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1366 PAPIER-ZEITUNG Nr. 72/1916 Masse anzuwenden. Aber auch die Kombination Tierleim- Chromalaun kann nicht allgemein nutzbar gemacht werden, da man auch hier nur gefärbtes Papier erhält. Gerbsäure oder Tannin ist das typische Fällungsmittel für Tierleimlösungen. Nach Mösner 1 ) soll eine Fällung nur in Gegenwart von Salzen vollständig sein. Es genügen jedoch ganz geringe Mengen Salz; diese sind immer vorhanden, da Tierleim selbst stets eine geringe Menge anorganischer Salze enthält. Truntzel 2 } hat die Fällung durch Gerbsäure neuerdings eingehend studiert und gefunden, daß die Ausfällung nur dann vollständig ist, wenn Leim und Gerbsäure im Verhältnis wie 1: 0,7 vorhanden sind. Bei Ueberschuß eines Teils der beiden Stoffe soll sich der Niederschlag zum Teil auflösen. Es war zu erwarten, daß durch Ausfällung des Tierleims im Papierstoff mit Gerbsäurelösung Leimung des Papiers da durch erzielt werden könnte, daß die Gerbsäure den Tierleim in unlöslicher Form auf der Faser niederschlagen würde. Ein Versuch bestätigte diese Vermutung jedoch nicht. Papierstoff (Sulfitzellstoff gebleicht) wurde mit 5 v. H. Tierleim (Lederleim von Kissel und Wolf in Mannheim) in Form einer zehn prozentigen wässerigen Lösung und später mit soviel Gerbsäure lösung versetzt, daß das Verhältnis von Tierleim zu Gerbsäure wie 1: 0,7 im Stoff war. Das aus dem so behandelten Papierstoff geschöpfte Papierblatt zeigte gar keine Leimfestigkeit. Auch als die Menge des Fällungsmittels so erhöht wurde, daß das Verhältnis wie 1: 1 war, zeigte sich keine Spur einer Leimung. Daß trotzdem eine Ausfällung eingetreten war, sah man an dem Verhalten des aus dem Papierstoff ablaufenden Abwassers: Daraus konnten mit Gerbsäure nur noch geringe Mengen Tierleim aus gefällt werden. Also ist die Verbindung Tierleim-Gerbsäure gegen das Eindringen von Tinte nicht widerstandsfähig. Aehnlich wie Chromalaun wirken Kali- oder Natronalaun und schwefelsaure Tonerde auf Tierleimlösung ein. Nach Lüppo- Kramer 3 ) erfährt der Alaun eine Spaltung, derart, daß der Tier- leim Tonerde aufnimmt, während die Schwefelsäure ausgewaschen wird. Versetzt man eine Tierleimlösung mit einer Alaunlösung oder einer solchen von schwefelsaurer Tonerde, so tritt keine sichtbare Veränderung ein. Nach den Erfahrungen mit Chrom alaun konnte jedoch ein Leimungserfolg erwartet werden, wenn man mit Tierleim vermahlenen Papierstoff mit einer Lösung von schwefelsaurer Tonerde bis zur schwach sauren Reaktion Versetzte. In der Tat war das dann geschöpfte Papierblatt bis zu einem gewissen Grade geleimt: Papierstoff wurde mit 2 v. H. Tierleim und dann mit Aluminium sulfat bis zur schwach sauren Reaktion versetzt. Die Leimwirkung war so deutlich, daß man das Papier als %—1/2 geleimt bezeichnen kann. In einem anderen Falle wurden 5 v. H. Tierleim verwendet. Das Papier ist als % geleimt zu bezeichnen. Weder im ersten noch im zweiten Falle wird die insgesamt zugesetzte Tierleimmenge jedoch voll ausgenützt. Die Fällungen waren durchaus nicht vollständig, denn aus den Abwässern ließen sich durch Tanninlösung noch beträchtliche Mengen Tierleim nieder schlagen. Die Leimfestigkeit des so geleimten Papiers nimmt mit der Zeit zu. Es schreitet also offenbar die schon im Holländer ein setzende Veränderung des Tierleims durch die schwefelsaure Tonerde im fertigen Papier weiter fort. Die Kombination Tier- leim-AIuminiumsulfat dürfte jedoch nicht wirtschaftlich sein. Da so große Verluste an Tierleim zu erwarten sind, müssen die Zusätze beträchtlich sein. Bei einem Preis von 100 M. für 100 kg Lederleim, wie er vor etwa einem halben Jahre noch bestand, würde die Leimung, ohne den Alaun zu rechnen, bei 5 prozentigem Zusatz schon 5 M. für 100 kg Papierstoff kosten. Man ersieht aus den Versuchen aber, was ja auch in der Praxis längst be kannt war, daß Tierleim zur Unterstützung der Leimung mit anderen Leimungsmitteln brauchbar sein muß. So wird schon lange Tierleim in Verbindung mit Harzleim angewendet, neuer dings mehr als früher, damals ebenso wie heute mit Erfolg. Anschließend an die oben mitgeteilten Versuche sei hier noch die Fällung des Tierleims durch kolloide Kieselsäure erörtert. Durch sogenannte kolloide Kieselsäure wird Tierleim aus wässeriger Lösung gefällt. Um diese Erscheinung für die Papier leimung auszunutzen, kann man nicht den mühsamen Weg ein schlagen, der diese Reaktion genau nachahmen würde. Es schien deshalb zunächst angezeigt, mit einer Wasserglaslösung zu arbeiten und sozusagen die Wasserglasleimung mit Tierleim zu kombi nieren. 1) Mösner: Zeitschrift f. physiolog. Chemie 1894, 61 und 213. 2) Truntzel: Biochem. Zeitschrift 1910, 458. 3) Lüppo-Kramer: Kolloidzeitschrift 1, 353. und 2, 171 (1907). Zu diesem Zweck wurde Papierstoff mit 2 v. H. Tierleim ver setzt, dann wurden 10 v. H. des Stoffes an Wasserglaslösung von 38 Be und Aluminiumsulfat bis zur sauren Reaktion des Stoffes hinzugefügt (9 v. H. Al 2 (SOp, . 18H 2 O vom Stoff). Das Papier blatt zeigte keine Leimfestigkeit, im Gegenteil, es war viel saug fähiger geworden als bei der 2 Tierleimung. Dies war zu erwarten, da die Wasserglasleimung — auch ohne jeden Zusatz — stets zur Erhöhung der Saugfähigkeit führt. Dagegen waren die Verluste an Tierleim viel geringer als bei der Leimung mit 2 v. H. Tierleim allein: Das Abwasser ergab eine viel geringere Fällung auf Zusatz von Gerbsäure als im ersten Falle. Die leimende Wirkung des Tierleims wird also durch den Zusatz von Wasserglas aufgehoben. Dies ist auch der Fall, wenn der Tierleimzusatz auf 5 v. H. vom Stoff erhöht wird. In diesem Falle wurde Papierstoff mit 5 v. H. Tierleim und 20 v. H. Wasserglaslösung von 38 0 Be und mit 16 v. H. Al, (SO,. 18H 2 O vom Stoff (bis zur sauren Reaktion) geleimt. Beim Be schreiben konnte man wohl etwas bessere Leimung feststellen als im vorhergehenden -Falle, jedoch wurde auch hier die Leimwirkung des Tierleims durch das Wasserglas aufgehoben. Der Verlust an Tierleim entsprach hier dem Verlust bei 2 v. H. Tierleim und 10 v. H. Wasserglas. Ein weiterer Versuch zeigte, daß der Verlust an Tierleim fast ganz aufgehoben wird, wenn man bei der Kombination Tierleim-Wasserglas Talkum mitverwendet. Jedoch bleibt der starke Einfluß des Wasserglases auch hier bestehen, und es wird bei weitem nicht der Erfolg der 2prozentigen Tierleimung erzielt. Der Leim wurde hergestellt durch Mischen von 2 v. H. (vom Stoff) Tierleim in wässeriger Lösung, 10 v. H. Wasserglaslösung von 38° Be (vom Stoff) und 20 v. H. Talkum (vom Stoff). Die Mischung wurde auf 80 0 erwärmt und dann dem Papierstoff zu gesetzt. Gefällt wurde mit Aluminiumsulfat (bis zur sauren Reaktion des Stoffes) 1 ). Das Papierblatt zeigte denselben Leimungsgrad wie vorher. Das Abwasser ergab mit Tanninlösung fast gar keine Fällung. Das Talkum hat offenbar den Tierleim im Stoff zurück gehalten. Das so geleimte Papier — ob mit oder ohne Talkum — erfüllt die besonderen Ansprüche, die an Druckpapier gestellt werden. Diese Leimung dürfte deshalb für eine Reihe von Druck papiersorten vorzuschlagen sein, wobei die letzte Kombination am ehesten zu empfehlen ist, weil hier die zugesetzte Menge Tierleim in der Grenze der Wirtschaftlichkeit bleibt. Es konnte noch gezeigt werden, warum die Wasserglas leimung zu keinem tintenfesten Papier führt. Die Ursache ist in der Bildung von Aluminiumhydroxyd zu suchen: Papierstoff wurde mit 2 v. H. Tierleim und mit soviel ver dünnter Natronlauge versetzt, als 10 v. H. vom Stoff an Wasserglas lösung von 38 ° Be entspricht. Dies waren 0,5 v. H. vom Stoff an Natriumhydroxyd. Gefällt wurde mit Aluminiumsulfat bis zur sauren Reaktion. Die Leimwirkung, die mit 2 v. H. Tierleim allein erzielt worden war, ist hier völlig wieder aufgehoben worden und zwar durch die Bildung von Aluminiumhydroxyd: AL (OH) S , das sich gemäß der Gleichung: A1 2 (SO 4 ) 3 + 6 NaOH = A1 2 (OH) 8 — 3 Na,SO, bildet. Bestätigt wird diese Auffassung durch einen weiteren Ver such, bei dem Papierstoff mit Natronlauge allein und dann mit Aluminiumsulfat bis zur sauren Reaktion versetzt wurde. Das Papierblatt hatte ähnlichen Charakter wie das vorhergehende. Eine Probe des Papiers wurde verascht. Die Asche enthielt Tonerde .und Schwefelsäure (gebunden), jedoch war die Tonerde menge wesentlich größer als, nach der Schwefelsäure der Asche berechnet, reines Tonerdesulfat erfordern würde, ein Zeichen, daß das Papier Tonerdehydroxyd enthielt. Tonerdehydroxyd, das auch bei der Harzleimung auftritt, wirkt — entgegen der bisherigen Anschauung — offenbar schäd lich auf die Leimung ein. Besonders viel davon wird bei Ver wendung alkalischen Harzleims auftreten; denn nach dem Alkaligehalt des Harzleims richtet sich der Zusatz von schwefel saurer Tonerde, wodurch die Bedingungen für die Bildung von Hydroxyd gegeben sind. Weniger Tonerdehydroxyd wird man dagegen bei Verwendung von freiharzreichem, also alkaliarmem Leim im Papierstoff haben. So erklärt sich auch die Bevor zugung von Freiharzleim vor vollverseiftem Harzleim: Das Tonerdehydroxyd wirkt tintenaufsaugend, es hebt deshalb die 1) Der Versuch lehnt sich an die Altmannschen Versuche der Kombination Talkum-Tierleim an (vgl. dessen Patente).