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2318 PAPIER-ZEITUNG Nr. 76/1914 pflichtungen. Englische Niederlassungen auswärtiger Firmen sind in das Moratorium ausdrücklich eingeschlossen. b) Diskont. Die Größe der Verwirrungen, die in England beim Ausbruch des Krieges herrschten, wird dadurch dargetan, daß die Bank von England den Diskont von 4 auf 8, später sogar auf 10 und 10% v. H. erhöhte. Am 7. August wurde der Diskont allerdings wieder auf 6 v. H. herabgesetzt. c) Besondere Kriegsmaßnahmen. Immerhin läßt eine Reihe von Maßnahmen darauf schließen, daß in England in bezug auf die geld liche Widerstandsfähigkeit lebhafte Befürchtungen bestehen. Zu nächst plante man die Aufhebung der auf dem Bankgesetz vom 19. Juli 1844 beruhenden Peels-Akte, durch die die Bank von Eng land in zwei Abteilungen, eine für das gewöhnliche Bankgeschäft, die andere für die Notenausgabe geteilt wurde. Diese letztere Ab teilung wurde ermächtigt, ungedeckte Banknoten bis zur Höhe von 18 450 000 Pfund Sterling auszugeben. Ob diese Aufhebung tatsächlich erfolgt ist, ist nicht bekannt. Jedenfalls aber sind in England 15 Millionen Pfund Schatzanweisungen mit sechsmonati ger Laufzeit vom 22. August 1914 ab ausgegeben worden zum Kurse von 98,18. Es sollen 42 115 000 Pfund gezeichnet und den Zeichnern 48 v. H. überlassen worden sein. Dies sind die Schatz anweisungen, von denen Belgien, wie schon erwähnt, 10 Millionen Pfund überlassen worden sind. Die Regierung hat eine Staatsgarantie gegen jeden Verlust auf die von der Bank von England diskontierten Wechsel übernehmen müssen, soweit diese vor dem 4. August 1914 diskontiert worden sind. Die Bank von England berechnet für die durch das Wechsel moratorium geschaffene Verlängerungsfrist augenblicklich 8 v. H. Trotz der Regierungsbürgschaft wird die Annahme der Wechsel erster Häuser vielfach verweigert. Recht bedenklich ist es auch, daß Gold in England bereits mit Aufgeld gehandelt worden ist. Wie berichtet worden ist, wurden für 20 Pfund nur 19 Pfund 10 Schilling bezahlt, was ein Goldagio von 5 v. H. bedeuten würde. Unter den Maßnahmen, -die England zur Vernichtung des deutschen Handels trifft, verdienen folgende, abgesehen von dem völkerrechtswidrigen Vorgehen Englands gegenüber deutschen Schiffen und deutschen Waren auf See, der Hervorhebung: 1. Die Zweigstätten deutscher Banken in London sind sämtlich geschlossen worden. 2. Alle deutschen Patente und Warenzeichen in England sind als ungültig erklärt worden. England ermuntert also unlautere Elemente zum Raube deutschen geistigen Eigentums. Hierzu schreibt Justizrat Dr. Fuld in der Kölnischen Zeitung vom 29. August 1914, indem er annimmt, daß Frankreich dem Beispiele Englands un mittelbar folgen wird: ,,Beide Staaten haben ebenso wie Deutschland den Pariser Vertrag zum Schutz des gewerblichen Eigentums unterzeichnet, dessen Aenderung zuletzt in Washington stattgefunden hat. Dieser Vertrag ist, soweit die kriegführen den Staaten in Betracht kommen, durch den Krieg in ihrem Verhältnis zueinander aufgehoben worden. Früher nahm man an, daß völkerrechtliche Verträge durch den Krieg nicht aufgehoben werden, sondern ihre Wirksamkeit während des Krieges nur ausgesetzt würde; die Praxis der Staaten hat sich aber in den letzten Jahrzehnten auf den gegen teiligen Standpunkt gestellt, daher spricht auch Artikel 11 des Frankfurter Friedensvertrags von den durch den Krieg aufgehobenen Verträgen. Sonach sind alle Abmachungen über die Gewährung von Patent- und Warenzeichenschutz usw., die zwischen den kriegführenden Staaten bestanden, aufgehoben, und es ist gleichgültig, ob es sich dabei um Sonderverträge oder um Verträge handelt, die zugleich mit andern Staaten abgeschlossen sind, was bei den Ver trägen über den gewerblichen Rechtsschutz ebenso der Fall ist wie bei den über den Schutz der Urheberrechte. Es kommen sonach lediglich die Vorschriften der deutschen Gesetzgebung in Betracht, welche dem Bundesrat die Möglich keit gewähren, gegen die Angehörigen ausländischer Staaten ein Vergeltungsrecht in Anwendung zu bringen. Pat.-Ges. § 12, Einf.-Ges. zum BGB, Artikel 31. Zweifellos wird von diesem gegenüber den Patenten und sonstigen gewerblichen Schutzrechten, welche in Deutschland für englische und französische Staatsangehörige eingetragen sind, alsbald Ge brauch gemacht werden. Die Nachteile, welche während des Krieges für die deutsche Industrie und den deutschen Handel aus der Schutzlosigkeit ihres gewerblichen Eigentums in den beiden Ländern entstehen, sind nicht erheblich; nach Beendigung des Krieges wird aber die Diplomatie dafür Sorge tragen, auch insoweit den geschädigten Interessen einen Ausgleich zu verschaffen.“ Eine Nachfrage im Kaiserlichen Patentamt zu Berlin hat nachstehendes Ergebnis gehabt: I. Die vorstehend geschilderte Maßnahme Englands soll fürs erste noch nicht zur Ausführung gekommen, sondern zunächst nur geplant sein. (Anmerkung des Schriftleiters: Die Verfügung der englischen Regierung wurde inzwischen in Nr. 74 d. Bl. auf Seite 2293 abgedruckt. ) II. Nach der Auffassung des Kaiserlichen Patentamts ist zwischen Warenzeichen und Patenten streng zu scheiden. Während Patente in Deutschland jedem, der darum nach sucht, auch jedem Ausländer, erteilt und geschützt werden, beruht die Verleihung einer geschützten Warenbezeichnung auf der Voraus setzung, daß der Heimatstaat des darum Nachsuchenden Waren bezeichnungen ebenso schützt wie Deutschland. Der § 23 des Ge- seztes zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 lautet: „Wer im Inlande eine Niederlassung nicht besitzt, hat auf den Schutz dieses Gesetzes nur Anspruch, wenn in dein Staat, in welchem seine Niederlassung sich befindet, nach einer im Reichsgesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung deutsche Warenbezeichnungen in gleichem Umfange wie inländische Warenbezeichnungen zum gesetzlichen Schutz zugelassen werden.“ Eine derartige Bekanntmachung ist am 12. September 1894 erschienen. In ihr ist Groß-Britannien unter den Ländern auf geführt, in denen Warenbezeichnungen in gleichem Umfange wie inländische Warenbezeichnungen gesetzlichen Schutz genießen. Wenn aber Groß-Britannien den Schutz der deutschen Waren bezeichnungen ausschließen sollte, so würde dieselbe Schutzlosig keit für seine Warenzeichen im Deutschen Reiche von selbst ein treten. III. Anders würde sich die Rechtslage bei den Patenten ge stalten, deren Erteilung im Deutschen Reiche vom Vorhandensein eines Gegenseitigkeitsanspruches im Auslande nicht abhängig ist. Sollte England die deutschen Patente innerhalb seines Hoheits bezirks für ungültig erklären, s wäre die Aufliebung der englischen Patente in Deutschland als eine von selbst eintretende gesetzliche Folge nicht anzusehen. Es würde vielmehr eines besonderen Vor gehens, sei es auf dem Wege der Gesetzgebung, sei es durch Ver ordnung des Bundesrats, bedürfen. Daß eine derartige Maßnahme getroffen würde, daran ist nicht einen Augenblick zu zweifeln. Dem Vernehmen nach hat der Internationale Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums Schritte getan, um die Durch löcherung und Aufhebung des Patentrechts innerhalb der Be ziehungen der kriegführenden Staaten zu verhindern. Es dürften aber die Zweifel daran, ob ein solches Vorgehen irgend welchen Erfolg haben würde, nicht unberechtigt sein. Unzweifelhaft würde der Vorteil bei einer gegenseitigen Aufliebung der Patente, besonders in der chemischen Industrie, auf der Seite Englands, nicht auf der Deutschlands sein. England hat den Krieg lediglich aus wirtschaft lichen Gründen begonnen; es wird kein Mittel unversucht lassen, um Deutschlands wirtschaftliche Stellung in der Welt zu schwächen. Hierzu wird die Aufhebung der durch deutsche Wissenschaftlichkeit, Gründlichkeit und Tatkraft erworbenen Patentansprüche mit in erster Reihe gehören. 3. Die englischen Banken haben es abgelehnt, Wechsel auf England zu diskontieren oder einzuziehen, sofern sie ein deutsches Giro tragen, auch dann, wenn deutsche Wechsel von deutschen Firmen in das neutrale Ausland giriert worden sind. Die Antwort der deutschen Bankwelt auf diese Maßnahme war naturgemäß die Ablehnung der Diskontierung und Einziehung englischer Wechsel in derselben Weise, wie es Frankreich gegen über geschehen ist. 4. Zunächst wurde die Nachricht verbreitet, die englische Regierung hätte Abschluß von Geschäften mit deutschen Firmen sowie mit allen Firmen, an denen ein Deutscher beteiligt wäre, verboten. . Hiergegen hat anscheinend die amerikanische Regierung im Interesse ihrer Staatsbürger deutscher Herkunft Widerspruch erhoben. Die englische Regierung, die es unter .keinen Umständen mit den Amerikanern verderben will, hat hierauf eingelenkt und folgende Erklärung erlassen: Trading With the Enemy. Official Guidance for British Firms The following official announcement was issued by the Treasury last night: Some doubts having arisen as to the meaning and application of the Proclamation against trading with the enemy, the Government authorizes the following explanation to be published: I. For the purpose of deciding what transactions with foreign traders are permitted, the important thing is to con- sider where the foreign trader resides and carries on business and not the nationality of the foreign trader. II. Consequently, there is, as a rule, no objection to British firms trading with German or Austrian firms esta- blished in neutral or British territory. What is prohibited, is trade with any Firms established in bostile territory. III. If a firm with beadquarters in hostile territory has a branch in neutral or British territory, trade with the branch is (apart from prohibitions in special cases) per- missible, with the head Office is involved. IV. Commercial contracts entered into before war broke out with firms established in hostile territory cannot be performed during the war, and payments under them ought- not to be made to such firms during the war. Where however, nothing remains to be done save to pay for goods already delivered or Services already rendered, there is no objection to making the payment. Wheter contracts entered into before war are suspended or terminated is a question of law which may depend on circumstances, and in cases of doubt British firms must consult their own legal advisers.