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DAPIER=UERARBEITUNG _ Buchse wer re - Muster und Pakete nach dem Ausland Der Oberbefehlshaber in den Marken erläßt folgende Bekannt machung: „Zur besonderen Ueberwachung von Mustersendungen und Paketen nach dem- Auslande bestimme ich hiermit für das Gebiet der, Stadt Berlin und der Provinz Brandenburg auf Grund des § 9 b des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851: Die falsche Bezeichnung des Absenders und die unrichtige Angabe des Inhalts auf Briefsendungen mit Wareninhalt nach dem Auslande und in den Ausfuhrerklärungen zu Postpaketen nach dem Auslande ist verboten. Die der Inhaltsangabe wider sprechende Versendung von Druckschriften, schriftlichen Mitteilungen, Abbildungen oder Zeichnungen in. Paketen nach dem Auslande ist verboten. Die Beifügung einer Faktura ist gestattet und bedarf nicht der Erwähnung in der Inhaltsangabe. Diese Verordnung tritt sofort in Kraft. Zuwiderhandlungen werden nach § 9 b des Gesetzes über den Belagerungszustand bestraft.“ Pakete nach^Amerika Ich bitte Sie um ein Gutachten in der nachstehenden An- gelegenheit. Anfang Juli 1915 überschrieb mir mein Chicagoer Vertreter 8 Aufträge in Papierwaren für Chicagoer Abnehmer im Wert von ungefähr 800 M. Da ich nicht wußte, ob die Ware dort hin so versandt werden konnte, daß sie, weil für Weihnachten ge braucht, rechtzeitig dort eintrifft, frug ich bei der Speditionsfirma X in Hamburg an, ob und zu welchen Sätzen die Ware nach Chicago versandt werden kann, worauf mir die Firma mitteilte, daß sie die Pakete zu 8 M. nach Ch. verschicken kann. Auf Rückfrage bei meinem Vertreter, ob die Besteller diese hohen Spesen zahlen wollen, erhielt ich bejahende Antwort. Da durch Zeitungsmache die Stimmung für Deutschland unfreundlich war, frug ich nochmals an, ob sich in den Beförderungsverhältnissen inzwischen nichts geändert hätte, worauf die Firma mitteilte, daß das nicht der Fall sei, es sei ihr inzwischen gelungen einen billigeren Weg aus findig zu machen, auf welchem das Paket nur 4 M. 50 Pf. kostet. Durch diese Mitteilung hat mich die Speditionsfirma so in Sicherheit gewiegt, daß ich kein Bedenken mehr hatte und am 15. Oktober 15 Pakete an sie abgehen ließ. Kaum waren aber die Pakete in Hamburg angekommen, als mir die Firma schrieb, daß der Weg zu 4 M, 50 Pf. nicht mehr gangbar sei, das Paket koste jetzt 9 M. Da die Ware fort war, konnte ich nichts anderes tun als die Firma auf dieses Mißverhältnis aufmerksam zu machen, worauf sie den Satz auf 8 M. ermäßigte. Inzwischen fertigte ich alle Auf träge an und sandte am 27. Oktober weitere 13 Pakete ab. Nun glaubte ich, daß die Pakete alle vor Weihnachten in Ch. sein können, als ich am 25. November von der Firma benachrichtigt wurde, daß sämtliche Pakete ihrem Korrespondenten zurück- gegeben wurden, weil Nachnahme darauf sei. Ich solle die Nach nahme streichen und der Firma die Kosten, welche bisher ent standen sind, einsenden, dann wird sie die Pakete wieder aufgeben. Dai auf ließ ich mich aber nicht ein, weil es mir vorkam, daß die Firma nur die Kosten erhalten wollte, die Pakete aber doch nicht weiter gesandt hätte. Darauf teilte mir die Firma mit, daß sie nun die Pakete an ihr New Yorker Haus senden werde, welches sie nach Ch. sendet, wo sie den Bestellern gegen Nachnahme ausgehändigt werden. Da ich wußte, daß diese Darstellung unwahr ist, wartete ich ab. Kurz vor Weihnachten schreibt mir die Firma, daß die Pakete alle zurück gekommen sind, weil der Verkehr für deutsche und österreichische Pakete gänzlich gesperrt worden sei. Aus dem Vorhalten der Firma schließe ich, daß es ihr nur um die Spesen zu tun war,.sie dachte eben, wenn sie in ihrem Schreiben weitere Verpflichtungen ablehnt, so ist sie gegen Ersatzansprüche gefeit. Ich bin dagegen der Ansicht, daß die Firma fahrlässig ge handelt hat. Meiner Ansicht nach ist es traurig, wenn in dieser für uns Papierwarenfabrikanten schweren Zeit es deutsche Ge schäfte gibt, welche ihre Kunden so fahrlässig bedienen, denn die Firma hätte es wissen müssen, daß es unmöglich war, Pakets nach Amerika zu befördern. Hat auch nach Ihrer Ansicht die Firma so fahrlässig gehandelt, daß ich sie für den mir entstandenen Schaden gerichtlich belangen kann ? Papierwaren-Fabrik Wir baten einen Freund unseres Blattes, der rege Geschäfts- bezichungen nach Uebersee unterhält, obige Fragen zu beant worten. Sein Gutachten lautet: In der Anfrage fehlen leider wichtige Angaben, ohne welch • eine Beurteilung des Rechtsstandpunktes unmöglich ist. Z. B. fehlt der Wortlaut des Frachtvertrages, welchen der Fragesteller mit dein Spediteur X abgeschlossen, der Verpflichtungen, die X • eingegangen ist, und der Vorbehalte, die. er gemacht hat. Es ist auch nicht gesagt, ob X sich bedingungslos zur Beförderung der Ware unter den ihm vorgeschriebenen Umständen bereit erklärt hat. Angebote, welche . in diesen unruhigen Zeiten seitens der Spediteure abgegeben werden, sind nämlich nur bindend, wenn der Spediteur erklärt, daß er sich an sein Angebot bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gebunden hält. Dies gilt auch in Friedens zeiten, umsomehr in Kriegszeiten, wo sich die Verhältnisse oft von Tag zu Tag ändern. Es fehlt die Angabe, wann X sein Angebot beim Fragesteller zuletzt eingereicht hat und wann ihm der Auftrag erteilt und die Ware zugesandt' wurde. Wenn ein Spediteur die Beförderung eines Gutes übernimmt, so kann er nicht verantwortlich gemacht werden, wenn Umstände eintreten, welche ihn daran hindern, und über welche er keine Macht hat, z. B. wenn er ein Gut von Berlin nach Karlsruhe befördern soll, durch irgend einen Umstand aber- der Bahnverkehr unter brochen und auch kein anderer Weg der Beförderung vorhanden ist. Es ist also immer zu erwägen, ob es möglich war, zur gegebenen Zeit den Auftrag auszuführen. Vorliegender Fall ist dadurch ver wickelt, daß die Sendung mit Nachnahme belastet war. Es ist sehr gut möglich, daß aus diesem Grunde die Beförderung zu der Zeit, zu welcher die Ware anlangte, unterblieben ist. Unmittelbare Beförderung mit Schiffen, welche von Hamburg nach Nordamerika gingen, war ja zu der Zeit, um welche es sich hier handelt, nicht möglich, weil es solche Schiffe nicht gab. Mithin wurde von vielen Spediteuren ein Postpaket-Verkehr über neutrale Länder geleitet. Die deutschen Spediteure waren also von den Spediteuren in den neutralen Ländern abhängig, und deren Wirken ließ namentlich an Raschheit der Erledigung zu wünschen übrig. In Friedenszeiten übernehmen Spediteure manche geschäft lichen Aufträge, welche außerhalb des Spediteurberufes liegen, z. B. das Einziehen von Nachnahmen; dies ist aber eine freiwillige Leistung nach Vereinbarung. Wurde vorliegend mit X nicht ver einbart, daß er die Ware weiterbefördern und die Nachnahme durch seine Freunde erheben soll, so kann er die Pakete an seinen Spediteur im neutralen Auslande gesandt haben, es diesem anheimstellend, ob er die Nachnahme besorgen will oder nicht. X würde in diesem Falle richtig vorgegangen und außer Schuld sein, wenn sein Hinter mann die Beförderung unter Nachnahme ablehnte. Er wäre sogar in diesem Falle berechtigt, die ihm entstandenen Kosten vom Fragesteller zu verlangen. Soweit aus der Frage ersichtlich ist, wurde dieser Weg beschritten, und X war in seinem Rechte, als er verlangte, daß die Nach nahme gestrichen und ihm seine Kosten eingesandt werden, worauf er die Pakete weiter befördern würde. Für die Annahme, daß er die Pakete dann nicht weiter gesandt hätte, liegt keine Begründung vor. Es wäre nun zu untersuchen, ob X fahrlässig gehandelt hat, indem er die Pakete nicht gleich an seine New Yorker Freunde leitete, sondern dies erst später vorschlug : dem steht aber entgegen, daß sich Fragesteller mit X nicht vorher darüber verständigte, auf welchem Wege die Pakete durch Nachnahme befördert werden konnten, sondern ihm einfach den Auftrag erteilte, die Pakete unter Nachnahme abzusenden. X hat diesen Weg beschritten, sein Hinter mann hat diese Beförderungsart abgelehnt, und somit hat X in keiner Weise gegen seinen Auftrag verstoßen. X wartete nun auf Antwort, ob Fragesteller mit der vorge- schlagenen Beförderungsart einverstanden sei. Diese Antwort erfolgte nicht. Wenn X eine Antwort vom Fragesteller verlangte, so ist er infolge Ausbleibens der Antwort von jeder Verantwortung frei. Im ganzen genommen scheint es, daß X in keiner Weise ge fehlt hat und er berechtigt ist, Ersatz seiner Kosten und die Speditionsgebühren bis zu dem Punkte, bis wohin die Pakete gelangt sind, zu verlangen. Deshalb sollte Fragesteller vor jedem weiteren Schritt in dieser Sache seinen Rechtsbeistand befragen. X scheint sich in jeder Weise so gesichert zu haben, daß Fragesteller in einem Rechtsstreite unterliegen müßte. Der Deutsche Faktorenbund wird seine achte ordentliche Generalversammlung am 24. und 25. Juni 1916 in Dresden ab halten. — n. '