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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 09.09.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188309095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18830909
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18830909
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1883
-
Monat
1883-09
- Tag 1883-09-09
-
Monat
1883-09
-
Jahr
1883
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 09.09.1883
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> - «> » , > l .>f> — —7-^- E>-->^,^ - ,!«-«.„>>,V-,W,. l«,,l v»,> L- v.<. La der neue englische Gesandte in Peking, Sir Harry ParkerS, seine guten Dienste zur Vermittelung angeboten haben soll. Inzwischen kommt aus Tonkin die Nachricht von einer neuen Niederlage der Franzosen. Von Hanoi fuhren einige französische Kanpnenboote den Fluß nach Sonbay hinauf und beschaffen die Festungswerke der „Schwarzen Flaggen"; sie mußten aber nach einer mehrstündigen wirkungslosen Kanonade retiriren und hatten außerdem einen Verlust von 12 Tobten zu verzeichnen. — In Le Puy hat am Donnerstag die Einweihung des Denkmals Lafayette's, des großen französischen Bürgers, stattgefundcn. Der amerikanische Gesandte in Paris, Mr. Morton, und der Minister hes Innern, Waldeck-Rousseau, wohnten der Feier bei. Letzterer äußstte hierbei, daß Frankreich wie Nord- Amerika Hy-ei demokratische Nationen seien, die nicht» gegen andere unternchmvl<dürften, aber auch nichts gegen sichjs unternehmen lassen würden, elnäMr achten müßten. Der EnthMmgsfeier folgte am Freitag Abend ein Banket,» auf welchem der Minister des Innern Waldeck-Rousseau übermalst das Wort ergriff und ausführte, das republikanische Regime folge den 8H»g unbegrenzter Entwickelung,^ Das Land verlasse sich auf sich selbst und sei bei den jüngsten Ereignissen ruhig, ja sogar gleichgültig ge wesen. Im Uebrigen wisse er nicht, wie die Successionsfrage, die eine offene und nicht ohne Gefahr sei, anders gelöst werden könne, als durch eine Verweisung aus dem französischen Staatsgebiete. Der Minister trank schließlich auf die Presse, die wohl verstehe, daß er die Freiheit seiner Aeußerung hierüber aus Rücksicht auf sich selbst und andere eingeschränkt habe. Spanien. König Alfonso ist auf seiner Reise nach Oester reich und Deutschland am Mittwoch in Paris eingetroffen. Hier empfing er am nächsten Tag Vormittags den Grafen von Paris uud dessen Sohn und am Nachmittag den Minister des Auswärtigen, Chqllemel Lacour. Daß der spanische Herrscher den Besuch des nun mehrigen französischen Thronprätendenten empfangen hat, dürfte ledig lich auf die Wahrung einer Etikette-Frage zurückzuführen sein. Während man aus Paris die Ankunft Königs Alfonso meldet, wird gleichzeitig aus Venedig berichtet, daß hier der spanische Thronprätendent Don Carlos eingetroffen ist. Von Venedig aus hat Don Carlos ein Schreiben an Nocedal, den Führer der spanischen Legitimisten, ge richtet, in welchem er erklärt, Spanien gehöre ihm und werde ihm stets gehören. Es dürfte aber noch mancher Tropfen den Ebro hin unterfließen, ehe diese Worte eine mehr als Platonische Bedeutung gewinnen. Bulgarien. Die bulgarischen Schwierigkeiten haben plötzlich den Anlauf zu einer friedlichen Lösung genommen. Wie man auS Sofia meldet, ist jetzt eine Verständigung zwischen dem Fürsten Alexander und dem russischen Agenten Jonin erzielt worden, so daß die befürchteten Schwierigkeiten vorläufig beseitigt sind. Die russischen Generale Kaulbars und Skobeleff bleiben bis zur Ausarbeitung der neuen Verfassung im Amte. Trotzdem dürste aber hiermit die Be wegung im bulgarischen Volke gegen die russische Partei am Hofe von Sofia noch keineswegs ihren Abschluß gefunden haben, vielmehr wird erst die vollständige Entfernung der jetzt tonangebende» russischen Generale den Wirren in Bulgarien ein Äide bereiten. 2 Türkei. Fürst Nikita von Montenegro hat in Con- stantinopel vollkommen Erfolg gehabt. Die montenegrinisch-türkische Grenzfrage ist durchaus den Wünschen Montenegros gemäß geregelt worden uud wird sich die neue Linie nunmehr von Gradisca bis an die bosnische Grenze hinziehen. Auch soll Fürst Nikita die günstige Gelegenheit benutzt haben, um den Sultan zu bestimmen, nach Ablauf der Amtszeit Aleko Pascha's, des Gouverneurs von Ost-Rumelien, den Schwiegersohn des montenegrinischen Herrschers, den Prinzen Peter Karageorgewitsch, zum Nachfolger Aleko Pascha's zu ernennen. Nachrichten aus Chemnitz und Umgegend. — Der für den II. Wahlkreis unserer Stadt aufgestellte Can- ditat, der bisherige Landtagsabgeordnete Herr Kaufmann Carl Roth in Dresden, ist als früherer Mitbürger unserer Stadt der Wähler schaft auf's Beste bekannt, und seine Candidatur findet nicht allein bei seinen Parteigenoffen, sondern auch in solchen Kreisen, welche seiner politischen Richtung nicht direct angehören, wirksamste Unter* stützung, wie aus den Unterschriften des betreffenden Wahlaufrufs zu ersehen ist. Wir verweisen auf den im Jnseratentheil unseres An zeigers enthaltenen Abdruck desselben. — Im Thaliatheater findet heute die letzte Sonntagsvor stellung in dieser Saison statt, da, wie verlautet, die letztere mit Freitag den iq. d. schließt. — Verunglückt. In Zwickau verunglückte am Mittwoch der Schmiedegeselle Karl Wilhelm Winkler von hier beim Beschlagen eines Trinkspruch aus das deutsche Heer. In Nr. 38 vom Mittwoch, den 5. d. veröffentlichten wir einen beim Sedanfest-Commers des Vereins der Liberalen ausgebrachten Trinkspruch des Herrn EmilWalther hier auf den „freien deutschen Geist". In der gleichen Absicht, welche uns zum Abdrucke jener trefflichen Dichtung bewog, bieten wir unseren Lesern heute einen weiteren, bei derselben Gelegenheit ausgebrachten Trinkspruch, welcher uns hierzu von seinem Verfasser, Herrn vr. Ohorn hier freundlichst überlaffen wurde. Wenn die Dichtung des Herrn Walther durch ihre schwungvolle Sprache weiteres Bekanntwerden verdiente, so darf die jenige des Herrn Ilr. Ohorn den gleichen Anspruch erheben durch die in schlichten, kernigen Worten zum Ausdruck gebrachte warme Vater landsliebe und das Vertrauen auf den, unserem Reiche den Frieden verbürgenden starken und treuen Geist unseres Heeres. Der Trink spruch lautet: Ja, Tage giebt's, die niemals fallen In des Bergessens dunkle Nacht, Und Thaten giebt's, die nie verhallen, Die mit bewältigender Macht Die spätsten Enkel noch gemahnen Kraft und Tüchtigkeit ' An Kraft und Tüchtigkeit der Ahnen. Seht', dreizehn Jahre sind vergangen. Seit Frankreichs Kaiser uns erlag Und immer noch mit festlichem Prange» Begehret Deutschland den Sedantag; Es läutet die Blocken, läßt Fahnen wallen Und denkt seiner Tobten, die gefallen. Ihr deutschen Söhne, nimmer vergessen Ruht einsam Ihr im fremden Sand, Noch ferne Geschlechter werden ermesse», Was Ihr geopfert dem Vaterland Im Heldengrab mögt ruhig Ihr schlafen, Euer Geist lebt fort in dem „Volk in Waffen ' Der starke Geist der deutschen Heere, Der Hort und die Säule unsrer Macht, Dem Feind zum Trutz, dem Reich zur Ehre Hält treulich er die Waffenwacht: In seiner Stärke ist uns beschicken Die Bürgschaft für de- Reiches Frieden. Der treue Geist der deutschen Heere, Das heil'ge Erbgut alter Zeit, Des deutschen Volkes beste Wehre, Durch das eS in Noth und Tod gefeit; So lange deutsche Treue wird stehn, Sind wir bewahrt vor'm Untergehn! Pferde», indem er von diesem so unglücklich vor die Brust geschlagen wurde, daß er mehrere Rippenbrüche erlitt und im Stadtkrankenhause untergebracht werden mußte. —* Einem an der Sonnenstraße hier wohnhaften Fleischermeister war schon zu wiederholten Malen Fleisch aus seinem Geschäftslocal gestohlen worden; so auch vor einigen Tagen 5 Kilo Rindfleisch im Werth von 6 M. 50 Pf. Der Verdacht lenkte sich im letztem Falle auf eine Frau, die dicht am Hackstock, worauf das Fleisch gelegen, gestanden hatte. Gestem Vormittag erschien diese Frau wieder, um etwas zu kaufen und stellte sich auch dicht am Hackstock wieder auf. Die Geschästsinhaberin paßte diesmal genau auf und bemerkte, daß die Verdächtige in der That ein Stück Fleisch in ihrem Korbe ver schwinden ließ. Als sie der Diebin nun beim Verlassen deS Ladens das gestohlene Fleisch wieder abnehmcn wollte, ließ dieselbe den Korb im Stich und suchte zu entlaufen, wurde aber von der Bestohlenen eingeholt und festgehalten. Es ergab sich, daß eS eine an der Färber straße wohnhafte Ehefrau war. Dieselbe war geständig die Diebereien ausgeführt zu haben. —* Eine Arbeiterin aus Reichenbrand, die vor einigen Tagen mit einer größeren Partie baumwollner Strümpfe nach ChLtnnitz gekommen war, um die Strümpfe abzuliefern, hatte sich mit ihrer Waare Nachmittag» 2 Uhr auf eine am Ziegelsteig befindliche Promenadenbank gesetzt. Bald hatte sich ein anderes Frauenzimmer zu ihr gesellt, eine Unterhaltung angeknüpft und sie veranlaßt ihr ein Paar Strümpfe zu verkaufen. Die Arbeiterin wurde von der Unbe kannten hierauf mit nach einem Hause gelockt, worin die Letztere mit den Strümpfen auf Nimmerwiedersehen verschwand. Auf hierauf er stattete Anzeige ist es der Polizei gelungen, die Diebin in einer ledigen Frauensperson hier zu ermitteln. Dieselbe war geständig, die Strümpfe sich rechtswidrig angeeignet und an eine hiesige Trödlerin verkauft zu haben. — Unter dem Viehbestände des Gutsbesitzers C. G. Kirchhof in Röhrsdorf ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Die hiesige Amtshauptmannschaft bringt dies gesetzlicher Vorschrift gemäß zu öffentlicher Kenntniß. SächstfcheS. — Unsere Nachbarsladt Fraukenbrrg hat in letzterer Zeit viel Glück gehabt in Zuwendung von Legaten. Indem wir hierbei an das Pfitze'sche Legat erinnern, hat jetzt auch das am 25. Juni d. I. dort verstorbene Fräulein Jda v. Sandersleben der Stadtgemeinde Frankenberg 900o M. zum Bau eines neuen Krankenhauses und 3000 M. mit der Bestimmung testamentarisch vermacht, daß die Zinsen davon alljährlich im November zum Ankauf von Holz und Kohlen für Arme verwendet werden sollen. — Nochmals der neue Schlachthof in Frankenberg. Das Frankenberger Stadtverordneten-Collegium hat in seiner letzten Sitzung das vom Rathe vorgelegte Ortsstatut über Einführung des Schlacht zwanges und des Schlachtvieh- und Fleischbeschauzwanges mit einigen das Hausschlachten von Schweinen seiten einzelner Familien erleichtern den Anträgen angenomnicn hat. — Festgenommener Betrüger. Auf dem Bahnhofe zu Annaberg wurde am Donnerstag auf Requisition der Kgl. Staats anwaltschaft Chemnitz ein israelitischer Kaufmann aus Warschau fest- genommen. Wie man vernimmt, soll sich der Festgenommene eines Betrugs schuldig gemacht haben. — Der Bau des Bezirks-Arbeits und Armenhauses in Annaberg, mit welchem vor 11 Wochen begonnen wurde, ist soweit vorgeschritten, daß bereits mit der Auf richtung des Dachstuhles begonnen werden konnte. Bis Mitte Oktober wird der Bau unter Dach und Fach gebracht sein; bezogen wird die Anstalt alsdann etwa im August des nächsten Jahres werden können. — Bahnhofsrestaurant zu verpachten. Die Bahnhofs restauration zu Glauchau wird vom 1. Januar 1884 auf 0 Jahre pachtfrei. Pachtgebote müssen bis 20. d. M. portofrei bei der Königl. Generaldirection der sächsischen Staatsbahnen eingesendet werden. — Leipzig. Die in der bevorstehenden Michaelismeffe in den Räumen der Leipziger Börsenhalle abzuhaltende Garnbörse wird Freitag, 21. Sepember er., ihren Anfang nehmen. — Eibeilstock. Am Dienstag Abend zwischen 6 und 7 Uhr wurde der Handelsmann Johann Wilhelm Seybold von hier in der Mulde unweit des Bahnhofes Eibenstock todt aufgefunden. Der Leich nam wurde in die Leichenhalle nach dem Gottesacker geschafft. Ob hier ein Unglücksfall oder Selbstmord vorliegt, läßt sich zur Zeit nicht sagen, da der Verstorbene sich vom hiesigen Bahnhofe entfernt hat unter dem Vorgeben, sich baden zu wollen, und auf dem Wege »ach dem Badeplatz in der Mulde gesehen worden sein soll. Außer dem hat man auch die Leiche Seybold's ganz entkleidet aufgefunden. — Verbindung der Volkskindergärten mit Bezirks schulen. Vom Stadtgemeinderathe zu Platte» i. V. sind einstimmig ein Anbau an die erste Bezirksschule, welcher gleichzeitig für einen Volkskindergatten benutzt werden soll, vorbehältlich der Art der dem Volkskindergarten zu gebenden Einrichtung, und die auf 50,000 M. veranschlagten Baukosten genehmigt worden. Die Stadt Plauen, von welcher, bekanntlich durch Oberbürgermeister Kuntze, die Idee der Ver bindung der Bezirksschulen mit de» Volkskindergärten ausgegangen ist, wird demnach auch das Erstlingswerk dieser Idee entsprechend erhalten. — Verhungert. In Platte» ist ein Jahr, altes Kind unter Umständen verschieden, die darauf deuten, daß dasselbe am Hunger tode gestorben ist. Das Kind ist dermaßen abtzemagert, daß die Haut kaum zureicht, die dünnen Rippchen zu bedecken. Durch die ärztliche Untersuchung dürfte Näheres festgestellt werden. — Diebeshumor. In Hennersdorf bei Fraasnstein stiegen in einer Nacht der vorigen Woche Diebe zum offenstehenden Schul stubenfenster ein. Da sie aber die Thür verschlossen fanden, schriebe» sie an die Wandtafel: „Ihr Kinder, seid gehorsam Eurem Lehrer. Wir sind zum Fenster hereingx,krochen, konnten aber nicht weiter. Diebe." — Dopsiel-Selbstmord. Aus Oppvch (Lausitz) wird ge schrieben : Am Dienstag' Abend kam ein Sergeant des Bautzrner Regiments mit einer gut gekleideten jungen Dame in ein hiesiges Gasthaus und erbat sich für 2 Personen, da er seine Begleiterin als Gattin angab, ein Nachtquartier. Beide begaben sich, Müdigkeit vor schützend, bald zur Ruhe; — am Mittwoch fand man sie als Leiche» durch Schwefelsäure vergiftet auf. Wie man hört, hatten sie, au» Verzweiflung darüber, daß dem Sergeanten von den Seinigen da» Jahwort versagt worden war und zwar allein wegen Mittellosigkeit des Mädchens, in dem man die neunzehnjährige Tochter eines Ein wohners in Oppach erkannte, den Tod gesucht. Wohl schlägt ein schüchternes Säbelrasseln Von jenseit des Rheines an unser Ohr, Doch was auch fanatische Federn faseln, Aus der Scheide wagt sich das Schwert nicht vor: Aus deutschen Stirnen glühn noch die Narben, Die hundert Siege ihnen erwarben. Noch steht unser Heer im Siegcrstolze Und freudig blicken wir nach ihm hin, Es ist aus altgermanischem Holze Von starker Faust und zähem Sinn; An der Spitze ragt noch) der schweigende Denker, Der große Moltke als Schlachtenlenker. Es mögen die Revanchekranken Am Seinestrand sich heiser schrei'n, Gestützt aus Deutschlands Schild, den blanken, Steht fest und treu die Wacht am Rhein: Und wollten sie es dennoch wagen, Das deutsche Heer weiß noch zu schlagen! ES schützet uns des Reiches Marken, Auf daß in Frieden wir das HauS Des neuen deutschen Reichs, des starken, Getreulich baun im Innern aus, Auf daß wir Recht und Wohlstand schaffen Dem vielgeprüften „Volk in Waffen!" Auf daß mit der Vaterlandsliebe Flammen Wir niederwersen den innern Feind Und nach Canossa den Weg verrammen, Den Mancher schon geebnet meint, Auf daß wir mit den Schwarzen und Rothm Die Fehde beenden, die sie uns boten. Du deutsches Heer, behüte den Frieden, Daß Segen uns werde und Gedeih», Doch ist s vom Schicksal ander's beschieden, Dann schlage mit Sedan-Waffen drein! Mit solchem Wunsch laßt das Glas uns heben: Das wackere deutsche Heer soll leben! ZUM 34. allerletzten Mate. ErianerilngSblatt an die letzte Aufführung dcS „Brttelstudent." Von Alfred Krohnegk. Zum 34. Male! Uns ist Manches schon passirt, aber so etwas noch nicht! Jedoch wie bald wird es, trotzdem sich jetzt Alles millöckert, heißen: „Schwamm drüber!" Ehe es aber so weit ist, soll, da eS heute in Chemnitz vielleicht wirklich das allerletzte Mal von Thaliens kunstgewcihter Stätte zu uns herniederschallt, noch ein mal das „Schwamm drüber" in allen seinen Variationen, Parodie« und Travestien hingestellt werden, damit wir es behalten als ein Andenken an schöne Stunden voll Humors und reizender Melodien, Gerichtshalle. — tr. Strafkammer IV. vom 7. Septbr. Der Kaufmann Ernst Otto Stoll aus Hohenstein stand am 21. Febr. d. I. vor dem Schöffen gerichte zu Chemnitz unter der Anklage, in der Nacht vom S. zum 6. Sep tember v. I. in Mittelbach 8 Stück Latten von einem Stacket abgebrochen und dadurch groben Unfug verübt zu haben. Er wurde dessen für schuldig erachtet und zu 20 Mk. Geldstrafe verurtheilt. Hiergegen legte er Berufung ein und die Strafkammer IV. des hiesigen Landgerichts sprach in der Sitzung vom 13. April d. I. den Angeklagten frei. Hiergegen legte die kgl. Staatsanwaltschaft Revision ein und daraufhin hob das Oberlandsgericht das Urtheil der Straskammer IV. vom 13. April d. I. auf, die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung in die erste Instanz zurück verweisend. Heute wurde die Berufung des Angeklagte» verworfen. Der Tischler Carl Bruno Kunze in Chemnitz hatte sich contractlich verpflichtet, für die Chemnitzer Filiale des Zuckerwaarenfabrikanten Johann Scholz in Laubegast eine Tischlerarbeit bis zum 10. Mai d I. zu liefern- Kunze stellte die Arbeit fertig, er konnte dieselbe aber nicht zur bestimmte» Zeit los werden, da Scholz in Differenzen mit seinem hiesigen Vertreter ge- rathen war. Dies veranlaßte Kunze, den Fabrikant Scholz telegraphisch zur Abnahme der bestellten Tischlerarbeit auszufordern und an ihn kurz daraus eine Corrcspondcnzkarte zu schreiben, in welcher gesagt war, daß er (Kunze) seinen Verpflichtungen nunmehr nachgekomiuen sei, Scholz dies aber noch nicht gethan habe ». s. w Scholz erblickte hierin eine Beleidigung, weshalb er Kunze verklagte. Das Schöffengericht zu Chemnitz sprach ledoch den Privatangeklagten frei. Hiergegen wendete Scholz als Privatkläger Be rufung ein, die aber in der heutigen Sitzung von der Straskammer ver worfen wurde. Der Spediteur Friedrich Hermann Vogel aus Buchholz ist von dem Kohlenhändler Otto daselbst wegen verschiedener Beleidigungen verklagt worden Das Schöffengericht z» Annaberg verurtheilte aber den Privat angeklagten nur wegen einer Beleidigung zu 30 Mk. Geldstrafe, die andere Beleidigung als verjährt erachtend und dem Privatllägcr einen Theil der Prozeßkosten auferlegend. Hiergegen legte Otto Berufung ein, die aber heute verworfen wurde, indem der Gerichtshof den Ausführungen der erste» Instanz allenthalben bsipflichtete. Strafkammer III vom 8. September. Der Handelsmann Richard Oskar Hühnlein aus Kleinwaltersdors (31 Jahre alt) stand unter der Anklage der versuchten Erpressung. Die Schwiegermutter Hähnlein's ist Gutsbesitzerin. Sie vertauschte im verflossenen Frühjahre ihr in Dittersbach gelegenes Gut auf ein solches in Niederlichtenau und bei der Uebergabe des Gutes mit Inventar hat sie nicht allenthalben diejenige Solidität beobachtet, welche sie hätte bewahren müssen, wenn sie nicht in den Verdacht gerathen wollte, dem neuen Besitzer Sachen entzogen zu haben. Dies wußte der An geklagte und deshalb drohte er seiner Schwiegermutter, die Sache zur gericht lichen Anzeige bringen zu wollen, wenn sie seiner Ehefrau nicht 3000 M. auf das Gut in Niederlichtenau hypothekarisch eintragen lassen werde Die Sache kam zur Anzeige und Hühnlein wurde wegen versuchter Erpressung unter Anklage gestellt. Er stellte in Abrede, in widerrechtlichcrWeise gehandelt zu haben. Seine Schwiegermutter habe ihm versprochen, seiner Ehefrau 3000 Mk. auf ihr Gut eintragen zu lassen und die Hypothek sei auch bereits mehrere Wochen vor dem Vorfall angelobt worden, bei dem er die Drohung gegen seine Schwiegermutter bemerkt haben soll; nur habe dazu noch die ehemänn liche Genehmigung gefehlt Diese Behauptung des Angeklagten machte eine Vertagung der Verhandlung vom 6. d. M auf heute nöthlg, da die betr. Grundbuchsacten hcrbcigczogen werden mußten. Aus denselben ergab sich nun die Wahrheit der Angabe des Angeklagten und deshalb erfolgte heute dessen Freisprechung. die der, sonst ach so arme, Bettclstudent seinen Lauschern und Bewunderern mit so übervollen Händen hinstreute, und sie in eine schwärmerische Freudentrunkenheit versetzte, die unser Freund „Gou verneur" von Zeit zu Zeit mit einem kräftigen „Schwamm drüber" abtuschte. Wie oft hörten wir es und wie viele wünschten wohl seine drastischen Verse zu besitzen? Diesem einfachen Wunsche komme ich mit diesem Erinnerungsblatt nach, damit die Darsteller des „Bettel studenten" noch recht lange im Sinne der dankbaren Chemnitzer bleiben möchten! „Schwamm drüber!" ES fehlt deni Frauenzimmer Der Sinn für's Höh're immer. Ich Hab' doch zwanzig Orden; Bin Gouverneur geworden; Respekt vor meinem Namen! Doch leider ist den Damen Der jüngste Lieutenant lieber! Schwamm drüber! Verschleiert traf ich Eine Im Patt beim Mondenscheine; Ich sprach zu ihr voll Feuer: „Ach, lüfte beinen Schleier!" Sie that S mit süßem Schauern, Da sah ich mit Bedauern, Daß ihre Zeit vorüber! Schwamm drüber! Geht man allhier spazieren, Um sich zu amüsiren, Fliegt überall ganz munter Biel Ruß aus uns herunter. ' Die schwarze Kohlenmasse Macht schwarz uns Stirn und Nase. Kommst du nach Haus, mein Lieber,. Dann „Schwamm drüber!" Der Wallgraben ward geräumet Da war ich schön geleimet! Ich wollt' dort promeniren, Doch könnt' ich's nicht vollführen. Wohin ich sah und blickte, Mein Auge suchend schickte, Den ganzen Weg herüber Lag „Schlamm drüber!" Hcro und Leander, Die liebten sich einander; Doch könnt' es nur gcschch'n Zur Nachtzeit sich zu seh'n. Sic stellte eine Leuchte An'S Meer, an's stille, feuchte. Und wie kam er hinüber? Er „schwamm 'nüber!"
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