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Nr. 73/1915 PAPIER-ZEITUN G 1423 Zur dritten Kriegsanleihe. Die erste Kriegsanleihe hat nicht weniger erbracht als 4% Milliarden. Die zweite mehr als das Doppelte. Welcher Erfolg wird der dritten beschieden sein? In Schätzungen der Summen gehen die Meinungen der Sachverständigen auseinander, aber darin stimmen alle überein, dass die Voraussetzungen für gutes Gelingen auch diesmal geveben sind. 1. An verfügbaren Geldern und Kapitalien fehlt es nicht. Deutschland lebt nicht mehr in der Knappheit früherer Zeiten, 21 Milliarden betragen die Einlagen bei den Sparkassen, über 15 Milliarden liegen bei Banken und Genossenschaften. Auch jetzt, nachdem Millionen von Zeichnern zweimal schon ihr Erspartes dem Vaterlande dargebracht haben, ist Geld in Fülle vorhanden. Freilich, die 13—14 Milliarden der ersten Anleihen spielen zu grossem Teile wieder mit. Fast restlos sind sie in Deutschland verblieben. England und Frankreich zahlen, was sie aus Anleihen erlösen, an Amerika — Russland an Amerika und Japan, Deutschland aber zahlt an tausende und abertausende einheimischer Fabriken, einheimischer Lieferanten und Arbeiter. Die Hände wechseln, aber es sind deutsche Hände, die die Milliarden erhalten haben und willig sie.den neuen Anleihen dienstbar machen. Ein Kreislauf des Geldes! Und sodann: grosse Ausgaben fallen fort im Kriege — für Ausdehnung der Industrie, Neueinrichtungen und dergl. Die sonst hierfür verwendeten Summen suchen nach Anlage. Nicht minder auch Millionenerlöse aus dem Ver kauf der Bestände und Läger. Der Ankauf der Rohstoffe ruht. So fliessen auch diese Millionen nur in bescheidenstem Maße dem Auslande zu. 2. Dank der Fülle des Geldes ist der Geldstand überaus leicht. Er ist leichter noch als im Frühjahr und viel leichter als im vorigen Herbste. Die Sparkassen gewähren an Zinsen etwa 312 %. Die Ein zahlungen auf die zweite Anleihe haben sie hinter sich und inzwischen beträchtliche Spargelder neu vereinnahmen können. Die Zinsen für Einlagen bei den Banken sind noch geringer. Für tägliches Geld 1% %! Nur solche Zinsen können die Banken vergüten, denn ih;c Kassen sind überfüllt. Die Einleger empfanden dies peinlich, der Anleihe aber kommt es zugute. 3. Die Käufer der früheren Anleihen haben ein gutes Geschäft gemacht.- Wer vom Deutschen Reiche 5 % erhält und daneben schon im Kriege einen Kursgewinn zu verbuchen hat, darf zufrieden sein. Seit die bislang über Gebühr bevorzugten fremdländischen Renten schon hinsichtlich der Zinszahlung böse im Stich gelassen haben, sind die Staatsanleihen wieder in Gunst, wird namentlich die Kriegsanleihe geschätzt, die nicht im Stiche lässt und noch dazu,hohe Zinsen gewährt. 4. Man weiss es im Volke: der Krieg kostet Geld und doppelt Geld, wenn jetzt doppelt so viele Soldaten im Felde stehen. Man weiss aber auch: diese Vorsorge verbürgt uns den Sieg. Der deutsche Krieger, der bei Tannenberg den schweren Anfang mitgemacht, brennt darauf, jetzt auch bei dem Entscheidungs kampf mitzutun. So auch das deutsche Volk. Es hat in bangeren Tagen die Kriegskassen gefüllt. Es wird auch jetzt — und jetzt erst recht dabei sein, wo die Waffenerfolge unserer Söhne — um bescheiden zu sprechen — die Zuversicht des Gelingens gefestigt haben. Zu den Anleihebedingungen: Der 5 prozentige Zinsfuss ist beibehalten. Er wird auch diesmal starken Anreiz ausüben. Deutschland zahlte im Frieden 4 Prozent. Es hat für die Kriegs anleihen diesen Satz um Ein Prozent erhöht. Der Versuch Englands, gleich uns mit solcher Erhöhung auszukommen, ist missglückt. Es musste zuletzt seinen Friedenssatz um volle 2 Prozent erhöhen: von 2% auf 4%. Der Preis der 5 prozentigen Anleihe beträgt 99, Schuldbucheintragungen kosten nur 98,80. Der Ausgabekurs der ersten Anleihe stellte sich auf 97,50 %, der der zweiten auf 98,50 %. Die Kurse beider Anleihen haben inzwischen eine so Wesentliche Erhöhung erfahren, daß der jetzt festgesetzte Kurs von 99 oder 98,80 als mässig bezeichnet werden muß. Uebrigens geniesst der Zeichner noch Zinsvorteil. Es werden ihm 5 % Stück zinsen vom Zahlungstage bis zum 1 April 1916, mit welchem Tage der Zinsenlauf der Anleihe beginnt, vorweg - vergütet. Vor dem Jahre 1924 ist die 5 prozentige Anleihe nicht kündbar. Die neunjährige Laufzeit dürfte für Kursgewinn erfreuliche Aussichten eröffnen. Diese Unkündbarkeit bedeutet aber nur, dass das Reich die Anleihe bis 1924 nicht kündigen und also auch den Zinsfuss nicht herabsetzen kann. Die Inhaber der Schuldverschreibungen können natürlich über diese wie über jedes andere Wertpapier (durch Verkauf, Verpfändung usw.) verfügen. Die Zeichner können die gezeichneten Beträge vom 30. September ab jederzeit voll bezahlen oder auch die bis zum Januar 1916 geräumig bemessenen Einzahlungstermine innehalten. Die frühere Bestimmung, wonach Zeichnungen bis 1000 Mark voll bezahlt werden mußten, ist im Interesse - der kleinen Zeichner fallen gelassen. Reichsschatzanweisungen gelangen nicht zur Verausgabung, für die Reichsanleihe aber ist ein Höchst betrag der Verausgabung nicht festgelegt. Es wird hierdurch auch diesmal der Uebelstand vermieden, dass Zeichner leer ausgehen oder sich mit ge ringerer Zuteilung zu begnügen haben. Die Zeichnungen können vom 4. September bis zum 22. September, mittags 1 Uhr, vorgenommen werden. Die Festsetzung einer mehrwöchigen Frist hat sich bewährt. Jedermann hat Zeit, sich Aufklärung zu ver schaffen und in Muße seine Zeichnung vorzubereiten. Es empfiehlt sich aber, die Zeichnung nicht bis zum letzten Tage aufzuschieben. Für Gelegenheit, die Zeichnungen anzubringen, ist wie beim letzten Male in ausgedehntestem Maße gesorgt. Äusser der Reichsbank, der .Königlichen Seehandlung, der Preussischen Centralgenossenschaftskasse, der König lichen Hauptbank in Nürnberg stehen alle Banken und Bankiers, alle Sparkassen und Lebensversicherungsgesell schaften, alle Kreditgenossenschaften, alle Postanstalten und in Preussen alle Königlichen Regierungs-Haupt- und Kreis kassen zur Verfügung. Wer Stücke von 1000 Mark und darüber zeichnet, erhält auf Antrag Zwischenscheine. Hiermit wird den Wünschen vieler Rechnung getragen. Technische Schwierigkeiten verbieten es, die Veraus gabung von Zwischenscheinen auch auf kleinere Zeichner auszudehnen. Zum Ausgleich sollen aber kleine Zeichner bei Ausgabe der Stücke vorweg befriedigt werden. Wenn hiernach hinsichtlich der Anleihebegebung im wesentlichen alles beim alten bleibt, so besteht die sichere Hoffnung, dass auch hinsichtlich der Freudigkeit und Begeisterung, mit der ganz Deutschland sich den früheren Anleihen zuwandte, alles beim alten bleiben wird. Wer für das Wohl des Vaterlandes sorgt, sorgt für die eigene Zukunft. In allen Fällen deckt sich der Dienst am Vaterland mit eigenem Vorteil. Hier aber macht er sich daneben noch durch hohe Zinsen ganz unmittelbar bezahlt. Darum: Wer zeichnen, kann, der zeichne! Grosse und Kleine! Und jeder so viel als möglich! Die wirtschaftliche Kraft unseres Volkes — dess sollen die Feinde inne werden — hält Stand wie die Kraft unserer Heere! Berlin, im September 1915. (89126