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Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188802198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880219
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880219
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-02
- Tag 1888-02-19
-
Monat
1888-02
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.02.1888
- Autor
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Sächsischer SandeS.Anzeiger. Nr. 42. Sonntag. IS Februar 1889. daß ein Soldat Haupt (der spätere Polizeiagent) flüchtig geworden tst, nachdem er seinen Unteroffizier geohrfeigt. Derselbe hat sich viel mehr darüber beklagt, ungerecht gescholten worden zu sein. Haupt tfi in vontmuaciain zu 150 Mk. Geldbuße verurtheilt, wodurch aber die Desertion nicht gesühnt wurde. Daß ein so schwere» Vergeben, Wie das vom Abg. Bebel angegebene, nicht durch eine solche Geld strafe gesühnt werden konnte, liegt auf der Hand. ES ist seilen-? der Militärverwaltung durchaus nichts geschehen, was nicht dem de " flehenden Gesetze, das doch Herr Bebel kennen mutz, entsprich!. Daß .'-..Wiens des betreffenden Truppentheiles dem Haupt eine zu einen! Jrrthum Anlaß gebende Mittheilung zugezangen sein sollte, kann ich nicht glauben. Ich fordere Herrn Bebel auf, darüber Nachweis zu ' dringen. Abg. Bebel (Zoz.): Ich habe mich in diesem Falle aller dings in einem Jrrthume befunden und wollte das heute schon frei willig erklären. Ich nehme also meine früheren Behaupiungen zurück >, und komme nun zum Gegenstand unserer Tagesordnung. TaS Eozialistengesetz ist vor 10 Jahren aus Anlaß der Attentate erlasst» worden. Diese Attentate waren aber nicht sozialistischen, sondern '-^anarchistischen Ursprung-?. Mau hat uns gesagt, wir sollten un'er Programm auf die Berechtigung oder Nichtberechtigung seiner Forder ungen hin prüfen. Davon kann keine Rede sein, wir würden rin? dann anderen Parteien unterordnen und aufhörcn, eine selbständige Partei zu bilden. Die sozialdemokratische Partei arbciiet allerdings 's auf eine völlige Umgestaltung der heutigen Gesellschaftsordnung hin. Das hat aber auch das Christcnthum gethan, und die Sozialdemokratie Hai da-5 dcutsche Kaiserreich bereits gezwungen, die sozialistische Maske vorzu nehmen. (Vicepräfident Buhl ruft den Redner wegen dieser Worte zur Ordnung.) Revolutionen können nur statlfinden, wenn ein Bedürfnis dazu Vorliegt, wenn große Volkswagen von gewissen Ideen durchdrungen sind -e Agitatoren können keine Revolution machen, und eine Revolution ist Unmöglich, wenn die herrschenden Klaffen dem vorhandenen dringenden ,r Ledürfniß rechtzeitig nachgeben. Wozu also ein Ausnahmegesetz? ^Deutschland allein glaubt, ohne Ausnahmegesetze nicht auskommen zu -tönnen, Frankreich hat durch die Begnadigung der Cvmmunarden seinen Act der Hochherzigkeit begangen. Wie steht dem gegenüber 'Deutschland da? Was anderwärts als ganz selbstverständlich be- v-trachtet wird, waS als zum Staatsleben ncthwendig gilt, das wird 0,hier als Umsturzbestrebung verfolgt. Das Socialistengesetz wird nichts ^ weniger als loyal au-gcsührt. Ein ganzes Heer von Polizeispitzeln . wird gehalten. Der Züricher Polizeihauptmann Fischer hat Singer Hund mir nichts Anderes mitgetheilt, als eine Bestätigung der ihm svvorgelegten Angaben. Dies Verfahren stellte Herr von Puttkamer st als unerhört hin, während in Deutschland ganz andere JndiScrelionen über gerichtliche Untersuchungen vorgekommen sind. Tie Anarchistcre: hätte längst aufgehört, wenn sie durch preußisches Polizeigeld nicht st unterstützt worden wäre. Ter Hauptmann von Ehrenberg ist von den Schweizer Behörden als Anarchist erkannt worden, aber trotzdem '(- hat man ihm ruhig seine militärische Würde gelaffen. Was Jhring "und Naporra, die eine Auszeichnung erhallen haben, anbelangt, so ^erkannte das Posener Landgericht ihre Glaubwürdigkeit nur für den speciellen Fall an. Jhring-Mahlow hat sich der ärgsten Majestäts- s beleidigungen schuldig gemacht. Er hat dieselben obgcschworcn, aber 5 hinterher ist gerichtlich fcstgestellt, daß jene Thatsachen richtig waren. Ein Staatsanwalt, der sie wegen Meineids belangt Härte, hat sich indessen nicht gefunden. Im Falle Stöcker ist ja auch nicht vorge gangen worden. Ich habe hier eine aus dem Italienischen übersetzte Schrift zur Verherrlichung der russisch-revolutionären Bestrebungen. Der Uebersetzer ist der königlich preußische Polizeispion Trautner- Schmidt, der von der Dresdner Polizei ebenfalls Jahre lang als Spitzel benutzt worden ist, obschvn man wußte, daß er ein ganz gemeiner Verbrecher war. Schmidt ist jetzt zu vier Jahren Zuchthaus verurtheilt. Alle diese Tinge wären ohne das Socialistengesetz unmöglich. Die Schweitz wimmelt von deutschen Spitzeln. Dieselben finden sich auch in Belgien, Paris, überall, wo Sozialdemokraten find. Es gicbt nichts mehr, was mehr gegen Sitte und Moral ver stößt, als das Sozialistengesetz, darum kann cs für jeden liberalen Mann kein anderes Wort geben, als: Fort mit diesem Gesetz! Minister von Puttkamer: Ter Vorredner hat abermals nicht den geringsten Beweis für seine Behauptung erbracht, daß die preußische Polizei sich der Agent-Provokateurs bedient. Herr Bebel hat thatsächlich nur die kostbare Zeit des Hauses unnütz in Anspruch genommen. Hanptmanu von Ehrenbcrg ist unter Anklage gestellt, Herr Bebel wird als Zeuge vorgeladen werden und ja dann Gelcgcn- ,heit haben, seine jetzt erhobenen Beschuldigungen nachzuweisen. Was die Fischer'sche Angelegenheit bctrisst, so müssen die Herren Bebel und Singer unbedingt Einblick in die Acten gehabt haben. Das habe ich getadelt. Aus allen Darlegungen des Vorredners ergiebt sich mit keinem Wort, daß wirklich Agcntsprovokateurs verwendet sind. ES handelt sich um Polizcispione, ohne die nun einmal die Sicherheit nicht verbürgt werden kann. Man hat gar keinen Begriff, wie viel Leute sich zu diesem Amt aus dem sozialdemokratischen Lager an uns herandränge». Jhring und Naporra sind in so ungnalifizirbarer Weise angegriffen worden, daß ich mich für verpflichtet erachtete, ihnen eine Genugthung zu gewähren. Meine Rede gegen den Abg. Bain- bcrger bei der zweiten Lesung war deshalb so scharf, weil ich aus den Worten dieses Herrn die Insinuation entnommen habe, daß der Agent Schröder in Zürich die bei ihm gefundene Tynamitkiste auf Kosten der Berliner Polizei angeschafst hätte. So habe ich Herrn Bambcrgcr's Worte aufgefaßt und so sind sie mir auch durch die Zeitungen bestätigt. Nach dem stenographischen Bericht lautete die betreffende Aeußerung allerdings anders. Sächs. Bundcsbevoll- mächtigter Geh. Rath Held: Ich muß die Angriffe des Abg. Bebel auf die königlich sächsische Staatsiegiernng wegen der Ausführung des Sozialistengesetzes mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Die sozialdemokratischen Redner würden cs sich ersparen, immer mit ihren falschen Angaben abgewiesen zu werden, wenn sie nicht allen Angaben Glauben schenken würden, die geeignet sind, die Behörden in ein schlechtes Licht zu setzen. Das geht sogar soweit, daß sie Wetten verlieren. Herr Bebel hat früher hier gewettet, die nationalliberale Versammlung am Niederwalddenkmal sei nicht ange- meldct gewesen! Er hat die Wette verloren. Freilich hat er nichts eingesetzt, als nur das Gewicht seiner Behauptung. Bei der Bcur- theilung der Wirkungen des Socialistengesctzes - muß man sich immer Vorhalten, zu welchen Zuständen wir gelangt sein würden, wenn das Gesetz nicht erlaffen wäre. Fragen Sie sich das, werden Sie auch für die Verlängerung stimmen. Abg. Lechelhäufer (nat.-lib.): Das Socialistengesetz hat die Zahl der Socialdcmokratcn nicht ver mindert, aber es bildete einen kräftigen Tamm gegen Gewaltmaß regeln. Insofern hat das Gesetz günstig gewirkt. Ebenso hat es eine günstige Wirkung auf Arbeitgeber und Arbeiter ausgeübt. Angesichts dieser Wirkungen bedarf es keiner Verschärfungen des Gesetzes, aber auch die Aushebung ist nicht zulässig. Wichtiger als das Socialistcn- gesetz ist aber noch, daß die Quellen der herrschenden Unzufriedenheit verstopft werden. Die verbündeten Regierungen sind nn? in dieser Beziehung ehrlich und entschiede» cntgegcngekommen. Nicht Wohl- thaleu sollen den Arbeitern erwiesen, sondern gemeinnützige Einricht ungen in ihrem Interesse geschaffen werden. Abg. Bamberg er (freist): Ich will nicht unterlassen, mich entschieden gegen die Angriffe zu verwahre», welche der Herr Minister bei der zweiten Lesung wider mich erhoben hat. Das Stenogramm giebt den Wortlaut meiner Rede genau wieder, an welcher nichts geändert ist. Tie erhobenen Angriffe waren also unbegründet. Im Uebrigen möchte ich noch be merke», daß dem Hern, Minister hier eine bedeutend größere Rede freiheit vom Präsidenten gewährt wird, als den Mitglieder» des! Hauses. Präsident von Wedell-Picsdorf: Ich antworte dem! Herrn Abg. Bamberger, daß ich sowohl wie meine HerrenAmtscollegcn vor hin m enden Falles die Mitglieder des Hausts gegen Beleidigungen durch ein Mitglied des BundeSraibe? entschieden schützen werden. In den vom Abg. Bamberger vorzetragencn Acußernngen sind solche Beleidigungen aber nicht erkannt worden. Abg. Gebiert (sreikons): Tie Hohenzollern sind in gutem Sinne alle Sozialisten gewesen und unseres Kaisers größte Thal war dessen Botschaft vom November 1881. Früher mußte der Feudalismus bekämpft werden, jetzt gilt das Gleiche vom Kapitalismus. Die Sozialdemokraten haben den Boden des Rechtes längst verlasien und sich aus den der Gewalt gestellt. Sie haben den Staat zum Zweikampfe bcrausgesrrderl und dürfen sich nun auch nicht wundern, nn der Staat ebenfalls von der Waffe der Gewalt Ge brauch macht. Daher balle ich cs für bedauerlich, wenn der Reichs tag den verbündeten Regierungen die Verscharrungen verweigert, welche sie zur Bekämpfung der Sozialdemokratie für nölhig erachten. Das Sozialistengesetz liegt im Interesse der Arbeiter selbst, denn es schützt sie vor zügellosen Agitatoren. Abg. Singer ,Soz.) bestreitet, daß die Sozialdemokratie auf die Gewalt angewiesen ist. Sie wird siegen, wenn die gegenwärtigen gesellschaftlichen Tbeorien von selbst znsam- menbrecheu. Dann wird man erkennen, daß die künftige Revolution nicht guilloiinirl, sondern nur exvropriirt. Ter Polizeihauptmann Fischer in Zürich hat Bebel und mir den Einblick in die Akten nicht gestaltet, wir haben »wer Material durch unsere Freunde erhalten. Das System, welches der Minister von Puttkamer schützt, zieht die aZeuts xrovocLierrrs groß, der Besiegte in dieser-ganzen Debatte war der Herr Minister. Darauf wird das Geictz unverändert auf zwei weitere Jahre gegen die Stimmen der Freisinnigen, der Sozial demokraten und eines Theils des Centrums angenommen. (Sonn abend 1 Uhr: Rechenschaftsbericht über den kleinen Belagerungszustand in Stettin und Offcnbach, Etat.) Vom sächsischen Landtag. In der Sitzung der U. Kammer am 17. Februar gelangten zur Berathnng die Petitionen einer Anzahl Schulvorstände um Herbei führung möglichster Gleichmäßigkeit in der Wahl der Schulbücher. Abg. MaltheS äußert sich im Sinne der Petenten. Um die Berechtig ung der Wünsche derselben zu zeigen, führt Redner eine Anzahl Bei spiele an. Er kenne zwei Dörfer in der Lausitz mit je 5000 Ein wohnern und drei Schulen, in deren jeder andere Schulbücher einge führt seien! Jeder Schulmann halte es heute für seine Pflicht, mindestens ein Schulbuch geschrieben zu haben; sei es aber geschrieben, dann müsse cs auch an den Mann gebracht werden. So komme es, daß die Kosten für Bücher oft so viel als das Schulgeld in einem Jahre betrügen. Rcg.-Commissar Geh. Schulrath Kockel: ES könne scheinen, als ob die Vielgestaltigkeit der Schulbücher erst mit dem neuen Schulgesetz zur Erscheinung gekommen sei und von den Behörden nicht genügend beachtet würde. Dem sei nicht so. Vor dem neuen Schulgesetz wären die Verhältnisse noch schlimmer gewesen, man habe z. B. nichl weniger als 63 verschiedene Katechismen und Spruchbücher im Gebrauch gehabt. Im Laufe der Zeit sei viel geschehen, um diesem llcbelstand abzuhelfen. Besonders hätten die Schulinspekroren gute Lehrbücher empfohlen und hierbei betont, wie dringend es gerochen sei, möglichst gleiche Lehrbücher anzuschaffen. Die Bemühungen hätten aber nur theilweisen Erfolg gehabt, weil die Schulvorstände zum Thcil auf ihrem Recht bestanden hätten, über die Einführung der Schul bücher selbst zu entscheiden. Tie Schulinspcktoren hätten sich jedoch dadurch nicht abschrecken lasten, und sie hätten im Laufe der Zeit auch viel erreicht: Man habe ein Gesangbuch, einen Katechismus, auch von den übrigen empfohlenen Büchern Hütten viele festen Grund gefaßt. Ter Wunsch, in allen Volksschulen eine Art Uniform in Bezug auf die Schulbücher einzuführen, sei freilich nicht durchführbar, denn gerade das Recht der Schulvorstände, von den Lehrbüchern das Beste ausznwählen, habe die Schulen auf ihren heutigen erfreulichen Standpunkt gebracht. Selbst wenn wir Monopol-Lehrbücher hätten, dann müßten doch immer wieder verbesserte Auflagen angeschafft werden. Ein großer Theil der Klagen würde freilich schwinden, wenn die Verfasser der Lehrbücher nicht bei jeder Kleinigkeit und Aendernng eine neue Auflage veranstalten würden, und wenn die Lehrer von ihrem Eifer ablicßcn, stets auf die Anschaffung der neuesten Auflage bedacht zu sein. Das Ministerium werde den Gegenstand fortwährend im Auge behalten (Beifall). Abg. Heger giebt einen Rückblick auf die allmählige Entwickelung der Schulbücher-Angclcgenheit. Ten gegen wärtigen Zustand bezeichne man mit Unrecht als Luxus, dagegen würde man die Centraliiirung der Schulbücher mit Recht als einen Ucbelstand ansehen müssen. Tie Schablone sei hier nicht am Platze, man müsse auch die Stellung der Lehrer zu der Lehrmethode respektircn. Die Kammer beschloß, betr. Petitionen auf sich beruhen zu lassen. Die 1. Kammer beschäftigte sich am 17. d. Mts. ebenfalls mit Bittschriften. Bürgermeister Beutler berichtete über die Petition der Ortsrichter des Ziltancr Bezirks um Aendcrung des Gesetzes über die Sonn-, Fest- und Bußtagsfeier, dahingehend, daß an solchen Tagen auch Auctionen von Gegenständen im Werth von über 75 Mk. staltfinden dürfen. Er beantragt, die Petitionen auf sich beruhen zu lassen. Bei den Bestrebungen, die sich heute vielfach gegen die Sonntagsruhe geltend machten, dürfe man Gründe, die ans Vcrmögensrücksichten geltend gemacht würden, nicht reipektiren. ' Superintendent Pank: Ter Reichstag beschäftige sich soeben mit dieser Frage im Sinne des strengeren Schutzes der Sonntagsruhe, und i hier soll in demselben Augenblick eine Bre'che in die gesetzlichen Schutzmaßrcgcln geschlagen werden? Tie Stunde sei aber für die Petition jedenfalls schlecht gewählt andererseits gehe aber der Wunsch des Volkes in seiner überwiegenden Mehrheit auf eine größere Sicher ung der Sonntagsruhe hinaus. Tie uralte Gottesordnung der Sonntagsruhe ist eine psychische und Physische Wohlthar für das Volk. Wir seien weit entfernt von den puritanischen, wie den jüdi schen Ansichten über die Sonntagshciligung, unsere Ansichten seien vielmehr so freie, daß nach dieser Richtung hin keine Besorgniß vor- liege. Wohl aber habe man nach der entgegengesetzten Richung Manches gut zu machen. Uebertrieben sei, zu verlangen, daß künftig auch die Sonntags-Züge wegfallen sollten. Sich Sonntags in der freien Natur zu erholen, entspreche vielmehr ganz dem Zwecke der Sonntagsruhe, und um diese ihren Mitmenschen zu ermöglichen, opferten die Beamten der Eisenbahnen ihre eigene Sonntagsruhe. Freilich sei in Erwägung zu ziehen, ob durch Extrazüge nicht die Vergnügungssucht gesördert würde. Ein pekuniärer Vorthcil könne in Bezug aus die Sonntagsruhe nie Ausschlag geben. Wo sei denn der größte Reichthum? Ueberall, wo das Gebot der Sonntagsruhe am strengsten gcyandhabt werde: in England, Amerika und bei den Juden. Im vorliegenden Falle liege kein Anlaß vor, weiter zu gehen, als Vas Geietz gestattet. Einstimmig beschließt die Kammer, die Petition auf sich bcruben zu lassen. Tie RechenschaslS-Tep. der 11. Kammer hat Erörterungen an gestellt über die Herstellungskosten der »Leipziger Zeitung" und des »Dresdner Journal" und ist hierbei zu der Ueberzeug- ung gekommen, daß der Satz und Truck einschließlich der Correctur der „Leipz. Ztg." mindestens um 20 Procent und das Papier für dieselbe um nakezu 25 Procent bei gleich zuverlässiger und guter Lieferung billiger zu erhalten sein dürfte. Tics würde für die Fi- nanzperiode 1864 65 ein Ersparnis, von 54,165 Mk. bedeutet haben; um dieselbe Summe würden sich die Kosten des Blattes auch aus die kommende Finanzveriode verringern. Demzufolge beantragt die Deputation, der Regierung zur Erwägung anheim zu geben, ob es sich nicht empfehle, die betreffs der Herstellung der »Leipz. Ztg." I und des ,.Tr. Jonrn." abgeschlossenen Verträge zu kündigen und die IHerstellung der beiden Zeitungen zur Concurren; auszuschreiben.' Sächsisches. — Der nun bald drei Monate andauernde harte Winter mit seinen enormen Schneemassen ist für den reichen Bestand an Hoch« wild in den an der böhmischen Grenze befindlichen Wäldern leider recht empfindlich, die Thicre leiden jämmerlich Hunger. Es wüsten tagtäglich große und reichliche Fütterungen vorgenommen werden. Dieselben verursachen einen ganz bedeutenden Kostenaufwand. Der größte Wildbestand befindet sich in den ausgedehnten gräflich Wald- stein'schen Forsten unweit Böhmisch-Fleuha; es finden daselbst auch die Hauptfütterungen statt. Eine solche Fütterung zu sehen ist höchst interessant; cs reisen denn auch fast alle Tage viele Besucher nach genanntem Orte, um dieses prächtige Bild aus dem Thierleben anzusehen. — Der Sächsische Dampfkessel-Revisions-Verein mit dem Sitze in Chemnitz hat, wie aus dem jetzt veröffentlichten Ingenieur-Bericht ersichtlich, in seinem verflossenen 10. Geschäftsjahre wieder bedeutend an Ausdehnung gewonnen. 523 Firmen mit 1460 Dampfkesseln gehöre» dem Vereine als Mitglieder an. Im Jahre 1887 kamen 2157 äußere Revisionen, 836 innere Revisionen und 214 Wasserdruckproben, zusammen 3207 Revisionen an Dampfkesseln, zur Ausführung. — Dresden. Am 15. d. M. erhielten im benachbarten Hosterwitz zwei Dissidentenkinder (Mädchen), die als solche den Religionsunterricht in dortiger Schule mit empfangen hatten, im Alter von 13 und 10 Jahren im Beisein ihrer Mütter, der erwählten Palhen und ihrer Mitschüler die heilige Taufe. Das Glaubens- bckenntniß legte das älteste der Mädchen in klarer, würdiger Weise selbst ab. — Freiberg. Gegenwärtig findet unter den hiesigen Hut machern eine Lohnbewegung statt. Am 15. d. M. traten fast alle in Freiberg arbeitenden Gehilfen in Fiebachs Herberge zu einer Berath nng zusammen, in welcher einstimmig ein von den bisherigen Lohn sätzen wesentlich abweichender Tarif aufgestellt und eine Lohnkommis sion zur Leitung der Unterhandlungen mit den Meistern gewählt wurde. Tie Meister sollen sich auf die Forderungen der Gehilfen bis zum 20. d. M. erklären; fällt der Bescheid ablehnend aus, so wollen sämmiliche Thcilnehmer an der Bewegung kündigen. — In Niedersaida brannte am 16. Februar früh das Hauptgebäude der Morgenstern'schen Bretmühle, jetzt Spielwaaren- fabrik der verw. Damm vollständig nieder. — In Rochlitz erhängte sich der oft bestrafte und wiederum in Untersuchungshaft befindliche Handarbeiter Böhle in einer Hanzelle des Kgl. Amtsgerichts. Er benutzte dazu sein Halstuch, welches er am Ofenrohre befestigte. — Waldheim. Der älteste Einwohner Waldheims und zu gleich einer der wenigen noch am Leben befindlichen Kämpfer aus den Freiheitskriegen zu Beginne unsres Jahrhunderts, Herr Ober- stcucraufschcr a. D. Just, feiert am morgenden Sonntag seinen 94, Geburtstag. Möge sich dieser Tag, den der brave Veteran in sel tener körperlicher Frische begeht, ,für ihn zu einem recht freudebrin- gcnden gestalten. — Plauen, 17. Februar. Der Stadtgemeinderath hat gestern Abend beschlossen, zunächst eine Erste Bürgerschule zu erbauen, und zwar auf dem der Stadt gehörenden vormals Groh'schen Platze an der Ziegclstraße, welcher durch Hinzukauf zweier an denselben an grenzender Grundstücke des Herrn Würker (Preis per Quadratmeter 16 Mark) vergrößert werden soll. Der Bau der Schule soll derart gefördert werden, daß dieselbe 1889 bezogen werden kann. Der Bau einer 2. Zweiten Bürgerschule soll nur ein Jahr später erfolgen. — Oelsnitz. Am 21. December v. I. hatte sich die in den fünfziger Jahren stehende Wittwe des verstorbenen Weichenwärters Rank aus ihrer Wohnung in Raschau entfernt, und vermnthet wurde, daß dieselbe den Tod in der Elster gefunden habe. Am 16. d. M. Mittags endlich wurde die Leiche in der Nähe des Raschauer Wehres aufgefunden und hatte somit ziemlich zwei Monate im Wasser gelegen. — Zwickau. Am 13. Febr. fiel in Schedewitz der Berg arbeiter Lenk, als er aus dem Fenster sehen wollte und sich zu weit herauslehnte, mit dem Fenster auf die Straße herab. Am 16. Febr. verstarb er an den erlittenen Verletzungen im hiesigen Kreiskrankenstifte. — Stollberg, 17. Febr. Herr Realschuloberlehrer oanä. Rein ist zum Tiakonatsvcrweser in Reichcnbrand ernannt worden und wird ehebaldigst nach dem Orte seiner nenen Thäligkeit über- sicdcln. — Ebersdorf b. Chemnitz. Am 15. d. trafen im hiesigen Gasthofe drei königliche Landcsdeckhcngste, zwei Braune und ein Rappe, prächtige, kräftige Thiere, ein, und ist nunmehr daselbst die neugebaute kgl. Beschülstation eröffnet ivorden. 6 hemi»itzer Stadt Anzeiger'. Tie FrklMte unseres Ltalu» irerdcn crsutl. uns wichtige kezeleudcücu güiigü mlt;utk>eil-n Chemnitz, den 18. Februar. — In der 19. Wochenversammli, ng des Kaufmännische» Vereins, welche nächsten Tonnerstag den 23. Februar im Börse,isaalc statt- finder, wird Herr vr. Otto Hahn, Lehrer an der Handelsschule in Leipzig, einen Vortrag Hallen über: „Tic Engländerin Ostindien". —rr. In unserem gestrigen Bericht über die Stadivcrordnctcn- sitzung vom 16. d. M. haben wir cs unterlasse», darüber mit zu berichte», daß die städtischen Collcgien eine Deputation »iedergesetzt haben, welche die städtische Behörde bei der Feier des Geburtstages Sr. Mas. des Kaisers und Sr. Maj. des Königs Albert vcrireten soll. Wir holen das Versäumte hiermit nach, indem wir die Namen der in diese Deputation Gewählten mittheilcn. Es sind dies die Herren Oberbürgermeister De. Andre, Stadibanralh Hech ler, Sladtraih Voigt, Sladtverordnetciworstcher Justizrath vr. Enzmann und die Stadtverordneten Oscar Ancke und Justizrath von Stern. — Als Armenärzte sind am ToinierSlag Herr vr. mell. Karl Otto Feucht, AugnstuSburgerstraße 22, sürdenl.,2., 3., 4., 26., 31. und 32. Arincn- bezirk, und Herr Or. mell. Karl Otto Maximilian Schilling, Hartinann- straße 43, für den 27., 30., 33., 34., 35., 36. und 45. Armenbezirk durch den Nach in Pslichl genommen worden. — Ter Verkehr auf dem Hanplbahnhof Chemnitz 1887. Der Wagenverkchr zeigte gleich dem Zugsverkehr eine beträchtliche Zlmahme, doch erreichte dieselbe mir die Höhe von 7,9 Proccnt, während der Zugsverkehr wie miigeiheilt um ei» Weniges mehr, nämlich um 8,1 Procent. zugenonimen haue. Ter Gesamimverkehr in Ein- und Abgang umfaßte 1385204 Wagen oder durchschnittlich 3795 pro Tag: im Jahre 1586 beirng dieser Verkehr 1283 bezw. 3517, 1879 1074671 bezw. 2914, 1869 587406 bezw. 1610. Am stärksten war der Verkehr im Monat Juli mit 125201 bezw. 4039 Wagen. Von der Jahressnmme entfiele» 692550 bezw. 1897 Wagen aus den Eingang, 692654 bezw. 1898 aus den Abgang. — Der Personenverkehr: 398371 bezw. 1091 Wagen gegen 387232 bezw. 1061 in 1886, 315200 bezw. 863 in 1879; gegen das Vorjahr ergab sich denmach ein Mehr von 11139 oder 2,9 Proccnt. Von den einzelnen Linien zeigt die nach Reichcnbach mit 79266 die höchste, die nach Reitzenhain mit 6327 die niedrigste Ziffer. Eine Zunahme im Personen- wagenverkehr gegen 1886 hatten dieLinic» nach Leipzig, Riesa, Reichcnbach, Nnna- berg, Limbach, Höhltcich, Adorf und Roßwein. eine Abnahme die nach Dresden und »ach Reitzenhain zu verzeichnen. Ter crhöhie Persoiienwagenverkehr beruht aus der allgemeinenVerkehrssteigernng n»d aus de» bereits e, wähnteiiZugSvcrmchr- ungen auf einzelnen Linien. Ter Miiiderumsatz auf der Dresdner und der Reitzen- hainer Linie rührt daher, daß die D-esdner Züge zum Theil längere (drei achsige) »md dafür weniger Wagen.uhren, »»»a Reitzenhaincr Per ionenzug Nr. 443 die ersten n oy^ate hindurch^ ine Wc,g--„ ffjr Personenzug 438 nicht mehr miibrachle, weil wieweit ab tzxlvha zur Bildnim p»- iondercn Loca zugcs dienten. Zast würden auch diese beide» Linie» einen Zuwachs auswciicn. — Ter G--erwage»u»lsatz erreichte gleichfalls eine sei, Bestehen des BahnhoseS i,ä' nicht voigckomiiicneHöhe; er betrug 972,137, also dnrchsctnstlliät p r Tag-^63 Wagen gegen 881,960 bezw. 2416 i» 188«, 705 819 bezw. 1934 in I«ö, 240,263 bezw. 658 n, 1867. Die Zunahme gegen das Vorjahr belru- denmach 90,177 Güterwagen — 10,2 Proccnt, und der Gciammtumsatz ve' wrfachw sich in den letzte» 20 Jahren also reichlich. Tie größte Güterwage ocwegiing fiel ans Ocwbcr mit 90,048 bezw. 2995 Stück. Am meisten nahm l-Verhältnis der Verkehr i» der Richtung »ach WittgenSdors zu, nämlich um 2^ Procent; in der Richtung nach Niederwiesa betrug die Zunahme 12,7. ^.ch Altchemnitz 11,4, »ach Siegmar 7, nach Oberlichtenau 6,1, nach dem We -äuenbahnhos 6 Procent. Die alte Gülerbahnhossanlage erwies stch für diei- bedeutenden Güterverkehr bekanntlich als dnrchailS ungenügend, et raten naw-ülich >m Oktober und November, mehrfach Stockungen ei» und eine
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