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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 20.01.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188401201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840120
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840120
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-01
- Tag 1884-01-20
-
Monat
1884-01
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 20.01.1884
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Ehcmnihcr Anzeiger und Stadlbole 4. Jahrgang. Humoristisch satirisch- Nlau-er-i. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz, TheMerstraße 48 (ehemaliges Bezirksgericht, gegenüber dem Casino) Sonntag, 20. Januar 1884. „Es wächst der Mensch mit seinen höhern Zielen"; die Wahr heit dieses Satzes beweisen auch die Kochkunst-Ausstellungen, welche in der letzten Zeit angefangen haben, eine interessante Spezialität unter den Ausstellungen zu bilden. In der Thal, die Kochkunst- Ausstellungen repräsentircn einen ungeheueren Fortschritt auf dem gastronomischen Gebiete und dokumentiren eine so große Kunstfertig keit unserer modernen Küchenbeherrscher, daß selbst der Leibkoch des berühmten Lucullus daneben als ein armseliger Stümper erscheint. Es vereinigt sich aber auch bei solchen Gelegenheiten Alles, was da Magen und Gaumen zu reizen im Stande ist, zu einem herrlichen Ganzen; das nasse Element, gleichviel, ob die salzige Fluth oder die Binnengewässer, entsendet seine Bewohner von der schlanken Forelle bis zum plumpen Nicsenstör, der Krabbe und dem zarten Butterkrebs bis zum gewaltigen Hummer; der grüne Forst liefert die köstlichste Auswahl des schmackhaftesten Wildprets und Wildgeflügels; Gärten und Felder schicken ihre verschiedenen Produkte von der plebejischen Mohrrübe bis zum aristokratischen Spargel und von unfern Haus- thieren rücken ganze Legionen an, gebraten, gesotten, gedämpft, gekocht und geräuchert. Welchem Gourmand, und wäre er ein zweiter Lu cullus oder Trimalchio, würde da nicht das Herz oder vielmehr der Gaumen beim Anblick aller der ausgebreiteten Herrlichkeiten lachen? Aber auch kulinarisch und gastronomisch weniger bcanlagten Menschen kindern, welche eine» Thüringer Kloß mit demselben Behagen wie eine Gäuslcberpastete verzehren Würden, pflegt beim Besuche einer Kochkunst-Ausstellung eine Ahnung von den Genüssen aufzusteigen, welche uns die „höhere" Kochkunst zu bieten im Stande ist, wobei allerdings auch die Eleganz und Symmetrie der Anordnung viel bei trägt. Schade nur, daß das Dasein dieser Spezies von Ausstellungen aus leicht erklärlichen Gründen ein so ephemeres ist, da die meisten der Gegenstände, welche die Ausstellung mit verherrlichen halfen, nur allzurasch der Vergänglichkeit ihren Tribut darbringen müssen. Dahin schmelzen die schönsten Göttinnen aus Butter; das herrlichste Schloß aus Pastetenteig stürzt darnieder, das größte Meer aus geronnenem „Guß" schrumpft zusammen und die verlockendsten Bouquets aus Blättergebackenem fallen auseinander — sie uansit gloria munäi, auch auf der Kochkunst-Ausstellung! Nun, sie erfüllt ihren Zweck, die Kunst unserer Küchenjupiter und Küchenfeen und das Arrangements- Talent der Herren Hoteliers und Restaurateure ini hellsten Lichte gezeigt, um den Leuten das Wasser im Munde zusammenlaufen machen. Für das Hotel N. — und das Restaurant X Reklame gemacht und — ihren Veranstaltern ein artiges Defizit bereitet, wenigstens in den meisten Fällen. Hierin ähneln wenigstens die Kochkunst-Ausstellungen den meisten andern Ausstellungen, aber jene haben auch ihre ganz besonders angenehme Seile, an dem Schlußtag der Ausstellung näm lich. Da pflegt es dem verehrungswürdigen Publikum gestattet zu sein, von den Sachen, die im Begriffe stehen, der Vergänglichkeit alles Irdischen zum Opfer zu fallen, zu kosten un) von dieser Liberalität des Vorstandes wird gemeiniglich ein ausgiebiger Gebrauch gemacht, so daß nicht zu bezweifeln ist, daß die Kochkunst-Ausstellungen am höchsten in der Gunst des Publikums stehen. Beim Statthalter der Reichslande. Die „Nordd. Allg. Ztg.", welche vor einigen Tagen unter diesem Titel einen auch von uns theilweise reproducirten Artikel veröffent lichte, erhält aus den Reichslanden von hochgeschätzter Hand folgende Zuschrift: Der von Ihrer geschätzten Zeitung jüngst unter der Ueberschrift: „Beim Statthalter der Rcichslande" gebrachte und von der „Elsaß- Lothringischen Zeitung" in einer Extrabeilage am 14. Januar d. I. ihren Lesern mitgetheilte Bericht über eine Unterredung, in welcher der Statthalter sich in Betreff einiger, die öffentliche Meinung des Landes lebhaft in Anspruch nehmenden Fragen, sowie über seine ganze politische Stellung und Auffassung ausgesprochen hat, gehört sicherlich zu dem Bemerkcnswerthesten, was über die Verhältnisse unseres Landes seit langer Zeit in die Oeffentlichkeit gelangt ist. Der erwähnte Artikel ist denn auch hier sofort in allen Kreisen Gegen stand eingehendster und lebhaftester Besprechung geworden und wird es wohl für längere Zeit bleiben. Die zahlreichen Freunde des Statthalters und seines Regiments empfinden eine große Befriedigung darüber, daß der des Allerhöchsten Vertrauens fortgesetzt gewürdigte erste Beamte des Reichslandes sich in seinen Entschließungen nicht beirren läßt, sondern gewillt ist, den von ihm als richtig erkannten und mit dem besten Erfolg gekrönten Weg auch weiterhin zu gehen und für alle seine Handlungen nur den Willen seines kaiserlichen Herrn und die Stimme seines Gewissens entscheidend sein zu lassen. Wenn ich Veranlassung nehme, Ihnen den gewaltigen Eindruck zu bezeugen, den die Publikation des zwischen dem Statthalter und einigen seiner Gäste stattgefundenen Gesprächs hier gemacht hat, so liegt mir die Absicht fern, die einzelnen Punkte dieser politisch be deut amen Aeußcrungen einer speziellen Besprechung zu unterstellen. Nur Eins möchte ich berühren: die Frage über die Stellung der Beamten zu den politischen Grundsätzen der Landesregierung, lieber diesen Punkt hat der Statthalter in dem oben erwähnten Gespräch mit gewohnter Offenheit seine Ansichten dargelegt. Letztere gehen im Wesentlichen dahin, daß derselbe gewisse Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Verwaltungsgrundsätze bei einem Theil des Beamten standes mit Rücksicht auf dessen Zusammensetzung aus Gliedern der verschiedenen deutschen Landestheile als „natürlich" anerkennt, bei den höheren Beamten aber an eine Opposition gegen seine Absichten und Maßnahmen nicht zu glauben vermag, da weder in amtlichen Berichten noch im persönlichen Verkehr ihm Vorstellungen über den Gang seiner Politik gemacht worden seien. Es muß danach den Anschein gewinnen, als bestände die mehr fach in der Presse behauptete Unzufriedenheit besonders bei denjenigen Beamten, die sich nicht des Vorzugs erfreuen, zu den höheren gezählt zu werden. Die „Straßburger Post" wollte freilich vor wenigen Wochen auch aus diesen Kreisen, mit einem Widerspruch athmenden Artikel bedient ein. Ueber den in Rede stehenden Gegenstand ist in letzter Zeit in den Tagesblättern, selbst auch in dem Landesausschuß, so viel ver handelt worden, daß man jenseits des Rheines leicht zu der Annahme verleitet werden könnte, die Mehrheit des elsaß-lothringischen Be amtenstandes sei mit ihrer Lage in hohem Maße unzufrieden, ent behre in ihrer amtlichen Thätigkeit des freudigen Antriebes und er füllte ihre Pflicht nur soweit, als es durch das Gesetz der Nothwen- digkeit geboten sei. Zur Steuer der Wahrheit erlauben Sie mir, im Gegensatz zu den irreführenden Stimmen einer regierungsfeindlichen Presse eine kurze Beleuchtung der Sache, selbst aus die Gefahr hin, daß diese Kundgebung mit der wohlfeilen Verdächtigung der Verfolgung selbst süchtiger Zwecke demnächst charakterisirt wird. Besteht, so fragen wir, wirklich eine! allgemeine Unzufriedenheit unter den Beamten, die berufen sind, die schwierige Aufgabe der Ueber- führung unseres Landes in die neugeschaffenen Verhältnisse in mög lichst kurzer Zeit und auf die denkbar beste Weise zu lösen? Alle» gegentheiligen Behauptungen gegenüber setze ich ein bestimmtes, ent schiedenes Nein. Ich bin selbn Beamter und habe die Stimmung unter den Standesgenossen vielfach kennen gelernt, fühle mich des halb auch verpflichtet, die den Beamten in der Presse wiederholt untergeschobene Gesinnung für einen Angriff auf Ehre und Pflicht- bewußtsein zu erklären und somit den weitaus größten Theil eines chrenwertheu Standes gegen Verunglimpfung und Verdächtigung in Schutz zu nehmen. Ich thue das in dem festen Glauben, daß sich ßin Kind der Armulk. Erzählmig von M. Gerbrandt- (L. Calm.) (Fortsetzung.) „Du bist meine Mutter und bleibst es!" sagte Adolf Plötzlich mit ausbrechendem Gefühl und schlang seine Arme um den Hals der Vernichteten Frau. Ich bin an Dein Herz gefesselt mit unzerstör baren Banden, Niemand kann mich von dieser Stelle verdrängen - im Uebrigen aber, theure Mama: Jedem das Seine. Weg mit diesem Papier, das Erich mir unvollkommen zu seinen Rechten ver- hilft! Ich lasse Dir den Notar rufen und Du sprichst ihm in aller Form zu, was ihm gebührt Morgen aber führe ich Dir den Andern zu und — Mamachen, bist Du auch ganz sicher, daß er mir kein gefährlicher Nebenbuhler wird?" Sie versuchte zu lächeln, wie er. Ach, sie wußte, daß dies i Morgen schwerlich für sie kommcn werde, sie wußte, daß sie den letzten Abschiedsgruß der Sonne empfing. „Glaubst Du," sprach sie malt, „daß der — — daß Erich die Entdeckung veranlaßt hat?" „Nein," antwortete Adolf ohne Besinnen. „Er ist eine edle Natur, er hätte mindestens gewartet, bis er Dich nicht mehr damit traf. — Ich glaube, er wußte es bereits, als ich ihn zuletzt sprach und doch machte er nicht die leiseste Andeutung." „Es ist gut," sagte die Baronin. „Rufe mir den Notar." Und als er gehen wollte, hielt sie noch einmal seine Hand fest und sprach, trübe zu ihm aufblickend: „Weißt Du, was mir bei alldem eine Art Trost ist? Daß ich Dir kein Unrecht zufügte, als ich Fräulein Hardenberg von Dir trennte -- Jetzt geh' — oder nein, befiehl nur den Dienern durch die Thür, und dann setze Dich schnell wieder zu mir und laß mich Deine Hand halten." Zwölftes Kapitel. Hardenbergs Angehörige fühlten sich immer wie neugeboren, wenn sie einmal von seiner Gegenwart befreit waren. Heut waren sie alle in dem Bauernhause versammelt, das Erich gastliche Auf nahme gewährt Felix hatte glücklich eine Kommode entdeckt, zu der er sich emporschwinge» konnte; die Kleinen spielten mit Hektar, dem großen Hofhund, der sonst nie in's Zimmer gebracht werden durfte, Erich hatte ein Buch genommen und Agnes war Emma behülflich, die zu einer Hochzeit in die Nachbarschaft gehen wollte und ver sicherte, wenn ihr Mann nicht bald käme, würde sie sich allein auf- wachen. Da Hardenberg über alle Gebühr lange ausblieb, führte sie ihr Vorhaben schließlich auch aus, nicht ohne Schmollen gegen die hilfreiche Agnes, weil diese sie nicht begleiten wollte. Niemand sprach es aus, aber Alle fühlten sich noch um einen Grad wohler, als auch die unruhige kleine Frau das Feld geräumt. Als es dunkler und dunkler geworden, schaarten die kleinen Mädchen sich um Felix, denn ihr vierfüßiger Spielkamerad war ihnen in's Freie entwischt, und baten, er solle ein Märchen erzählen, wozu er sich nach längerer Weigerung auch gnädig herbeiließ. — Erich hatte das Buch sinken lassen und sinnend den Kopf in die Hand gestützt. „Was hast Du?" fragte Agnes fchmeichttnd — „Du erscheinst mir so verändert. Hat die Krankheit Dich melancholisch gemacht?" „Du hegst unnöthige Sorgen", entgcgnete er ausweichend, — „wo bleibt nur der Vater so lauge? Ist er zur Stadt gefahren?" „Nein, zu der Baronin. Er wurde —" „Zu Frau von Nordheini?" fragte Erich fast erschrocken. Ein lebhaftes Geräusch i or der Thür, ein Scharren, Kratzen, Heulen übertönte Agnes Antwort. „Ich glaubte, Du wußtest, daß er Nachmittags dorthin berufen wurde", sprach sie. „Nein, ich wußte es nicht", entgcgnete Erich, sich unruhig er hebend. „Hast Du nicht erfahren, weshalb. — Felix, sieh nach dem Hunde, man hört ja nicht sein eigenes Wort." Ungern verließ Felix seinen Posten, wie wenn ihm die Unbe quemlichkeit geahnt hätte, der er entgegen ging; denn kaum hatte er die Thür geöffnet, als Hektar hcreinstürmend, ihn über den Haufen warf und mit ungestümen Bellen an Erich emporsprang, aus seinen nassen Haaren einen Sprühregen von Tropfen um sich schüttelnd. „Was fehlt dem Thier? Es kommt aus dem Wasser. — Sollte ein Unglück geschehen sein?" Der Hund stürzte wieder zur Thür und dann zu Agnes und abermals zur Thür und schien durch Blicke und Schwanzwedeln die Anwesenden aufznfordern, daß sie ihm folgten. Die Geschwister blickten einander an und dann öffnete Erich dem erregten Thier den Weg in's Freie und sprach, zu den Andern zurückgewandt: „Ich werde ihn einstweilen begleiten, rufe Du die Dienstleute, Felix, es hat sich offenbar ein Unglück ereignet." Felix sah mit Behagen, daß Agnes sich anschickte, den Auftrag ausznsühren und daß sie auch die neugierigen Kinder in's Zimmer zurückrief; so blieb ihm das Vergnügen, ungestört hinter dem älteren Bruder einherzugeheu. Hektar schlug, sich fortwährend umblickend, ob sein Gefolge ihm auch nicht untreu werde, den Weg ein, der an der Brandstätte vorbei dem nahen See zuführte. „Ich dachte es," sagte Erich. «Nicht weit mehr hatten sie zu gehen, als sie am Ufer des Sees durch die Dunkelheit die Umrisse eines liegenden Körpers er kannten , neben dem der Hund ein freudiges Gebell ausstieß. Die Brüder beugten sich zu dem Verunglückten nieder: Er war — Hardenberg. Vor einem weißen Meilenstein waren seine Pferde gescheut — der tiefe See barg Wagen und Roh und ihn hatte der treue Hund gerettet — zum Leben oder zum langsamen Tod? Wer konnte es wissen? Sein Puls ging matt und kaum fühlbar. Erich halte Harden bergs Haupt auf seine Knice gelehnt und sandte Felix nach Hilfs mannschaften aus. — Dachte er daran, als er in der Finsterniß mit dem Röchelnden allein blieb, daß er einst eine andere Beule des Sees so in seine» Armen gehalten, eine Beute, die dieser hier heim tückisch dem Tode hatte preisgebcn wollen? diesem Protest eine große Anzahl von Mitgliedern aller Beamten kategorieen freudig anschließt. Eine derartige Stellung versteht sich bei aüen denen von selbst, welche wissen, daß Amt und Pflicht sie auf gewissenhafte Ausführung der ihnen von der Regierung gegebe nen Vorschriften verweist, aber nicht die Berechtigung giebt, in den oft sehr schwierigen Politischen Fragen eine Stimme zu verlangen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Vieles von dem, was über Mißmnlh und innern Widerspruch der Beamten g sagt und in den Zeitungen verbreitet wird, in das Gebiet der Fabel und des Wahne- gehört Daß einzelne Persönlichkeiten, die nach einem anderweit er littenen Schisivruch einem glücklichen Zufall ihr hiesiges Dasein ver danken und nun, nachdem sie ihre weitgehenden Hoffnungen auf Stellung, Einfluß und Einkommen in dem reichen und schönen Elsaß- Lothringen nicht in dem erwarteten Maße befriedigt sehen, sich auf'S Schmollen und Murren legen, ist nicht in Abrede zu stellen; daraus aber einen Schluß auf die Gesinnung des gesammten BeamtenstandeS zu ziehen, ist ein Unrecht, gegen das von allen bessern Elementen laut zu protestiren ist. Vielleicht wäre es zu der beklagten Irre führung der öffentlichen Meinung überhaupt nicht gekomnien, wenn man nicht im guten Glauben auf den endlichen Sieg der Wahrheit allen Anfeindungen gegenüber eine allzu passive Haltung beobachtet hätte. Was alle Bessergesinnten in den unerquicklichen Streitfragen der Gegenwart unserer reichsländischen Zustände beruhigt, ist der Ge danke, daß der Statthalter, welcher in diesen Tagen in der Um gebung seines kaiserlichen Herrn weilt und aus besten Munde g wiß wieder den erneuten Dank dafür empfängt, daß er trotz seine- hohen Alters mit ebenso viel Ausdauer als staatsmännischer Klugheit seines schweren und verantwortungsreichen Amtes wartet, sich nicht beirren lassen wird, auf dem betretenen Wege weiter zu gehen. Tr kann versichert sein, daß ihm viele Beamte in Treue und Ergebenheit zur Seite stehen, und daß davon sicherlich nicht die kleinste Zahl zu denen zu rechnen ist, welche zu den Geringeren des Standes ge hören. Möge es unserer, zugestandenerweise von den besten Absichten beseelten Regierung immer mehr gelingen, diejenigen Beamten zu er mitteln, welche vielfach anerkannt, oft vielleicht auch verkannt, ihre besten Stützen sind, weil sie in treuer Hingebung an die Pflicht ihre einzige Aufgabe finden und nicht in politischer Kannegießerei oder selbstsüchtigem Streberthum ihre Zeit und Kraft verzehren. Die Wohnv rchältiriff dr r deutschen Arbeiter. l. Preußen. Nach den soeben gesammelt erschienenen 37 Berichten der deutschen Fabrikinspektoren pro 1882 (Berlin, Kortkampf, 15 M.) lassen die Wohnungsverhältnisse der Arbeiter in den Provinzen Ost- und Westpreußen viel zu wünschen übrig. Für den Bau von besonderen Arbeiterwvhnungen ist fast gar nichts gethan. Als sehr hoch muß man die Miethpreise für Arbeiterwohnungen in der Stadt Königsberg bezeichnen. Für eine Wohnung aus 2 Stuben und einer kleinen Küche beträgt der jährliche MiethpreiS 270 M., für eine solche aus einer Dachstube mit offenem Herd auf dem Vorplatz 135 M. Ungesunde, dunkle und feuchte Kellerwohnungen von 1 Stube mit offenem Herd in einem Vorraum, resp. von 2 Stuben, von welchen eine mit Kochherd, bedingen Miethpreise von 114 resp. 144 M. Die Wohiiungsverhältnisse in Danzig —heißt es im Bericht — sind ganz ähnlich, jedenfalls in keiner Weise bester. In der Provinz Pommern liegen die Arbeiterverhältnisse am ungünstigsten inStettin, ivo für Arbeiterwohnungen fast gar nicht gesorgt ist. Viele Arbeiter haben einen Weg von N/s Meile bis in die Fabrik zurückzulegen. Wenn in der Nähe dieser Fabrik für billige unh gesunde Wohngelegen- heit "gesorgt wäre, so würden gelviß manche Arbeiter ihren alten Wohnort aufgcbcn. Inder Provinz Posen haben die großen Zucker fabriken theils durch Errichtung großer Schlafsälc, theils durch Auf- Matt und matter gingen die Pulsschlige, schwerer wurde das Haupt des Verunglückten; kaum 200 Schritt von seiner Wohnung, eben den drohenden Wellen entrissen, hätte er elend umkommen können und keine liebevolle Hand hätte die keuchende Brust höher gebettet. Niemand als sich selbst hatte er ja geliebt, von Niemandem durfte er hoffen, daß ihn die Ahnung der Liebe an seine Seite führen würde. — Die Dienstboten kamen mit Laternen und einer Tragbahre. Viele Neugierige aus dem Dorf waren mitgelaufen und drängten sich um den Halbtodten, und als man ihn heimgetragen und auf Erichs Bett gelegt hatte, da war das ganze Zimmer ungefüllt von schwatzenden, rufenden, gestikulirenden Menschen, aber keinen Laut der Theilnahme, des Bedauerns konnte man vernehmen. Hardenberg, der sich etwas erholt zu haben schien, winkte mit der Hand, er wollte allein gelassen werden. „Luft, Luft!" — danach rang seine versagende Brust, die lärmende Menge belästigte ihn, die neugierigen Blicke beunruhigten ihn. Das Zimmer wurde allmälig leer, Einer nach dem Andern ging mit der Aeußerung: „Na jetzt ist seine letzte Stunde da!" — „Für den noch den Doktor holen?" — „Der Tod kommt auch an die reichen Leute." — Zuletzt war nur noch ein Einziger da, der Groß knecht, der ihn tragen geholfen, er blieb an der Thür stehen, drehte die Mütze in den Händen und sagte zögernd: „Der Herr sprach einmal von einer Gefälligkeit und daß er gern neue Gebäude haben wollte." Der Kranke wandte ihm den Kopf zu, er verstand die Worte des Großknechts nur zu gut. Seine zitternden Finger holten ein kleines Portemonnaie aus der Westentasche. „Es könnt' wohl ein bischen wenig drin sein," sprach der Knecht unzufrieden, „der Herr pflegt nie viel bei sich zu tragen. Wenn der Herr mir sagen wollt', wo das Geld ist —" „Das glaub' ich, Schurke," murme'te Hardenberg. „Nimm — nichts weiter!" Der Knecht mochte bedenken, daß ihm ein Appell an Erich schlechten Lohn sür seine Hcldcnthat einbringen werde. Zögernd nahm er die Börse, die des Kranken Finger zögernd ließen. Aufgegeben von seinem Bundesgenossen sah sich der Großknecht; aber stand denn der Tod schon auf Hardenbergs Zügen? Er wollte sich sichern, der gute Johann, dessen Schlauheit dem Alten oft genug gedient. Sie hatten manches fehlerhafte Pferd mit einander für ge sund verkauft, manche gemischte Last Weizen für rein. In der Sterbestunde drücken auch kleine Lasten schwer. H rden- berg grub die Zähne in die Lippen und die Fingernägel tief in das Fleisch seiner Hände. Kam ein Augenblick, wo der Mensch aller Masken und Verhüllungen entkleidet ist und seine Sünden gerichtet werden bis auf die kleinste? Ja, in der Sterbestunde drücken auch geringe Lasten schwer; dunkler, dunkler wurde es vor Hardenbergs Augen, dunkler in seiner geängsteten Seele. Menschcnhilfe ließ ihn in Stich. Der einzige Arzt des Städt- ns, zu dem Erich gesandt, war zur Baronin Nordheim gehol» i
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