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DAPIERVERARBEITUNG H BÜCH GE WERBE Eä August Bagei f Am 20. Januar verschied nach einer Krankheit, die ihn nur wenige Tage ans Bett fesselte, im fast vollendeten 78. Lebens jahre, der Geheime Kommerzienrat August Bagel, der älteste Teilhaber der Firma A. Bagel, Verlagsbuchhandlung, Buch- und Steindruckerei, Buchbinderei in Düsseldorf und Papier fabrik in Eggerscheid bei Ratingen. Mit ihm ist einer der ältesten und markigsten Vertreter des Buchgewerbes und einer seiner bedeutenden Förderer dahin gegangen. August Bagel, dessen Leitspruch „Gebrauchter Pflug blinkt” gewesen, war ein Mann der Arbeit, ein unermüd licher Arbeiter, ein unermüdlich reger Geist. In den Kreisen des Papierfachs war der Verstorbene eine wohlbekannte und angesehene Persönlichkeit. Der Verstorbene hat das von seinem Großvater im Jahre 1801 in Wesel gegründete, von seinem Vater August Bagel gleich falls in Wesel zu hoher Blüte gebrachte und im Jahre 1878 nach Düsseldorf verlegte Unternehmen durch unablässigen Ausbau, fortgesetzte Verbesserung und Vergrößerung zu einem der be deutendsten des graphischen Gewerbes entwickelt. In wie be langreicher Weise die Bedeutung des Unternehmens unter August Bagel gewachsen ist, geht daraus hervor, daß bei seinem Eintritt in die Firma die Zahl der Angestellten und Arbeiter etwa 100, bei Ausbruch des Krieges im Sommer 1914 aber 400 betrug. In mehr als fünfzig Jahre langer Berufstätigkeit hat er seinem Fach mancherlei Anregung gegeben. So hat er den Kunst- und Farben-Hochdruck verfeinert und in seinem Betrieb den vielfarbigen Künstlersteindruck zu hoher Vollendung gebracht. Viele hervorragende Künstler haben deshalb ihre Schöpfungen in den Werkstätten der Firma Bagel auf den Stein gezeichnet und unter ihrer eigenen Anleitung mit Hilfe erlesener Arbeits kräfte vervielfältigen lassen. Dadurch wurde Ungezählten künstlerische Erbauung und künstlerischer Genuß geboten. Auf dem Gebiete des Verlages hat der Verstorbene anezeit weiser Mäßigung gehuldigt. Er war kein kühner Wager auf diesem Feld voll Hindernisse, Fallgruben und unberechenbarer Schicksale. Verhältnismäßig klein ist die Reihe der von ihm verlegten Bücher, aber: was er verlegte, war gut, und wenn er eine Verlagsidee in die Tat umsetzte, dann war es für den Verfasser, für den Verleger, für den Buchhändler ein glattes und gutes Geschäft und für den Käufer sein Geld wert! Neben dem ausgedehnten Kalenderverlag pflegte er vorwiegend den Schulbuchverlag. Von den Schulbüchern des Bagelschen Verlages sind viele Millionen verbreitet. Aber auch sonst hat er der deutschen Fachliteratur zu mancher ansehnlichen Bereicherung verholfen und angesehene Zeitschriften, darunter mehrere amtliche, heraus gegeben. Ohne Rast war der Verewigte für die Weiterentwicklung der Firma bemüht, nichts war seiner Aufmerksamkeit zu gering, wenn es sich darum handelte, die Leistungsfähigkeit seines Betriebes zu erhöhen oder zu beweisen. Als im gegenwärtigen Krieg der Sohn des Verewigten, der jüngere Teilhaber der Firma, zum Heeresdienst einberufen wurde, ruhte die ganze Last der Leitung auf den Schultern des greisen Herrn. Unermüdlich ging er den einzelnen Arbeitsvorgängen nach, hier anregend, da vermittelnd, dort Aenderungen treffend, so daß alles nach Wunsch und ohne Stockung lief. Bis zum letzten Tage stand er, ob Sonntag, ob Werktag, punkt 8 Uhr an seinem Pult, und die körperliche und geistige Frische dieses Jünglings in schnee weißem Haar war der schlagende Beweis für die Wahrheit seines Leitspruchs. Seine Arbeitskraft war erstaunlich. Neben den geschäftlichen Obliegenheiten nahmen ihn zahlreiche Ehren ämter in Anspruch. Sechsundzwanzig Jahre war er Stadt verordneter von Düsseldorf und gehörte auch nach seinem Aus scheiden aus dem Stadtverordneten-Kollegium mehr als zehn Sonderausschüssen der Stadtverwaltung an, nicht nur dem Namen nach, sondern tätig, anregend, fördernd, wie es seine Art war. Außerdem war er Vorstandsmitglied des Kunstvereins für Rheinland und Westfalen, dessen Kasse er verwaltete, Aufsichtsratsmitglied und Gründer der Rheinischen Bahn gesellschaft und gehörte vielen industriellen Unternehmen als Aufsichtsrat an. Ueberall wog sein Wort schwer, denn in un bestechlicher Gradheit und Sachlichkeit ließ er nur Tatsachen gelten. Auch bekleidete er viele Ehrenämter in Berufs- und Fachvereinen, gemeinnützigen, politischen und wirtschaftlichen Verbänden, und überall als der Ersten, der Tätigsten einer. Daneben fand er Zeit, seine Vorliebe und sein geläutertes Verständnis für die freie Kunst in großzügiger Weise zu betätigen. Wie allzeit seines Lebens seine Linke nicht wußte, was die Rechte tat, und wie er unzähligen Beladenen mit selbstloser Güte half, wie er alle W ohlfahrtseinrichtungen und Veranstaltungen förderte und stützte, so hat seine Menschenliebe und Freigebigkeit manchem jungen Künstler, der heute als Meister dasteht, den dornen vollen Weg geebnet, und mit vielen der Großen verband ihn innige Freundschaft. 78 Jahre alt ist August Bagel geworden; ein langer Weg voll schöner Erfolge, ein glückliches Leben lag hinter ihm. Er war einer der wenigen Begnadeten, denen es vergönnt ist, das Greisenalter durch jugendliche Frische zu überwinden, als Patriarch einer stattlichen Familie, unter einer Schar blühender Enkel und Urenkel, an der Seite seiner hochbetagten Gemahlin die seltenen Feste der fünfzigjährigen Berufstätigkeit und der goldenen Hochzeit zu begehen. Nun kam der Tod und winkte ihm. und schnell und leicht verlosch sein Licht. H. D.