Volltext Seite (XML)
910 PAPIER Hites Kupfer in Druckereien Der Bund der chemigraphischen Anstalten Deutschlands, der Deutsche Kupfer- und Tiefdruckverband und der Verein Berliner galvanoplastischer und Stereotypie-Anstalten richten an ihre Mitglieder folgenden Aufruf: Ungenützt liegendes Kupfer ist totes Kapital, zwecklose Be lastung der Betriebe. Alle im graphischen Gewerbe lagernden und voraussichtlich nicht mehr zur Verwendung kommenden Kupfer gegenstände sind wieder in Umlauf zu bringen; hierdurch wird sowohl der Landesverteidigung gedient wie dem Gewerbe, soweit für letzteres die Verwendung von Kupfer eine unbedingte Not wendigkeit ist. Hunderttausende Kilogramm Kupfer lagern als veraltete, nie mehr zur Benutzung gelangende Druckplatten, Klischees, Galvanos in Schränken und Speichern graphischer Betriebe. Das Gold gehört in die Reichsbank, das Kupfer in die Metall vermittlungsstelle für das graphische Gewerbe. Wir empfehlen dringend, den anliegenden Aufruf in weitest gehendem Umfange an Ihre Auftraggeber zu versenden, Abdrucke können nach Belieben von der Geschäftsstelle (für den Bund der chemigraphischen Anstalten Deutschlands: Berlin SW 48, Friedrich straße 239) bezogen werden. Weiter empfehlen wir, unter den bei Ihnen lagernden eigenen und fremden Beständen an Kupferplatten Klischees, Galvanos usw. genaue Sichtung vorzunehmen und Ihrer seits die zur Einschmelzung geeigneten Stücke den Auftraggebern vorzuschlagen, sowie für diese die Anmeldung der freiwerdenden Bestände bei der Metallvermittlungsstelle zu übernehmen. Jeder diene auch hierdurch dem Vaterlande! Der oben erwähnte Aufruf lautet; An die Auftraggeber des graphischen Gewerbes! Die Verfügung des Kriegsministeriums vom 1. Mai 1915 be treffend die Bestandsmeldung und Beschlagnahme von Metallen umfaßt auch die im fremden Gewahrsam befindlichen Fertigfabrikate des graphischen Gewerbes. Die in den graphischen Anstalten lagern den geätzten oder gestochenen Kupferplatten, Klischees, Galvanos usw. der Auftraggeber, in erster Linie der Verleger, Kunstverleger und Künstler, sind auf Grund dieser Verpflichtung unter Benennung der Eigentümer angemeldet worden und unterliegen der Beschlag nahme. Wenn schon die Heeresverwaltung voraussichtlich über die wertvollen Fertigfabrikate nicht ohne weiteres verfügen wird, so ist doch damit zu rechnen, daß im Bedarfsfälle auf solche Vorräte zurückgegriffen wird, welche im Laufe der Jahre an Verlagswert eingebüßt haben bzw. deren weitere Drucklegung nicht zu erwarten ist. Es liegt daher nicht nur im vaterländischen Interesse, sondern bei den hohen Kupferpreisen auch im Interesse der Eigentümer selbst, schon jetzt eine Prüfung der Bestände an Druckmitteln aus Kupfer vorzunehmen und alles durch Zeit und Umstände ent wertete Kupfermaterial freiwillig der Heeresverwaltung zur Ver fügung zu stellen. Die Angebote sind an die Metallvermittlungs stelle für das graphische Gewerbe E. V., Leipzig, Deutsches Buch gewerbehaus, Dolzstraße 1, zu richten, worauf die für den Verkauf bestimmten Gegenstände gegen Vorlegung eines Freigabescheins von den graphischen Anstalten ausgehändigt werden dürfen. Hus den Typographischen Gesellschaften Berlin, Typographische Vereinigung. Am 19. Mai konnte der Vorsitzende wieder mehrere Grüße von Mitgliedern aus dem Felde zur Verlesung bringen. Sodann sprach Redner über die Ausstellung der im Felde hergestellten Drucksachen. Trotz der schwierigen Herstellungsverhältnisse sind die Drucksachen aus dem Westen fast durchgängig besser als die im Osten hergestellten. Im Westen finden wir modernes Material, während der Osten in Schrift und Ornament weit zurücksteht. Die Weihnachtsnummer aus Briecy hat uns Herr Buchtel zugesandt. Die Nummern des Landsturms sind allen bestens bekannt. Besondere Aufmerksamkeit fand die Kriegsnummer. Die Nummern der Kriegszeitung der 4. Armee sind von Herrn Pieper übermittelt und geben mit 41 Nummern allein schon eine schöne Sammlung, umsomehr, da diese Zeitung ebenso wie der Simplizissimus „Lose Blätter" mit im Felde ge zeichneten und auch geätzten Illustrationen mit herausgibt. Der Frankfurter Landsturm hat eine hübsche Weihnachtsnummer, ein wahres Prachtwerk, herausgebracht. Die Laoner Kriegszeitung ist in drei Exemplaren vertreten. Als Kriegs-Generalanzeiger haben Berliner Landsturmleute eine schöne Weihnachtsarbeit geliefert. Als vollkommenste Zeitung steht jedoch wohl zweifellos die Liller Kriegszeitung da. Auch diese Zeitung gibt eine illustrierte Beilage, „Kriegsflugblätter", heraus. Die stattliche Zahl von 47 zeugt von guter Ausdauer. Weniger Glück hatte Herr Sandberg in Tauroggen. Obwohl die Geschäftsabsichten recht groß angelegt waren, was der recht nett ausgeführte Briefkopf des Verlages der „Kriegszeitung für Tauroggen“ beweist, konnte doch nur eine Nummer dieser Zeitung erscheinen. Sie ist aus dem September 1914. Durch die späteren Gefechte und Schlachten ist von Tauroggen nichts übrig geblieben. Etwas größeres Glück hatte Herr Salomon in Wloclawek. Von dieser Feldzeitung sind dann doch 4 Nummern mit Bildern erschienen. Kommandanturbefehle aus dem Osten, hergestellt von ZEITUNG Nr. 44/1915 Herrn Neugebauer, zeigen, welche Sprache mit der Zivilbevölke rung in den besetzten Gebieten geredet wird. Dieselbe Sprache reden die Bekanntmachungen aus dem Westen, welche die Mit glieder Buchtel und Arlt übermittelt haben. Recht günstig wurden auch die kaufmännischen Drucksachen, Ansichtspostkarten, Speisekarten zur Kaisers- und Bismarcks-Geburtstagsfeier be sprochen. Den Schluß bildet die Deutsche Lodzer Zeitung mit 8 Seiten Anzeigen und das Lodzer Tageblatt in hebräischen Lettern. In der Aussprache wurden noch verschiedene Einzelheiten hervor- gehoben, worauf der Vorsitzende Herrn Schefftel für seine Sammlung besonderen Dank spendet. Die nächste Versammlung findet am 16. Juni statt. Zur Ausstellung sollen moderne Drucksachen gelangen. Sterbegeld-Hnspruch des Kriegers an die Krankenkasse Der Schriftsetzer F. war am 5. August 1914 zu den Fahnen einberufen worden. Bis dahin war er Pflichtmitglied der Ortskranken kasse für graphische Gewerbe in Magdeburg. Am 26. August, also am 20. Tage nach seinem Ausscheiden aus der Kasse, fiel er in Belgien. Das Arbeitersekretariat Magdeburg erhob Anspruch auf Sterbegeld. Die Ortskrankenkasse lehnte die Leistung ab, weil sie seine Erwerbslosigkeit nicht anerkenne. Der Soldat erhalte Löhnung und Kleidung, seine Familie vom Staate Unterstützung. Das sei das Entgelt für seine Dienste. Anders entschied das Ver sicherungsamt in Magdeburg. Es sprach der Witwe das Sterbegeld zu und führte nach der „Volkstümlichen Zeitschrift für Arbeiter versicherung“ in der Hauptsache aus: Der heutige Kriegsdienst ist keine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, die Löhnung kein Arbeits entgelt. Es gibt in Deutschland kein Kriegshandwerk mehr, seit dem unser Heer kein Söldnerheer mehr ist, sondern das soldatisch geschulte Volk in Waffen. Der Einberufene ist, solange er in Kriegs zeiten unter der Fahne steht, ohne Erwerb. Die Löhnung, die er erhält, ist zur Instandhaltung seiner Dienstkleidung bestimmt; die seinen Angehörigen gewährte Unterstützung soll seine Familie während der Zeit des Fehlens des Ernährers vor der größten Not und vor Verarmung schützen. Der zum Kriegsdienst Einberufene opfert seine Zeit ohne Entschädigung dem Vaterlande. Die Ge währung der Kassenleistung ist davon abhängig, daß der Ver sicherungsfall während der Erwerbslosigkeit und binnen 3 Wochen nach dem Ausscheiden des Mitgliedes eintritt; beides ist hier der Fall. Der Schuldner im Felde Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 9. Dezember 1914 Nachdruck verboten Im allgemeinen geben die Gerichte einem Antrag auf Aus setzung des Verfahrens statt, wenn eine Prozeßpartei zu einem mobilen Truppenteil eingezogen ist. Diese „Kriegsrechtsprechung" greift jedoch nicht Platz, wenn entweder der Abwesende genügend vertreten oder die Durchführung des Prozesses auch ohne seine Mitwirkung ohne Schwierigkeiten möglich ist. So lag der Fall in einem jüngst vom Oberlandesgericht Dresden entschiedenen Rechts streit: Der Prozeßvertreter einer offenen Handelsgesellschaft hatte seinen Aussetzungsantrag darauf gestützt, daß der Gesellschafter K., der alleinige technische Leiter der Maschinenfabrik der Gesell schaft, sich bei einem mobilen Truppenteil befinde. Er sei auch Erfinder jener Messerwelle, die den Streitgegenstand bilde. Das Landgericht Dresden lehnte die Aussetzung ab. Die vom Antragsteller gegen dieses Urteil beim Oberlandesgericht Dresden eingelegte Berufung wurde mit folgender Begründung zurück gewiesen: „Das Prozeßgericht steht auf dem Standpunkt der herr schenden Lehre, daß die offene Handelsgesellschaft zwar nicht eine juristische Person und deshalb nicht materiell, wohl aber formell parteifähig ist und im Prozeß durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter gesetzlich vertreten wird. Wie beim Wegfall eines Gesellschafters weder eine Unterbrechung des Verfahrers eintritt, noch vom Bevollmächtigter Aussetzung verlangt werden kann, solange noch ein vertretungsberechtigter Gesellschafter vorhander ist und damit gesetzliche Vertretung der Gesellschaft besteht, so ist auch die Tatsache, daß ein Gesellschafter sich infolge des jetzigen Kriegszustands bei einem modilen Truppenteile befindet, mangels einer abweicherden Bestimmung des Reichsgesetzes vom 4. August 1914 ohne Einfluß auf das Verfahren. Unerheblich für die jetzt zu entscheidende Frage ist die Erwägung, daß wie einer Kommandit gesellschaft so auch einer offenen Handelsgesellschaft das Armen recht erteilt werder könne. Wenn auch die öftere Handelsgesell schaft formelle Parteifähigkeit besitzt, so übt doch die Tatsache, daß die Gesellschafter materiell Partei und damit die Träger aller Prozeßrechte und -Pflichten sind, insoweit gewisse Wirkungen aus, als nicht jene formelle Partei- und Prozeßfähigkeit entgegen steht. Ueberdies würde auch der Umstand, daß der zu den Fahnen ein berufene Gesellschafter der Klägerin der alleinige technische Leiter ihrer Maschinenfabrik und Erfinder der Messerwelle ist, keinen ge nügenden Grund zur Aussetzung des Verfahrens bieten, denn die technischen Fragen, die zu beantworten sind, sind bereits von den Parteien ausgiebig erörtert und keineswegs derart, daß sie gerade vom Leiter der Maschinenfabrik der Klägerin und vom Erfinder der Messerwelle behandelt werden müssen. (Aktenzeichen 3 0 86/14.).