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DAPIER-VERARBEITUNG BUCHG E WERBE ES3E) Höchstpreise für Petroleum und die Verteilung der Petroleumbestände Der Deutsche Reichsanzeiger veröffentlichte am 10. Juli folgende Bekanntmachung: Vom 8. Juli 1915 Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen: § 1 Der Preis für je 100 kg Reingewicht Petroleum darf bei Ver käufen von 100 kg und mehr 30 M. nicht übersteigen. Der Preis gilt für Lieferung von einem deutschen Lager oder von der deutschen Grenze ab. Uebernimmt der Verkäufer das Zu rollen nach dem Lager des Käufers oder die Versendung nach einem anderen Orte, so kann er nur seine baren Auslagen und bei Ver wendung eigenen Fuhrwerks eine Vergütung bis zu 1 M. für je 100 kg Reingewicht berechnen. Bei Lieferung in Kesselwagen schließt der Höchstpreis die Ver gütung für die leihweise Ueberlassung des Kesselwagens ein; jedoch darf für einen die Zeit von 48 Stunden überschreitenden Aufenthalt des Wagens auf der Empfangsstation eine Vergütung berechnet werden. Ferner darf berechnet werden: 1. für die käufliche Ueberlassung von Holzfässern eine Ver gütung bis zu 4 M. 50 Pf. für je 100 kg Reingewicht des verkauften Petroleums; wird der Rückkauf des Fasses vereinbart, so darf der Rückkaufspreis nicht geringer sein als 2 M. 75 Pf. für je 100 kg Reingewicht; 2. für die leihweise Ueberlassung von Eisenfässern eine Ver gütung bis zu 1 M. für je 100 kg Reingewicht des ver kauften Petroleums und, wenn die Fässer nicht binnen zwei Monaten nach der Lieferung zurückgegeben werden, eine fernere Vergütung von 1 M. für jedes Faß und jeden weiteren angefangenen Monat; 3. für Füllen von Gebinden des Käufers eine Vergütung bis zu 50 Pf. für je 100 kg Reingewicht. § 2 Bei Verkäufen von weniger als 100 kg darf der Preis für je 1 Liter Petroleum bei Lieferung vom Lager oder Laden des Ver käufers ab 32 Pf., bei Lieferung in das Haus des Käufers 34 Pf. nicht übersteigen. Für die Ueberlassung und das Füllen von Behältnissen darf eine Vergütung nicht berechnet werden. § 3 Wird Petroleum im Großhandel (§ 1) nach Maß oder im Klein handel (§ 2) nach Gewicht verkauft, so wird für die Anwendung der §§ 1 und 2 eine Menge von 100 kg einer solchen von 125 Litern gleichgestellt. § 4 Die Höchstpreise (§§ 1, 2) gelten für Barzahlung bei Empfang. Wird der Kaufpreis gestundet, so dürfen bis zu 2 v. H. Jahres zinsen über Reichsbankdiskont zugeschlagen werden. § 5 Unter Petroleum werden die nach der Abdestillation von Naphta (Benzin) übergehenden flüssigen Erdölprodukte mit einem Flamm punkt von mindestens 21 Grad verstanden, die sich zu Leuchtzwecken d. h. zum Brennen auf handelsüblichen Petroleumlampen eignen. Die Vorschriften der Verordnung finden Anwendung auf Schwerbenzin (Terpentinölersatz) sowie auf Mischungen, die zu Leuchtzwecken (Abs. 1) geeignet sind, sofern in ihnen Petroleum enthalten ist. § 6 Unter Berücksichtigung der von den Landeszentralbehörden zu beschaffenden Bedarfsnachweisungen kann der Reichskanzler die Grundsätze bestimmen, nach denen die Verteilung der im Handel befindlichen und in den Handel kommenden Petroleumbestände an die Verbraucher zu erfolgen hat. Er erläßt die zur Durchführung der Verteilung erforderlichen Anordnungen. Wer den vom Reichskanzler getroffenen Anordnungen zuwider Petroleum abgibt, wird mit Geldstrafe bis zu 1500 M. oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. § 7 Der Reichskanzler kann Ausnahmen von den Vorschriften der Verordnung zulassen. § 8 Die §§ 2, 4, § 5 Abs. 2, § 6 des Gesetzes, betreffend Höchst preise, vom 4. August 1914 in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 516) in Verbindung mit der Bekanntmachung vom 21. Januar 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 25) finden entsprechende Anwendung. § 9 Diese Verordnung tritt am 15. Juli 1915, die Vorschrift des § 6 mit dem Tage der Verkündung der Verordnung in Kraft. Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens. Berlin, 8. Juli 1915 Der Stellvertreter des Reichskanzlers Delbrück Das graphische Gewerbe im Krieg Eigenbericht Während die den reinen Steindruck pflegenden Anstalten, das sind gleichzeitig diejenigen, die sonst fast ausschließlich für die Ausfuhr beschäftigt waren, durch den Krieg am meisten gelitten haben, ist es den übrigen gelungen, sich den Verhältnissen anzu passen und teilweise Erfolge zu erzielen, wie sie selbst in Friedens zeiten nicht zu verzeichnen waren. Zuerst hatten die großen Buchdruckereien durch das Erscheinen von Kriegswerken der mannigfaltigsten Art die Möglichkeit, ihre Betriebe besser und besser zu beschäftigen, so daß bald nicht nur Ueberstunden sondern sogar Nachtschichten eingerichtet werden mußten, und ein großer Teil der anfangs des Krieges stellungs losen Buchdrucker wieder eingestellt werden konnte. Dann er schienen die Bilder unserer Heerführer auf dem Markte und sind in riesigen Auflagen, teils in Farbendruck, teils in Tiefdruck, Stein zeichnung, Lichtdruck und Autotypie-Buchdruck hergestellt worden. Sodann erschienen sie in Gestalt von Postkarten. Wie sehr diese Gestalt des Kunstblattes im deutschen Vaterlande Fuß gefaßt hat, konnte niemals besser beobachtet werden als in der jetzigen Kriegszeit. Ernstes und Heiteres, Spott und Witz, vaterländische Sprüche und Bildschmuck, Darstellungen des Krieges in allen seinen Phasen vom ersten Tage der Mobilmachung an, kamen in der An sichtskarte zum Ausdruck und wurden reißend gekauft, nicht nur daheim, sondern noch mehr von unseren Feldgrauen draußen und den Verwundeten in den Lazaretten, die vielfach den Wunsch nach „Ansichtskarten“ äußerten. Nur so ist es erklärlich, daß — wie es heißt — von einer einzigen, den Kaiser darstellenden Karte 40 Millionen Stück verkauft wurden. Das künstlerisch Gute und Hervorragende wird allerdings der Menge nach von denjenigen Erzeugnissen übertroffen, die dem Geschmack der breiten Masse entsprechen. Die nach photographischen Vorlagen in Autotypie und Farbendruck hergestellten rührenden Abschieds- und Liebes szenen, die Darstellungen von Verwundeten u. dgl. sind nicht immer geschmackvoll, aber sie werden, wie man zu sagen pflegt, von der Menge „gefressen" und deshalb in Auflagen gedruckt, die eine Reihe von Anstalten voll beschäftigen. Insbesondere nach dem Osten ist darin ein großes Geschäft gemacht worden. Als die Grenzen in Russisch-Polen geöffnet waren, kam die Händler-Kundschaft aus Lodz und anderen Plätzen und kaufte gegen bare Kasse hier ein, wobei das Nachzählen des aus 1-Mark-Scheinen bestehenden Geldes oft länger dauerte als das Einpacken der Ware. In den letzten Tagen hat der Absatz leider, etwas nachgelassen, da die militärischen Befehlshaber die Händler nicht mehr an die Front lassen, wodurch der Handel auf die Städte beschränkt bleibt und große Einbuße erleidet. Außer den Druckereien der obigen Art sind auch die Licht druck-Anstalten, soweit sie noch genügend Arbeitskräfte erhalten können (woran es schon sehr mangelt) stark beschäftigt. Hier sind sowohl aus dem Osten als auch aus dem Westen mitunter sehr große Aufträge eingegangen. Nach dem Westen haben Verleger eigene Photographen mit Automobilen hinausgeschickt, um von den mehr oder weniger zerstörten und eroberten Ortschaften Aufnahmen machen zu lassen, während im Osten aus den von den Russen besetzt gewesenen Gebieten viele Aufträge eingegangen sind. Namentlich haben aber eine täglich sich mehrende Menge von Feldzugs teilnehmern, die dem graphischen Gewerbe nahe stehen, selbst