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PAPIER-ZEITUNG Nr. 16/1916 glatte, napfförmige Löcher, die „Grandeln", in den Stamm ge hauen, damit sich in ihnen später das herabfließende Harz sammeln kann. Die Grandeln haben eine Tiefe von 7 bis 8 cm, vor ihnen wird zur Vergrößerung ein 15 cm langei und 4 cm breiter Zink blechstreifen mit dem Vorschläger eingeschlagen. (Diese Grandeln sind in Polen und Oesterreich üblich, während in den „Landes de Gascogne“ in Frankreich das Harz der Seestrandkiefer in glasierten Bild 2. Grandeieisen. Bild 3. Der Vorschläger, a) Vorrichtung zum Ein klemmen des Zinkstreifens Tontöpfen von 0,5 Liter Inhalt aufgefangen wird.) Diese Arbeit wird bis spätestens Ende April ausgeführt, und sämtliche zur Harz gewinnung bestimmte Stämmen, das sind solche, die in einigen Jahren gefällt werden sollen, in dieser Weise vorbereitet. Die Harzgewinnung gründet sich darauf, daß nur die letzten zwei bis drei Jahresringe Harz führen, welches nach ihrer Ver wundung ausfließt. Etwa Mitte April erscheint auf den Lachten Balsamharz in Form kleiner Tröpfchen und fließt allmählich in die Grandeln ab. Von da ab werden die Lachten alle 3—4 Tage an ihrem oberen Rande mit dem Plätzdechsel 3 bis 4 mm tief durchhauen („geplatzt“) und gleichzeitig etwas nach oben verlängert. Dieses Plätzen hat den Zweck die Harzkanäle offen zu erhalten. Nach mehrmaligem Plätzen überzieht sich die Lachte durch allmähliches Verdunsten des Terpentins mit einer Harzkruste, die von Zeit zu Zeit mit einem Scharreisen abgekratzt wird, um rascheres Abfließen des aus tretenden Harzes in die Grandeln zu ermöglichen. Das hierbei anfallende Scharrharz wird in einem Schürzensack gesammelt, der mit den beiden unteien Ecken mittels Pfriemens am Baume befestigt wird. Sobald die Grandeln sich gefüllt haben, wird das Harz mit einem eisernen Löffel in ein Holzgefäß (Stippel) geschöpft, an welches ein Stück Bandeisen zum Abstreifen des Harzes vom Löffel be-festigt ist. Das in den Grandeln sich einsammelnde „Balsamharz“ ist besser als das von der Ober fläche der Lachten abgekratzte „Scharrharz“ und wird daher ge sondert aufbewahrt; hierzu dienen in der Nähe der Gewinnungsstelle an schattigen Orten eingegrabene Fässer mit verschließbarem Fülloch. Wenn Ende September der Harzfluß auf hört, weiden die Lachten scharf abgekratzt. Am Ende des ersten Harzungssommers hat die Lachte eine Höhe von etwa 35 bis 40 cm erreicht. In den folgenden Jahren schreitet sie immer weiter nach oben fort. Das austretende Harz muß also einen immer längeren Weg zurücklegen und verkrustet dabei. Man gewinnt also im Laufe der Zeit immer mehr Scharr harz und weniger Balsamharz. Das Harzen soll während der letzten fünf Jahre vor dem Abtriebe Platz greifen. Verschlechterung des Holzes durch Fäulnis, welche das Aufhören der Harznutzung der Fichte herbeigeführt hat, ist bei der Kiefer nicht zu befürchten. Mit welchen Erträgen man unter dei Voraussetzung einer fünfjährigen Harzung und eines jährlichen Eitrages von durch schnittlich nur 2 kg für den Stamm etwa rechnen kann, zeigt folgendes Beispiel: Bei 120jährigem Umtriebe werden von je 1000 ha jährlich 5 geharzt: ,9 X 1000 = rund 42 ha. Auf 1 ha stehen im Alter 1 2 ssmesM von 120 Jahren mindestens 300 zur Harzung geeignete Stämme, es sind demnach auf je 1000 ha Kiefernbestandes zu erwarten: 42 x 300 x 2 = 25 200 oder abgerundet 25 000 kg Harz. Da in den preußischen Staatsforsten die Fläche der Kiefern forsten rund L6 Millionen Hektar beträgt, so könnte man bei voll ständiger Durchführung der Harznutzung in obiger Weise jährlich 40 000 Tonnen Harz gewinnen, die allerdings den Bedarf Deutsch lands an Harz noch lange nicht decken. Bei den Versuchen in Chorin haben sich die Gewinnungskosten eines Kilogramms Harz auf 2 M. 70 Pf. gestellt. Dieser Betrag ist jedoch wesentlich höher, als er bei regelmäßigem Betriebe wäre. So berechnet Dr. Kienitz die Kosten dei Harznutzung in einem haubaren Kiefernbesta.d von 10 ha Größe bei fünfmonatiger Harz ernte (Mai bis September) unter Aufführung der einzelnen Posten auf 1526 M. und den Ertrag auf 50 Doppelzentner, wobei sich ein Doppelzentner auf 30 M. 52 Pf. stellen würde. Im Wiener Wald bringt der Stamm einer 80 jährigen Schwarzkiefer durchschnittlich 3 kg Harz. Diesen Ertrag ergab in Chorin eine „gemeine“ 80 jährige Kiefer, obgleich sie erst in der zweiten Hälfte des Juni angelachtet wurde. In Russisch-Polen ist bis zu 5 dz auf dem ha erzielt worden (Kohlbach). Da bei einem Ertrag von 3 kg für den Stamm ein Be stand von 200 Stämmen auf dem ha 6 dz ergeben würde, so ist an zunehmen. daß ein Ertrag von 5 dz wie in Polen auch in der Mark möglich ist.) Bild 4. Längsschnitt durch einen für die Harznutzung vorbereiteten Kiefernstamm, a) Lachte,b) Grandei, c) Zinkblechstreifen. 1/10 wir kl. Größe. Bild 5. Der Löffel zum Ausschöpfen der Grandei. Um im kommenden Sommer die Harznutzung in großem Maß stabe durchführen zu können, werden aus verschiedenen Regierungs bezirken Förster nach Chorin entsandt, die dort Herr Forstmeister Dr. Kienitz in dieser Arbeitsweise unterrichtet. Auch außerhalb der Staatswaldungen soll nach Möglichkeit Harz gewonnen werden, und die Landwirtschaftskammer der Provinz Brandenburg stellt Waldbesitzern erfahrene Vorarbeiter zum Einlernen ihrer Förster usw. gegen Erstattung der Selbstkosten zur Verfügung. In Nr. 52 Bd. 30 und Nr. 6 Bd. 31 der Deutschen Forst-Zeitung in Neudamm sind die Arbeitsweise und die dabei benutzten Werkzeuge genauer bescluieben. Nach Vorführung der Arbeitsweise hielt Herr Prof. Dr. Schwalbe aus Eberswalde einen kurzen Vortrag über die Chemie der Harzgewinnung. Er besprach die Zusammensetzung des aus den Kiefern ausfließenden Balsams, der im wesentlichen aus Kolophonium und Terpentinöl besteht, und wies darauf hin, daß das Balsamharz nur einige Zehntel Prozent und selbst das Scharrharz kaum über 1 v. H. Verunreinigungen durch Holzsplitter enthalte, obwohl es sehr unrein aussehe. Er be tonte auch, daß die Kiefemstämme, die man in der erwähnten Weise entharzt in der Nähe de Lachten so harzreich werden, daß sie bis 7 v. H. Harz enthalten. Es sei also lohnend, die Stümpfe der Kiefern für sich zu sammeln und an Zellstoffabriken abzugeben, die nach dem Natron verfahren arbeiten. Dort könne durch geeignete Behandlung aus den Stümpfen außer Holz zellstoff auch Harz und Terpentinöl gewonnen werden, wodurch sich diese Stümpfe außerordentlich lohnend verwerten ließen.