Volltext Seite (XML)
274 PAPIER-ZEITUNG Nr. 16/1916 Kriegsausschuß für das deutsche Papierfach Niederschrift der 32. Sitzung am 9. Februar 1916. nachmittags 4 Uhr. im Papier haus. Dessauer Straße 2 Anwesend sind die Herren: Paul Asheim Carl Rudolf Bergmann Fritz Berliner E. Buchholtz Rudolf Ebart Dr. Feibelsohn, Siegmund Ferenczi C. A. Fraenkel Eugen Hager Otto Heinrich als Gast Mit Entschuldigung fehlen Kommerzienrat ‘Dessauer Rudolf Ditges Georg Elsner Emil Jacobsohn Direktor Hans Kraemer Max KrauSe G. Krügel Dr. Kubatz E. Lüderitz R. Otte Kommerzienrat F. Steinbock E. Wegener die Herren: (). Reuther Paul Theodor Richter Ernst Schneider Tagesordnung : I. Staatliche Reglung des Handels mit Altpapier und Papierspänen 2. Vorräte an Gummi arabicum 3. Sicherung der deutschen Forderungen an das feindliche Ausland 4. Ausfuhrverbot für Postkartenkarton 5. Eingänge und Verschiedenes. 1. Staatliche Reglung des Handels mit Altpapier und Papier spänen Herr Ferenczi berichtet über den Verlauf und die Beschlüsse der am 8. Februar in Leipzig abgehaltenen Versammlung der Panier- und Pappenfabrikanten. Es waren dort etwa 30 Herren anwesend, die hauptsächlich über die Art der Einberufung, die Verhandlungen und Beschlüsse der am 15. Januar 1916 in Berlin abgehaltenen Besprechung Von Papier- und Pappen fabrikanten Beschwerde führten. Es wurde beschlossen, vom Verein Deutscher Pappenfabrikanten eine Auskunft zu ver langen. weshalb an jenem 15. Januar nicht alle Papier- und Pappenfabrikanten eingeladen worden seien. Außerdem soll eine Verstärkung des am 15. Januar gebildeten Ausschusses „Zentrale für Altpapier” durch Zuziehung der Herren Kalmar. Bitterfeld, und Holtzhausen (als Vertreter des Vereins Sächsischer Pappenfabrikanten) beantragt werden. In der Frage einer Beschlagnahme der Altpapiervorräte wollte man den Beschlüssen der Vereine der Papier- und Pappen-Fabrikanten nicht vor greifen. doch war die Stimmung im allgemeinen gegen eine solche Beschlagnahme. Es sei auch von einem Pappenfabrikanten mitgeteilt worden, daß die Regierung des Staates, in dem seine Fabrik liegt, mitgeteilt hat, daß eine Beschlagnahme des Altpapiers geplant sei und von ihm ein Gutachten darüber eingefordert habe. Sodann wird ein schriftlich eingegangener Antrag des Herrn Kalmar. Bitterfeld, der Kriegsausschuß möge sich gegen die Beschlagnahme des gesämten Altpapiers und Pappenabfalls aussprechen, verlesen, ebenso Briefe der Altpapierhandlung Samuel Meyer, Berlin, und der Handelsgesellschaft m. b. H. „Intreih”. Hamburg, die sich mit derselben Angelegenheit be schäftigen. Herr Dr. Kubatz weist auf einige Widersprüche in den ver schiedenen Aussagen der beteiligten Herren hin. Die Herren Krause und Bergmann berichten sodann über ihre Besprechungen mit den Berliner Altpapierhändlern Schimek und Meyer. Nach den Angaben dieser beiden Händler sind die Behauptungen über Ansammlung von großen Vorräten an Altpapier zu spekulativen Zwecken unzutreffend. Es hätten sich im Gegenteil die Lagerbestände gegenüber dem Stand in Friedenszeiten ganz erheblich gelichtet, was nur natürlich sei. wenn man bedenke, daß die bedeutende Zufuhr aus dem Aus land in Wegfall gekommen sei. daß der Mangel an Holzschliff und Zellstoff die Nachfrage nach Altpapier gesteigert habe, daß die Erzeugung von Papierabfall sich verringert habe und die Sammlertätigkeit, namentlich soweit die Lumpensammler in Betracht kommen, eine starke Einschränkung erfahren habe, daß Papierspäne durch Füllung der Bettsäcke und Schanzsäcke mit Papierabfall der Papier- und Pappenfabrikation entzogen würden usw. Dadurch, wie auch infolge der Verteuerung des Fuhrwerks und dergleichen, sei selbstverständlich eine Er höhung der Verkaufspreise für Altpapier eingetreten, die noch dadurch verschärft worden sei. daß die Papier- und Pappen fabrikanten sich unmittelbar an die größeren Verarbeiter wandten und wesentlich höhere Preise anboten. Die Klagen über zu hohe Preise des Altpapiers gingen übrigens haupt sächlich von denjenigen Pappenfabriken ans. die früher Späne aus dem Ausland bezogen haben, und außerdem von solchen Firmen, deren Zahlungsfähigkeit nicht in bestem Rufe sei. W enn es zu einer Beschlagnahme und zu Höchstpreisen kommen würde, so würde dies nicht nur die Sammlertätigkeit weiter einschränken, sondern auch das Sortieren der Späne einengen, was die Folge haben würde, daß vielleicht die Pappenfabrikanten etwas mehr Späne, dafür aber die Feinpapierfabrikanten keine Späne mehr erhalten würden. Zu diesen Angaben der Altpapierhändler bemerken die Herren Krause und Bergmann noch, daß die größeren Papier verarbeitungsfirmen wohl von den hohen Preisen, die ihnen die Altpapierhändler für den Abfall zahlen. Vorteil ziehen, daß sie aber kein Interesse an hohen Preisen für Altpapier haben, wenn dadurch die Preise der fertigen Papiere und Pappen noch weiter in die Höhe gehen. Es sei unter allen Umständen zu empfehlen, zunächst eine Verständigung zwischen den Papier- und Pappenfabrikanten, den Papierverarbeitern und Altpapier händlern zu versuchen, statt die Regierung anzurufen und da durch vielleicht Verhältnisse heraufzubeschwören, mit denen man in anderen Industrien die schlimmsten Erfahrungen ge macht hat. Man könne vielleicht eine bestimmte Spannung zwischen dem Abfallpreis und dem Pappenpreis, z. B. 11 M., festlegen. Herr Buchholtz weist darauf hin. daß keineswegs die Pappen fabrikation in erster Linie an den Papierspänen Interesse habe, mindestens die Hälfte aller Späne würde wieder zu Parier ver arbeitet. Daß auch die Altpapierhändler an der Hechtreibung der Preise schuld seien, gehe daraus hervor, daß z. B. ein Alt- papierhändler sein Angebot für Altpapier einer Behörde, um seinen Wettbewerber aus dem Felde zu schlagen, plötzlich von 5 Pf. auf 50 Pf. erhöht habe. Herr Otte ist ebenfalls gegen eine staatliche Reglung und wünscht, daß man den Versuch mach'', daß gegen eine bestimmte Menge Späne eine bestimmte Menge Pappe geliefert werden muß. Herr Kommerzienrat Steinbock spricht sich gleichfalls gegen ein behördliches Eingreifen aus und bemerkt, daß die Begriffe „Beschlagnahme” und ..Höchstpreise” wohl falsch verstanden worden seien. Zu der Forderung der Beschlagnahme sei man gekommen, weil in weiten Kreisen von der Anhäufung von Spekulationsvorräten bei den Altpapierhändlern gesprochen worden sei: Höchstpreise wollten aber die Fabrikanten unter sich vereinbaren, um auf diese Weise die Angstkäufe zu ver hindern. Man müsse sich vor allen Uebertreibungen hüten. Dies gelte auch für die Papierpreise. Zu hohe Preise werden die Folgt haben, daß der Papieiverbrauch wesentlich einge schränkt wird, und daß es dann auch in normalen Zeiten bei der Einschränkung verbleibt. Herr Lüderitz weist darauf hin. daß die Preissteigerung von Papierabfall ziemlich plötzlich eingetreten sei. nämlich als die Militärbehörde mit einem Male große Ankäufe zur Füllung der Bettsäcke und Schanzsäcke machte. Herr Direktor Kraemer ist gegen Beschlagnahme und amt liche Festsetzung der Höchstpreise, empfiehlt aber eine ^Organi sation“ durch staatliches Eingreifen. Man müsse eine Stelle ins Leben rufen, die etwa ähnlich organisiert sei wie z. B. die Metallvermittlungsstelle für das graphische Gewerbe, die sich durchaus bewährt habe. Dann aber empfehle sich eine öffent liche Aufklärung des Publikums über den Wert der Papier späne und die Notwendigkeit, das Altpapier, namentlich Zeitungen, zu sammeln. In Oesterreich habe man bereits eine Sammelstelle für Altpapier ins Leben gerufen. Man dürfe aber nicht in den Fehler verfallen, den man bei der Reichswoll- Sammlung gemacht habe. Die zu gründende Stelle für die Reglung des Altpapierhandels müßte die Einkaufspreise für Altpapier festsetzen, gleichzeitig aber auch die Verkaufspreise der Händler, die so bemessen sein müßten, daß ihnen das Interesse an dem Geschäft nicht vernichtet wird. Wichtig sei es. daß der Kriegsausschuß für das deutsche Papierfach die An gelegenheit in der Hand behalte. Bei dieser Gelegenheit erhebt Herr Direktor Kraemer ent schiedenen Widerspruch gegen das Vorgehen der Leipziger Vereine der Buchdrucker und Steindrucker in Sachen, der Fest stellung des Verbrauchs und Vorrates an Druckfirnis. Die Art und Weise, wie die beiden Vereine den Bedarf an Firnis fest- zustellen suchen, könne unmöglich ein richtiges Bild ergeben. Es könne deshalb auch keine Rede davon sein, daß in Zukunft