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DAPI ERVER ARBEI TUNG ■ BUCHGEWERBE Nr.a" Tarifamt für Deutschlands Chemigraphen und Kupferdrucker Berlin SIV 48, Friedrichstraße 239 Briefadresse: zu Händen des Geschäftsführers Herrn Rich. Köhler Bekanntmachungen Tarifausschuß betreffend Kreis 5: Gehilfenvertreter: Ernst Rott, Düsseldorf, Birkenstr. 87 Schiedsgericht betreffend Düsseldorf: Gehilfenvorsitzender: Franz Ellersick, Düsseldorf, Karolingerstraße 72. Berlin, 7. August 1915. Kommerzienrat A. Meisenbach Albert Hehr Prinzipalsvorsitzender Gehilfenvorsitzender Rich. Köhler, Geschäftsführer Berliner Typographische Gesellschaft Ständige Adresse! Berliner Buchgewerbesaal, Dessauer Str. 2 Vorsitzender! 0. Könitzer, Steglitz, Kassenführer in Vertretung! Arndtstr. 33, II Oeorg Erler, Berlin-Schöneberg, Königsweg 9, I. Die nächsten Leseabende sind am 17. und 31. August (Dienstage), abends von 8 Uhr ab im Berliner Buchgewerbesaal, Dessauer Str. 2III. Aus gestellt sind hier aus den nach Arbeitengruppen geordneten Mappen unserer Sammlungen je einige zu Vorlagenzwecken geeignete Akzidenzen. Die neuesten Fachzeitschriften liegen auf. und Gelegenheit für den Umtausch von Fachliteratur ist gegeben. Der Vorstand Preiserhöhung im Laufe des Schlusses Wir stellen gummierte Papiere her, und einer unserer Abnehmer hat davon im Herbst 1914 einen Posten bei uns zu einem Preise gekauft, der damals der Marktlage entsprechend, trotzdem aber sehr billig war. Das Papier haben wir seinerzeit in der Höhe des Abschlusses unserer Kundschaft beschafft, dagegen war es uns nicht möglich, die genügende Menge Klebstoff — Dextrin — sicherzu stellen, weil inzwischen für diese Ware bzw. die zu ihrer Herstellung nötige Kartoffelstärke die behördliche Beschlagnahme eingetreten war. Zunächst war es damals nicht möglich, Dextrin zu erhalten, und wenn auch inzwischen solcher wieder käuflich ist, so ist der Preis doch seitdem auf mehr als das Dreifache desjenigen gestiegen, der seinerzeit unserer Selbstkostenberechnung für das gummierte Papier zugrunde gelegt wurde. Wir haben unserem Abnehmer versichert, daß wir außerstande seien, das Papier unter den herrschen den Verhältnissen zum Abschlußpreise weiter zu liefern, da der Klebstoff inzwischen riesige Verteuerung erfahren habe, welche eine angemessene Preiserhöhung erforderlich mache. Das abge schlossene gummierte Papier ist eine der allerbilligsten Sorten, die hergestellt werden, holzhaltiger Stoff mit künstlichem Klebstoff, Verkaufspreis 10 M. für 1000 Bogen. Die Selbstkostenberechnung stellte sich auf 5 M. 25 Pf. für 1000 Bogen Rohpapier, 1 M. 97 Pf. Klebstoff, 2 M. 78 Pf. Arbeitslohn, allgemeine Geschäftsunkosten, Kassaskonto, Verpackungskosten und Gewinn. Also spielt der Preis des Klebstoffes eine ausschlaggebende Rolle. Klebstoff kostet heute mehr als das Dreifache, beinahe des Vierfache; rechnen wir den dreieinhalbfachen Betrag, so ergibt das 6 M. 90 Pf. statt obiger 1 M. 97 Pf., dazu kommen die Erhöhungen der Betriebskosten für Dampf, Schmieröl, Löhne usw., die sich für diesen Fall ziffern mäßig nicht feststellen lassen, aber mit 10 v. H. sicher nicht zu hoch gegriffen sind. Erhöhung der Selbstkosten um 5 M. für die 1000 Bogen ist nachweisbar vorhanden und tut die Unmöglichkeit, zu bisherigen Preisen zu liefern, genügend dar. Unser Abnehmer weigert sich indessen, diese Preiserhöhung zu bewilligen und ver langt Fortsetzung der Lieferungen zum alten Preise, mit der An drohung, daß, wenn wir ihn nicht bedienen, er sich auf unsere Rechnung weiter eindecken würde. Wir glauben aber Urteile oder maßgebende Auslassungen in dem Sinne gelesen zu haben, daß uns nicht zugemutet werden kann, bei der so beträchtlichen Steigerung eines Rohstoffes den früheren Preis einzuhalten, und daß der Kunde zu einer Mehrbewilligung verpflichtet ist. X. Wie in den Ausführungen des Rechtsanwalts Dr. Heiman in unserer Nr. 31, ferner wiederholt in den Kundgebungen des Kriegsausschusses für das deutsche Papierfach, die gleichfalls in unserm Blatte abgedruckt wurden, hervorgehoben ist, kann der Verkäufer, falls im Kaufvertrag keine Kriegsklausel ent halten ist, vom Vertrag nur zurücktreten, wenn ihm die Leistung unmöglich ist. Außerordentliche Erhöhung des Selbstkosten preises kann unter Umständen der Unmöglichkeit der Leistung gleichkommen. Die im vorliegenden Fall angegebene Preis erhöhung ist allerdings außerordentlich groß, deshalb erscheint es nicht ausgeschlossen, daß Fragesteller ein Urteil erwirken könnte, wonach er seiner Lieferpflicht nicht nachkommen muß. Aber abgesehen vom Rechtsstandpunkt sollte der Abnehmer dem Lieferer angesichts der geschilderten Schwierigkeiten ent gegenkommen. Stuttgarter Brief Nachdem nun ein Jahr des furchtbaren Ringens vorüber, ist es angebracht, auch die gewerbliche Seite unseres Lebens in diesem Kriegsjahr näher zu betrachten und namentlich die graphischen Berufe, soweit sie infolge ihrer Ausdehnung ins Gewicht fallen, wie dieses in unserer Stadt der Fall ist. Daß mit Beginn des so plötzlich ausgebrochenen Krieges manche Geschäfte ganz ins Stocken geraten würden, war vorauszusehen, doch trat bald eine geringe Besserung ein, als die Zuversicht auf Staat und Heer das Vertrauen zurück brachte und damit auch so viel Arbeit, daß nach Einberufung der Militärpflichtigen so nach und nach die arbeitslosen Buchdrucker wieder in Stellung treten konnten; wurde auch nicht überall voll gearbeitet, oder mußte abwechslungsweise gearbeitet werden, was auch jetzt noch ab und zu vorkommt, so war die Beschäftigung doch so, daß die Betreffenden vor der ärgsten Not geschützt waren, während die vollständig Arbeitslosen, soweit sie ihre Arbeitskraft nicht anderweitig verwerten konnten, monatelang einen Rückhalt an ihrer gewerkschaftlichen Organisation hatten. Seit Monaten sind nun aber bei dem gemeinsamen Arbeitsnachweis der Prinzipale und Gehilfen nur wenige Handsetzer und ebenso viele Schriftgießer als arbeitslos eingetragen, während. Drucker und Maschinenmeister gar nicht als arbeitslos gemeldet sind. Nun ist ja bei der Buchdruckerei zu bedenken, daß diese ihren Absatz nur im eigenen Lande hat und Ausfuhr —- von Büchern und Zeitschriften abgesehen — eigent lich nicht stattfindet. Die Buchdruckerei bietet daher einen guten Maßstab in außergewöhnlicher Zeit. Wenn nun auch die kauf männischen Drucksachen und sogenannten Reklamedrucke, wie man an den Anschlagsäulen und -tafeln bemerken kann, zurückgegangen sind und selbstverständlich auch der Bücherdruck, da den Buch händlern das Absatzgebiet geschmälert wurde, so bietet anderseits das Buchdruckgewerbe wenigstens in unserer Stadt noch vielen Per sonen Erwerb. Mit der Kriegsliteratur hat sich für einige Firmen eine neue Erwerbsquelle gefunden, und die Zeitungen in Stuttgart haben sich nach dem Kriege noch vermehrt. Trotzdem die Einnahmen für Anzeigen allerorts zum Teil bedeutend zurückgegangen sind, ver anstaltet das „Neue Tageblatt“ statt 7 Ausgaben wöchentlich deren 13, und in einer kleineren Druckerei wird auch noch wöchentlich zweimal als Organ der Radikalen eine kleinere Zeitung, betitelt „Sozialist“ hergestellt. Sehr beruhigend muß es für die Krieger gewesen sein, daß sowohl Prinzipale wie Gehilfen den Frauen und Kindern fortlaufende Unterstützungen zukommen lassen. Einige Ausstellungen bringen eine kleine Abwechslung, wenn auch nur eine mit dem Krieg unmittelbar zusammenhängt. Im Landesgewerbemuseum wurden Handfertigkeitsarbeiten unserer Ver wundeten seit Mitte Juli ausgestellt, darunter auch Buchbinder arbeiten. Das Einladungsplakat dazu ist 4 farbig gut ausgeführt. Zwei weitere kleinere Ausstellungen brachten graphische Arbeiten und volkstümliche Malerei von Hans Förster, Stuttgart. s—