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Nr. 18/1916 PAPIER-ZEITUNG 321 Namenskarten Nachdruck verboten Es geht mit der Säuberung unserer schönen Sprache von fremdem überflüssigem Beiwerk vorwärts, und das ist eine Errungenschaft des Krieges, der noch viele folgen mögen. Aber mitunter stößt auch der redlichste Verdeutschungswille auf Schwierigkeiten, die sich nicht leicht aus dem Wege räumen lassen. Eine Anzahl fremder Wörter hat sich nicht nur ein genistet, sondern so fest eingewurzelt, daß es mit aller Kraft nicht gelingen will, sie herauszureißen. Andere aber hofft man mit der Zeit zu beseitigen und durch sinngemäße deutsche Worte zu ersetzen. Mit dem Worte „Visite” war das schon so ziemlich vor dem Kriege geschehen. Man machte nicht mehr eine Visite, sondern einen Besuch. Aber man gab noch immer seine Visiten karte ab. Von der Besuchskarte wurde nur ausnahmsweise gesprochen und es klang etwas unverständlich. In diesem Fall behielt man das französische Wort nicht deshalb bei, weil man es für „feiner” hielt, sondern weil die Karte nicht nur dem Be suchszwecke diente. Der Versuch, die Visitenkarte durch „Namenskarte” zu ersetzen, hat bisher wenig Anklang gefunden, obwohl der Vor schlag annehmbar erscheint. Bestellt werden bei Druckern und Papierwarenhändlern meist noch in gewohnter Weise „Visitenkarten". Aber wenig mehr in alter Ausführung. Die ehemals vornehmste Schrift, die Lateinschreibschrift, hat auch vor der stärkeren Betonung alles Deutschen den Kückzug an treten müssen. Deutsche Schrift ist die Losung. Und damit gehen die fürstlichen Persönlichkeiten und die hohen Reichs und Staatsbeamten beispielgebend voran. Die Fraktur-Druck schrift hat die Antiqua auf diesem Gebiete geschlagen. Man bevorzugt Schwabacher und Gotisch in kräftigen Lettern. Die Größe des Kartenblattes ist bei der heutigen feinen Karte be trächtlich. Auch hier nichts mehr von zierlicher französischer Art. Die Karte wirkt männlich, sie paßt zu einer starken Hand. Die kraftvolle Größe, der männliche Geist unserer Tage prägt sich auch in diesem Hilfsmittel des gesellschaftlichen Umgangs und beruflichen Verkehrs aus. Die Karte der Damen ist kleiner, die Schrift dagegen auch vornehmlich die zeitgemäße Fraktur. Die heutige Namenskarte verbindet Einfachheit mit Ge diegenheit. Sie ist, soweit dies möglich ist, deutsch. Die Karte des deutschen Kronprinzen, seiner Brüder, des Reichskanzlers usw. sind in dieser Beziehung mustergültig. ' Sie enthalten nicht ein einziges Wort mehr als unbedingt nötig ist. Darüber werden sich diejenigen Leute wundern, die alles auf ihrer Karte ver merkt haben wollen, was sie im Leben irgendwie vorstellen. Auf die Güte des Papiers und der Ausführung kommt es ihnen häufig nicht so sehr an. Aber das ist verkehrt, denn aus der Beschaffenheit der Namenskarte schließt man auf den Eigen tümer. G. P. Sparsamer Papierverbrauch bei der Eisenbahn. Die Königliche Eisenbahndirektion Erfurt hat verfügt, daß der Papierverbrauch aufs äußerste eingeschränkt werden muß. Alle Bediensteten sollen an Schreibpapier sparen. Im einzelnen wird folgendes angeordnet: 1. Zu allen schriftlichen Mitteilungen ist nur so viel Papier zu ver wenden, als der Umfang der Mitteilung unbedingt erfordert. Auch bei Schreiben an Außenstehende (Behörden und Private) genügen regelmäßig halbe Bogen der Größe 26,5x42 cm. Dienstkarten sind in weitestem Umfange zu verwenden. Auch für persönliche Besuche empfiehlt sich diese Beschränkung. 2. Werden halbe Bogen zu Berichten verwendet, die zu den Akten gebracht werden müssen, so ist ein Heftrand zu lassen. 3. Zu Notizen, kürzeren Berichten — besonders zu Sammelberichten — sind keine neuen Bogen zu verwenden, es genügen dafür veraltete Vordrucke und Papier, das von eingehenden Schreiben, auch Akten- und Weglegesachen entnommen wird. 4. Die Akten sind auf überflüssiges Papier durch zusehen, dieses ist herauszuschneiden und zu verwenden. 5. Bei Drucksachen ist genau zu prüfen, daß sie nicht an Stellen gehen, für die sie keinen Wert haben. Vielfach läßt sich die Kenntnis einer Verfügung den Stellen, die jetzt einen Abdruck erhalten, durch Umlauf der Verfügung vermitteln. Berichte, Dienst- und Fahr pläne sind nur den Stellen zuzuleiten, für die sie unbedingt nötig sind. fm. Zurück zu den Schiefertafeln 1 In Gotha haben in verschiedenen Schulen die Lehrer den Kindern anheimgestellt, die Schiefertafeln wieder mitzubringen, damit an Papier gespart wird. K- (Hall Ztg.) Reklameschild am Dachgiebel Reichsgerichts-Entscheidung. Nachdruck verboten Die Firma B. Nachf., die in Leipzig ein Handelsgeschäft mit Lampen betreibt, ließ im Jahre 1912 am Dachgiebel eines neben dem Geschäftsgrundstück befindlichen etwas vorstehenden Anbaus ein Reklameschild anbringen, das sie bisher über ihrer Ladentür gehabt hatte. Das Schild bestand aus drei in einem eisernen, Rahmen be findlichen Glasplatten, von denen die eine bereits damals einen schräg von oben nach unten verlaufenden Sprung hatte. Am Nach mittag des 15. Dezember 1912, während eines starken Sturmes, drückte sich der eine Teil der zersprungenen Glasplatte heraus und stürzte auf die Straße. Frau D., die in einem andern Ladengeschäft deseiben Grundstücks angestellt war, trat auf die Straße, um zu sehen, was los sei; sie wurde gleich darauf von einem nachstürzenden zweiten Glasstück des Schildes auf den Kopf getroffen und erheblich verletzt. Mit der vorliegenden Klage verlangt Frau D. von der Firma B. Schadenersatz (Schmerzensgeld und Rente). Während das Landgericht Leipzig die Klage abwies, hat das Oberlandesgericht Dresden dem Grunde nach die Beklagte zum Schadenersatz verurteilt. In seinen Entscheidungsgründen führt es aus: Nach der Straßenverkehrsordnung für die Stadt Leipzig vom Jahre 1907 ist für die Anbringung derartiger Schilder an Dächern die Erlaubnis des Stadtrates erforderlich. Diese Bestimmung bezweckt auch den Schutz der Straßenpassanten, deren Verletzung macht daher die Beklagte nach § 823 Abs. 2 BGB. verantwortlich. Die Genehmigung zur Anbringung des Schildes ist von der Beklagten nicht nachgesucht worden; die Erlaubnis wäre auch, wie aus der Auskunft des Leipziger Rates zu entnehmen ist, versagt worden, da das Schild mit der zersprungenen Scheibe nicht widerstandsfähig genug erschien. Mag es auch vorkommen, daß eine Scheibe trotz eines Sprunges längere Zeit hält, so liegt doch die Sache nicht so, wie die Beklagte, meint, daß nun statt dreier Glasplatten vier vor- handn gewesen sind. Vielmehr hatte das zerspiungene Stück Glas erhebliches Gewicht und es war vorauszusehen, daß es einem starken Sturm nicht standhalten werde. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß sie von der Polizeivorschrift keine Kenntnis und die Anbringung des Schildes der sachkundigen und zuverlässigen Firma B. & Co. übertragen hatte, die eine polizeiliche Erlaubnis nicht für nötig und dis Schild trotz des Sprunges für fest genug hielt, denn dritten Personen gegenüber muß die Beklagte selbst für Verletzung der Polizeivorschrift und für Außerachtlassung der bei der Anbringung des Schildes erforderlichen Sorgfalt einstehen. Ob die Firma B. & Co. neben der Beklagten haftbar oder dieser gegenüber regreßpflichtig ist, kommt hier nicht in Betracht. Die Haftung der Beklagten folgt auch aus den §§ 836, 837 BGB. Die Ablösung des Glasstückes ist die Folge fehlerhafter Errichtung des Schildes und beruht darauf, daß die Beklagte bei der Anbringung nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat. Denn sie mußte sich sagen, daß die zerbrochene Glasscheibe auf dem Dache für die Straßenpassanten gefahrdrohend-war. Auch § 823 Abs. 1 BGB. ist anwendbar, weil Fahrlässigkeit der Beklagten vor liegt, wenn sie ein zerbrochenes Glasschild an einer den Verkehr gefährdenden Stelle anbringen ließ. Das Reichsgericht hat dieses Urteil bestätigt und die von der Beklagten eingelegte Revision zurückgewiesen. (Aktenzeichen: IV. 365/15. Urteil des Reichsgerichts vom 24. Januar 1916.) K- M. — L. Kam ein Vertrag zustande? Zu Nr. 16 S. 281 Berichtigung. In den Zeilen 3 und 4 von unten soll es heißen: Sie war auch gesetzlich nicht verpflichtet, usw. Probenschau Neue Bürogeräte der Fabriken „Fortschritt” in Freiburg und Großkarben. Die Firma sendet uns die Beschreibung ihrer Neuheiten, die sie auf der Leipziger Frühjahrs-Papiermesse ausstellen wird. Dazu gehört eine patentierte Briefbogen-Falz maschine, welche in bequemer Weise durch Kurbelumdrehung Briefe usw. für Fenster-Briefumschläge längs und quer falzt. Ferner ein Papiergeld- und Wechsel-Ordner, welcher ver möge einer sinnreichen, gesetzlich geschützten Einrichtung leichte Veränderung der Fachgröße ermöglicht, ohne daß die Zwischenwände umgestellt werden müssen, auch lassen sich die Wände leicht umstellen, soweit dies durch ungewöhnliche Aenderung der Zwischenräume nötig wird. Außerdem stellt die Firma; wie sie uns schreibt, ihre schon bekannte patentierte Verstärkungs-Lochmaschine, patentierte Banknoten-Stelltasche, ihren gesetzlich geschützten Schreibtisch-Einsatz und Schwimmer- Tintenfaß sowie anderen von ihr hergestellten Bürobedarf, auch Schreibtische aus. (Siehe auch Anzeige in NR 17.)