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Nr. 54/1916 PAPIER-ZEITUNG 1003 Weißer Papierstoff aus bedrucktem Papier John Welsh in Green Bay, Wisconsin, V. St. A., erhielt amerikanisches Patent auf folgendes Verfahren. Die Ablauge der Natronzellstoff- oder der Sulfitstoff-Her stellung dient eine Stunde lang bei beliebiger Temperatur als Einweichmittel für bedrucktes Papier in ganzen Bogen oder in zerfasertem Zustand. Dann wird der Stoff mit frischem Wasser ausgewaschen, wobei angeblich hierbei sämtliche Drucker schwärze sowie andere färbende Stoffe entfernt werden, ohne daß die Fasern des Holzschliffs vergilben. Man könne also aus solchem Stoff weißes Papier herstellen. Wird ds bedruckte Papier erst zerfasert, so kann man den zerfaserten Stoff in einen Holländer eintragen, der mit Ablauge gefüllt ist, und durch die Wirkung des Holländers wird alle Druckfarbe völlig vom Stoff entfernt. Das Lösungsmittel wird abgelassen und der Stoff mit frischem Wasser ausgewaschen, worauf er zur Herstellung frischen weißen Papiers geeignet sei. Lage der in Portugal internierten Deutschen Mein Sohn, bis zum Kriegsausbruch in Portugal tätig, ist seit März 1916 auf der ,,Azoren“-Insel Terreira mit noch 77 Reichs deutschen interniert. Wie es den internierten Deutschen auf den Azoren geht, darüber kann man nur .Vermutungen anstellen. Wir erhielten bis jetzt von meinem Sohn nur drei Postkarten kurzen Inhalts, worin er schrieb „es geht mir gut, ich kann nicht klagen“. Dieses unterstrichene „kann“ läßt, meine ich, tief blicken und soll wohl richtig übersetzt heißen, „darf nicht klagen“. Die Vermittlung der Briefe geschieht durchs Rote Kreuz in Bern. X Verleitung zum Verrat von Geschäfts geheimnissen In unserer in A zurzeit infolge Einberufung fast des gesamten Personals stilliegenden Fabrik erledigt ein Schlossermeister die Aufsicht über die Anlagen, das Instandhalten der Maschinen, die Lohnlisten der drei bis vier Arbeiter und die dortigen Kassen- Arbeiten. Er ist für uns so gut wie unentbehrlich, da er noch dazu die beim Verkauf unserer B.er Fabrik nach A geschafften Maschinen dort ausbessert und, wenn sich ein Käufer dafür gefunden hat, versandfertig macht. Nun hat die Wettbewerbsfirma Y in C, welche bereits vor einem Jahre einen unserer Werkmeister änstellte, der sich uns gegen über durch Vertrag verpflichtet hatte bei keiner Wetthewerbs- firma einzutreten, durch Vermittlung dieses Werkmeisters unseren Schlossermeister durch höhere Gehaltsaussichten zum Eintritt bei ihr überredet und zum 1. Apiil angestellt. Kaum war der Dienst vertrag unterschrieben, erhielt der Schlossermeister von dem Werkmeister der Fabrik C einen Brief, worin er ihn über einzelne maschinelle Einrichtungen unserer Fabrik um Maße und Auskunft bat, da er die Notizen, die er sich damals selbst genommen hatte, verlegt habe. Unser Schlossermeister, der sich solcher unlauterer Machenschaften nicht schuldig machen will, benachrichtigte uns hiervon und bat uns ihn weiter in unserem Dienst zu behalten, worauf wir mit ihm einen festen, beiderseits während der Dauer eines Jahres unkündbaren Vertrag abschlossen. Kann die Y.er Firma auf Eintritt des Schlossermeisters be stehen? Wenn ja, würde er gleich am Eintrittstage seine Kündigung einreichen Können wir wegen unlauteren Wettbewerbs mit Aus sicht auf Erfolg klagen ? PapierFabrik Hätte der Schlossermeister der Versuchung des Werk meisters Folge gegeben, so hätte er sich gegen §§ 17 und 18 des Wettbewerbsgesetzes vergangen, welche mit Geldstrafe oder Gefängnisstrafe denjenigen bedrohen, der Geschäftsgeheimnisse seines Dienstgebers zu Wettbewerbszwecken verrät oder von Zeichnungen seines Dienstgebers zugunsten eines Wettbewerbers Gebrauch macht. Da niemandem die Fortsetzung eines Dienst verhältnisses zugemutet werden kann, in welchem ihn ein Vor gesetzter zu Straftaten zu veranlassen sucht, so durfte der Schlossermeister den Dienstvertrag mit der Fabrik Y ohne Kündigung aufheben, aber es empfiehlt sich, daß er dies der Firma unter Angabe des Grundes sofort mitteilt. Der Werk meister der Firma Y hat sich nach obiger Darstellung gegen § 20 des Wettbewerbgesetzes vergangen, wonach derjenige, der zum Zwecke des Wettbewerbes es unternimmt, einen andern zu einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften der §§ 17 und 18 des Wettbewerbgesetzes zu bestimmen, mit Gefängnis bis zu neun Monaten und mit Geldstrafe bis zu 2000 M. oder mit einer dieser Strafen bestraft wird. Der Versuch zur Verleitung ist in dem eben genannten Wortlaut des § 20 inbegriffen. Kaufbeschränkung in Dänemark Eine Bekanntmachung des Dänischen Ministeriums des Innern vom 19. Juni 1916 lautet: . Auf Grund des zeitweiligen Gesetzes vöm 7. August 1914, be treffend die Reglung der Preise von Lebensmitteln und Waren, hat das Ministerium des Innern auf Antrag des außerordentlichen Ausschusses vom 8. August 1914 folgendes bestimmt: Bis auf weiteres soll es verboten sein, nach Dänemark aus dem Ausland eingeführte Waren, gegen deren weitere Ausfuhr ein Ver bot erlassen worden ist oder deren Ausfuhr im Widerstreit zu den im Gesetz vom 5. April 1916 behandelten Erklärungen stehen würde, für ausländische Rechnung oder sonst unter solchen Verhältnissen, daß die Waren dem inländischen Verbrauch entzogen werden, ein zukaufen oder in Dänemark zu lagern. Uebertretungen dieses Verbots werden nach dem Gesetze vom 16. November 1914 bestraft. Diese Bekanntmachung trat sogleich in Kraft. Beschädigte Ballen Es kommt in letzter Zeit recht oft vor, daß Papierballen vom Spediteur in arg geschundenem Zustand abgeliefert werden. Un geübtes Aushilfepersonal mag wohl schuld daran sein. Wer trägt den Schaden ? Letzt erhielt ich eine Sendung, bei der einige Packen von außen sichtbar bis auf den Inhalt hinein beschädigt waren. Der Kutscher wurde darauf aufmerksam gemacht und der Empfang „unter Vor behalt“ bescheinigt. Dem Spediteur zeigte ich den Schaden in Höhe von 46 M. 80 Pf. an. Nun schreibt er mir, däß er persönlich beim Aus laden der Sendung zugegen gewesen sei, und mir die Sendung in dem Zustand, wie er sie von der Bahn übernommen, zugerollt habe. Ein etwaiger Schaden, von dem er anscheinend nichts bemerkt hat, könne demnach nur auf der Reise geschehen sein, und ich möchte den Absender haftbar machen. Nach meiner Erfahrung habe ich mich nur an den Spediteur zu halten, er hat die Sendung beim Empfang zu prüfen und für schad hafte Packen sich mit der Bahn auseinander zu setzen. Die Bahn nimmt nur tadellos verpackte Sendungen an; hier handelt es sich um eine Waggonladung der Fabrik, sollten dafür besondere Be stimmungen gelten ? Großhandlung Gutachten eines Großhändlers: Der Spediteur ist ver pflichtet, bei Packen, welche schon äußerlich als beschädigt zu erkennen sind, sich die Beschädigung bahnamtlich bescheinigen zu lassen, damit der Empfänger der Sendung, wenn die Be schädigung durch Verschulden der Bahn entstanden ist, diese ersatzpflichtig machen kann. (§ 71 der Eisenbahn-Verkehrs ordnung.) Ist die Fracht nebst den sonst auf dem Gute haftenden Forderungen bezahlt und das Gut angenommen, so sind alle Ansprüche gegen die Eisenbahn aus dem Frachtvertrag er loschen. (§ 90 der Verkehrsordnung.) Hat demnach der Spediteur das Gut im beschädigten Zu stande übernommen, so haftet er meinet Ansicht nach zunächst dem Empfänger gegenüber für den Schaden; es bleibt dem Spediteur überlassen, sich mit dem Verlader ins Einvernehmen zu setzen, wenn er glaubt nachweisen zu können, da.ß das Gut schon in beschädigtem Zustande in den Waggon gelegt sein muß. Papierstoffmarkt Kristiania, 1. Juli 1916 Der Verband der Arbeitgeber vereinbarte vor kurzem mit den Vertretern der Arbeiterverbände, daß die Arbeit in den Fabriken, die noch Stillständen, sofort aufgenommen werde. Infolgedessen wurde in fast’ allen Fabriken, die vorige Woche aufgezählt wurden (s. Nr. 52 S. 978 oben), die Arbeit wieder aufgenommen. Nur die drei Papierfabriken Eker, Papyrus und Albion stehen noch still, während die Zellstoffabrik Bamble zurzeit ihre Arbeit nicht auf nehmen kann, weil sie Sägeabfall benützt, und die Regierung dessen Verfeuerung verboten hat, um Brennholz für den inländischen Bedarf zu behalten. Man hofft allerdings, daß die wenigen Zellstoff fabriken, die Sägeabfall benützen, besondere Erlaubnis zur Fort setzung ihres Betriebes erhalten werden. Noch immer herrscht unter den Fabrikarbeitern des Landes große Unruhe, namentlich in den Zellstoffabriken, und man be fürchtet, daß die Geschäfte durch neue Forderungen und Streitig keiten gestört werden können. Das Geschäft leidet unter diesen Verhältnissen, da sowohl Zellstoffabriken wie Holzschleifereien es ablehnen, Aufträge mit längerer Lieferzeit anzunehmen. London, 23. Juni 1916 Holzzellstoff. Obwohl der allgemeine Ausstand in Norwegen nur kurze Zeit dauerte, hat er doch zu den Schwierigkeiten, mit denen die englischen Papierfabrikanten zu kämpfen haben, bei getragen. Es wird immer schwieriger, Zellstoff zu erhalten, und die schon sehr hohen Preise steigen weiter. Auch Natron- und Kraft stoff wird nicht angeboten, so daß die angegebenen Marktpreise nur auf dem Papier stehen. Holzschliff. Als Ergebnis der Arbeiterschwierigkeiten in Nor wegen sind die Holzschliffpreise dort wie in England gestiegen.