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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.02.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188502100
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850210
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850210
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-02
- Tag 1885-02-10
-
Monat
1885-02
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.02.1885
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Li-/ Ghemuitzer Anzeige» «nd Stadtbote Nr. 3S. Dienstag. 10. Februar 1888. Seit« 2. M- MI Dividendeugerüchte. Deutsch« Bahnen ohne einheitliche Haltung, österr. Bahnen voll behauptet. Bergwerke etwa» erholt, ftemde Renten ziemlich matt, besonders Ungarn, Italiener und russische Noten. Im Kafsaverkehr deutsch« Bahnen fest und bester, größtentheil» auch österr. Banken ruhig, Bergwerke, schwankend, für Industrien bestand ziemlich rege- Interest«. — Halle. Sonnabend früh 8 Uhr fand, wie bereits kurz aemrldet, im Hofe des Zuchthauses die Hinrichtung der wegen des Niederwald-Attentates zum Tode verurtheiltrn Anarchisten Reinsdorf und Küchler durch den Scharfrichter Kraut» auS Berlin statt; dieselbe War in wenige« Augenblicken vollzogen und eS ist der Akt ohne Zwischen fall verlaufen. Reinsdorf war gefaßt. Küchler sehr erregt. Ferner wird berichtet: Die Doppelhinrichtung ist ohne Zwischenfall verlaufen Reinsdorf war die Verbissenheit bis an'S Ende und rief ver der Urteilsvollstreckung: Nieder mit der Barbarei, e-lebe die Anarchie I Früh rauchte er und sang: Stiefel Du mußt sterben! Küchler war niedergeschlagen und weinte. — Ueber die Hinrichtung der Anarchisten Reinsdorf «nd Küchler werden noch folgende Einzelheiten an» Halle berichtet: Die Mitteilung de» kaiserl. Erlasse- an die Berurtheilten erfolgte durch den ersten Staatsanwalt, v. MoerS, am Freitag Vormittag 10 Uhr. Hierbei soll Reinsdorf seinen gewohnten CyniSmuS, Küchler jedoch große Niedergeschlagenheit bekundet haben; Rupsch hat in naiver Weise seine Unzufriedenheit ausgedrückt, daß er zeit lebens in da» Zuchthaus wandern solle und bemerkte, daß man ihn, da er da» Verbrechen vereitelt habe, ganz frei lasten müsse. Am Sonnabend Morgen sammelte sich in der achten Stunde vor der Strafanstalt eine zahlreiche Menschenmenge an, welch« den Haupt- «iugaug in weitem Bogen umstand und durch Polizeimannschaften von jeder Annäherung ferngehalten wurde. Die Exekution fand in einem der inneren Höfe statt, der von zahlreichen Wachtposten um stellt war. Kurz vor 8 Uhr rückte ein 25 Köpfe starkes, von einem Leutnant kommandirtes Miltärpiket, welche» zu der Exekution be fehligt war, in den Hof und «ahm Frontausstellung. Ziemlich dicht, au der den Hof westlich begrenzenden Mauer befand sich die Richt stätte, welche au» einem Bretergerüft und dem in der Mitte heraus- rageuden Richtblock mit braunröthlichem Anstrich bestand, link» davon stand ein Lisch, unter dessen grünlicher Decke das Richtbeil verhüllt lag Etwa zehn Schritte von der Richtstätte befand sich der mit NVenfiücken bedeckte Gerichtstisch. Zur Hinrichtung waren die Reichs aerichtSräthe vr. AASelstädt und Calame, Vertreter der königl. Regierung und der Stadt, sowie 12 angesehene Bürger erschienen. Mit dem Schlag« 8 Uhr trat Reinsdorf, von zwei Gefiingniß- wärter« geleitet, aus dem Gerichtsgebäude heran» und schritt mit festem Gang zum GerichtStisch. Die Begleitung eine» Geistliche« fehlte, da Reinsdorf jeden geistlichen Zuspruch zurückgewiesen hatte. Liefe Bläffe bedeckte sein Gesicht, er bemühte sich aber recht trotzig dreinzusehen; dem aufmerksamen Beobachter entging jedoch der SchreckeuSkamPf nicht, der in seinem Inneren tobte. Reinsdorf hatte e» in den letzten Augenblicken seines Lebens noch für nöthig befunden, auf seine Toilette eine gewiffe Sorgfalt zu verwenden. Er war dicht an den GerichtStisch getreten und nunmehr las ihm Staatsan walt von MoerS da» Urtheil des Reichsgerichts, sowie den schon erwähnten kaiserlichen Erlaß vor. Reinsdorf und der Scharfrichter KrautS wurden aufgefordert, sich von der kaiserl. Unterschrift zu überzeugen. Hierauf erklärte Herr von MoerS mit lauter Stimme: „Scharfrichter Kraut», kraft der Ermächtigung Sr. Exzellenz der ObeneichSanwalts übergebe ich Ihnen den Hochverräther Reinsdorf zur Strafvollstreckung durch das Beil, walte» Sie Ihres Amtes!- In diesem Augenblicke brach Reinsdorf in die Wort« auS: „Nieder mit der Barbarei, e» lebe die Anarchie I- Aber bereit» hatten Ihn die Gehilfen de» Scharfrichter» gepackt und weitere Worte auszustoßen war ihm unmöglich. Im Nu war Reinsdorf seiner Oberkleider entledigt und am Richtblock in die uöthige Lage versetzt; ein Blitzen des BeileS, ein dumpfer Schlag und — de» Gerechtigkeit war Genüge geschehen. Sträflinge brachten einen schwarzen Sarg herbei, der entseelte Körper wurde rasch hineingelegt und wegtranSportirt; ebenso,rasch waren die Spuren der Exekution be seitigt. Mit derselben Schnelligkeit vollzog sich die Hinrichtung des nach Beendigung der ersten Strafvollstreckung vorgeführten Hochver räters Küchler, dessen Gesicht ebenfalls von fahler Bläffe überzogen war und der völlig gebrochen erschien. Kein Wort entkam seinem Munde, er ließ Alles ruhig mit sich geschehen. 1b Minuten nach 8 Uhr war Alle» vorüber, die ganze Exekution hatte also, mit dem Verlesen der Aktenstücke, nur eine Viertelstunde Zeit in Anspruch ge nommen. Reinsdorf hatte übrigens auch, wa» Viele überraschen dürfte, ein Begnadigungsgesuch eingereicht, welches er namentlich mit Hinweisung auf seinen krankhaften Zustand motivirte. — Kassel. Der landwirtschaftliche Zeutralverein beschloß neben Erhöhung der Kornzölle, auch eine solche der Wollzölle zu be antragen. — Der Münchner Stadtmagistrat beschloß anläßlich der bevorstehenden Verhandlungen im Reichstage über die Kornzollerhöh ung bei der bairischen sowie bei der Reichsregierurg Revision der ZollvcreinSverträge anzurrgen, durch welche die Gemeinden von den beschränkenden Bestimmungen über Erhebung von Gefällen befreit werden. — Kiel. Prinz Wilhelm nahm Nachmittag» die Taufe der neuen Kreuzer-Korvette vor, dieselbe erhielt den Namen der Schwester des Kaiser» „Alexandrine, Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin. Der Stapellauf ging glücklich von Statten. Oesterreich-Ungarn. Die Kaisermächte haben Englands energische Entschlüsse i» Bezug auf den Sudan mit sympathischer Theilnahme ausgenommen und derselben in London Ausdruck geben lassen. Während aber die Kaisermächte die Aufraffung Englands zu energische« Handeln im Interesse der Zivilisation freundlich begrüßen, beurtheilen sie Italiens vordrängende Aktion ganz anders und billigen diese keineswegs» weil sie geeignet scheine, bedenkliche Konsequenzen heraufzubeschwören. Auch Frankreich stimmt hierin vollständig den Kaiserwächten zu, und zweifellos harmonirt Frankreich auch betreffs des türkischen Protestes gegen Italien mit den drei Kaisermächten. Italien. In Trigno stürzt« der Palast Saffano ein. Bier Personen blieben todt. Es kamen viele Verwundungen vor. — Die zweite Expedition nach dem Rothen Meere, welche gegenwärtig in Vorbereitung ist, wird am 11. d. von Neapel an Bord de» „Bincenzo Florio" in See gehen. Gleichzeitig sollen die für die erste Expedition bestimmten Transportthiere und sonstiges zur Vervollständigung der Ausrüstung gehörige» Material an Bord de« „Principe Amadea" eingeschifft werden. Frankreich. Eine Depesche Courbets auS Kelung vom 3. Februar meldet, daß in der Nacht vom 81. Januar zum 1 Febr. di« neuen Positionen der Franzosen von 1000 bis 2000 Chinesen angegriffen worden find. Der Feind wurde nachdrücklich zurück geschlagen mit Verlust von «ehr als 200 Tobten, unter denen sich «in europäischer Offizier und mehrere Mandarinen befanden. Die Verluste der Franzosen beliefen sich auf einen Tobten und einen Ver wundeten. Die Verluste der Chinesen betrugen vom 2b. Januar bi» 1. Februar 700 Tobte und Verwundete. — Der Fall von Khartum beschäftigt selbstverständlich die ge- sammte Pariser Presse. Die Blätter find gefüllt mit Karten de» Kriegsschauplatzes im Sudan, ausführlichen Darstellungen der Nieder lage der Engländer und Artikeln, in welchen die Folgen des bedeu tenden Ereignisse» nach allen Seiten hi« erörtert werde». Mehrere Organe, die „Republique fran^aise" obenan, sind der Ansicht, daß Khartum nicht erst am 26. Januar gefallen und daß Gordon, wenn er überhaupt noch am Leben sei, schon seit Wochen, ja Monaten, der Gefangene deS Mahdi sei. Die optimistischen Nachrichten, welche Lord Wolseley von Gordon erhalten hat, seien alle durch die Hand de» MudirS von Dongola gegangen, der ohne Zweifel den leicht gläubigen englischen General getäuscht habe. Wa» die Folgen deS Ereignisses aübetrifft, so befürchtet man vor Allem einen Kontrekoup in der ganzen muselmännischen Welt, eine allgemeine Erhebung in Egypten. Man räth daher den Engländern, Gordon durch Zahlung einer großen LoSkaussummr zu retten und ihre Truppen sobald wie möglich au» dem Sudan nach Egypten zurückzuziehen, um diese» im Interesse Englands aber auch Europa» zu vertheidigen und vor Allem zu verhindern, daß diese» Land der Herd einer fanatischen Agitation werde, welche auch Frankreich und Rußland gefahrbringend werden könnte. Im Uebrigen ist mau sich ziemlich einig darüber, daß die Niederlage die Existenz de» Kabinet» Gladstone sehr in Frage stellt und die definitive Regelung der egyptischen Angelegenheit wie der auf unbestimmte Zeit hinausschiebt. England. Die Dampfer, mit welchen der General Wilson von Khartum zurückkehrteu, scheiterten, weil der Nil sehr niedrig ist und die Dampfer bei Nacht fahren mußten, u« dem Feuer der Aus ständischen von den Ufern zu entgehen. Oberst Wortley, welcher die UuglückSbotschaft nach Metammeh brachte, benutzte mit vier anderen Engländern «in keine» Boot zur Fahrt. Wilson hat 250 Flücht linge, die er auf den Nildämmen nahe bei Khartum gefunden, in Sicherheit gebracht. Dieselben bleiben auf der Insel, in deren Nähe die Dampfer gescheitert sind, so lange, bi» BereSford sie von dort abhclt. Da» englische Lager ist stärker befestigt worden, die Leute find bei guter Stimmung. Der Mahdi droht mit einem großen Angriff. Die Eingeborenen erzählten Wilson am 26. Januar vor Khartum, Gordon habe 15 Tage lang harte Kämpfe zu bestehen gehabt. Am 27. Januar berichtete rin Eingeborener, daß Gordon todt sei und bei der Rückfahrt der Dampfer meldeten Boten, daß Gordon sammt allen koptischen (christlichen) Truppen getödtet sei Später kamen Leut« vom Shagiveh-Stamme an Bord und erkürten, Gordon habe sich mit dem griechischen Konsul Nicola, 50 Griechen und einigen Soldaten in der katholischen Kirche eingeschloffen; sie hätten Munition und Lebensmittel bei sich. Chemnitz, den 9. Februar 1885. — Soeben kommt uns die Nachricht zu, daß der mit großer Sehnsucht erwartete Herr Vortragende zur Donnerstag-Zusammen kunft des „Kaufmännischen Verein»", der Dichter Karl Sti-ler, Krankheitshalber nicht erscheinen wird. ES ist indessen auch in diesem Falle „aufgeschoben nicht aufgehoben-, der Erwartete wird, sobald die Behinderung gehoben, den angeküudigten Vortrag dennoch halten und ist für seinen Ersatz für Donnerstag besten» gesorgt. — In Betreff unserer neulichen Besprechung der letzten theatra lischen Aufführung des Realgymnasiums werden wir von Herrn vr. Fehse um Aufnahme deS Folgenden ersncht: „Hochgeehrte Redaktion! Zur Ergänzung ihrer so wohlwollenden Beurtheilung der in Rede stehenden theatralischen Aufführung gestatten Sie mir noch folgende berichtigende Bemerkung. Die Vorbereitung und glückliche Durchführung des Unternehmen» ist keineswegs, wie Sie annehmen, mein alleiniges Verdienst, sondern mein verehrter Kollege, Herr Fredäric Molles, hat mit großen Opfern au der ihm spärlich zu- gemeflenen freien Zeit sich allen Mühen und Arbeiten, die dasselbe verursachte, getreulich mitunterzoaen. Er hat das Stück für unseren Zweck bearbeitet und als Nationalfranzost an der korrekt« Aussprache und Diktion ein wesentliches Verdienst. Mit der Bitte um sofortigen Abdruck dieser berichtigenden Erklärung rc." —t. Eine unserer liebenswürdigsten Künstlerinnen, Fräulein Anna Lilia, die so oft schon durch ihren köstlichen Humor Alt und Jung erfreut und manche LebenSsorzen hinweggetäuscht hat, wird sich morgen, Dienstag, in einem der besten „Original-fiücke der schreibseligen Birch-Pseiffer produzieren „Ein Kind deSGlückS-, dieses lange schon auf dem Repertoir unsere» Theaters vermißte Rührstück wird der trefflichen Künstlerin Gelegenheit geben, all ihre Fertigkeit, die Herzen zu bewegen in Leid und Freud, zur vollsten Geltung zu bringen, um so mehr als Fräulein Lilia die» Stück zn ihrem Benefiz gewählt hat. Es wird sicher nur diese» kurzen Hinweises bedürfen, alle Freunde der Künstlerin und alle Theater freunde das Hau» füllen zu machen, und erinnern wir noch an die Glanzrollen des Fräulein Lilia: Defizit — Adda, Familie Buch holz — Marie, Salontyroler — Marianne und Wo ist die Frau — Gerda. —t. Die Sonnabend-Ausführung der „Räuber-, die von vielen Seiten gewünschte zweite Darstellung de- klassischen Stücke«, gestaltete sich zu einer geradezu großartigen Ovation für den berühmten Schau spieler Max Grube unsere» für gewöhnlich nicht gerade leicht zu erregenden Publikums. WaS seinen größten Vorgängern in dieser entsetzlichen Rolle kaum gelungen, den menschlich-abnormen Bösewicht psychologisch begreiflich zu machen, erreichte unser Gast in allen Szenen, deren Krone die beiden erschütternden letzten Akte waren, in vollkommener Weise. ES dürste kaum eiu zweiter Franz Moor von dieser Größe die Theaterwelt der Gegenwart zieren. Bon Interesse wird unser« Lesern noch sein, daß Herr Grube heute, Montag, schon wieder in Dresden den „Franz- in Schiller'» „Räubern- spielt. — Thaliatheater. Karl Wartenburg'S neue» Schauspiel: „Die BolkSsängerin-, welches am vergangenen Donnerstag im Stadttheater zum Benefiz des Herrn Regisseur Weber erstmalig in Szene ging, fand bei seiner gestrigen Wiederholung im Thaliatheater seitens des vollbesetzten Hause» eine sehr günstige Aufnahme. Der oft stürmische Beifall galt sowohl der volksfreundlichen Tendenz der Stückes, als der trefflichen Darstellung seiten» der Inhaber der Hauptrollen. Dieser Erfolg dürfte eine nochmalige Wiederholung dieses Stückes empfehlen. — Vergangenen Sonnabend hielt Herr Realschuldirektor vr. Mating-Eammler aus Rochlitz i« Verein für Chem nitzer Geschichte einen Vortrag über: „Steuer- und Kredit- wesen in Chemnitz im 13., 14. und 15. Jahrhundert" Der leider nur schwach besetzte Börsensaal zeigte, daß man einem solch' interessanten Thema doch nicht das Interesse entgegenbringt, welches es verdient. Der namentlich durch zahlreiche Beiträge zur Erforschung von Chemnitzer Geschichte verdiente Herr Redner beleuch tete in klarer, leicht faßlicher Weise die mittelalterlichen Verhältnisse des hiesigen Steuer- und Kreditwesens und wußte durch manche» geschickt eingeflochtenen Witz die Lachlust seiner Zuhörer zu erregen. Reicher Beifall belohnte denn auch den von Fleiß zeugenden Bortrag des beliebten Redners. — Wie auS eine« Inserat unseres heutigen Blattes ersichtlich ist, beginnt der strebsame I. Chemnitzer Kraft-Klub Freitag, den 20. Februar, in den Räumen de» Thalia-Theaters seine diesjährigen öffentlichen WohlthätigkeitS-Vorstelluugen. Die vorzüg lichen Leistungen, sowie die wirklich guten Kräfte, welche dieser Klub von jeher aufzuweisen hatte, lassen Wohl die Erwartung gerechtfertigt erscheinen, daß derselbe in seinen anerkennenSwerthen Bestrebungen recht kräftige Unterstützung von Seiten de» geehrten Publikums finden möge, um so mehr, da genanntem Klub die Ehre zu Theil geworden, mit hoher Genehmigung zum Besten de- hiesigen Albert-Zweigverein- thätig sein zu können. s—r. Am Sonnabend Abend feierten die vereinigten Babels berger Stenografen-Vereine in der „Linde- den Geburts tag ihre» Meisters (geb. 9. Februar 1789 zu München) durch einen recht zahlreich besuchten Kammer». Nach Eröffnung durch eine Ouvertüre begrüßte mit herzlichen Worten der Vorsitzende de« Zentral- auSschußrS Herr Klingsch die Versammlung und rrtheilte dem Fest- redner Herrn Schuldirektor ou»«r. Wagner auS Dresden das Wort zom Vortrag. „Der Weg zur Erreichung stenografischer Fertigkeiten- war daS Thema. Der Herr Vortragende wie» zunächst darauf hi», daß in den meisten größeren Städten, wo zahlreiche Vereine besteht», die Erlernung der Stenografie einem Jeden leicht gemacht sei. aber auch der einsam Wohnende würde an der Hand «ine» der viel« guten Lehrbücher, bei der nöthigen Ausdauer, die Stenografie sicher erlernen können. Al» Beispiel schildert Redner seinen eigne» Bildungsgang. Im Herbste 1818 sing er die Stenografie an, und am Palmsonntag 1849 schrieb er die erste Rede nach. Freilich der Ausdauer und Fleißes bedarf der Lernende, den» nur durch stete Uebuvg sei ein genügendes Resultat zu erzielen. Kein System, möge e» heißen wie e» wolle, sagt Redner, sei in kurzer Zeit 6, 8 oder 12 Stunden zu erlernen; dieser oft aufgestellte Satz sei eine Un wahrheit. Die Wenigsten von den Stenografie Lernenden erstrebe« ja da» höchste Ziel, Parlamentsstcnozraf zu werden, und um die» Ziel zu erreichen, sei auch eine große Ausdauer, neben guter wiffeu- schastlicher Bildung, unbedingt nöthig; aber Jedem sei e» leicht möglich sich so viel stenografische Kenntnisse zu erwerben, daß er seine Notizen, einen schnell austauchendem Gedanken, die Borträge seiner Lehrer rc. in weit kürzerer Zeit, als die» mit der Kurrentschrift möglich, dem Papiere auvertrauen könne. DaS belle Alter zur Erlernung der Stenografie sei nicht vor dem 14. Jahre, jedoch auch nicht viel später. Mit einem Hoch auf dem Meister Gabelsberger schloß Redner seinen Vortrag, der von lebhaftestem Beifall gelohnt wurde. Bo« den weiteren Vorträgen des Festabend» wollen wir nur noch neunen: da» Baritonsolo: Rezitativ und Arie auS „Undine-, vorgetragen von Herrn Lindewann, sowie „De Schul sinst un itze", von demselben, und das Doppelquartett „DaS Schuhdrücken-. Zahlreiche Toaste i» Wechsel mit guten Konzertstücken machten den Abend zu einem recht genußreichen und führte hoffentlich recht viele neue Freunde der Kunst Babelsbergers zu. — Im Verein für volksverständliche Gesundheits pflege und Naturheilkunde hält nächsten Mittwoch im Elysium Herr B. Stahring er einen Vortrag über: „Der BerdauungS- apparat des Menschen, sein Krankwerden und seine n«r- turgemäße Behandluug.- — Heute am 9. Februar Vormittags wurde durch den Trichinen beschauer Hillerdt auf dem Schlachthof in einem Landschwein ein« große Anzahl Trichinen entdeckt. *— Während der letztvergangenen Wochen waren in hiesiger Stadt eine größere Anzahl leere Petroleum-, Schmieröl- und SchnapS- fäfler aus verschiedenen Gehöften gestohlen worden. Vorgestern Mittag nun wurde auf der Friedrichstraße ein schon wiederholt be strafter und zur Zeit arbeitsloser Arbeiter aus Garnsdorf betroffen, welcher eiu leeres Faß vor sich herrollte. Da derselbe über de» Erwerb deS Fasse» verschiedene Angaben machte, wurde er nach der Polizeiwache fistirt. Da ermittelt worden war, daß im Monat Januar d. I. an einen Althändler an der Gartenstraße 8 Stück leere Petroleumfäffer durch einen Unbekannten verkauft worden waren, wurde der sistirte Arbeiter dem Althändler vorgestellt und von diesem sefort auch als Verkäufer der Fässer bezeichnet. Der Verdächtige war nach längerem Leugnen schließlich geständig, 12 leere Fässer ge stohlen und verkauft zu haben. —* Vor einigen Tagen erschien in dem Berkaufsladen eine» Bäckers an der Vöthcstraße ein junger Mann und gab an, er sei von einer in der Nachbarschaft wohnhaften AppretnrgeschäftSinhaberi» beauftragt, einen Fünfzigmarkschein Wechsel» zu lassen, worum er de» Bäcker bitte. Letzterer begann auch sofort Kleingeld aufzuzähleu. Noch bevor der Bäcker fertig war mit zählen fragte der Unbekannte, ob er nicht immer eine Neinere Summe de» aufgezählten Geldes zur Auftraggeber!» hinüber tragen könne. Der Bäcker duldete dies jedoch nicht, zählte die 50 Mark auf und verlangte nun erst den Fünfzig markschein. Der Unbekannt« äußerte hierauf, er habe den Schein noch nicht mit und werde ihn dann herüberbringen. Da er aber da» Geld nicht erhielt, entfernte er sich schleunigst und kam nicht zurück. Dasselbe Marinöver hat der Unbekannte am folgenden Tage bei einem Bäcker in Kappel, hier jedoch mit Erfolg ausgesührt. ES ge lang jedoch bald darauf, den Betrüger in einem hier wohnhaften Mechaniker zu ermitteln und festzunehmen. —r. Am Sonnabend wurde in einem Gasthause auf der Lange straße von einem Geschäftsmann aus dem Gebirge erzählt, wie dort die Bismarckspende eine starke Betheiligung erzielte. Allerdings find die Summen nicht so hoch, meinte er. w'e in Städten, wo viele reiche Leute wohnen, aber die Bctheiligung ist im Berhältniß der Einwohner gewiß sehr bedeutend; arme Fabrikmädchen bringen ihre« Groschen zur BiSmarckspende und es fehlt nicht an Episoden, die wirklich rührend find. Unter Anderem ist eine arme Wittwe erschie nen und bittet dem Herrn Bismarck zu schreiben, daß er vorlieb nehmen sollte, daß sie nichts mehr zu seinem Geburtstag geben könnte; sie könnte beim Fedcrschleißen nicht viel verdienen. Gewiß wird unser Sachsen den Beweis bringen, daß e» den Reichskanzler hoch zu ehren und zu schätzen weiß, und kleinliche Parteinörgeleien keine« Einfluß habe» werden. —d. Wiederholt schonist von Passanten der Reitbahnstraße die Bemerkung gemacht worden, daß seit einiger Zeit von junge« Leuten, die indeß auf das Prädikat: junge Herren bedeutende« Anspruch erhebe», die edle Sitte deS „AnrempelnS- mit möglichster Virtuosität gegen Vorübergehende geübt wird und zwar mit einer gewissen Regelmäßigkeit um die siebente Abendstunde, um welche Zeit die in Frage befangenen jungen Herren die bezeichnete Straße passiren. Wenn nun gegen derartige Heldenthaten von den davon Betroffenen wenig oder gar nicht remonstrirt worden war, und na mentlich zu Anfang dieser Woche ein altes Mütterchen sich ruhig ge fallen lassen mußte, von den mehrgenannten jungen Herren förmlich a» die Wand gcschubt zu werden, so erregten doch am Freitag Abend die Kraftproduktionen jener Fle—ißigen Passanten gebührende Auf merksamkeit und entsprechende Anerkennung. Ein de» Wegs kommen der Arbeiter, der von den liebenswürdigen Jünglingen, die zu Drei auf dem Trottoir eioherstolzirten, ziemlich unsanft an die Wand „ge drängelt" wurde, fand dieses Entgegenkommen nicht vur sonderbar sondern machte sich sofort über den momentanen Nachbar her und bläute ihn, ohne irgend welche umständliche Vorbereitung, ganz ge hörig durch. Der engagirte Jüngling, von diesen jedenfalls im all gemeinen Interesse ebenfalls „lohnenden- Handarbeiten förmlich hin« gerissen, hat sich bei dieser praktischen Auslegung von Kaigge'S „Um gang mit Menschen- förmlich passiv verhalten, doch hat diese Lektio« guten Erfolg gehabt, indem seit jenem denkwürdigen Tage in der angegebenen Beziehung Berichte über erneute „Anrempelungen" nicht eingelaufen sind, von welch eingetretener Besserung wir gebührend Notiz nehmen, mit dem Bemerken, daß auch bei sich fo rtbild enden Jünglingen schlagende Beweise ihren Werth behalten. — In Dresden ist am Freitag der Geh. Hofrath, Vortra gender Rath in der General-Direktion der kgl. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, vr. W. Roßmaun. infolge eine» Herzschlag«» verstorbe».
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