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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 12.02.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188502126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850212
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-02
- Tag 1885-02-12
-
Monat
1885-02
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 12.02.1885
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MWW UWWVWWWWWWWWW UntrrhMngs-Vlsll M „Lhemmher Anzeiger". Nr. 2L. — Donnerstag, 12. Februar. BerlagS-Expedition: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz, Theaterstrab« <8 (ehemaliges Bezirksgericht, gegenüber dem Kasino). 1885. — 5. Jahrgang. Ererbte Schuld. Kriminal-Roman von Adolf Belot. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) 6. Kapitel. Geständnisse. „Nun, alter Verräther, war giebt'S Neue-?* fragte Laurent, als Lubin mit sorgenvoll nachdenklichem Gesicht wieder in die Zelle trat. „Du kommst von dem Chef der Spione und hast mich ange zeigt. Hast Du wenigstens eine anständige Belohnung erhalten? So viel bin ich doch werth, denk' ich!" AuS diesem scherzenden Ton ließ er absichtlich eine ernstliche Unruhe hervorklingen. Lubin schüttelte lächelnd den Kopf und ver> s nk wieder in Nachdenken. „Aha!" fuhr Laurent stirnrunzelnd fort. „So wäre eS etwa wirklich wahr? Das wäre eine große Dummheit, so viel sage ich Dir." „Mein lieber Herr Simonin", versetzte Lubin, „sprechen Sie doch nicht so laut, ich bitte Sie. Diese Mauern sind vielleicht nicht so taub, wie sie aussehen." „Das kann sein", antwortete Laurent leiser, „aber wo bist Du gewesen? Was ist geschehen? Ich will eS wissen." „Einen Augenblick! Nicht so ungestüm!" „Du hast mich verrathen, Kanaille!" „Nein doch!" „Dein Glück! Denkst Du noch an meine Drohungen? Ich bin der Mann dazu, sie wahr zu machen." „Das glaube ich, aber ich bin auch der Mann dazu, mich gegen dieselben zu sichern. Wenn ich Sie angezeigt hätte, wäre ich nicht wieder hergekowmen, um mich in Ihre Gewalt zu geben." — „Du wärest nicht wiedergekommen — aber freilich, warum denn nicht? Es reicht hin, daß Du leugnest und ich dumm genug bin, Dir zu glauben. — Ja, zum Trufel, so ist'-! Das Eingeständniß, das ich Dir in einem lächerlich leichtsinnigen Augenblick gemacht habe, genügt noch nicht; man braucht Beweise, bestimmte Angaben und die willst Du jetzt haben. — Höre, Freund, ich habe die Komödie satt, das muß anshören." Dabei fuhr ec drohend auf. Lubin verkroch sich hinter seiner Pritsche, seinem gewohnten Zufluchtsort. „Was fällt Ihnen denn ein?" stammelte er. „Heraus, Du Wurm!" schrie Laurent. „O, wenn sich frei wäre!" Dabei tobte er in seiner Zwangsjacke und machte vergebliche Anstrengungen, Lubin zu erreichen." „Aber so lasten Sie mich doch — Sie irren sich — hören Sie mich doch an!" Laurent schien ruhiger zu werden. Grollend zog er sich in seinen Winkel zurück. „Muß ich dazu verurtheilt sein, mit einem solchen Lumpen zu- sammeuzuleben!" Zitternd vor Schreck kam Lubin aus seinem Versteck hervor. „Mein lieber Herr Simonin", sagte er schmeichelnd, „Sie täuschen sich. ES verhält sich nicht so, wie Sie denken — im Gegentheil. Ich hätte Ihnen wohl eine Mittheilung zu wachen — aber mit Ihnen ist ja nicht zu reden — Sie sind von einer Heftigkeit —" Laurent fragte nach dem Inhalt dieser Mittheilung, aber Lubin wich aus. „Nein, jetzt nicht", meinte er, „später, wenn Sie ruhiger sind." „DaS wird was Rechtes sein, Deine Mittheilung", brummte Laurent. „Irgend ein neuer hinterlistiger Anschlag der Polizei! Schweig nur still!" Eine halbe Stunde verging unter gegenseitigem Stillschweigen. Lubin schien sich noch immer in vorsichtiger Entfernung tiefem Nach denken hinzugeben. Plötzlich richtete sich Laurent auf. „Höre!" sagte er auf Lubin zutretend. „Alle, so wie Ihr da seid, Polizei oder Gericht, strengt Ihr Euch vergebens an, gegen mich vermögt Ihr nichts. Die Anzeige, die Du heute Morgen ge macht hast, kann höchstens meine Haft einige Tage verlängern, ver- «rtheilen kann man mich niemals! Heute oder morgen werdet Ihr m ch auS Euren Krallen loslassen müssen, ich werde frei sein, und dann — ja dann soll man etwas erleben!" Er sagte das in so drohendem Ton, daß Lubin erzitterte. „Was wollen Sie thun?" fragt« er mit einem Eifer, den man ihm nicht zugetraut hätte. „Aha! Jnteressirt Dich das?" versetzte Laurent, „dann thut es mir leid, aber ich kann eS Dir nicht sagen. — Liegt Dir viel daran?" fuhr er dann, als ob er sich besonnen hätte, noch näher tretend, leise und eindringlich fort. „Warum sollte ich eS Dir nicht sagen? Nun denn, so höre! DaS, was ich gethan habe, was ich die Dummheit hatte. Dir «nzuvertraue», ist nichts im Vergleich zu dem, was ich später, hoffentlich bald thun werde! Erzähle es Deinen Spießgesellen meinetwegen wieder; sie werden bald von mir reden hören, und ich werde Euch Allen zu schaffen machen, aber ich werde nicht mehr so einseitig sein, wie ich eS gewesen bin — in Zukunft werde ich im großen Stil arbeiten! Du fandest meinen Streich in Villaine gelungen? Vielleicht, was die Ausführung anbetrifft, aber das Resultat? Für einige Heller die ich aus dem Schrank zusammen gerafft, vier Mona'e Haft, Verhöre, Spioniren, Plackereien aller Art! In Zukunft werde ich mich mit solchen Kleinigkeiten nicht mehr abgeben; wenn ich etwas anfange, muß eS der Mühe Werth sein." Je weiter Laurent sprach, desto mehr hatte sich Lnbins trübes, verschleiertes Auge vergrößert; sein Blick hing an Laurent mit einem ungewöhnlichen feurigen Glanz. „Bravo I Bravo I" rief er jetzt. „Ja, Sie haben feuriges Blut in den Adern. Sie sind ein ganzer Mann!" „Was willst Du?" fragte Laurent. „Hören Sie, Simonin —" „Was? Willst Du Wohl „Herr" sagen!" „Herr Simovin — verzeihen Sie! Ja, ich hatte Sie falsch beurtheilt, Sie haben Herz — Sie werden Ihre» Weg gehen. Man kann auf Sie zählen, mit Ihne» arbeiten. Sie find der Mann, den ich brauche." «Haha! lachte Laurent auf. 'Der Mann, den Du brauchst, — — Sehr gut! Aber vorerst, mein guter Freund, verstehe ich mich nicht dazu, Jemandes „Mann" zu sein, wer dies auch sein möge, und wenn ich zu wählen hätte, so würde dies auch jedenfalls kein —" „Reden Sie nicht so verächtlich von mir, Sie kennen wich nicht!" „Ob ich Dich kenne! Du heißest Londurier, bist ein ehrsamer Graveur —" „Lasten wir doch die Possen!" „In Deinen Mußestunden Spion," fuhr Laurent fort, „der, unter uns gesagt, sein Gewerbe ziemlich erbärmlich versteht." „Genug des Scherzes!" versetzte Lubin. „Ich wiederhole Ihnen, Sie kennen mich nicht. Jo, ich bin ein feiger, krast- und markloser Krüppel, aber trotzdem bin ich etwas Werth, und wenn ich etwas in die Hand nehme, merkt man's!" Laurent schauderte. „Ha!" fuhr Lubin fort. „Sie fangen schon an, eS ernst mit mir zu nehmen. Sie haben Recht. Wenn mir manche Vorzüge fehlen, so habe ich andere, die jene aufwiegen. — Ich kann nichts ausführen, aber ich kombinire und entwerfe den Plan, und wenn ich einmal eine Sache ins Werk gesetzt habe, kann man ruhig und ohne Sorge darauf loSgehen I — Ach, wenn ich jemals etwas anderes als zufällig durch die Gelegenheit gebotene Werkzeuge an der Hand ge habt hätte — einen Mann so voll Kraft und Leben — dabei er geben und treu — einen solchen Mann, wie er mir in meinen Träumen vorschwebte, ohne mir je zu begegnen I Wie lieb wollte Ich ihn haben! Welch schöne Aufgaben wellte ich ihm stellen! Sie sagen, Sie wollen in großem Stil arbeiten Auch ich will das, aber ich allein vermag nichts; Sie auch nicht viel. Beide zusammen, das ist etwas ganz anderes! — Hören Sie, wir müssen unS verstän digen — wollen Sie?" Bei diesen Worten schien Lubin wie umgewandelt. Er hatte sein magere- Rückgrat v:r Laurent emporgereckt; seine häßlichen, tückisch gemeinen Züge strahlten von frechem, verbrecherischem Laster. Laurent war ganz entsetzt, aber er mußte seine Rolle weiter spielen. „Nicht übel! versetzte er verächtlich lächelnd. Da Dir das Spioniren nur halb gelingt, willst Du es mit der Verführung ver suchen. Nur zu!" „Sie wissen Wohl, daß ich im Ernst spreche," sagte Lubin. „ES handelt sich hier weder um Spioniren noch um Verführung, aber ich gebe es zu, ich verdiene eS, daß Sie meinen Worten miß trauen. Eine Erklärung ist nöthig unter unS, und dieselbe würde auch vielleicht schon stattgesunden haben, wenn Sie nicht gleich so aufbrausten." „Heraus doch mit Deiner Erklärung!" rief Laurent. «Versprechen Sie mir, ruhig zu bleiben, mich kaltblütig, ohne Jähzorn anzuhören? ' „Ach waS! Um was handelt eS sich denn?" „Versprechen Sie erst!" „Gut, es sei! Nun also?" „Also — es ist wahr, ich bin hier, um Sie auSzuhorchen." „Ha, Kanaille! Ich wußte eS wohl!" „Verzeihen Sie — Sie haben versprochen, mich ruhig anzu hören." ,Gut! Fahre fort!" „Sie haben mir ein Pfand gegeben, ich meinerseits bin Ihnen ein Gleiches schuldig. Ich heiße nicht Londurier, sondern Louis Caignon, genannt Lubin, und bin ein entlassener Sträfling." „Alle Achtung!" fiel Laurent ein. „DaS klingt schon wahr- cheinlicher. Jetzt fange ich doch an, wich zurecht zu finden." „Nicht wahr? Wir wollen die Mark« abwerfen und unS zu verständigen suchen." Lubin erzählte von der Asfaire von Villejuif, die ihm acht Jahre Zuchthaus eingetragen, von seiner Haft in LangreS, von seiner Flucht, seiner Verhaftung in Paris und dem unbedingten Vertrauen des Inspektors Moule, der ihm gerne,zu thuu gehey wollte. „Er ist'S, der mich äl- Spion zu Ihnen gebracht hat, und als ich herkam, war meine Absicht auch, meinen Auftrag gewissenhaft zu erfüllen. Ich hatte ein Interesse daran. Ich habe aber gleich ge fühlt, daß mir das nicht möglich sein würde. Sie haben mir vom ersten Augenblicke an gefallen; Sie habe» sich in mein Herz gestohlen. Wenn Sie vorhin meine Aussage gehört hätten! Seien Sie ruhig! Wenn eS nur von mir abhängt, werde« Sie binnen Kurzem frei sein — und ich werde Ihnen hoffentlich bald Nachfolgen. Dann treffen wir uns und arbeiten zusammen. Wir halten uns nicht mit lumpigen Kleinigkeiten, um ein paar Pfennige auf — o nein — dazu habe ich auch keine Lust mehr —. Nur fein lohnende Arbeit I Da habe ich gerade in der letzten Zeit etwas gefunden — einen köstlichen Fang, ein Vermögen — Alles ist schon geplant und so gut wie fertig — Wir machen das Geschäft ganz allein. — Sind Sie einve standen?" Aus dem Ton, in welchem Lubin sprach, war es deutlich zu hören, daß sein Vorschlag aufrichtig und ernst gemeint war. Trotz dem glaubte Laurent sein zurückhaltendes, argwöhnisches Wesen bei- bchalten zu müssen. .Wir werden sehen," meinte er. „Ich werde die Sache über legen." „Sie mißtrauen mir?" „Potztausend, das ist doch Wohl natürlich." „Ja, ich sehe eS ein," versetzte Lubin. „Aber Geduld! Ich werde Sie zu Überzeugen wissen — und wenn Sie mich erst bei der Arbeit sehen, werden Sie sich nicht mehr weigern, mftzumachen." 7. Kapitel. Die Spur des Mörders. Während dieser Vorgänge im Polizeigefängniß waren auch die unter Moule'S Leitung stehenden Agenten nicht müßig gewesen; sie suchten Franz HouSdal und Mariette. In Bezug auf die Letztere ließ der Erfolg nicht auf sich warten, und derselbe war ganz nach Moule'S Wunsch. Coeur-de-Feu war zum Zweck dieser Nachforsch ungen seit einiger Zeit regelmäßiger Gast im Hause Rousstgnö in Batignolles geworden. Durch seine fleißigen Besuche und sein liebens würdiges Wesen hatte er sich die Gunst der Frau Roussignö erworben. Nach seiner Rückkehr von Puteaux hatte er nichts Eiligeres zu thun, als diese Besuche wieder aufzunehmen. Er lenkte das Gespräch auf Mariette, sagte, er habe mit Leuten gesprochen, die sich sehr für daS unglückliche Mädchen interessiit hätten und allem Anscheine nach gerne bereit wären, im Falle sie in Noth gerathen ihr zu helfen. „Ach, lieber Gott, was reden denn Sie da?" erwiederte Frau Roussigus. „Sie ist ja niemals so glücklich gewesen wie jetzt. Ich habe Nachrichten über sie durch Leon erhalten, der sie gestern ge troffen und lange mit ihr gesprochen hat. Freu Roussignö rief den Burschen herbei. „Leon, erzählen Sie doch dem Herrn, waS Sie von Mariette wissen und was sie Ihnen gesagt hat! Ich für meine Person habe mich recht gefreut, daS zu hören, denn ich habe sie noch immer lieb: ist sie doch meine Landsmännin — sie hat mir auch sagen lassen, sie würde nächstens Herkommen. Ich erwarte sie jeden Tag." Läon erzählte Folgendes: Tr habe Mariette gestern in der Nähe der Markthalle in einem Laden getroffen, wo sie Einkäufe zu besorgen schien. Sie sei von einem Diener und einem Koch begleitet gewesen. Löon habe sie angeredet und gefragt, wie eS ihr gehe. — Sie wäre sehr glücklich und von ihrer Stelle ganz entzückt; sie sei Haushälterin in einem der größten Häuser von. Paris, bei Herrn Suchapt, Rue de Faubourg-Poissoniöre, und habe die Aufsicht über die anderen Dienstboten; nirgends, selbst bei ihrer früheren Herrin nicht, sei sie so rücksichtsvoll und gut behandelt worden. Dann habe sie erzählt, wie sie zu der Stelle gekommen: die furchtbaren Wunden, die sie in der Rue Cardinet empfangen, seien langsamer geheilt als man eS anfangs geglaubt habe; mehr als zwei Monate sei sie im Krankenhause des Doktor Paumey und zur Zeit der Verhand lung des Prozesse» Dalisster kaum wieder hergestellt gewesen. Gänzlich mittellos habe sie sich große Sorge gemacht, wa» au» ihr werden solle. Da habe ihr «in alter Priester, den sie während einer Krankheit gepflegt, eine Stelle als Küchenmädchen in einem frommen Hause verschafft, aber sie sei nur wenige Tage d-rt gewesen. Auch sie habe nämlich ihren Theil an jener Berühmtheft gehabt, zu welcher alle in dem Drama der Rue Tardinet Betheilig ten gelangt wären. In einer der letzten Sitzungen der „Stiftung für treue Dienstboten", deren Vorsitzende Frau Suchapt wäre, ser schon von ihr die Rede gewesen; alle Damen hätten Mitleid mit ddm Mädchen empfunden, daS beinahe den Tod gefunden, indem e» seiner Herrin zu Hilfe geeilt. Frau Suchapt insbesondere habe bei dieser Angelegenheit einen hohen Grad von Theilnahme gezeigt; sie habe gebeten, man solle sie allein für MarietteS Zukunft sorgen lassen. Am anderen Tage sei Frau Suchapt in der Thal mit ihrer Tochter^ einem anbetungswürdigen Fräulein, vor ihrem Hause abgestiegen. Sie habe laut aufgeschrieen beim Anblick der abscheulichen Narbe, welch« MarietteS Gesicht entstellte. «Wie hat das Ungeheuer Sie ver unstaltet!" habe sie auSgerufen. „Sich doch Emilie!" Fräulein Emilie habe die Augen abgewandt. „Kommen Sie zu uu»," Hab« Frau Suchapt gesagt. „Ich werde für Sie sorgen." Damit habe sie Mariette in den Wagen gezogen; seit der Zeit sei sie im Hause Suchapt, wo sie mit zärtlichen Aufmerksamkeiten überhäuft werde und eine Art Oberaufsicht führe. Coeur de-Feu schien an der Wahrheit der Erzählung zu zweifeln. „Ist denn das brave Mädchen wirklich so glücklich, wie Sie sagen?" > „Sie kann es Ihnen ja selbst sagen — Sie brauche» nur mor gen früh mit mir zu kommen." Am andern Tage sahen Coeur-de-Feu und Löon in der That Mariette aus dem bezeichneten Laden kommen, der einem Lieferanten des Hauses Suchapt gehörte. Coeur-de-Feu sprach sein Bedautrn aus über di« Narbe, die st« im Gesicht hatte, fügte aber galant hinzu, sie könne stolz darauf sein und dieselbe als einen Beweis ihre» MutheS und ihrer Treue zeigen. Aber der junge Bursche war we niger galant. „Das bleibt sich gleich, meine arme Mariette," meinte er, „schöner sind sie nicht davon geworden, und ich möchte darauf wetten, Ihr Schatz, Herr Croisillat, ist auch nicht mehr so verliebt, wie früher." „Nun, da irren Sie sich denn doch," versetzte Mariette spitz. „Herr Croisillat ist liebenswürdiger gegen mich, als er eS je ge wesen." > „Haben Sie ihn denn wiedergesehen?" „Gewiß, fast alle Tage — er hat sich sogar ganz in der Nähe de- Hauses Suchapt eine Wohnung gemiethet." „Aber heirathen will er Sie immer nicht." „Er hätte es schon längst gethan, wenn ich gewollt hätte. Ich habe aber wegen meiner Stelle, die so gut und annehmlich ist, ge zaudert. Schließlich habe ich aber doch meine Einwilligung gegeben — vor etwa vierzehn Tagen." „Und wann wird die Hochzeit sein?" „Sobald es mir beliebt. Herr Croifillgt wartet nur auf mei nen Wink. Kürzlich mußte er in Geschäften in die Provinz reisen — er schrieb eS mir mit dem Ausdruck seines Bedauerns, aber die Reise scheint sehr dringend gewesen zu fein — jedenfalls will er seine Rückkehr so viel wie möglich beschleunigen. Und dann werden wir ja sehen!" Als Coeur-de-Feu Moule diese Einzelheiten in Bezug auf Ma riette berichtete, kannte der Polizeiinspektor schon den Vorschlag, den Lubin Laurent gemacht hatte, zusammen zu arbeiten und ihr Ge werbe mit einem Hauptstreich, einem Vermögen, zu beginnen. „Bravo! ' rief er. „Jetzt weiß ich, um was eS sich handelt. Ich hab's. — Widmen Sie sich ausschließlich Mariette," wandt« er sich dann an Coeur-de-Feu. „Verlieren Sie dieselbe keinen Augen blick aus den Augen. Torin ist Franz auf der Spur. Bald wer den wir alle Hände voll zu thun haben." (Fortsetzung folgt.) Verloren! Roman von Ewald August König. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) „Der Optiker macht ja gute Geschäfte," lachte er, „fragen Sie ihn, wenn Sie Ihre Neugier befriedigen wollen, ich fürchte nur, seine Antwort wird Ihnen nicht gefallen. Gute Nacht, Mama, ich gehe noch ein Stündchen aus, nm mir den Siegestrubel anzusehen, hoffent lich finde ich Dich morgen in einer guten Laune, die meinem Vor schläge günstiger ist." „Tausend Thaler, ich kann wirklich nicht mehr entbehren," sagte sie, seinen Handdruck erwiedernd, „später, wenn diese- ersie Geschäft Dir einen Gewinn gebracht hat, können wir ja weiter reden." „DaS ist zu wenig," murmelte er, als er draußen war, „ich reiche nicht weit damit. Sie wird nicht nachgeben, ich weiß da» nur zu gut, das arme Mädchen ist ihr verhaßt, ich werde lange bitten müssen, ehe sie unS ihr HauS öffnet. Sie will e» nicht anders, so muß denn der alte Plan hervorgeholt und auSgeführt werden!" Er klemmte da» Lorgnon auf die Nase, warf durch die GlaS« thüre einen Blick in den dunklen Laden des Optikers und trat, eine Opernarie vor sich hinsummend, auf die Straße hinaus. Ein reges, buntbewegtes Leben herrschte in alle» Straßen, Arm in Arm mit ihren Angehörigen oder ihren Freunden zogen die Landwehrleute jubelnd und singend von Schenke zu Schenke; mit Fahnen und Trommeln an der Spije, auS vollen Kehlen die Wacht am Rhein singend, marschirte die Jugend durch die Stadt. Alle Schenken waren überfüllt, in dielen Straßen stand die dichtgedrängte Menge Kopf an Kopf und erwartete den fast unüber sehbaren Fackelzug, der unter dem Geläute der Glocken und den rauschenden Klängen mehrerer Musikkorps sich langsam vorwärts be wegte, eine Ovation, die dem kommaudirenden General galt, in dessen Salons daS Offizier korpS der heimgekehrten Truppen versammelt war. Ueberall leuchteten bengalische Flammen auf, unzählbare Raketen stiegen zischend empor, dazwischen knatterten die Feuerschwärmer, und brausende Hurrahrufe übertönten all diesen Lärm. Robert Raven hatte den Fackelzug an sich vorbeiziehen lassen, er ging in eine Weiu- schenke, die an diesem Abend wenig besucht war, da sie in einem entlegenen Stadttheile lag. und die Stammgäste den Fackelzug mit- machtcn. Zwei Personen saßen in einer Ecke» die sofort die Aufmerksam keit Roberts fesselten, ein alter, kleiner Herr mit einem graue« borstigen Schnurrbart und stark gerötheter Nase, der ein Orden»- bändchen im Knopfloch trug und ein elegant gekleideter jüngerer Mann mit schwarzem Kncbelbart und dunklen, lebhaft sunkelnden
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