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ministerium bereit erklärte. So sind bis Ende Dezember im Kreis I 19 Gesuche um längere Beurlaubung nicht mehr kriegs verwendungsfähiger Gehilfen eingereicht worden. Die Klagen wegen Lohntreibereien und nicht genügender Aus bildung der Lehrlinge veranlaßten das Tarifamt, trotz der gegen wärtig schwierigen Verhältnisse auf Einhaltung der tariflichen Verpflichtungen seitens beider Teile zu dringen. Verschiedene Klagen wegen Einstellung weiblicher Gehilfen veranlaßten das Tarifamt, festzustellen, daß es nicht Sache des einzelnen Prinzipals sein kann, sich über die tariflichen Bestimmungen hinwegzusetzen, sondern daß das Tarifamt unter Berücksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage des Gewerbes darüber zu befinden hat. Das Tarifamt konnte sein Einverständnis zur Ein stellung und Anlernung weiblicher Hilfskräfte nicht geben. Papierstoffgarne Von Dr.-Ing. Wilh. Heinke Schluß zu Nr. 22 Verwendungsmöglichkeiten und Prüfung Papierstoffgarne haben sich in Deutschland infolge des Krieges rasch eingeführt. Sie werden zu den verschiedensten Zwecken verwendet oder versucht, oft auch zu solchen, für die sie sich nicht eignen. Solche Verwendungen werden nach dem Krieg, sobald die richtigen Textilstoffe wieder zu annehmbarem Preise aus dem Auslande zu haben sind, verschwinden. Aber für viele Fertiggüter dürften die Papierstoffgarne ihren Platz behaupten. Vor allem verwendet man jetzt Papiergarne als Ersatz für Hanf in der Bindfaden-Bereitung und für Jute in der Sack- Herstellung. Voraussichtlich wird durch vermehrten Hanf anbau in Deutschland der Bedarf an Hanf für Bindfaden schon im Jahre 1916 zum größten Teil gedeckt sein, und damit werden die Papiergarne als Bindfadenersatz verschwinden. Papier- Bindfaden wird jetzt vielfach in so minderwertiger Art in den Handel gebracht, daß sich jeder von seiner Unzulänglichkeit überzeugen kann. Und doch können Papiergarne genügend fest hergestellt werden, wie folgende Werte zeigen: 1. Aus 25 mm breitem Papierband gedrehtes Garn: 5,5 kg Festigkeit 2. Aus 35 mm breitem Papierband gedrehtes Garn: 8,8 kg Festigkeit 3. Dreifach-Zwirn aus Garn wie 1: 14,8 kg Festigkeit Man braucht also nur die Streifen breiter zu nehmen oder einfache Garne miteinander zu verzwirnen, um eine genügende Festigkeitszunahme zu erzielen. In erheblicher Menge werden Papiergarne zu Säcken ver arbeitet. Jute und Baumwolle, die bisher dazu verwandten Faserstoffe, fehlen eben zurzeit für diesen Zweck. Hierfür werden sich die Papiergarne auch nach dem Kriege behaupten können. Infolge ihrer Geschmeidigkeit können sie auf den in der Weberei üblichen Maschinen leicht verarbeitet werden. Die mannig faltigsten Gewebe hat man auf diese Weise aus Papiergarn her gestellt. So gibt es Gewebe, deren Kette und Schuß aus Papier garn besteht, andere, deren Kette gefalzte oder gestauchte Papierstreifen enthält, während zum Schuß gedrehtes Papier- oder Textilgarn verwendet worden ist. Ein anderes Sackgewebe enthält nach einer Anzahl Kettenfäden aus Papiergarn einen solchen aus Textilfasern und hat sich besonders gut bewährt, da die eingewebten Textilfäden die Festigkeit beträchtlich er höhen, während die Papiergarne das Gewebe leicht machen. Papiergarne lassen sich auch zu schmückenden Geweben verarbeiten. So haben manche künstlerisch gemusterte Wand stoffe aus Papiergarn prächtige Farbenwirkung und sind vor Mottenfraß gefeit. Auch zu Stoffbildern, Kissen, Decken und dergleichen können Papiergarn-Gewebe, sei es in Form gewöhn licher Sackgewebe oder als Stramin benutzt werden. Zur Prüfung der Eigenschaften der Papiergarne sind folgende Verfahren eingeführt: Das Papier, aus dem das Garn bereitet ist, wird nach Quadratmetergewicht gehandelt, die Garne in den meisten Fällen nach der metrischen Feinheitsnummer N. Man versteht unter dieser die Länge eines Garnes oder Streifens in m (km), die auf 1 g (kg) läuft. Sie wird durch die Formel bestimmt. Der Hersteller der Papierstoffgarne muß beide Be zeichnungen (Quadratmetergewicht und metrische Feinheits ¬ nummer) in Verbindung bringen. Man hat Papiergarne mit der Bezeichnung 40/20 in den Handel gebracht, wobei 40 da Quadrat metergewicht des Papiers in Grammen und 20 die Breite des Streifens in Millimetern bedeutete. Diese Bezeichnung nimmt jedoch auf die Gewichtszunahme, die durch das Zusammen drehen der Streifen entsteht und die von der Höhe des Drahtes abhängig ist, keine Rücksicht, während dies bei der Feinheits nummer der Fall ist. Auch die Angabe des Garndurchmessers ist von Wert, falls das Garn so gesponnen ist, daß alle seine Querschnitte annähernd einen Kreis darstellen. Allerdings ist dieser Kreisquerschnitt nie ganz mit Papierstoff ausgefüllt, da bei dem Zusammendrehen Falten und Knitter' entstehen, zwischen denen sich Luft befindet. Es muß sich daher ein Wert angeben lassen, der erkennen läßt, in welchem Maße der aus dem gemessenen Durchmesser berechnete Querschnitt mit Papier stoff erfüllt ist. Man bezeichnet diesen Wert als Völligkeits- wert und bestimmt ihn aus der Formel: 4 "n d 2 . s. N worin s = das wirkliche spez. Gewicht Dieser Wert ist, wie aus obiger Erwägung hervorgeht, stets kleiner als 1. Ferner ist bei Prüfung der Papiergarne auch der den Garnen erteilte Draht und die damit verbundene Verkürzung des Papierstreifens anzugeben. Festigkeit und Dehnung können in üblicher Weise bestimmt werden. Zu beachten ist sodann nach dem Vorschläge des Verfassers die Art und Stärke der Leimung. Spinnpapier ist gewöhnlich im Stoff zur Verbesserung, seiner Wasserfestigkeit geleimt. Ferner kann das fertige Spinn papier in ganzer Papierbahn oder die geschnittenen Stieifen auf einer oder auf beiden Seiten geleimt werden, auch kann das fertige gesponnene Garn zum Schutz gegen Feuchtigkeit mit Leimstoff überzogen werden. Die letzterwähnte Art der I.eimung allein läßt den Kern des Garns gegen Nässe ungeschützt, eignet sich also nicht, wenn das Garn oder das daraus herge stellte Gewebe längere Zeit der Einwirkung von Feuchtigkeit und Nässe ausgesetzt ist. Papierspinnerei Wir haben die Aufsatzreihe des Herrn Dr.-Ing. W. Heinke über Papierstoffgarne in Nrn. 13, 16, 20 und 22 mit großem Interesse gelesen und sind nicht abgeneigt, die Herstellung von Papiergarnen aufzunehmen, zumal wir genügend Räume zur Verfügung haben und unsere Dampfmaschine noch mehr ausgenützt werden könnte. Bevor wir uns jedoch die teuere Einrichtung anschaffen, möchten wir uns darüber Gewißheit verschaffen, ob diese Fabrikation lohnend ist und Papiergarne auch noch nach dem Kriege, nach Rückkehr geordneter Verhältnisse, verarbeitet werden, wenn Baumwolle,. Hanf und Jute in großen Mengen zu niedrigen Preisen wieder ein geführt werden. Wir bitten um Ihre Meinung über die Absatz möglichkeit und die Gewinnaussichten dieser Ware unter geordneten Verhältnissen. Papierwaren-Fabrik Die Papierspinnerei ist ein Kind des Krieges, und wenn Papiergarne, wenn die Verhältnisse im Frieden wieder geordnet sein werden, noch auf dem Markte bleiben, so dürften es die jenigen sein, die mit Spinnfasern zusammen versponnen sind, also Textilose und Textilit (s. „Friedensindustrien der Mittel mächte” in unserer Nr. 19 S. 343). Die Herstellung dieser letzt genannten durch Patente geschützten Garne ist Gegenstand' einer äußerst leistungsfähigen Großindustrie geworden, und wir glauben deshalb, daß Papierwarenfabriken, die mit der Spinnerei bisher nichts zu tun gehabt haben, mit den großen Anlagen der Textilose- und Jutefabrikation nicht in erfolg reichen Wettbewerb treten können. Anders liegt die Sache, wenn eine Fabrik einfache Papiergarne und Papierbindfäden als Ersatzstoffe im Kriege herstellen will. Jetzt werden dem Ver nehmen nach dafür sehr gute Preise erzielt, und es ist Sache der Berechnung, ob es lohnt, Rollen-Schmalschneidemaschinen und sonstige Einrichtungen zur Herstellung dieser Papiergarne anzuschaffen. Voraussichtlich werden diese billigsten und am wenigsten festen Papiergarne und Papierbindfäden mit der Zeit aus dem Verkehr verschwinden, und während des Krieges ist es schwer, dafür die nötigen Mengen des recht teuer ge wordenen Papiers zu beschaffen.