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APIER-UERARBEITUNG BU ch gewerbeWE Die dritte Kriegsanleihe Mehr noch als in den Tagen, da die beiden ersten Kriegs anleihen zur Zeichnung aufgelegt wurden, hat sich die Er kenntnis von der Stärke der deutschen Volks- und Wirtschafts- kraft vertieft. Glänzend hat die deutsche Volkswirtschaft über die Aushungerungspläne der Gegner triumphiert. Das Er scheinen der dritten Kriegsanleihe folgt dem Abschluß des ersten Kriegsjahres; und daß Deutschland sich einen ansehn lichen Gewinn auf neue Rechnung buchen konnte, wird sogar in Feindesland zugegeben. Die Feinde haben das Deutsche Reich wirtschaftlich abgeschlossen, haben ihm den Weg über das Meer gesperrt und glaubten, mit der Behinderung des deutschen Außenhandels ihren wirksamsten Trumpf ausgespielt zu haben. Weit gefehlt. Die Schaffenskraft des deutschen Wirtschaftskapitals wuchs unter dem Druck, der von außen gegen sie geübt wurde, und die Technik sorgte überall für Er satz. wo der Feind verwundbare Stellen, durch Entziehung der Rohstoffzufuhr, zu schaffen suchte. Eine Folge der ge sunden Anpassung unserer Wirtschaftsweise an die Lebens bedingungen des Krieges sind die glänzenden Ergebnisse der deutschen Kriegsanleihen. Keiner unserer Gegner kann sich eines auch nur annähernd ähnlichen Erfolges rühmen, wie ihn die deutsche Regierung erzielt hat. Und das ist zum Teil den Feinden zu danken, die das deutsche Geld zwangen, im Lande zu bleiben. Während England Hunderte von Millionen an Amerika zu zahlen hat, lebt das Deutsche Reich ausschließlich von den Erzeugnissen seines Bodens und seiner Fabriken. So blieb der Geldumlauf innerhalb der Landesgrenzen, und es war möglich, das eigene Vermögen durch den Verkauf fremd ländischer Wertpapiere ans Ausland flüssiger zu machen. Die Bedingungen für den Erfolg der dritten Kriegsanleihe sind sehr günstig. Die Industrie hat neue Bankguthaben an gesammelt; die Banken verfügen über große Summen von Spargeldern; bei den Sparkassen sind die Einlagen gewachsen und betragen fast 21 Milliarden Mark; und im Besitz des Publikums befinden' sich noch immer Hunderte von Millionen Mark in Gold. Die Hauptsache aber ist, daß das deutsche Volk die jünfprozentige Reichsanleiiie als sicherste und vorteilhafteste Kapitalsanlage ansieht, die ihm geboten werden kann. Darin unterscheidet sich die deutsche Auffassung von der unserer Gegner. Dort ein Opfer, das einen Riesenaufwand von Kunststücken erfordert, hier der zufriedene Erwerb eines ausgezeichneten Wertpapiers. Das deutsche Volk braucht kein Opfer zu bringen, um fünf prozentige Schuldverschreibungen des Reiches unter dem Nenn wert zu kaufen. Dieses Mal handelt es sich um eine einheitliche Ausgabe von Schuldverschreibungen. Die beiden ersten Anleihen stellten Schatzanweisungen und Schuldverschreibungen zur Wahl. Es hat sich aber für die Schatzanweisungen im ganzen nur um Bruchteile der Gesamtsumme (das erste Mal eine Milliarde; das zweite Mal 775 Millionen) gehandelt, da die Mehrzahl der Zeichner offenba.r größeren Vorteil in dem Papier mit längerer Geltungsdauer erblickt. Wenn man sichere fünf Prozent Zinsen bekommt, so ist es natürlich sehr erwünscht, sie möglichst lange zu haben. Für die Reichsfinanzverwaltung aber ist es wichtig, daß sie nicht durch bestimmte Rückzahlungsverpflichtungen zu nahe aufeinander folgenden Terminen zu sehr überlastet wird. Unter solchen Umständen ist der Verzicht auf Schatz anweisungen leicht zu erklären. Die fünfprozentigen Schuldverschreibungen sind seitens des Reichs bis zum 1. Oktober 1924 unkündbar, gewähren also 9 Jahre lang einen Zinsgenuß von 5 v. H. und außerdem einen sicheren Kapitalgewinn von 1 v. H., falls nach Ablauf der Un kündbarkeit der Zinsfuß herabgesetzt werden soll, da in diesem Falle die Anleihestücke auf Verlangen zum Kurs von 100 v. H. •eingelöst werden. Daß die Reichsfinanzverwaltung sich ent schließen durfte, den Ausgabepreis der dritten Kriegsanleihe zu erhöhen, nachdem schon die zweite Anleihe, zu 98% v. H., um 1 v. H. teurer war als die erste, ist der beste Beweis für die gute Aufnahme der fünfprozentigen Schuldverschreibungen. Trotzdem ist auch der Preis der dritten Kriegsanleihe für den Zeichner ungemein günstig. Ein Vergleich der gegenwärtigen Preise der vierprozentigen Papiere mit dem Zeichnungspreis der fünfprozentigen Reichsanleihe rechtfertigt die Erwartung, daß ein Ausgleich in der Verzinsung beider Anleihegruppen durch Steigerung des Kurses der Fünfprozentigen herbeigeführt wird. Man könnte einwenden, die Größe des Gesamtbetrages der Kriegsanleihen werde eine Erhöhung des Kurses hindern, da jeder Nachfrage immer reichliches Material zur Verfügung stehen würde. Dieser Einwand ist leicht zu widerlegen: wer fünfprozentige Reichsanleihe billig gekauft hat, hält sie fest. Denn niemand weiß, wie nach dem Kriege die Rente des gewerb lichen Kapitals sein wird. Nur die 5 v. H. der Reichsanleihe sind sicher; alles andere ist zweifelhaft. Die Unkündbarkeit bis 1924 ist nicht etwa gleichbedeutend mit Unverkäuflichkeit. Durch die Frist ist nur das Reich, nicht auch der Besitzer der Schuldverschreibungen gebunden. Diesem steht es, nachdem er die Anleihetitel erworben und bezahlt hat, frei, über sie jederzeit wie über ein beliebiges anderes Wertpapier zu verfügen; er kann sie verkaufen oder verpfänden. Diese Gewißheit nimmt dem Entschluß zur Zeichnung der An leihe jede Schwierigkeit. Niemand braucht sich, wenn er Be denken hat, er könne das Geld zu anderen Zwecken nötig haben, auf lange Zeit von seinen Barmitteln zu trennen. Aber solche Erwägungen sollten gar nicht in Frage kommen. Das deutsche Volk ist reich genug, um sich eine fünfprozentige Reichsanleihe als dauernde Kapitalsanlage zulegen zu können. Eines solchen Besitzes entäußert man sich nicht vor der Zeit, sondern hält an ihm fest, so lange wie die Gunst der Umstände es gestattet. Die Regierung ist, um die Anleihe zu einem wahren Volksbesitz zu machen, in den Zahlungsbedingungen so liberal wie möglich. Die Termine erstrecken sich dieses Mal über einen Zeitraum von drei Monaten (vom 18. Oktober 1915 bis 22. Januar 1916). Die überraschend schnelle Abwicklung der zweiten Kriegsanleihe (schon am .ersten Einzahlungstermin waren statt 30 v. H. 67 v. H. bar erledigt) hat gezeigt, daß zu weite Dehnung der Zahlfristen (sie überspannten vier Monate) nicht nötig ist. Mit drei Monaten kommt man reichlich aus, besonders wenn zwischen dem letzten Zeichnungs- und dem ersten Zahltag ein Raum von fast einem . Monat liegt. Besonderes Entgegenkommen wird diesmal den kleinen Sparern erzeigt, damit auch sie an dem Nutzen einer so außergewöhnlich günstigen Rente teil nehmen können. Niemand soll sagen dürfen, er habe die An leihe nicht zeichnen können, weil die Bedingungen seinen Be sitzverhältnissen nicht entsprachen. Der kleinste Anteil beträgt 100 M.; und die Mehrheit der Bevölkerung wird dieses kleine Kapital aufbringen können. Aber selbst die 100 M. brauchen nicht gleich gezahlt zu werden. Während die beiden ersten Anleihen die Bedingung enthielten, daß Zeichnungen bis zu 1000 M. am ersten Termin voll bezahlt werden mußten, braucht diesmal die Zahlung erst geleistet zu werden, wenn die Summe der fällig gewordenen Teilbeträge wenigstens 100 M. ergibt. Wer nur 100 M. zeichnen kann, braucht also erst am letzten Zahlungstage, dem 22. Januar 1916, zu zahlen. Wer 400 M. übernimmt, hat an jedem der vier Zahltage 100 M. zu zahlen. Für die Zeichnungen sind 19 Tage vorgesehen. Das entspricht der Anordnung, die bei der zweiten Anleihe gegolten hat. Diese Zeit reicht aus, um einen Entschluß zu fassen, der umso leichter zu bewerkstelligen ist, als zunächst kein bares Geld gebraucht wird. Man kann also ganz ruhig auf die Zinsen- und Miet eingänge, auf die Gehälter und sonstigen Einnahmen, die erst am 1. Oktober fällig werden, warten, wie es denn überhaupt nicht nötig ist, daß einer das Geld für den Erwerb der Reichsanleihe zu Haus liegen hat, denn die Sparkassen und Banken besorgen die Ueberweisung der von ihrer Kundschaft bei ihnen gezeichneten Anleihebeträge aus den Guthaben des einzelnen Auftraggebers.