, unvermeidlich. Dr. Albert gelang es nun 1902—1904 Bleimatrizen herzustellen. Da Blei selbst leitend war, kam die Graphitierung in Wegfall, und da kalt geprägt wurde, war auch jede Gefahr für Nichtpassen aus geschlossen. Die Schwierigkeit lag im Prägen selbst, da für jeder Quadratzentimeter Klischee etwa 1000 Kilo Druck nötig sind;