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390 PAPIER-ZEITUNG Nr. 21/1916 Reichsschuldbuch und Reichsanleihe Wer, statt Stücke der fünfprozentigen Reichsanleihe zu zeichnen» eine Schuldbuchforderung erwirbt, schafft sich damit besondere Vorteile. Das Reichsschuldbuch bietet nämlich größte Bequemlich keit für die Aufbewahrung und Veiwaltung der Reichsanleihen. Während des Krieges hat sich das Reichsschuldbuch außerordent lich eingebürgert: Die Zahl der Konten, die am 30. September 1914 30 526 betragen hatte, ist bis Ende Dezember 1915 auf 389 887 angewachsen, und die Gesamtsumme der Guthaben erhöhte sich in der gleichen Zeit von 1491 auf 4989 Millionen M. Um die Benutzung des Reichsschuldbuches zu erlangen, genügt einmaliger sch iftlicher Antrag, für den besondere braune Zeichnungs scheine da sind. Der Zeichnungsschein ist auf der ersten und vierten Seite zu unterschreiben. Das Reich bietet als besondere Ver günstigung den Schuldbuchzeichnern einen Nachlaß von 20 Pfennigen auf je 100 M. Nennwert des gezeichneten Betrages, statt 98 M. 50 Pf. werden also nur 98 M. 30 Pf. berechnet. Zwischen dem Besitz einer bestimmten Summe in Anleihe stücken und einem gleich hohen Guthaben im Reichsschuldbuch besteht kein sachlicher Unterschied. Der eine Zeichner wird so gut Gläubiger des Reichs wie der andere, nur daß der Buchgläubiger zunächst auf die Aushändigung der Stücke verzichtet und dafür eine außerordentlich günstige Art der Vermögensverwaltung ge wonnen hat. Anleihetitel und Zinsscheinbogen können verloren, gestohlen oder vernichtet werden. Jeder, der sie im Haus behält, setzt sich solcher Gefahr aus. Hinterlegt er die Schuldverschreibungen bei einer Bank, so hat er Kosten für Aufbewahrung und Ver waltung zu tragen. Gefahren und Kosten fallen bei der Buchschuld weg. Vernichtung des Reichsschuldbuches könnte keinen Schaden für den Inhaber eines Guthabens bringen, da das Schuldbuch in zwei Exemplaren vorhanden ist, die räumlich voneinander getrennt unter gebracht sind. Wenn also, was unwahrscheinlich ist, eines der Bücher durch Feuer zerstört werden sollte, bleibt noch das andere, das mit dem ersten völlig übereinstimmt. Der Gläubiger erhält von der Schuldenverwaltung nur eine Benachrichtigung, die kein Wertpapier ist, deren Verlust oder Zerstörung daher keinen Schaden bringt. Sehr bequem ist die Ueberweisung der Zinsen. Um Zinsscheine, deren richtige Abtrennung und Einlösung, biaucht sich der Schuld buchgläubiger nicht zu kümmern. Die Zinsen werden ihm auf Wunsch durch die Post (in der Regel frei) schon zehn bis zwölf Tage vor dem Zinstermin ins Haus geschickt. Eine sehr nützliche Ver bindung zwischen Reichsschuldbuch und Sparkasse oder Kredit genossenschaft kann sich aus der Zinszahlung ergeben. Wer z. B. ein Guthaben bei einer Sparkasse oder Kreditgenossenschaft in Anspruch genommen hat, um die vierte Kriegsanleihe zu zeichnen, und den Wunsch hegt, mit seiner Kasse in Verbindung zu bleiben und sein Guthaben allmählich wieder aufzufüllen, der kann sich die Zinsen fortlaufend an die Sparkasse oder Genossenschaft über weisen lassen. Das erspart ihm die Zusendung durch die Post und er ist sicher, daß sein Sparguthaben sich selbsttätig vergrößert. So dient eine Verbindung zwischen Reichsschuldbuch und Spar kasse auch zur Förderung der Spartätigkeit. Um diese Ueberweisung zu bewirken, genügt einmaliger Antrag. Die Buchschuld ist kostenfrei. So lange sie besteht, kann der Inhabe: nicht darüber verfügen, weil die Wahl des Reichsschuld buches voraussetzt, daß der Erwerber der Buchforderung das Kapital auf längere Zeit fest anlegen kann. Eine Verpflichtung dazu geht er aber nur für Dauer der Sperre ein, die diesmal bis 15. April 1917 läuft. Nach diesem Tage kann die Buchschuld auf Antrag gelöscht und der in Frage kommende Anleihebetrag in Schuldverschreibungen ausgehändigt werden. Da die Schuldbuchforderungen ebenso wie die Stücke selbst von der Reichsbank und den Darlehnskassen belieben werden, so hat der Erwerber eines Guthabens im Reichs schuldbuch einen gewissen Spielraum, der ihn unter Umständen des Zwanges enthebt, die Buchschuld kündigen zu müssen. Mit dem Antrag auf Löschung zum Zwecke der Ausreichung von Schuld verschreibungen sind für je 1000 M. 75 Pfennige, mindestens aber 2 M., zu zahlen. Mitteilungen an Andere über die Eintragungen sind ausgeschlossen, Auskunft über den Inhalt des Buches erhalten nur die dazu Berechtigten. Auch für den Fall des Todes kann man vorsorgen, indem man eine zweite Person, etwa die Ehefrau, mit eintragen läßt, die dann nur die Sterbeurkunde vorzulegen braucht, um über Kapital und Zinsen verfügen zu können. Das Reichsschuldbuch bietet also jedem, der Reichsanleihe zeichnet (für die Schatzanweisungen kommt es nicht in Betracht) eine äußerst bequeme und vollständig sichere Unterkunft für die Anleihe. Papierteuerung in England. Seit Erlaß des Einfuhrverbotes für Papier und Papierstoff sind die Preise aller Papiere, auch der Halb- und Rohstoffe dafür, um mehr als 100 v. H. gestiegen. Ein Verleger berechnet im Daily Express den dadurch den Besitern von Papier- und Papierstoffvorräten in England entstandenen Nutzen auf 100 Millionen M. Eine Zeitschrift empfiehlt, statt des Einfuhrverbotes die Erhebung eines Wertzolles von 10 v. H. mit Nachlaß des halben Zolles, sobald die Ware aus britischen Be sitzungen kommt. Kriegswahrzeichen sind nicht schutzfähig! Urteil des Dresdner Oberlandesgerichts § 15 des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen (vom 12. Mai 1894) verbietet zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr Waren und deren Umhüllung mit einer Ausstattung zu versehen, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen gleichwertiger Waren eines anderen gelten. Eine Firma hatte im vorigen Jahre einen Kriegskalender herausgegeben, der auf der Vorderseite des Umschlags inmitten der deutschen Reichsfarben das Bild des Deutschen Kaisers zeigt. Eine andere Firma gab einen ebensolchen Kalender mit ähnlicher Ausstattung für dieses Jahr heraus. Das genannte Gericht hat die Klage der ersterwähnten Firma gegen die zweite abgewiesen, denn die Ausstattung sei nicht ge eignet, als ein besonderes Kennzeichen des Klägers zu dienen. Aus den Gründen: Bald nach Kriegsbeginn habe sich in der Geschäftswelt das Bestreben gezeigt, den Absatz von Waren da durch zu fördern, daß man ihnen nicht nur Bezeichnungen beilegt, die das Wort „Krieg“ enthalten, sondern auch eine Ausstattung gibt, die durch Anregung des vaterländischen Empfindens die Kauf lust eiregt. Dies geschehe z. B. durch Verwendung der Reichs farben und der Bilder des Deutschen Kaisers und andeier Fürsten usw. Da solche Ausstattungen schon von Kriegsbeginn an häufig und in mannigfachster Form aufgetreten seien, müsse es verneint werden, daß sowohl die Bezeichnung als „Kriegskalender“ — auch schon diese Bezeichnung war von der klägerischen Firma als unter das Ausstattungsschutzgesetz fallend erklärt worden — als auch die beschriebene Ausstattung des Umschlags geeignet wären, in den beteiligten Kreisen als „Kennzeichen“ des von der Klägerin herausgegebenen Kalenders zu dienen. P. S. Lohntarif im Buchbindergewerbe. Im deutschen Buchbinder gewerbe läuft der sogenannte Dreistädte-Tarif für Berlin, Leipzig und Stuttgart, unter dessen Bedingungen rund 12 000 Personen arbeiten, am 30. Juni ab. Die vom Deutschen Buchbinderverband beantragte Tarifverlängerung um ein Jahr unter Gewährung einer Teuerungszulage von 15 v. H. für alle Zeitlöhne für Arbeiter und von 20 v. H. für Arbeiterinnen sowie eines Aufschlages von 15 v. H. für alle Akkordarbeiter haben die Unternehmei-Verti eter als un möglich bezeichnet und nur die Bewilligung eines Zuschlages von 5 Pf. auf die Mindestlöhne der Gehilfen und von, 3 Pf. auf die der Arbeiterinnen zugesagt. CI. (Frkf. Ztg.) Erhöhung der Zeitungspreise. Nach „Leipziger Tageblatt' werden sich die großen, mittleren und kleineren Zeitungen ganz Deutschlands gezwungen sehen, vom 1. April ab die Bezugspreise monatlich um 15, vielfach um 20 Pf. und mehr zu erhöhen. Einige große Berliner Blätter sind mit solchen und stärkeren Erhöhungen bereits vorgegangen und haben zum Teil auch die Anzeigenpreise erhöht. Erhöhung der Druckpreise in Lübeck. Die Buch- und Stein druckereibesitzer von Lübeck und Umgegend richten an ihre Kunden ein Rundschreiben, worin sie unter Hinweis auf die bekannten Umstände mitteilen, daß sie für ihre Druckerzeugnisse eine weitere Preiserhöhung von vorerst mindestens 15 v. H. gegenüber den bis herigen Preisen eintreten lassen. •—n. Aeltere Zahlkarten. Die Frist für den Aufbrauch der vor dem Inkrafttreten des Postscheckgesetzes (1. Juli 1914) hergestellten blauen Zahlkarten sowie der Nachnahmekarten und Nachnahme- Paketkarten mit anhängender Zahlkarte ist vom Reichs-Postamt bis Ende September 1916 verlängert worden. Mangel an Druckfarben in Norwegen. Die Zeitungen Kristianias klagen über Mangel an brauchbarer Druckfarbe. Sie benutzen vorwiegend norwegisches Erzeugnis, aber die norwegische Fabrik hat Mangel an geeignetem Oel, wovon 200 Faß für sie seit langem in England zurückgehalten werden. Ersatzmittel gaben für große Auflagen kein günstiges Ergebnis. Im Auftrag der Farben- und Oelhändlervereine in , Kristiania sind am 2. März die Großhändler Ludvig A. Foss und Richard Bjercke nach England gereist, um womöglich durch ein Abkommen mit den britischen Behörden die norwegische Zufuhr zu sichern. Deutschland hat Ausfuhrverbot für Druckfarben, und andere Länder können nicht liefern, bg. Papiernot in Frankreich. Die französischen Zeitungsverleger haben kürzlich eine Versammlung abgehalten, um der Papiernot nach Möglichkeit zu begegnen. Die größten Pariser Tageszeitungen sind dabei übereingekommen, von nun an an fünf Tagen der Woche den Umfang ihrer Blätter auf vier Seiten und an den andern zwei Tagen auf sechs Seiten zu beschränken. Ferner sollen die Zeitungen, die bedeutende Papiervorräte haben, ein Fünftel dieser Vorräte denjenigen Berufsgenossen überlassen, die an Papiermangel leiden. Zwei Unterausschüsse wurden eingesetzt, welche der größten Not lage der kleineren Zeitungen abhelfen sollen.