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Nr. 60 29:9 DAPIER-VERARBEITUNG ■ Buchgewerbe Tarifamt für Deutschlands Chemigraphen und Kupferdrucker Berlin SIV 48, Friedrichstraße 239 Briefadresse: z. H. des Geschäftsführers Herrn Rich. Köhler Bekanntmachungen Tarifausschuß betreffend Kreis 1: Gehilfen-Vertreter: W. Nicolai, Berlin SIV 29, Mittenwalder Straße 46 a, 3. Arbeitsnachweis betreffend Düsseldorf: Verwalter: Leo Freier, Düsseldorf, Bilkerstr 24,1. Berlin, 24. Juli 1915. Kommerzienrat A. Meisenbach Albert Hehr Prinzipalsvorsitzender Gehilfenvorsitzender Rich. Köhler, Geschäftsführer Irrige Preisstellung Vgl. Nr. 57 S. 1137 Wenn ein Käufer nach dem Preis einer Ware fragt, so will er offenbar den billigsten Preis herauslocken. . Der Preis, den ein Sach- verständiger für angemessen erachtet, kann danach nicht in Frage kommen, denn dieser dürfte in den meisten Fällen gegenüber dem durch Umfrage erzielten billigsten Preis, namentlich bei vorherrschen dem Liefer-Angebot, sehr viel höher sein. Das ist umsomehr anzu nehmen, wenn der Sa hverständige, wie im vorliegenden Falle, selbst Berufsgenosse ist, und deshalb unter dem Einflüsse steht, sein Gewerbe zu schützen. Will man aber die allerdings wie gesucht anmutende Preisberechnung des Großbuchbinders ais so zweifellos hinnehmen, so interessierte doch dabei die Frage: Hat die Groß buchbinderei X dem Käufer ihren Irrtum eingestanden und hierbei auch auf den „auf sich genommenen Verlust“ hingewiesen, der ihr durch Berechnung von 500 Stück Decken mit nur 68 M. statt 113 M. 35 Pf. entstanden ist? Uebrigens ist eine Menge von 300 Stück keine übliche Preiseinheit, eher noch sind es 500 Stück. Da gegen bilden 100 Stück, namentlich aber 1000 Stück, eine sehr ge bräuchliche Grundlage für Preisabgaben. Besteller hat sicher den durch Umfrage herausgeholten Preis von 68 M. für das Tausend als im Rahmen des üblichen liegend und von seinem Käuferstand punkt aus auch als angemessen erachtet, denn er würde sonst wohl vorsichtigerweise seine Bestellung dem Sinne nach haben lauten lassen: „Ich bestelle 500 Stück Decken zum Preise von 68 M. für das Tausend." Die Frage, ob die Großbuchbinderei X daraufhin den Auftrag ohne weiteres ausgeführt oder beanstandet hätte, muß hier un besprochen gelassen werden, während der Großbuchbinder in diesem Falle vielleicht zu der Annahme gelangen, mag, daß die Großbuch binderei X zu dem Verlust von 45 M. 35 Pf. (113 M. 35 Pf. weniger 68 M.) weitere 34 M. geopfert hätte (?). B. Feuchtigkeit im Lichtdruck-Saal Schon seit Jahren haben wir während des Sommers bei Nieder schlägen mit nachher aufsteigenden Dünsten furchtbare Schwierig keiten beim Lichtdruck, da durch die Feuchtigkeit die Gelatine druckplatten „schwitzen“ und infolgedessen guter, sauberer Weiter druck nicht möglich ist. Viel trägt dazu bei, daß unser Lichtdruck raum ebenerdig und nicht unterkellert ist. Dafür laufen zwei große V entilatoren, die immer für frische Luft sorgen, und das Gebäude liegt auch so, daß die Sonne es erreicht. Außerdem sind die Ma schinen mit elektrischen Heizkörpern versehen. Wir haben schon vielerlei Versuche angestellt, z. B. Aufstellen von ungelöschtem Kalk, Chlorkalzium usw., damit diese Stoffe die Feuchtigkeit auf saugen. Aber all dieses hat nichts genützt. Im Druckraum ist ein F euchtigkeitsmesser angebracht, welcher bei trockenen Zeiten 65 bis 70°, nach Gewitterniederschlägen aber 90 — 95 ° zeigt. Durch welche Maßnahmen läßt sich dieser Uebelstand lindern oder beseitigen ? Sicher würde ja Besserung eintreten, falls der Betrieb im ersten Stockwerk liegen könnte, aber dies ist ausge schlossen, denn hierfür müßte ein Neubau errichtet werden. Auch die. Unterkellerung ist wegen der damit verknüpften Kosten und Aufenthalte unmöglich. Der Fußboden ist mit Zement hergestellt, Ter woh etwas Feuchtigkeit durchläßt, aber nicht soviel, daß obige ebelstände dadurch herbeigeführt würden. Das Gebäude ist massiv gebaut. Kunst ans! alt Antwort eines Mitarbeiters: Folgende Maßnahmen sind zu empfehlen: Das Teeren des Fußbodens und Daraufschütten mit Schlacken, dann ein Dielen des Raumes, da Zementfußboden nach meiner Ueberzeugung von unten Feuchtigkeit durchlassen wird. Außerdem wird bei einem Steinfußboden sich Feuchtig keit leicht niederschlagen. Während der von mir empfohlenen Maßnahmen kann die Maschine ruhig stehen bleiben. Unter der Maschine ist ja schließlich nur Teeren des Fußbodens und Belegen mit Dielen notwendig, während die Schlacke hier weg bleiben kann. Des weiteren ist empfehlenswert, den Raum mit Doppel fenstern zu versehen, welche oben eine zu öffnende Klappe haben. Es ist jedoch empfehlenswert, die Klappe nach unten fallen zu lassen. Ich nehme an, daß die erwähnten zwei Ventilatoren die Luft von innen nach außen ziehen und nicht nur die Luft im Raum durcheinander wirbeln. Sollte das letztere der Fall sein, würde ich empfehlen, die Ventilatoren derartig anzubringen, daß die Luft aus dem Raum heraus nach außen gezogen wird. Des ferneren dürfte es sich empfehlen, einen Füllofen von ent sprechender Größe aufzustellen, der sich schnell anheizen läßt und schnell große Wärme erzeugt und doch wieder langsam weiter brennen kann. Kohlenfeuer ist natürlich notwendig, nicht etwa Gas, weil Gas sonst wieder Feuchtigkeit erzeugt. Die Innung Dresdner Buchdruckereibesitzer hielt am 20. Juli ihre dritte Vierteljahrsversammlung ab. Aus dem Bericht des Vor sitzenden ging hervor, daß der Krieg eine recht lebhafte Tätigkeit der Innungsorgane zur Folge hatte und der Vorstand die Interessen seiner Mitglieder mehr als im Frieden zu vertreten Gelegenheit fand. 72 Lehrlinge wurden in die Lehrlingsrolle eingetragen. Der Vorsitzende des Schulausschusses, Herr Emil Boden, berichtete über die Fachgewerbeschule, die ihren Betrieb in vollem Umfang aufrechterhalten hat. Herr Otto Franke berichtete sodann über den Arbeitsnachweis und über eine stattgefundene Gehilfenprüfung sowie einige Lehrlingsangelegenheiten. Zum Schlüsse wurden in freier Besprechung verschiedene berufliche Angelegenheiten vor getragen, so die Metall-Bestandsmeldung, die neuen Vorschriften der Buchdrucker-Berufsgenossenschaft. Verband der Buch- und Steindruckerei-Hilfsarbeiter und -Arbeiterinnen Deutschlands im Jahre 1914. Die bei Kriegsausbruch eintretende große Arbeitslosigkeit brachte fast unüberwindliche Schwierigkeiten. Während im 2. Vierteljahr 1914 nur 1332 Arbeits lose, darunter 654 weibliche, zu verzeichnen waren, waren es im 3. Vierteljahr 4847, darunter 3368 weibliche, und im 4. Vierteljahr 3256, darunter 2313 Weibliche Arbeitslose. Vom 3. August bis 31. De zember wurden allein über 100 000 M. an Arbeitslosenunterstützung ausgezahlt. Die gesamten Einnahmen betrugen im abgelaufenen Jahre 353 748 M. 77 Pf.; diesen steht eine Ausgabe von 382 496 M. 95 Pf. gegenüber. Es ist also eine Mehrausgabe von 28 748 M. 18 Pf. zu verzeichnen, wodurch sich das Verbandsvermögen am Schlüsse des Jahres auf 115 296 M. 86 Pf. verringert hat. Unter den im Jahre ausgezahlten Unterstützungen nimmt die Arbeits losenunterstützung den ersten Platz ein; insgesamt wurden 159 819 Mark 91 Pf. dafür gezahlt. Davon entfallen allein auf das zweite Halbjahr 123 270 M. 61 Pf. Im ersten Halbjahr wurden nur 36 549 Mark 30 Pf. gebraucht. Außerdem haben viele Zahlstellen versucht, die Not der Kriegerfamilien durch Sammlungen zu lindern. Ferner wurden im vergangenen Jahre ausgezahlt für Kranken-Unter- Stützung 30 424 M. 25 Pf., Wöchnerinnenunterstützung 2790 M., Ausstandsunterstützung 1965 M. 73 Pf., Gemäß regelt en-Unter- stützung 545 M. 32 Pf., Rechtsschutz 120 M. 35 Pf. und für besondere Notfälle 521 M. Die Einziehungen zum Kriegsdienst, besonders aber die große Arbeitslosigkeit, hatten größeren Mitgliederverlust zur Folge. Unter den 8218 ausgeschiedenen Mitgliedern befinden sich 4526 weibliche; von den 3692 männlichen Mitgliedern waren am Jahresschlüsse 1905 zum Kriegsdienst abgemeldet. Am Anfang des Jahres 1914 betrug die Mitgliederzahl 15 934 und am Schlüsse 10 275. Der Verband hat sich an der Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik in Leipzig 1914 beteiligt. Die Ein richtungen des Verbandes wurden bildlich dargestellt, wofür er den Silbernen Preis erhielt. In einer Anzahl Zahlstellen mußten weibliche Mitglieder die Gesamtleitung übernehmen. * * *