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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 16.12.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188312166
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18831216
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18831216
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1883
-
Monat
1883-12
- Tag 1883-12-16
-
Monat
1883-12
-
Jahr
1883
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 16.12.1883
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'' ' »bemnIGer Anzeiger und Stadtbote. Nr. ISS Sonntag, 16. December. Seit« 8. Haus setzte sodann die Specialberathuna des Justizetats beim Ordi- narium der Ausgaben fort und genehmigte nach längerer Debatte, in welcher die Fragen der Ueberbürdung der Richter, die Vermehrung der Verbrechen, insbesondere der Meineide, im Zusammenhänge mit der Moralität »nd die Unterbringung wahnsinniger Lerbcecher zur Sprache kamen, sämmtliche Titel des Cap. 74 (Landgerichte und Amtsgerichte) im Gesammtbetrage von 54,279,881 M. Nach belang loser DiScusfion wurde der ganze Rest deS OrdinariumS und ebenso daS Extraordinarium des Justizetats bewilligt. Am Freitag trat das HanS in die Berathung deS Etats des Ministeriums des Junem ein. Die erste hessische Kammer, welche kürzlich wieder zusammenge treten ist, hat die Gesetzentwürfe über die Capitalrentensteuer und Über die Gewerbesteuer nach den Ausschußanträgen genehmigt. Die Reicheregierung scheint dem deutschfeindlichen Treiben d.r Französlinge in Metz gegenüber endlich straffere Saiten aufziehen zu wollen. Im Frühjahr 1870 hatte sich eine Gesellschaft unter dem harmlosen Titel: „Oörclo tittöraire kt clu commerce" gebildet, die aber vorwiegend politische Tendenzen im Sinne der Protestpartei verfolgte und deshalb kürzlich gelegentlich der Verhaftung des Reichs tagsabgeordneten Antoine aufgäöst wurde. Dieselbe Gesellschaft hatte sich nun nnter dem Namen „Metzer Casino" neugebildet und ihre Statuten dem Bezirkspräsidium zur Bestätigung eingereichl. Es stellte sich indessen heraus, daß die eingereichten Statuten dieselben waren wie diejenigen der aufgelösten Gesellschaft und erfolgte deshalb ihre Ablehnung. Dieser ablehnende Bescheid hat in den Kreisen der ««geborenen Metzer Bevölkerung große Bestürzung hervorgerufen und ihnen die Uebcrzeugung gegeben, daß eS mkt dem chauvinistischen Treiben der Metzer Franzosenfreunde nunmehr ein Ende haben dürfte. Die von den beteiligten Bevollmächtig:en Unterzeichnete Literar-Convention mit Belgien soll nach einer Mit teilung der „Köln. Ztg." baldmöglichst ratificirt werden und drei Monate nach dem Austausch der Ratification in Kraft treten. Als dann wird sie sechs Jahre in Geltung bleiben und noch ein Jahr «ach erfolgter Kündigung. Die industrielle Musterschutz-Convention soll ohne bestimmte Zeitdauer abgeschloffen sein «nd ebenfalls ein Jahr nach erfolgter Kündigung in Kraft bleiben. In Schleswig-Holstein entfalten die Parteien der kirchlich-liberalen Richtung allenthalben eine lebhafte Agitation. So sind an, 14. De cember in Kiel die Wahlen zur kirchlichen Gemeindevertretung über wiegend zu Gunsten des freisinnigen Candidaten ausgefallen. In Altona und mehreren anderen Städten der Provinz sind ähnliche Wahlergebnisse zu verzeichnen. . Der Tod des Unterstaatssecretärs Rindfleisch in Berlin erregt, wie gemeldet wird, in allen politischen Kreisen die lebhafteste Theil- «ahme, da sich der Verstorbene durch seine Kenntnisse und Fähigkeiten die Anerkennung aller Parteien erworben hatte. Er hatte wesent lichen Antheil an der Schöpfung der neuen Justizgesetzgebiing. Oesterreich-Ungarn. Zwischen den beiden Häusern des ungarischen Parlaments droht die Frage der Mischehen zwischen Christen und Juden eine» Zwiespalt herbeizuführen. Das Oberhaus, in welchem die antisemitischen Elemente überwiegen, hat bekanntlich de« hierauf bezüglichen Regierungsentwurf abgelehnt, wenn auch nur mit geringer Majorität. Dagegen ist vom Unterhaus in dessen DonnerstagS-Sitzung beschlossen worden, die Ehegesetzvorlage aufrecht zu erhalten und davon dem vberhause Mittheilung zu machen. Das Unterhaus vertagte sich hierauf bis zum 10. Januar, so daß die »gliche Angelegenheit erst nach den Weihnachtsferien, und zwar dem «schein nach rm Sinne des Unterhauses und somit der Regierung, »tschieden werden wird. — Im österreichischen Reichsrathe ist anstatt eS Fürsten Loblowitz, welcher den ersten Vicepräsidenten-Posten .liedergelegt hat, Graf Richard Clam Martinitz, welcher gleichfalls der clerical-feudalen Partei angehört, mit 151 Stimmen zum Vice- präsidenten gewählt worden; auf den Gegencandidaten Klier fielen 131 Stimmen. Frankreich. Vom «stasiatischen Actionsschauplahe wollen «och immer nicht die erwarteten Siegesnachrichten in Paris einlaufen. Bereits find in der französischen Hauptstadt Gerüchte im Umlauf, die «ns englischen Quellen s ammen und die Lage der Franzosen in Tonkin als bedrohlich erscheinen lassen; so soll in Hue, der Hauptstadt Annams, eine Revolution ausgebrochen sein und vom Admiral Courbet sollen 6000 Mann Verstärkungen verlangt worden sein. Der der Regierung nahestehende „Temps" erklärt nun allerdings diese Angaben für erfunden, wenigstens bezüglich der von Courbet verlangten Ver stärkungen, aber um diesen beunruhigenden Gerüchten ein Ende zu machen, bedarf es in der That baldiger Siegesdepeschen aus Tonkin. Am Sonnabend beabsichtigte das Cabinet Jerry, über die Höhe der «enen Creditfvrderung für die Armee in Tonkin pro erstes Semester 1884 Beschluß zu fassen, da die von der Deputirtenkammer bewilligte Lreditforderung im Betrage von 9 Millionen nur für den Zeitraum diS zum 31. December d. I. gilt. Gleichzeitig gedenkt das Cabinet auch die Frage zu berathen, ob es nöthig sei, weitere Verstärkung nach Tonkin zu entsenden. Aus Annam klingen neue bedrohliche Gerüchte nach Frankreich hinüber. Darnach soll der König von Annam von der antifranzösischen Partei in Hue vergiftet worden sein und Annam an Frankreich aber mals den Krieg erklärt haben; Haiphong werde mit Pallisaden und Blockhäusern befestigt. England. In England scheint sich eine neue Parteibildung vollziehen zu wollen. Innerhalb der liberalen Partei soll sich eine immer größere Unzufriedenheit mit den Gladstone'schen Regierungs- Maßregeln, zeigen und namentlich tadelt man hier die Gladstone'sche Politik der halben Maßregeln gegenüber Irland. Es heißt, daß sich die Unzufriedenen aus dem liberalen Lager mit den gemäßigten Ele menten der Tories zu einer neuen großen Partei verbinden wollten «nd daß diese Coalition bei den nächsten allgemeinen Wahlen hervor treten würde. Daß die irische Politik Gladstone's einen totalen Mißerfolg zu verzeichnen hat, beweist die Rede, welche Parnell auf dem ihm jüngst zu Ehren veranstalteten Banket in Dublin gehalten hat und in welcher er die gesammte Verwaltung Gladstone's auf heftigste angriff, und doch war die Gladstone'sche Politik daraus be rechnet, Parnell und die Irländer zu gewinnen! Jedenfalls werden die Gegner Gladstone's dessen Mißerfolg in der ir.schen Frage zum Hauptobject ihrer Angriffe bei den nächsten Parlamentswahlen machen Egypten. Zu dem Wust von Verlegenheiten, in welchen sich die Regierung des Khedive von Egypten durch den Aufstand des Mahdi verstrickt sieht, gesellt sich nun noch ein verhältnißmäßig bedeutendes Deficit in der Höhe von 2,800/00 cgyptischer Pfund. Unter den Ausgabeziffern sind auch die Kosten für die englische Okkupation und für die verunglückte Expedition nach dem Sudan enthalten, jedoch nicht die von der internationalen Commission zuer kannten Entschädigungssummen, so daß sich das egyptische Deficit «och höher stellt. möglichst DorniittagS, Geschäftspackete am Abend zur Post gebracht werden. Wesentlich ist eS ferner, daß sich jeder Postbenutzer bereits vor dem 19. December mit einer über die Feiertage hinausreichenden Menge von Postwerthzeichen versieht, da gerade der Freimarkenverkauf im Laufe der Weihnachtsperiode sich — zumal bei kleineren Post anstalten — als recht störend erweist. Selbstfrankirnng der rinzu liefernden Sendungen durch Postwerthzeichen sollte in diesen Zeiten allgemeinen Andranges zur allgemeinen Regel werden und außerdem dürste eS sich empfehlen, das Geld für die am Postschalter zu leisten den Zahlungen abgezählt bereit zu halten. — Die kgl. veneraldirection der sächsischen Staatsbahnen hat beschlossen, die Gültigkeit der für die Weihnachtszeit zur Ausgabe gelangenden TagesbilletS in diesem Jahre besonders und in weiterem Umfange als früher zu verlängern. Es werden nämlich die vom Sonnabend den 22. December Mittags ab gelösten TageSbilletS Gültigkeit bis mit Freitag den 28. December erhalten. ES ist dies für die am Sonnabend zur Ausgabe gelangenden TagesbilletS eine Gültigkeitsdauer von 60,, für die am Sonntag gelösten eine Dauer von 6, für die am Montag gelösten eine Dauer von 5 und für die am Dienstag gelösten eine Dauer von 4 Tagen. — Eine Mehrzahl Mitglieder der St Petrigemeinde sollen in einer Eingabe an die Kircheninspection die Gültigkeit der vor Kurzem stattgefundenen Wahlen in den hiesigen Kirchenvorstand bestritten haben, indem sie behaupteten, daß bei denselben mehrere Unregelmäßigkeiten vorgekommen seien, durch welche sie als ungültig erachtet werden dürften Wie verlautet, hat sich die Kircheninspection veranlaßt gesehen, die Ab kündig ung des Wahlresultates und die Verpflichtung der neugewählten Kirchenvorstandsmit glieder zu beanstanden, bis Weiteres angeordnet wird. — Alle Diejenigen unter unseren Lesern, welche sich für das Wirke nAnseres Frachenverei.n s interessiren, weisen wir auf die Bitte desselben «m Annoncentheil des heutigen Blattes hin. Wer einmal einen Blick in die traurige Lage gethan hat, in welcher sich viele Wittwen ohne ihr Verschulden befinden, sei es, weil ihre Arbeitskraft infolge ihres Alters geschwunden ist, sei es, weil auch der eisernste Fleiß und die rührendste Selbstverleugnung die bangen Sorgen um der KintWt Erhaltung und Erziehung nicht zu verscheuchen vermag: der wirl, der Thätigkeit dieses Vereins wohl gern seine Milhülfe ge währen, um jenen Wittwen eine Weihnachtssreude zu bereiten, die ja nicht blos eine materielle Erleichterung ihrer Lage bezweckt, sondern sie auch mit neuem Muthe zum treuen Ausharrcn bei ihren schweren Pflichten erfüllen soll. Mögen daruni die Gaben diesem Verein recht reichlich znfließen, damit derselbe recht Vielen zu helfen vermag, deren Bedürftigkeit und Würdigkeit ja immer vorher gewissenhaft geprüft wird. — Der gestrige Herrenabend jdeS selbstständigen Verbandes der Reichsfechtschule verlief in heiterster Stimmung. Die Anwesenden amüsirten sich über die improviMI« Vorträge und Vorstellungen köstlich. Die Vorträge gehört asschließlich dem Gebiete des Humors an. — Mosella. Die neuerdings in den größten Städten Deutschlands viel Aufsehen erregten, treten nächsten Montag und Dienstag Abend im Mosellasaale auf. Diese zwölf jungen, ausnehmend hübschen und stimmbegabten Wienerinnen singen mit echtem Wiener Chic die beliebten Wiener Tanzweisen und haben sich dadurch überall, wo sie bisher auftraien, den^ ungetheiltesten Beifall errungen, welcher ihnen auch hier nicht ausbleiben wird. Auch Mr. Leo wird an diesen Abenden mit seine« 12 Automaten durch die heitersten Darstellungen zum allgemeinen Gelingen bestreuen. —»K. Scheu geworden. Auf der Göthestraße in der Nähe des Bahnüberganges hielt gestern Mittag ein Lastwagen, als gerade ein Zug vorüberbrauste, wodurch die Pferde scheu wurden und durch gingen. Es gelang den beiden Auflädern, dieselben zum Stehen zu bringen, bevor sie ein Unglück angerichtet hatten. —* Verunglückt In der Chemnitzer Actienspinnerei fiel einer Arbeiterin ein ca. 50 Psd schwerer Kasten aus den Händen und einer anderen Arbeiterin auf die linke Hand, wodurch der Zeige finger schwer verletzt wurde — In derselben Fabrik fiel zwei Arbei tern eine Kiste in Folge ihrer Schwere aus den Händen und dem einen Arbeiter auf den rechten Fuß, so daß ihm das Fleisch an der großen Zehe und Ballen vom Knochen losgeschlagen wurde. —* Verunglückt. In der Nef'schen Spinnerei an der Anna- berger Chaussee verunglückte ein Schlosser dadurch, daß ihm beim Schließen des Deckels eines Cylindcrkastens an der Dampfmaschine der Deckel aus der Hand rutschte und ihn: auf den Mittelfinger der rech ten Hand fiel und diesen zerquetschte. —* Todt aufgefunden Gestern Mittag wurde unweit der Blankenauerstraße eine Frauensperson todt aufgesundcn und polizeilich aufgehoben Man erkannte in der Verstorbenen eine schon vielfach bestrafte und dem Trünke ergeben gewesene Person. —* Selbstmord An der Oststraße wurde gestern früh ein noch lediger Mann in seiner Wohnung erhängt aufgefunden. Körper liches Leiden soll der Grund zur Selbstentleibung gewesen sein —r. Von C. F. Mephius aus Schönau bei Chemnitz ist s,- eben bei Metzler in Stuttgart ein hübsch ausgestattetes Bändchen sinniger Spruchweisheit, betitelt: „Für Kopf und Herz" erschienen. Das Büchlein, welches als Seitenstück zu den 1881 im selben Ver lag erschienenen kleinen Dichtungen „Für Herz und Scherz" dienen kann, enthält eine Fülle von Gefühls- und Gedankenaphorismen in Vers und Prosa und wird nicht ermangeln, sich Freunde zu erwerben. —»—c. Wegen des in der Nacht vom Sonntag zum Mvntag im Gasthof zu Neu-Libenberg so plötzlich verstorbenen Handels manns Haase ist seitens der staatsanwaltschaftlichen Beamten strenge Unter suchung eingeleitet worden. Ein Handwerksbursche aus Polen, welcher zur Zeit dort übernachtete, ist als Zeuge mit vernommen worden. r Tanzsängerinnen, welche — OelSnitz i. V., 12 Decbr. Der Bruch eines Gasrohre» n einer Straßenleitung hätte (ergangene Nacht beinahe den Tod einiger Bewohner unserer Stadt zur Folge gehabt. Als nämlich der im Hübschmann'schen Hause in der Langgaffe wohnende Schleifer Dietzel Nachts 2 Uhr seine im Parterre gelegene Wohnung betrat, verspürte er einen intensiven Gasgeruch und fand die Seinen in be täubtem Zustande auf. Nachdem dieselben durü seine Bemühung und die hereinströmende frische Lust wieder ins Leben zurückgerufen worden waren, schlug derselbe in der ebenfalls im Parterre liegenden Wohnung seines HauSwirtheS den Fensterladen und das Fenster ein und fand denselben ebenfalls in betäubtem Zustande auf. Auch hier waren glücklicherweise die sofort angestellten Belebungsversuche nach längerer Zeit von Erfolg. Aber nicht nur in dieses Haus war das auS der Erde strömende Gas gedrungen, sondem dasselbe hatte auch in die Nachbarhäuser seinen Weg gefunden, denn als man am Morgen in der Wohnung des Herrn Oberamtsrichters Schönberg die im Parterre schlafenden beiden Söhne wecken wollte, fand man die selbe» ebenfalls in betäubtem Zustande auf. Zum großen Glück waren auch hier die Belebungsversuche von Erfolg, sodaß sämmtliche Bethei ligte, hoffentlich ohne weiteren Schaden an ihrer Gesundheit, inS Leben zurückgerufen werden konnten Der Schaden wurde am heutigen Tage an einer vom Hauptstrange abgehenden Straßenleitung aufge funden und sofort beseitigt, doch ist polizeilich der Umgang mit offenem Lichte in den umliegenden Häusern streng verboten worden. — In Dresden verschied in der Nacht vom IR. zum 14. December nach kurzem Leiden eines der beliebtesten Mitglieder der dort gastirenden Tiroler Sängergesellschaft Ludwig Raineraus Achensee. — Der Stadtrath zu Plauen i. V. hat sich neuerdings um die Errichtung einer Agentur des amerikanischen Consulats in Anna- berg bemüht Man glaubt, daß die gethanen Schritte nicht aussichts los sein dürsten. — Todt aufgefunden. Am 12. d. wurde in Zwickan am Tuchmacherwehre der seit dem 2. d. vermißte Bergarbeiter Carl Hein rich Blechschmidt aus Niederplanitz in der Mulde ertrunken aufge sunden. Derselbe war 47 Jahr alt und lebte von seiner Frau ge trennt Man erzählt, daß sich derselbe mit etwa 30 Mark behufs Regelung einer Krankenkassenangelegenheit seinerzeit von zu Hause entfernt habe, seitdem aber nirgends wieder gesehen worden sei. In Verfolg dieser Angelegenheit ist ein Bergarbeiter aus Planitz gestem Abend verhaftet worden — Zusammengefahren. Am 3. d. Mts. Abends ist das Fuhrwerk des Mühlenbesitzers Schmidt aus Berthelsdorf mit dem jenigen des Gasthofsbesitzers Becker ans Nieder-Strahwalde auf der Löbau-Zittauer Chaussee vor Hcrrnhut so zusammengefahren, daß dadurch das eine Pferd Beckers auf der Stelle getödtet, eins von den Schmidt'schen aber schwer verletzt wurde. Die Ursache zu diesem Zusammenstoß dürfte in dem übermäßig schnellen Fahren, falschen Ausweichen und darin zu suchen sein, daß die Fuhrwerke nicht, wie vorgeschrieben ist, mit angczündeten Laternen versehen waren. — Selbstmord. Am Donnerstag Vormittag hat der 86 Jahr alte Weber und Gärtner Johann Gottfried Zorn in Elsterberg au» Lebensüberdruß sich durch Erhängen selbst getödtet. Derselbe hat bi» zu seinen letzten Tagen trotz der natürlichen Abnahme seiner Körper kräfte die Arbeit lieb behalten. Stachrichten aus Chemnitz und Umgegend. Chemnitz, den 15. December 1883. . — Eine beachtenSwerthe Mahnung in Bezug auf die Ueber füllung der Postschalterräume in der Weihnachtszeit Kringt die „Nat.-Ztg." Das genannte Blatt sagt nämlich, daß der «lljährlich wiedelkehrenden Klage über das zu langsame Befördert »erden am Postschalter vom Publikum selbst leicht abgeholfen werden Ivnnte. Um daS Zusammenströmen der Packetaufgeber in den Abend Fmidcn zu vermeiden, sollten Fomiliensendunge» zur Weihnachtszeit Säch fische« — Wieder ein reicher Bettler. Bei einem dieser Tage von der Gendarmerie in Volkmarsdorf wegen Landstreichens rc. ver hafteten Schlosser aus Hohenlauft wurden u. A. 700 Mk. in Caffen- scheinen und ein auf 600 Mk. lautender Schuldschein (beides in den Rock eingenäht) vorgcfunden; der Verhaftete vermochte sich über den rechtmäßigen Erwerb dieser Gelder rc. nicht auszuweisen. — Die große Gutsherrschaft Pomßen bei Leipzig, be kanntlich die umfangreichste in Sachsen, mit den dazu gehörigen Gütern Großpösna, Lautervach und Vorwerken, ist in den Besitz von C. G. Weiß in Leipzig für den Preis von 3 Millionen Mark über gegangen. — Bestrafte Un«rt. In Limbach wurde ein Einwohner, welcher mit brennender Cigarre einer Schöffengerichts-Sitzung als Zu schauer beiwohnte, mit 1 Tag Haft belegt und die Strafe sofort «n ihm vollstreckt. — Der Gefahr entgangen. In Cölln bei Meißen fand am 7. December im Kaisergartcnsaale eine Nebelbildervvrstellung statt, welche Rentier Oeser und Pastor Hickmann veranstaltet hatten, um armen Kindern eine Weihnachtssreude zu bereiten. Herr Oeser benutzte zu den Nebelbildern Drümmond'sches Kalllicht und entnahm das dazu nöthige Gas aus der städtischen Gasanstalt. In letzter Zeit zum dritten Male nicht verwendbar, explodirte dasselbe als Knallgas in der Nähe genannter Herren unter donnerähnlichem Krachen, so daß die Decke herunterstürzte und verschiedene Gegenstände zerschmettert wurden. Ihre Menschenfreundlichkeit hätten die beiden Herren leicht mit dem Leben büße« können. Stadttheater. (Schauspiel.) Freitag, den 14. December: Zweites Gastspiel deS kgl. Hosschauspieler» Herr» Carl Sontag. Abermals ein wohlbesetztes Haus und abermals ein Erfolg, wie ihn die Lustspiclmuse nur selten in Chemnitz zu verzeichnen hat. Zuerst führte uns der treffliche Gast eine an und für sich ganz unbedeutende Solvscene: „Im schwarzen Frack" vor; er gab darin einen verspäteten Liebhaber, der in einem Selbstgespräch, oder eigentlich in einer offenherzig-liebenswürdigen Plauderei über die Rampe hinaus dem Publikum auseinandersetzt, wie und warum er zur Brautwerbung gekommen ist, und schließlich, weshalb er e» vorzieht, nicht „reinzusallen" «nd bis aus Weiteres lieber in, bisherigen Stand der Hagestolzen zu verbleiben. Er sprach und spielte diese Scene mit weltmännischer Gewandtheit und jenem natürlichen, hinreißenden Humor, der diesem Meister im Fache der Bonvivants eigen ist. War schon diese Leistung von stürmischem Beifall gekrönt, so wollte da» dach noch wenig bedeuten gegenüber dem Heiterkeitserfolg, den Herr Sontag als „Titus Bär" in dem nun folgenden Schwank von Moser: „Der Sklave* erzielte. Soweit wir wissen, ist dieses Machwerk des bekannten Vielschreiber» hier noch nicht aufgesührt worden, obwohl es schon älteren Datums ist. Es wäre wohl auch kauui jemals auf unsere Bühne gekammen, wenn nicht eine solche Kraft die Hauptrolle übernommen und durch unübertreffliche Darstel lung das Stück möglich gemacht hätte. Denn im klebrigen ist es von ganz fragwürdigem dramatischen Werth und den schwächsten Erzeugnissen Mosers zuzuzählen. Herr Carl Sontag giebt darin einen unleidlichen, ewig miß trauische», halb gutmüthige» und g « nz eigennützigen Gutsbesitzer aus Meißen, also eine Figur, der man scheinbar tvcnig Sympathien entgegenbrin- gen kan». Aber dadurch, daß der unvergleichliche dramatische Genre maler diese Figur in eine köstliche, aber durchweg wahrheitsvollc komijche Beleuchtung rückt; dadurch, daß er den Meißner Dialekt so meisterlich uud fein, so ohne jegliche Uebertreibung und Verzerrung handhabt: dadurch endlich, daß er mit wunderbarer psychologischer Schärfe «nd innerer Wahrheit alle Stimmungen und seelischen Wandlungen dieses Charakters dramatisch lebendig macht, erreicht er einen wahren Triumph in seiner Kunst. Er schafft die Nolle zum zweiten Mal und zwar weit besser und vollendeter, als der Autor sie sich gedacht habe» mochte. So oft dieser Titus Bär aus den Brettern erschien, und das geschah zun, Glück sehr oft, entfesselt« er bei dem zahlreichen Publikum eine „ungeheure Heiterkeit und diese dauerte fort, bis er wieder hinter de» Coulissen verschwand- Dem überwältigenden Einfluß dieser Komik konnte sich auch der schwarzgalligste Hypochonder nicht entziehen und wäre er auch nur durch das ungebundene, herzliche und erlösende Lachen seiner nähern und ferner» Nachbarn mit fortgerissen worden. Zur Ehre der Mitspielenden sei gesagt, daß sie fast sauimt und sonders außerordentlich flott und munter bei der Sache waren, und wenn auch der Kutscher des Herrn Roch beinahe stecken blieb und der Advokat Eugen Se- berz des Herrn Stein sich einmal bedenklich verspätete, so wollen wir in Anbetracht der sonst so vorzüglich ineinander greifende» Gesammtdarstellung nicht so streng in's Gericht gehen. Gerade Herr Stein spielte seine Rolle im Uebrigen so schlagfertig und humorvoll, daß ihm eigentlich nach dem Gast der Preis des Abends zukommt. Frl- Ba umgart machte aus der undank baren Partie der Dora was möglich war; Frl. Krauß (Elise) und Herr Hornau (Förster) spielten das Liebhaberpäärchen recht munter; die Herren Zeißler und Hartmann als Engelhardt »vnior und junior wirkte» komisch genug; Frau Mosevius als Frau Constantia Bär war ebenfalls zufrie denstellend und Herr Huhn schuf aus dem vr. Zapfer, dem sauberen College» des Unterzeichneten Referenten, ein prächtiges Cabinetsstückchen. vr. Lipps. Büchner- Vortrag über Colonialerwerb. Der hier im Entstehen begriffene Zweigverein des deutschen Colonialvereins zu Frankfurt a M. hatte gestern Freilag einen Vor tragsabend im großen Saale des BereinShauses der Gesellschaft Eintracht veranstaltet. Es galt, die hierbei in Betracht kommenden Elemente der Be völkerung unsrer Fabrik« und Handelsstadt für die Ausgaben des Colonial vereins zu erwärmen resp. dessen Bestrebungen die nöthige Unterstützung »u- zufshren. Die recht zahlreich besuchte Versammlung, in welcher sich auch specieller Einladung zufolge eine Anzahl Damen befand, wurde durch Herrn Stadtrath Reitz eröffnet. Herr Oberbürgermeister vr. Andrö bekundet« sein lebhaftes Interesse für die Sache durch Platznehmen an« Präsidenten- tisch. Herr Stadtrath Reitz wies in treffliche» Worten anf die politische und merkantile Nothwendigkeit des Colonialerwerbs durch das deutsche Reich hin, nachdem dieses endlich durch seine Begründung die zn dem Unternehmen er forderliche Machlfülle besitze und das weiter zu verfolgen nun im Stande sei, was bereits die alte Hansa glücklich angebahnt, durch die Schrecknisse des 30jährigen Krieges und die damit verbundene Zerrüttung deS deutschen Woh> standcs jedoch aufgegeben werden mußte. Allerdings sei dem Anschein nach Deutschland jetzt mit dem Dichter in Schillers „Theilung der Erde" zu ver gleichen, da von den begehrenswerthen Landstrichen der Erde zu Tolonial- zwecken fast nichts mehr zu vergeben sei, nachdem die übrigen see fahrenden Nationen sich ihren Antheil längst gesichert. Um ttdoch da» als nothweudig erkannte Ziel deS ColonialerwerbS für Deutschland denno« z« erreichen, müsse man sichten und suchen, bi» da» Geeignetste gesunden >ei» ÄdWeid
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